You are here

Diplomacy & Defense Think Tank News

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft steht vor einer Herkulesaufgabe

Heute übernimmt Deutschland für sechs Monate die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union. Der Vorsitz steht unter dem Motto „Gemeinsam. Europa wieder stark machen“. Schon vor der Corona-Pandemie stand mit den Verhandlungen zum Brexit und zum Mehrjährigen Finanzrahmen eine schwierige Agenda bevor. Als Teil der Budgetverhandlungen muss Deutschland jetzt zusätzlich den EU-internen Wiederaufbauplan auf den Weg bringen und damit die Weichen für eine sozial inklusive, ökologisch nachhaltige und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft der EU stellen. Außerdem muss die Ratspräsidentschaft sich dafür einsetzen, dass sich die EU im geopolitischen Wettbewerb zwischen den USA und China positioniert und neue Allianzen findet.

Als größtes EU-Land hegen andere Staaten traditionell besonders hohe Erwartungen gegenüber Deutschland. Gleichzeitig sind die Einflussmöglichkeiten der EU-Ratspräsidentschaft durch den Lissabon-Vertrag seit 2010 stark begrenzt. Deutschlands letzte Präsidentschaft war in 2007. Die Schaffung eines dauerhaften Präsidenten des Europäischen Rates, derzeit Charles Michel, und eines Hohen Vertreters für die Außen- und Sicherheitspolitik, derzeit Josep Borrell, haben dazu geführt, dass die Präsidentschaft weniger Kompetenzen im EU-Entscheidungsprozess und der Repräsentation der EU nach Außen innehat.

Inwiefern die Ratspräsidentschaft Einfluss nehmen kann, kommt stark auf die Umstände, auf sie selbst und ihre Beziehungen zu den EU-Institutionen und anderen Mitgliedsstaaten an. Grundsätzlich hat sie eher die Rolle, Prozesse zu strukturieren und Kompromisse zu fördern als die Agenda zu setzen. Die Präsidentschaft kann jedoch gerade in Krisenzeiten eine wichtige Rolle spielen. Beispielsweise kam 2016 dem niederländischen Vorsitz eine unerwartete Aufgabe bei der Verhandlung des EU-Türkei-Abkommens („Flüchtlingspakt“) zu, weil der damalige Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk sich primär auf die Verhandlungen mit Großbritannien im Vorfeld des Brexit-Referendums konzentrierte.

Zu Beginn ihrer Amtszeit hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Eckpunkte für einen European Green Deal vorgelegt und eine “geopolitische Kommission” eingefordert, die auch einen stärkeren Fokus auf die Reform multilateraler Institutionen setze. Dieser Kurs hat angesichts der Folgen der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen, weil sie den geopolitischen Wettbewerb verschärft hat und die Transformation zur Nachhaltigkeit nur gelingen kann, wenn die Wiederaufbauprogramme dem nicht entgegenwirken.

Der deutsche Ratsvorsitz sollte sich daher dafür einsetzen, dass die Umsetzung des European Green Deal nicht nur EU-intern vorankommt. Zusätzlich sollte er auch dessen globale Dimension stärker in den Blick nehmen. Der Green Deal hat unmittelbare Auswirkungen auf Drittländer. Wenn die EU beispielsweise den Anteil erneuerbarer Energien erhöht, hat dies erhebliche Konsequenzen für erdölexportierende Länder in Afrika. Gleichzeitig bringt es für die globalen Klimaziele wenig, wenn die EU hier alleine voranschreitet. Da der Green Deal nicht nur eine Klima- sondern auch eine wirtschaftspolitische Agenda ist, bietet er die Chance mit internationalen Partnern in einen offenen Dialog über zukunftsfähige Gesellschaftsmodelle zu treten.

Während die USA durch die Corona-Pandemie stark erschüttert sind und die transatlantische Allianz Kollateralschäden erleidet, inszeniert sich China weltweit als Vorbild und verlässlicher Kooperationspartner bei der Pandemiebekämpfung. Um zumindest Teile der regelbasierten multilateralen Ordnung zu bewahren, braucht Europa dringend neue Partner. Die Kooperation mit afrikanischen Ländern gewinnt dadurch an Bedeutung. Die EU sollte deswegen die anstehenden Gipfeltreffen und insbesondere den vorgesehenen Gipfel mit der Afrikanischen Union (AU) nutzen, um ihre Beziehungen zu wichtigen globalen Partnern neu zu ordnen. Die EU sollte die Gelegenheit nutzen und sehr genau hinhören, welche Erwartungen afrikanische Partner an die EU richten. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Unterstützung der Panafrikanischen Freihandelszone. Auf dieser Basis sollten die AU-EU- Beziehungen dialogorientierter werden.

Durch die Corona-Pandemie bietet sich auch die Möglichkeit, endlich Fortschritte in der Integration der EU-Entwicklungspolitik zu machen. In Brüssel wird regelmäßig betont, dass die EU in der Entwicklungspolitik eine Supermacht sei, weil sie mehr als die Hälfte aller Entwicklungsgelder weltweit vergibt. In der Praxis haben die EU-Akteure ihre Entwicklungspolitik in den letzten Jahren zwar enger abgestimmt – seit April dieses Jahres auch unter dem „Team-Europe“- Ansatz. Von einem einheitlichen Auftreten ist die EU jedoch weit entfernt. Die EU-Integration in der Entwicklungspolitik kommt nicht durch Tabellen mit Finanzbeiträgen voran, sondern erfordert echte Investitionen und Anstrengungen im Bereich des „Working better together“. Dieser Ansatz sollte auch jenseits der Corona-Pandemie ausgebaut werden und zu einer echten Vertiefung der Zusammenarbeit führen.

In der Geschichte der EU haben Krisen eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprojektes gespielt. Die deutsche Präsidentschaft erfolgt nun inmitten einer solchen Krise. Die Agenda der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ist damit eine Herkulesaufgabe und gleichzeitig eine riesige Chance, zentrale Weichen für eine verantwortungsvolle globale Rolle der EU zu stellen.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft steht vor einer Herkulesaufgabe

Heute übernimmt Deutschland für sechs Monate die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union. Der Vorsitz steht unter dem Motto „Gemeinsam. Europa wieder stark machen“. Schon vor der Corona-Pandemie stand mit den Verhandlungen zum Brexit und zum Mehrjährigen Finanzrahmen eine schwierige Agenda bevor. Als Teil der Budgetverhandlungen muss Deutschland jetzt zusätzlich den EU-internen Wiederaufbauplan auf den Weg bringen und damit die Weichen für eine sozial inklusive, ökologisch nachhaltige und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft der EU stellen. Außerdem muss die Ratspräsidentschaft sich dafür einsetzen, dass sich die EU im geopolitischen Wettbewerb zwischen den USA und China positioniert und neue Allianzen findet.

Als größtes EU-Land hegen andere Staaten traditionell besonders hohe Erwartungen gegenüber Deutschland. Gleichzeitig sind die Einflussmöglichkeiten der EU-Ratspräsidentschaft durch den Lissabon-Vertrag seit 2010 stark begrenzt. Deutschlands letzte Präsidentschaft war in 2007. Die Schaffung eines dauerhaften Präsidenten des Europäischen Rates, derzeit Charles Michel, und eines Hohen Vertreters für die Außen- und Sicherheitspolitik, derzeit Josep Borrell, haben dazu geführt, dass die Präsidentschaft weniger Kompetenzen im EU-Entscheidungsprozess und der Repräsentation der EU nach Außen innehat.

Inwiefern die Ratspräsidentschaft Einfluss nehmen kann, kommt stark auf die Umstände, auf sie selbst und ihre Beziehungen zu den EU-Institutionen und anderen Mitgliedsstaaten an. Grundsätzlich hat sie eher die Rolle, Prozesse zu strukturieren und Kompromisse zu fördern als die Agenda zu setzen. Die Präsidentschaft kann jedoch gerade in Krisenzeiten eine wichtige Rolle spielen. Beispielsweise kam 2016 dem niederländischen Vorsitz eine unerwartete Aufgabe bei der Verhandlung des EU-Türkei-Abkommens („Flüchtlingspakt“) zu, weil der damalige Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk sich primär auf die Verhandlungen mit Großbritannien im Vorfeld des Brexit-Referendums konzentrierte.

Zu Beginn ihrer Amtszeit hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Eckpunkte für einen European Green Deal vorgelegt und eine “geopolitische Kommission” eingefordert, die auch einen stärkeren Fokus auf die Reform multilateraler Institutionen setze. Dieser Kurs hat angesichts der Folgen der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen, weil sie den geopolitischen Wettbewerb verschärft hat und die Transformation zur Nachhaltigkeit nur gelingen kann, wenn die Wiederaufbauprogramme dem nicht entgegenwirken.

Der deutsche Ratsvorsitz sollte sich daher dafür einsetzen, dass die Umsetzung des European Green Deal nicht nur EU-intern vorankommt. Zusätzlich sollte er auch dessen globale Dimension stärker in den Blick nehmen. Der Green Deal hat unmittelbare Auswirkungen auf Drittländer. Wenn die EU beispielsweise den Anteil erneuerbarer Energien erhöht, hat dies erhebliche Konsequenzen für erdölexportierende Länder in Afrika. Gleichzeitig bringt es für die globalen Klimaziele wenig, wenn die EU hier alleine voranschreitet. Da der Green Deal nicht nur eine Klima- sondern auch eine wirtschaftspolitische Agenda ist, bietet er die Chance mit internationalen Partnern in einen offenen Dialog über zukunftsfähige Gesellschaftsmodelle zu treten.

Während die USA durch die Corona-Pandemie stark erschüttert sind und die transatlantische Allianz Kollateralschäden erleidet, inszeniert sich China weltweit als Vorbild und verlässlicher Kooperationspartner bei der Pandemiebekämpfung. Um zumindest Teile der regelbasierten multilateralen Ordnung zu bewahren, braucht Europa dringend neue Partner. Die Kooperation mit afrikanischen Ländern gewinnt dadurch an Bedeutung. Die EU sollte deswegen die anstehenden Gipfeltreffen und insbesondere den vorgesehenen Gipfel mit der Afrikanischen Union (AU) nutzen, um ihre Beziehungen zu wichtigen globalen Partnern neu zu ordnen. Die EU sollte die Gelegenheit nutzen und sehr genau hinhören, welche Erwartungen afrikanische Partner an die EU richten. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Unterstützung der Panafrikanischen Freihandelszone. Auf dieser Basis sollten die AU-EU- Beziehungen dialogorientierter werden.

Durch die Corona-Pandemie bietet sich auch die Möglichkeit, endlich Fortschritte in der Integration der EU-Entwicklungspolitik zu machen. In Brüssel wird regelmäßig betont, dass die EU in der Entwicklungspolitik eine Supermacht sei, weil sie mehr als die Hälfte aller Entwicklungsgelder weltweit vergibt. In der Praxis haben die EU-Akteure ihre Entwicklungspolitik in den letzten Jahren zwar enger abgestimmt – seit April dieses Jahres auch unter dem „Team-Europe“- Ansatz. Von einem einheitlichen Auftreten ist die EU jedoch weit entfernt. Die EU-Integration in der Entwicklungspolitik kommt nicht durch Tabellen mit Finanzbeiträgen voran, sondern erfordert echte Investitionen und Anstrengungen im Bereich des „Working better together“. Dieser Ansatz sollte auch jenseits der Corona-Pandemie ausgebaut werden und zu einer echten Vertiefung der Zusammenarbeit führen.

In der Geschichte der EU haben Krisen eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprojektes gespielt. Die deutsche Präsidentschaft erfolgt nun inmitten einer solchen Krise. Die Agenda der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ist damit eine Herkulesaufgabe und gleichzeitig eine riesige Chance, zentrale Weichen für eine verantwortungsvolle globale Rolle der EU zu stellen.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Migration und die Agenda 2030: Es zählt nur, wer gezählt wird - Migrant*innen und Geflüchtete in den Zielen nachhaltiger Entwicklung

Unter dem Leitgedanken „Leave no one behind“ hat sich die Weltgemeinschaft mit der Agenda 2030 zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen armer und marginalisierter Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Zu ihnen gehören in vielen Fällen auch Geflüchtete und Migrant*innen. Um Fortschritte in der Umsetzung der Agenda 2030 sichtbar zu machen, wurde ein strukturierter Prozess aufgesetzt. Hierfür sind die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) maßgebend. Die gesonderte Berücksichtigung von Geflüchteten und Migrant*innen in dieser Fortschrittsüberprüfung war von Anfang an vorgesehen. Dies stellt jedoch hohe Anforderungen an die Datenverfügbarkeit: Um im strukturierten Überprüfungsprozess der SDGs Veränderungen in der Lebenssituation migrantischer Bevölkerungsgruppen nachvollziehbar zu machen, bedarf es nach Migrationsstatus aufgeschlüsselte Daten. Diese Aufschlüsselung ermöglicht es, Rückschlüsse auf das Wohlergehen der Geflüchteten und Migrant*innen zu ziehen. Ziel 17.18 der Agenda 2030 fordert explizit die differenzierte Berücksichtigung dieser Bevölkerungsgruppe in den personenbezogenen SDGs sowie den hierfür notwendigen Kapazitätsausbau im Bereich der Datenerhebung.
Zensusdaten, Daten aus nationalen Verwaltungsregistern und Stichprobenerhebungen stellen mögliche Quellen zur Erreichung dieser Zielsetzung dar; allerdings unterscheiden sich diese Datensätze hinsichtlich ihrer Reichweite und Fähigkeit, verschiedene Arten von Informationen zu erfassen und bilden jeweils nur einen Teil der Realität ab. Fünf Jahre nach Verabschiedung der SDGs ist die Bilanz daher ernüchternd: Nach wie vor fehlen in den meisten Ländern nach Migrationsstatus disaggregierte Daten. Damit wächst die Gefahr, dass sich bestehende Benachteiligungen verstetigen oder verstärken. Im Kontext ihres umfassenden Engagements für die Umsetzung der SDGs sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Geflüchtete und Migrant*innen im Follow-Up- und Review-Prozess der Agenda 2030 systematisch berücksichtigt werden. Für die von der VN ausgerufene „Dekade der Umsetzung“ leiten sich hieraus folgende Empfehlungen ab:
•    Harmonisierung von Migrationsdefinitionen: Bei der Datenerhebung sollten die von der VN-Statistikkommission empfohlenen Definitionen verwendet werden.
•    Unterstützung der Datenerhebung: Die personellen und finanziellen Kapazitäten der nationalen Statistikbehörden in Partnerländern sollten systematisch gestärkt werden.
•    Stärkung von Synergien: Zwischen migrationsspezifischen Datenzentren und übergeordneten, eng mit dem SDG-Prozess verbundenen Dateninitiativen sollten Brücken geschlagen werden.
•    Ausbau von Migrationsexpertise im SDG-Prozess: Um Veränderungen in der Lebenssituation von Migrant*innen und Geflüchteten stärker zu berücksichtigen, sollte Migrationsexpertise systematischer als bisher in die Vorbereitung der SDG-Reviews eingebunden werden.

Migration und die Agenda 2030: Es zählt nur, wer gezählt wird - Migrant*innen und Geflüchtete in den Zielen nachhaltiger Entwicklung

Unter dem Leitgedanken „Leave no one behind“ hat sich die Weltgemeinschaft mit der Agenda 2030 zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen armer und marginalisierter Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Zu ihnen gehören in vielen Fällen auch Geflüchtete und Migrant*innen. Um Fortschritte in der Umsetzung der Agenda 2030 sichtbar zu machen, wurde ein strukturierter Prozess aufgesetzt. Hierfür sind die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) maßgebend. Die gesonderte Berücksichtigung von Geflüchteten und Migrant*innen in dieser Fortschrittsüberprüfung war von Anfang an vorgesehen. Dies stellt jedoch hohe Anforderungen an die Datenverfügbarkeit: Um im strukturierten Überprüfungsprozess der SDGs Veränderungen in der Lebenssituation migrantischer Bevölkerungsgruppen nachvollziehbar zu machen, bedarf es nach Migrationsstatus aufgeschlüsselte Daten. Diese Aufschlüsselung ermöglicht es, Rückschlüsse auf das Wohlergehen der Geflüchteten und Migrant*innen zu ziehen. Ziel 17.18 der Agenda 2030 fordert explizit die differenzierte Berücksichtigung dieser Bevölkerungsgruppe in den personenbezogenen SDGs sowie den hierfür notwendigen Kapazitätsausbau im Bereich der Datenerhebung.
Zensusdaten, Daten aus nationalen Verwaltungsregistern und Stichprobenerhebungen stellen mögliche Quellen zur Erreichung dieser Zielsetzung dar; allerdings unterscheiden sich diese Datensätze hinsichtlich ihrer Reichweite und Fähigkeit, verschiedene Arten von Informationen zu erfassen und bilden jeweils nur einen Teil der Realität ab. Fünf Jahre nach Verabschiedung der SDGs ist die Bilanz daher ernüchternd: Nach wie vor fehlen in den meisten Ländern nach Migrationsstatus disaggregierte Daten. Damit wächst die Gefahr, dass sich bestehende Benachteiligungen verstetigen oder verstärken. Im Kontext ihres umfassenden Engagements für die Umsetzung der SDGs sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Geflüchtete und Migrant*innen im Follow-Up- und Review-Prozess der Agenda 2030 systematisch berücksichtigt werden. Für die von der VN ausgerufene „Dekade der Umsetzung“ leiten sich hieraus folgende Empfehlungen ab:
•    Harmonisierung von Migrationsdefinitionen: Bei der Datenerhebung sollten die von der VN-Statistikkommission empfohlenen Definitionen verwendet werden.
•    Unterstützung der Datenerhebung: Die personellen und finanziellen Kapazitäten der nationalen Statistikbehörden in Partnerländern sollten systematisch gestärkt werden.
•    Stärkung von Synergien: Zwischen migrationsspezifischen Datenzentren und übergeordneten, eng mit dem SDG-Prozess verbundenen Dateninitiativen sollten Brücken geschlagen werden.
•    Ausbau von Migrationsexpertise im SDG-Prozess: Um Veränderungen in der Lebenssituation von Migrant*innen und Geflüchteten stärker zu berücksichtigen, sollte Migrationsexpertise systematischer als bisher in die Vorbereitung der SDG-Reviews eingebunden werden.

Migration und die Agenda 2030: Es zählt nur, wer gezählt wird - Migrant*innen und Geflüchtete in den Zielen nachhaltiger Entwicklung

Unter dem Leitgedanken „Leave no one behind“ hat sich die Weltgemeinschaft mit der Agenda 2030 zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen armer und marginalisierter Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Zu ihnen gehören in vielen Fällen auch Geflüchtete und Migrant*innen. Um Fortschritte in der Umsetzung der Agenda 2030 sichtbar zu machen, wurde ein strukturierter Prozess aufgesetzt. Hierfür sind die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) maßgebend. Die gesonderte Berücksichtigung von Geflüchteten und Migrant*innen in dieser Fortschrittsüberprüfung war von Anfang an vorgesehen. Dies stellt jedoch hohe Anforderungen an die Datenverfügbarkeit: Um im strukturierten Überprüfungsprozess der SDGs Veränderungen in der Lebenssituation migrantischer Bevölkerungsgruppen nachvollziehbar zu machen, bedarf es nach Migrationsstatus aufgeschlüsselte Daten. Diese Aufschlüsselung ermöglicht es, Rückschlüsse auf das Wohlergehen der Geflüchteten und Migrant*innen zu ziehen. Ziel 17.18 der Agenda 2030 fordert explizit die differenzierte Berücksichtigung dieser Bevölkerungsgruppe in den personenbezogenen SDGs sowie den hierfür notwendigen Kapazitätsausbau im Bereich der Datenerhebung.
Zensusdaten, Daten aus nationalen Verwaltungsregistern und Stichprobenerhebungen stellen mögliche Quellen zur Erreichung dieser Zielsetzung dar; allerdings unterscheiden sich diese Datensätze hinsichtlich ihrer Reichweite und Fähigkeit, verschiedene Arten von Informationen zu erfassen und bilden jeweils nur einen Teil der Realität ab. Fünf Jahre nach Verabschiedung der SDGs ist die Bilanz daher ernüchternd: Nach wie vor fehlen in den meisten Ländern nach Migrationsstatus disaggregierte Daten. Damit wächst die Gefahr, dass sich bestehende Benachteiligungen verstetigen oder verstärken. Im Kontext ihres umfassenden Engagements für die Umsetzung der SDGs sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Geflüchtete und Migrant*innen im Follow-Up- und Review-Prozess der Agenda 2030 systematisch berücksichtigt werden. Für die von der VN ausgerufene „Dekade der Umsetzung“ leiten sich hieraus folgende Empfehlungen ab:
•    Harmonisierung von Migrationsdefinitionen: Bei der Datenerhebung sollten die von der VN-Statistikkommission empfohlenen Definitionen verwendet werden.
•    Unterstützung der Datenerhebung: Die personellen und finanziellen Kapazitäten der nationalen Statistikbehörden in Partnerländern sollten systematisch gestärkt werden.
•    Stärkung von Synergien: Zwischen migrationsspezifischen Datenzentren und übergeordneten, eng mit dem SDG-Prozess verbundenen Dateninitiativen sollten Brücken geschlagen werden.
•    Ausbau von Migrationsexpertise im SDG-Prozess: Um Veränderungen in der Lebenssituation von Migrant*innen und Geflüchteten stärker zu berücksichtigen, sollte Migrationsexpertise systematischer als bisher in die Vorbereitung der SDG-Reviews eingebunden werden.

Auf Covid-19 muss eine tiefgreifende Transformation der Steuersysteme folgen

Die aktuelle Krise zeigt einmal mehr, wie wichtig leistungsfähige und gut regierte Staaten sind, wenn es darum geht, elementare Probleme kollektiv zu lösen. Steuersysteme werden eine Schlüsselrolle spielen, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie in Entwicklungsländern abzufedern und nach der Pandemie eine möglichst rasche und nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu befördern.

Der zusätzliche Finanzbedarf der öffentlichen Haushalte wird dabei vor allem in den ärmeren Ländern gewaltig sein. Wichtige Einnahmequellen, wie der Export von Naturressourcen oder der Tourismus, sind auf unbestimmte Zeit eingebrochen. Schätzungen der Weltbank sagen zum Beispiel für Afrika voraus, dass je nach Ausmaß der Krise mit einem Rückgang der staatlichen Einnahmen um 12 bis 16 Prozent zu rechnen ist. Für das Jahr 2020 wird eine durchschnittliche Erhöhung der Haushaltsdefizite um 3,5 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts prognostiziert.

Viele Entwicklungsländer befinden sich noch in der Lockdown-Phase der Pandemie. In dieser Phase geht es vor allem um Steuererleichterungen, die den Unternehmen kurzfristig Liquidität verschaffen, so wie zum Beispiel der Aufschub fälliger Steuerzahlungen. Danach folgt eine Phase der Lockerungen, in welcher Steuererleichterungen als Konsum- oder Investitionsanreize eingesetzt werden, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Viele Industrienationen befinden sich momentan in dieser Phase, in der eine Balance zwischen effektiven Steueranreizen für die Wirtschaft und ausreichenden Staatseinnahmen zur Finanzierung der erhöhten Ausgaben gefunden werden muss. Spätestens mit dem Ende der Pandemie müssen zusätzlich langfristige Maßnahmen in den Blick genommen werden, um die öffentlichen Finanzsysteme resilient und zukunftsfähig zu machen.

Doch welche Möglichkeiten haben die Regierungen, um kurzfristig steuerliche Anreize für Investitionen und wirtschaftliche Notfallprogramme zu gewähren, ohne mittel- und langfristig die Finanzierung der wachsenden Staatsausgaben zu gefährden? Gerade ärmere Länder haben hier häufig nur wenig finanziellen Spielraum für Konjunkturpakete.

Zum einen müssen die Steuersysteme auf eine breitere Basis gestellt werden. Eine effektivere Besteuerung der wohlhabenden Privathaushalte und Vermögen ist notwendig. Viele Staaten erzielen zum Beispiel kaum Einnahmen aus Grundsteuern oder aus privaten Einkommenssteuern. Gerade solche Steuern fördern aber die Progressivität und Fairness der Steuersysteme, weil sie die Leistungsfähigkeit wohlhabender Steuerzahler stärker berücksichtigen.

Zum anderen müssen Steuerhinterziehung und -vermeidung – welche jährlich weltweit zu Milliardeneinbußen an Steuereinnahmen führen – entschlossen verfolgt werden. Hierfür ist es wichtig, in den Steuerbehörden die Qualität der Steuerdaten und -register, aber auch die Kapazitäten der Steuerprüfung zu erhöhen. Digitalisierung und Automatisierung bei der Führung von Registern, dem Rechnungswesen und dem Austausch von Informationen, sowohl national zwischen Behörden als auch international zwischen Ländern, sind dafür zentrale Ansatzpunkte.

Doch die erforderlichen Maßnahmen können die ärmeren Entwicklungsländer alleine nicht stemmen. Sie sind besonders bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung durch Großkonzerne auf internationale Zusammenarbeit angewiesen. Vor allem muss dem intransparenten Geschäftsgebaren der sogenannten Steueroasen und dem globalen Unterbietungswettbewerb bei den Unternehmenssteuern ein Ende gesetzt werden. Zu Letzterem ist die Einführung einer globalen Mindeststeuer im Gespräch. Sie ist gegenwärtig Gegenstand von Verhandlungen unter dem Dach der OECD und sollte zügig umgesetzt werden.

Die Entwicklungsländer werden daneben weitere Finanzmittel benötigen, die ihnen nur teilweise in Form von Krediten zufließen können. Die vielfach diskutierten Finanztransaktionssteuern könnten eine weitere Einnahmequelle für Staaten bilden. Außerdem könnten über Steuern auf große Vermögen und Erbschaften mehr Mittel mobilisiert werden – besonders wenn es gelingt, die G20-Länder hier zu einem gemeinsamen Vorgehen zu bewegen. Eine international abgestimmte Besteuerung digitaler Dienstleistungen, etwa der großen Technologie-Unternehmen, könnte staatliche Steuereinnahmen zudem stärken. Der Rückzug der USA aus den OECD-Gesprächen zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft ist kein positives Signal in diese Richtung. Er sollte jedoch nicht als endgültige Niederlage multilateraler Lösungen hingenommen werden, sondern als Warnung und Ermutigung für die anderen Länder, weitere Anstrengungen für gemeinsame Lösungen zu unternehmen.

Die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 hatte neben vielen negativen Auswirkungen eine positive Folge: Sie hat die internationale Kooperation in Steuerfragen enorm vorangebracht. Derartige Impulse brauchen wir nun auch zur Bewältigung der Covid-19 Pandemie. Es geht dabei nicht nur darum, mehr Einnahmen zu generieren, sondern vor allem darum, mehr Gerechtigkeit in der Einnahmengenerierung zu schaffen. Dazu müssen Steuergerechtigkeit und –fairness öffentlich stärker diskutiert werden. Denn wie die finanziellen Mittel zur Bewältigung der Krise erhoben und eingesetzt werden, wird sich auch auf die Legitimität der Staaten und den sozialen Zusammenhalt auswirken.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Auf Covid-19 muss eine tiefgreifende Transformation der Steuersysteme folgen

Die aktuelle Krise zeigt einmal mehr, wie wichtig leistungsfähige und gut regierte Staaten sind, wenn es darum geht, elementare Probleme kollektiv zu lösen. Steuersysteme werden eine Schlüsselrolle spielen, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie in Entwicklungsländern abzufedern und nach der Pandemie eine möglichst rasche und nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu befördern.

Der zusätzliche Finanzbedarf der öffentlichen Haushalte wird dabei vor allem in den ärmeren Ländern gewaltig sein. Wichtige Einnahmequellen, wie der Export von Naturressourcen oder der Tourismus, sind auf unbestimmte Zeit eingebrochen. Schätzungen der Weltbank sagen zum Beispiel für Afrika voraus, dass je nach Ausmaß der Krise mit einem Rückgang der staatlichen Einnahmen um 12 bis 16 Prozent zu rechnen ist. Für das Jahr 2020 wird eine durchschnittliche Erhöhung der Haushaltsdefizite um 3,5 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts prognostiziert.

Viele Entwicklungsländer befinden sich noch in der Lockdown-Phase der Pandemie. In dieser Phase geht es vor allem um Steuererleichterungen, die den Unternehmen kurzfristig Liquidität verschaffen, so wie zum Beispiel der Aufschub fälliger Steuerzahlungen. Danach folgt eine Phase der Lockerungen, in welcher Steuererleichterungen als Konsum- oder Investitionsanreize eingesetzt werden, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Viele Industrienationen befinden sich momentan in dieser Phase, in der eine Balance zwischen effektiven Steueranreizen für die Wirtschaft und ausreichenden Staatseinnahmen zur Finanzierung der erhöhten Ausgaben gefunden werden muss. Spätestens mit dem Ende der Pandemie müssen zusätzlich langfristige Maßnahmen in den Blick genommen werden, um die öffentlichen Finanzsysteme resilient und zukunftsfähig zu machen.

Doch welche Möglichkeiten haben die Regierungen, um kurzfristig steuerliche Anreize für Investitionen und wirtschaftliche Notfallprogramme zu gewähren, ohne mittel- und langfristig die Finanzierung der wachsenden Staatsausgaben zu gefährden? Gerade ärmere Länder haben hier häufig nur wenig finanziellen Spielraum für Konjunkturpakete.

Zum einen müssen die Steuersysteme auf eine breitere Basis gestellt werden. Eine effektivere Besteuerung der wohlhabenden Privathaushalte und Vermögen ist notwendig. Viele Staaten erzielen zum Beispiel kaum Einnahmen aus Grundsteuern oder aus privaten Einkommenssteuern. Gerade solche Steuern fördern aber die Progressivität und Fairness der Steuersysteme, weil sie die Leistungsfähigkeit wohlhabender Steuerzahler stärker berücksichtigen.

Zum anderen müssen Steuerhinterziehung und -vermeidung – welche jährlich weltweit zu Milliardeneinbußen an Steuereinnahmen führen – entschlossen verfolgt werden. Hierfür ist es wichtig, in den Steuerbehörden die Qualität der Steuerdaten und -register, aber auch die Kapazitäten der Steuerprüfung zu erhöhen. Digitalisierung und Automatisierung bei der Führung von Registern, dem Rechnungswesen und dem Austausch von Informationen, sowohl national zwischen Behörden als auch international zwischen Ländern, sind dafür zentrale Ansatzpunkte.

Doch die erforderlichen Maßnahmen können die ärmeren Entwicklungsländer alleine nicht stemmen. Sie sind besonders bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung durch Großkonzerne auf internationale Zusammenarbeit angewiesen. Vor allem muss dem intransparenten Geschäftsgebaren der sogenannten Steueroasen und dem globalen Unterbietungswettbewerb bei den Unternehmenssteuern ein Ende gesetzt werden. Zu Letzterem ist die Einführung einer globalen Mindeststeuer im Gespräch. Sie ist gegenwärtig Gegenstand von Verhandlungen unter dem Dach der OECD und sollte zügig umgesetzt werden.

Die Entwicklungsländer werden daneben weitere Finanzmittel benötigen, die ihnen nur teilweise in Form von Krediten zufließen können. Die vielfach diskutierten Finanztransaktionssteuern könnten eine weitere Einnahmequelle für Staaten bilden. Außerdem könnten über Steuern auf große Vermögen und Erbschaften mehr Mittel mobilisiert werden – besonders wenn es gelingt, die G20-Länder hier zu einem gemeinsamen Vorgehen zu bewegen. Eine international abgestimmte Besteuerung digitaler Dienstleistungen, etwa der großen Technologie-Unternehmen, könnte staatliche Steuereinnahmen zudem stärken. Der Rückzug der USA aus den OECD-Gesprächen zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft ist kein positives Signal in diese Richtung. Er sollte jedoch nicht als endgültige Niederlage multilateraler Lösungen hingenommen werden, sondern als Warnung und Ermutigung für die anderen Länder, weitere Anstrengungen für gemeinsame Lösungen zu unternehmen.

Die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 hatte neben vielen negativen Auswirkungen eine positive Folge: Sie hat die internationale Kooperation in Steuerfragen enorm vorangebracht. Derartige Impulse brauchen wir nun auch zur Bewältigung der Covid-19 Pandemie. Es geht dabei nicht nur darum, mehr Einnahmen zu generieren, sondern vor allem darum, mehr Gerechtigkeit in der Einnahmengenerierung zu schaffen. Dazu müssen Steuergerechtigkeit und –fairness öffentlich stärker diskutiert werden. Denn wie die finanziellen Mittel zur Bewältigung der Krise erhoben und eingesetzt werden, wird sich auch auf die Legitimität der Staaten und den sozialen Zusammenhalt auswirken.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Auf Covid-19 muss eine tiefgreifende Transformation der Steuersysteme folgen

Die aktuelle Krise zeigt einmal mehr, wie wichtig leistungsfähige und gut regierte Staaten sind, wenn es darum geht, elementare Probleme kollektiv zu lösen. Steuersysteme werden eine Schlüsselrolle spielen, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie in Entwicklungsländern abzufedern und nach der Pandemie eine möglichst rasche und nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu befördern.

Der zusätzliche Finanzbedarf der öffentlichen Haushalte wird dabei vor allem in den ärmeren Ländern gewaltig sein. Wichtige Einnahmequellen, wie der Export von Naturressourcen oder der Tourismus, sind auf unbestimmte Zeit eingebrochen. Schätzungen der Weltbank sagen zum Beispiel für Afrika voraus, dass je nach Ausmaß der Krise mit einem Rückgang der staatlichen Einnahmen um 12 bis 16 Prozent zu rechnen ist. Für das Jahr 2020 wird eine durchschnittliche Erhöhung der Haushaltsdefizite um 3,5 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts prognostiziert.

Viele Entwicklungsländer befinden sich noch in der Lockdown-Phase der Pandemie. In dieser Phase geht es vor allem um Steuererleichterungen, die den Unternehmen kurzfristig Liquidität verschaffen, so wie zum Beispiel der Aufschub fälliger Steuerzahlungen. Danach folgt eine Phase der Lockerungen, in welcher Steuererleichterungen als Konsum- oder Investitionsanreize eingesetzt werden, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Viele Industrienationen befinden sich momentan in dieser Phase, in der eine Balance zwischen effektiven Steueranreizen für die Wirtschaft und ausreichenden Staatseinnahmen zur Finanzierung der erhöhten Ausgaben gefunden werden muss. Spätestens mit dem Ende der Pandemie müssen zusätzlich langfristige Maßnahmen in den Blick genommen werden, um die öffentlichen Finanzsysteme resilient und zukunftsfähig zu machen.

Doch welche Möglichkeiten haben die Regierungen, um kurzfristig steuerliche Anreize für Investitionen und wirtschaftliche Notfallprogramme zu gewähren, ohne mittel- und langfristig die Finanzierung der wachsenden Staatsausgaben zu gefährden? Gerade ärmere Länder haben hier häufig nur wenig finanziellen Spielraum für Konjunkturpakete.

Zum einen müssen die Steuersysteme auf eine breitere Basis gestellt werden. Eine effektivere Besteuerung der wohlhabenden Privathaushalte und Vermögen ist notwendig. Viele Staaten erzielen zum Beispiel kaum Einnahmen aus Grundsteuern oder aus privaten Einkommenssteuern. Gerade solche Steuern fördern aber die Progressivität und Fairness der Steuersysteme, weil sie die Leistungsfähigkeit wohlhabender Steuerzahler stärker berücksichtigen.

Zum anderen müssen Steuerhinterziehung und -vermeidung – welche jährlich weltweit zu Milliardeneinbußen an Steuereinnahmen führen – entschlossen verfolgt werden. Hierfür ist es wichtig, in den Steuerbehörden die Qualität der Steuerdaten und -register, aber auch die Kapazitäten der Steuerprüfung zu erhöhen. Digitalisierung und Automatisierung bei der Führung von Registern, dem Rechnungswesen und dem Austausch von Informationen, sowohl national zwischen Behörden als auch international zwischen Ländern, sind dafür zentrale Ansatzpunkte.

Doch die erforderlichen Maßnahmen können die ärmeren Entwicklungsländer alleine nicht stemmen. Sie sind besonders bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung durch Großkonzerne auf internationale Zusammenarbeit angewiesen. Vor allem muss dem intransparenten Geschäftsgebaren der sogenannten Steueroasen und dem globalen Unterbietungswettbewerb bei den Unternehmenssteuern ein Ende gesetzt werden. Zu Letzterem ist die Einführung einer globalen Mindeststeuer im Gespräch. Sie ist gegenwärtig Gegenstand von Verhandlungen unter dem Dach der OECD und sollte zügig umgesetzt werden.

Die Entwicklungsländer werden daneben weitere Finanzmittel benötigen, die ihnen nur teilweise in Form von Krediten zufließen können. Die vielfach diskutierten Finanztransaktionssteuern könnten eine weitere Einnahmequelle für Staaten bilden. Außerdem könnten über Steuern auf große Vermögen und Erbschaften mehr Mittel mobilisiert werden – besonders wenn es gelingt, die G20-Länder hier zu einem gemeinsamen Vorgehen zu bewegen. Eine international abgestimmte Besteuerung digitaler Dienstleistungen, etwa der großen Technologie-Unternehmen, könnte staatliche Steuereinnahmen zudem stärken. Der Rückzug der USA aus den OECD-Gesprächen zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft ist kein positives Signal in diese Richtung. Er sollte jedoch nicht als endgültige Niederlage multilateraler Lösungen hingenommen werden, sondern als Warnung und Ermutigung für die anderen Länder, weitere Anstrengungen für gemeinsame Lösungen zu unternehmen.

Die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 hatte neben vielen negativen Auswirkungen eine positive Folge: Sie hat die internationale Kooperation in Steuerfragen enorm vorangebracht. Derartige Impulse brauchen wir nun auch zur Bewältigung der Covid-19 Pandemie. Es geht dabei nicht nur darum, mehr Einnahmen zu generieren, sondern vor allem darum, mehr Gerechtigkeit in der Einnahmengenerierung zu schaffen. Dazu müssen Steuergerechtigkeit und –fairness öffentlich stärker diskutiert werden. Denn wie die finanziellen Mittel zur Bewältigung der Krise erhoben und eingesetzt werden, wird sich auch auf die Legitimität der Staaten und den sozialen Zusammenhalt auswirken.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Systemrelevant, aber dennoch kaum anerkannt: Entlohnung unverzichtbarer Berufe in der Corona-Krise

Zusammenfassung:

In Zeiten der Corona-Krise zeigt sich: Bestimmte Berufsgruppen und Bereiche des öffentlichen und sozialen Lebens sind systemrelevant.[1] Die Mehrheit der als systemrelevant definierten Berufe weist jedoch außerhalb von Krisenzeiten ein geringes gesellschaftliches Ansehen und eine unterdurchschnittliche Bezahlung auf. Der Frauenanteil ist hingegen überdurchschnittlich. Dies gilt vor allem für die systemrelevanten Berufe der „ersten Stunde“, also jene Tätigkeiten, die seit Beginn der Corona-Krise als systemrelevant gelten. Die Liste systemrelevanter Berufe wurde über die Zeit konkretisiert und um weitere Berufsgruppen ergänzt. Diese zusätzlichen Berufe haben ein höheres Lohn- und Prestigeniveau und einen höheren Männeranteil. Dennoch gilt auch nach der erweiterten Definition der systemrelevanten Berufe „zweiter Stunde“: Die Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Unverzichtbarkeit und tatsächlicher Entlohnung ist in Krisenzeiten besonders offensichtlich. Deshalb sollten auf kollektive Dankbarkeit konkrete Maßnahmen folgen, wie eine höhere Entlohnung und eine breitere tarifvertragliche Absicherung.


Never-ending reformism from above and dissatisfaction from below: the paradox of Moroccan post-Spring politics

For scholars, policy-makers and casual observers, there is no doubt that Morocco has undergone an impressive transformation process since Mohammed VI came to power in 1999. The country projects an image of liberal-democratic modernity and socio-economic progress that the international community is happy to go along with. But at the heart of Moroccan modernization lies a glaring paradox: despite two decades of reforms, the dissatisfaction of ordinary citizens with the way the system works has been consistently high, and a number of socio-economic and political indicators do not support the regime’s claim that the country has democratised or is democratising. This article examines the country’s political system through the reformist process – political, economic and social – that began in the 2000s, continued with the constitutional changes of 2011 and culminated with the two PJD-led governments that followed the parliamentary elections of 2011 and 2016. In particular, this study examines the reformist drive in the context of the inter-paradigm debate between democratisation and authoritarian resilience. We employ four criteria to determine to what extent Morocco has democratised: the accountability of decision-makers, the participation of a plurality of voices in the formulation of policies, the degree of individual freedoms and the protection of human rights. This article concludes that the reformist process is simply a narrative the regime has adopted to fend off international criticism and to reconfigure domestic institutions. The fundamentally authoritarian nature of the regime has not changed, and the dominant institutional role that the monarch – unelected and unaccountable – plays undermines all claims of democratisation.

Never-ending reformism from above and dissatisfaction from below: the paradox of Moroccan post-Spring politics

For scholars, policy-makers and casual observers, there is no doubt that Morocco has undergone an impressive transformation process since Mohammed VI came to power in 1999. The country projects an image of liberal-democratic modernity and socio-economic progress that the international community is happy to go along with. But at the heart of Moroccan modernization lies a glaring paradox: despite two decades of reforms, the dissatisfaction of ordinary citizens with the way the system works has been consistently high, and a number of socio-economic and political indicators do not support the regime’s claim that the country has democratised or is democratising. This article examines the country’s political system through the reformist process – political, economic and social – that began in the 2000s, continued with the constitutional changes of 2011 and culminated with the two PJD-led governments that followed the parliamentary elections of 2011 and 2016. In particular, this study examines the reformist drive in the context of the inter-paradigm debate between democratisation and authoritarian resilience. We employ four criteria to determine to what extent Morocco has democratised: the accountability of decision-makers, the participation of a plurality of voices in the formulation of policies, the degree of individual freedoms and the protection of human rights. This article concludes that the reformist process is simply a narrative the regime has adopted to fend off international criticism and to reconfigure domestic institutions. The fundamentally authoritarian nature of the regime has not changed, and the dominant institutional role that the monarch – unelected and unaccountable – plays undermines all claims of democratisation.

Never-ending reformism from above and dissatisfaction from below: the paradox of Moroccan post-Spring politics

For scholars, policy-makers and casual observers, there is no doubt that Morocco has undergone an impressive transformation process since Mohammed VI came to power in 1999. The country projects an image of liberal-democratic modernity and socio-economic progress that the international community is happy to go along with. But at the heart of Moroccan modernization lies a glaring paradox: despite two decades of reforms, the dissatisfaction of ordinary citizens with the way the system works has been consistently high, and a number of socio-economic and political indicators do not support the regime’s claim that the country has democratised or is democratising. This article examines the country’s political system through the reformist process – political, economic and social – that began in the 2000s, continued with the constitutional changes of 2011 and culminated with the two PJD-led governments that followed the parliamentary elections of 2011 and 2016. In particular, this study examines the reformist drive in the context of the inter-paradigm debate between democratisation and authoritarian resilience. We employ four criteria to determine to what extent Morocco has democratised: the accountability of decision-makers, the participation of a plurality of voices in the formulation of policies, the degree of individual freedoms and the protection of human rights. This article concludes that the reformist process is simply a narrative the regime has adopted to fend off international criticism and to reconfigure domestic institutions. The fundamentally authoritarian nature of the regime has not changed, and the dominant institutional role that the monarch – unelected and unaccountable – plays undermines all claims of democratisation.

Launch of Policy Paper on Human Rights Readiness of UN Peacekeepers

European Peace Institute / News - Thu, 06/25/2020 - 17:00
Event Video: 
Photos

jQuery(document).ready(function(){jQuery("#isloaderfor-hxwtps").fadeOut(2000, function () { jQuery(".pagwrap-hxwtps").fadeIn(1000);});});

The extent to which consideration of human rights is integrated into the generation, operational configuration, and evaluation of uniformed personnel of United Nations peacekeeping missions was the subject of a June 25th virtual event co-sponsored by IPI and the Permanent Mission of Finland to the UN. The event served to launch the policy paper Integrating Human Rights into the Operational Readiness of UN Peacekeepers co-authored by Namie Di Razza, Senior Fellow and Head of Protection of Civilians at the IPI, and Jake Sherman, Senior Director of Programs and Director of IPI’s Brian Urquhart Center for Peace Operations.

The paper offers a definition of “human rights readiness” for peacekeepers, which is intended to complement the UN’s “operational readiness” policy framework. It analyzes the extent to which human rights are integrated into training and force generation for uniformed peacekeepers, and concludes with concrete recommendations for how the UN and troop- and police-contributing countries can strengthen human rights readiness.

Jukka Salovaara, Permanent Representative of Finland to the UN, said that human rights training was compulsory for all Finnish police recruits in keeping with Finnish foreign policy’s overall emphasis on human rights. “Finland’s goals in international human rights policy are the eradication of discrimination and increased openness and inclusion, and we are really mainstreaming this in all our foreign policy. And it is crucial to us that the men and women we deploy in the field respect the principles of human rights. This is critical for upholding the credibility of UN peacekeeping and the shared value of UN operations.”

Ilze Brands Kehris, Assistant Secretary-General for Human Rights, Office of the High Commissioner for Human Rights, said, “We have in the last few years worked with various internal and external partners to mainstream UN peacekeeping under a broad framework of human rights readiness.” She said the goal was to “reinforce the centrality of human rights” and to ensure that personnel from the UN and countries that contribute police and troops to UN operations had human rights training. “Political willingness and respect for human rights is a key condition and prerequisite for peace and security at the national, regional, and international levels, including in the work at the UN.”

Luis Carrilho, Police Adviser, UN Department of Peace Operations, declared, “Every United Nations police officer, like every police officer around the world, is a human rights officer. And the police is one of the most visible faces of the state, so the action of the police is key for the balance between freedom and security for all.” He said that all mandated tasks should incorporate “democratic policing,” which he described as policing in which the human rights of everyone are “protected, promoted and respected.” The best way to guarantee that, he said, was through comprehensive and early training. “It goes without saying that effective training, with human rights aspects, mainstreaming human rights throughout, lies at the core of these efforts.” He also said it was critical that this training should be conducted prior to deployment.

Also arguing for thorough-going pre-deployment training was Mark Pedersen, Director, Integrated Training Service, UN Department of Peace Operations. “Human rights is not a peacekeeping-only skill, it should be the foundational knowledge for all soldiers and police personnel,” he said. “The first time a soldier… meets a human rights issue should not be on a peacekeeping operation. As long as we continue to deal with a situation where that first encounter is in a peacekeeping situation, we’ll be struggling uphill to inculcate human rights among peacekeeping personnel.”

Francesca Marotta, Chief, Methodology, Education and Training Section, UN Office of the High Commissioner for Human Rights, said that in force generation, knowledge of human rights was a key determinant in both selecting and deploying UN personnel. “An effort has been made to flesh out modalities leading to uniformed personnel best equipped to advance human rights aspects of mandates.” She said the UN screening policy had two main goals—“to preempt the deployment of personnel involved in violations” and “to enable selection of personnel and units that are best equipped to effectively implement their mandates.” She said there were still “gaps in training where specialized human rights resources may be limited. We know from our work with troop/police-contributing countries that national trainers who are typically police officers may not have the effective background to deliver human rights training” and that “resorting to external partners may also have its limits.” Instead, she said, OHCHR had developed a pre-deployment training approach jointly teaching both policing and human rights expertise. “We have partnered with standard police capacity to develop training of human rights that provides a different understanding of human rights.” The first such course was conducted in Jordan for African peace trainers, she said, but a second had to be postponed because of the COVID-19 pandemic.

Maj. Gen. Hugh Van Roosen, Deputy Military Adviser, UN Department of Peace Operations, said that a major focus of his office’s work was educating peacekeepers about human rights. “For the military, if we are going to require individuals to be stewards of human rights, as part of the protection of civilians strategy and our other tasks and mandates, we have to have a clear understanding of what those human rights are,” he explained. He said that explicit language about concepts of human rights tasks, principles, and standards was now included in infantry manuals and training materials. “Within the UN structure, there is a long-overdue integration of these concepts and practices in a way that’s meaningful to basic soldiers. If a basic soldier said simply ‘human rights,’ without any definition of what we are talking about, that would not be clearly understood. We have to focus on clear tasks and standards, and I’m delighted to report that the integrated effort we’ve been making is beginning to pay off.”

Sari Rautio, Director, Security Policy, Ministry for Foreign Affairs of Finland, stressed the importance of exchanging lessons learned. “An important finding of our training is that international cooperation offers the opportunity to share best practices, develop and compare modules, share trainers and students, create and harmonize standards.” She added, “We take to heart the recommendation that we should make greater use of human rights officers and human rights NGOs and human rights commissions in the training. We already do this, but there is always space to improve.” Finland put particular emphasis on the need for women in peacekeeping and has achieved gender parity in two of its annual UN missions over three years, she said. “Finland thinks the inclusion of women in peace operations is a prerequisite for sustainable peace, democracy, and human rights. By the same token, the participation of women in peacekeeping widens the skills available, access to communities, and ways UN missions can be enhanced.”

Mohammad Koba, Deputy Permanent Representative of Indonesia to the UN, said that in selecting persons for peacekeeping missions, “we check their human rights records to make sure we have the most qualified and well-prepared personnel. We develop human rights-specific training, incorporating lessons learned.” He stressed that meeting human rights objectives was a mission-wide responsibility. “The civilian human rights component has the main responsibility. However, all personnel in the mission—both civilian and uniformed—have an important role to play. The delivery of human rights mandates on the ground is not easy, and now the challenge has become even greater with the COVID-19 pandemic.”

Christoph Heusgen, Permanent Representative of Germany to the UN, said that how peacekeeping and special political missions can contribute more effectively to the promotion and protection of human rights would be a focus of the current German presidency of the UN Security Council. “It’s important that peacekeepers have a clear understanding of what human rights is,” he said.

Dr. Di Razza, co-author of the policy paper, observed that although human rights was a part of the core pre-deployment training prepared by the UN and administered by member states to their personnel, “the delivery of these trainings can vary in quality.” And while the human rights screening had improved from the days when it relied on self-certification, she said, there still was a need for a greater role by the Secretariat to do its own assessment of the human rights readiness of personnel. Commenting on another of the paper’s findings, she said, “quite interestingly, as the UN focused on the human rights records and compliance of non-UN partners, it seems that more processes were developed for external actors than for UN personnel themselves.”

The other co-author of the paper and moderator of the discussion, Jake Sherman, remarked, “Human rights activities are not just for the human rights component of a mission, and the speakers today have emphasized that this is really an obligation for all peacekeepers and that the intent of this initiative is to try to proactively integrate human rights into police and military operations. There is a solid policy basis that already exists within the organization to do that. This is ultimately a partnership between the UN and member states, and if the UN is going to be able to hold up its end of the partnership, it needs capacities to be able to do so across the whole range of offices and departments.”

.content .main .entry-header.w-thumbnail .cartouche {background: none; bottom: 0px;} h1.entry-title {font-size: 1.8em;}

Estimating economic losses from perceived heat stress in urban Malaysia

Higher temperatures linked to climate change lead to people feeling increasingly heat stressed compromising their health and reducing economic activity. In this paper we assess the potential economic impact of heat stress on working people in urban Malaysia by analysing the loss in productivity that they associate with heat stress. We found that nearly every respondent (99%) from a sample of 514 drawn from an online survey sometimes feels heat stressed and also less productive as a result. The median number of days in a year on which people felt their productivity had been compromised because of heat stress was 29. On those days half of the respondents felt their work capacity had been at least halved. The estimated median annual loss from reduced productivity was 257 €, nearly 10% of respondents' median annual income. Respondents who work in mentally challenging jobs are more affected by heat than those in physically intense jobs. They also receive the highest incomes, so suffer the highest losses. Our research suggests that the real economic costs of heat has probably been underestimated because most research has so far focused on people working in physically intense outdoor jobs or those performed in very hot environments.

Estimating economic losses from perceived heat stress in urban Malaysia

Higher temperatures linked to climate change lead to people feeling increasingly heat stressed compromising their health and reducing economic activity. In this paper we assess the potential economic impact of heat stress on working people in urban Malaysia by analysing the loss in productivity that they associate with heat stress. We found that nearly every respondent (99%) from a sample of 514 drawn from an online survey sometimes feels heat stressed and also less productive as a result. The median number of days in a year on which people felt their productivity had been compromised because of heat stress was 29. On those days half of the respondents felt their work capacity had been at least halved. The estimated median annual loss from reduced productivity was 257 €, nearly 10% of respondents' median annual income. Respondents who work in mentally challenging jobs are more affected by heat than those in physically intense jobs. They also receive the highest incomes, so suffer the highest losses. Our research suggests that the real economic costs of heat has probably been underestimated because most research has so far focused on people working in physically intense outdoor jobs or those performed in very hot environments.

Estimating economic losses from perceived heat stress in urban Malaysia

Higher temperatures linked to climate change lead to people feeling increasingly heat stressed compromising their health and reducing economic activity. In this paper we assess the potential economic impact of heat stress on working people in urban Malaysia by analysing the loss in productivity that they associate with heat stress. We found that nearly every respondent (99%) from a sample of 514 drawn from an online survey sometimes feels heat stressed and also less productive as a result. The median number of days in a year on which people felt their productivity had been compromised because of heat stress was 29. On those days half of the respondents felt their work capacity had been at least halved. The estimated median annual loss from reduced productivity was 257 €, nearly 10% of respondents' median annual income. Respondents who work in mentally challenging jobs are more affected by heat than those in physically intense jobs. They also receive the highest incomes, so suffer the highest losses. Our research suggests that the real economic costs of heat has probably been underestimated because most research has so far focused on people working in physically intense outdoor jobs or those performed in very hot environments.

Pages

THIS IS THE NEW BETA VERSION OF EUROPA VARIETAS NEWS CENTER - under construction
the old site is here

Copy & Drop - Can`t find your favourite site? Send us the RSS or URL to the following address: info(@)europavarietas(dot)org.