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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 20 hours 24 min ago

The Role of preferences for pro-environmental behaviour among urban middle class households in Peru

Fri, 05/15/2020 - 11:38

Pro-environmental behaviour (PEB) is known to reflect people’s social preferences, time preferences and risk preferences. Previous research has tended to consider these in isolation, which means they may proxy for omitted ones, leading to biased estimates. Moreover, it has not considered ambiguity preferences, which for some PEBs is conceptually more relevant than risk preferences. Using a survey module from the Global Preference Survey (GPS), we investigate the role of a large range of preferences for PEB in a sample of 900 middle class households in Lima, Peru. The PEBs we consider are habitually saving energy, avoiding the use of plastics, and limiting expenditures on electricity. We find that social preferences matter mainly for saving-energy behaviour; time, risk and ambiguity preferences matter mainly for the consumption of plastics; and time and ambiguity preferences matter for expenditures on electricity. The insight that particular preferences matter for particular PEBs has important policy implications.

How Germany and France could play a leading role in international donor coordination

Fri, 05/15/2020 - 09:15

The future shape of European trade policy and the right stance to take in security and climate matters are currently the subject of fierce Franco-German debate. These issues are also relevant to development policy in the context of the overarching 2030 Agenda for Sustainable Development. Despite the opportunities afforded to them as strong donor countries to pursue joint approaches, Germany and France often tend to cooperate on an ad hoc basis rather than as part of a strategy (Krüger & Vaillé, 2019). Signed on 22 January 2019, the Aachen Treaty serves to renew the cooperation on Franco-German development cooperation (DC) formalised in the Élysée Treaty and offers the two countries a way to overcome differences and contribute jointly to global sustainable development (Aachen Treaty, Chapter 2, Article 7). Against this backdrop, this paper discusses challenges and opportunities for Franco-German DC based on two case studies in Cameroon and Morocco, which illustrate how differing mandates and methods being applied by the implementing organisations are preventing closer cooperation on the ground. Diverging political priorities, including within the national donor administrations, are also making it harder to engage in dialogue with the partner countries, especially if these have only limited capacity for donor coordination. If Germany and France succeed in overcoming their current differences, they will be able to attract other donors, particularly EU actors, for joint initiatives. Four policy recommendations can be derived from this:
Improving coherence between DC systems:
Even if the donor countries continue to maintain different political structures, the functional cooperation between the relevant actors will need to be supported at upper political levels. Coherence within the German and French DC systems should also be increased.
2.    Germany and France should make it easier to launch joint projects:
Programming cycles need to be better coordinated in the interests of the political dialogue on DC. At the same time, the mutual recognition of procedures that form part of both countries’ technical cooperation (TC) and financial cooperation (FC) should be afforded greater political support.
3.    Selecting partner countries and sectors strategically:
Focusing on common priorities and sectors is advisable, especially in partner countries with limited capacity for coordination. Franco-German cooperation with middle-income countries should also be strengthened strategically in order to support projects requiring substantial financing in sectors such as renewable energy.
4.    Structuring Franco-German cooperation so as to be open to other partners:
Germany and France should commit to a common Europe-wide implementation approach and promote its application in partner countries through pilot projects. Franco-German DC should also be structured so as to be open to other actors and should campaign for the preservation of global public goods in international organisations in which both donors play an active part (e.g. in the Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria).

Mit Anreizen und Regelungen zu Fairen Lieferketten

Thu, 05/14/2020 - 11:21

Der World Fair Trade Day am 9. Mai stellte die Fortschritte der Mitgliederorganisationen der World Fair Trade Organization (WFTO) heraus. Er erinnerte aber auch an die sozialen Missstände, die in vielen globalen Lieferketten bestehen, das heißt bei Akteuren, die an der Herstellung eines Produkts beteiligt sind, von der Rohstoffgewinnung bis zu dessen eigentlicher Produktion und dem Vertrieb. In vielen Lieferketten kommt es zu Verletzungen von Arbeits- und Sozialstandards, etwa in Form von Kinderarbeit, mangelhafter Arbeitssicherheit oder fehlender Vereinigungsfreiheit. Die COVID-19 Pandemie lässt diese Missstände deutlich zutage treten und verstärkt sie: Die negativen Folgen des Nachfragerückgangs sowie Fabrikschließungen in Folge von Stilllegungen treffen die Arbeiter*innen in den Produktionsländern des Globalen Südens besonders hart. Arbeitsrechtsorganisationen und Gewerkschaften aus dem Bekleidungssektor in Bangladesch berichten von Massenentlassungen und Fabrikschließungen. Der Verband der Bekleidungshersteller in Indien geht davon aus, dass 2,5 Millionen Menschen ihren Job während des Lockdowns verlieren und die Asian Floor Wage Alliance berichtet, dass Arbeiter*innen ihre Löhne vorenthalten werden. Für Menschen ohne finanzielle Rücklagen sind diese Umstände existenzbedrohend.

Aktuell verstärkt die Coronakrise soziale Missstände in vielen globalen Lieferketten. Kurzfristig gilt es, besonders betroffenen Ländern den Zugang zu Krediten zu erleichtern und Geldtransfers an bedürftige Bevölkerungsgruppen sicherzustellen. Wie aber können mittel- und langfristig angelegte politische Maßnahmen aussehen, die nicht nur die Symptome mildern, sondern auch ihre Ursachen angehen und somit Lieferketten, auch mit Blick auf künftige Krisen, fairer und widerstandsfähiger machen?

Alle Unternehmen entlang globaler Lieferketten müssen Verantwortung für die soziale Situation der Arbeiter*innen übernehmen. Diese Verantwortung darf nicht an nationalen Grenzen enden. Dass dies keineswegs selbstverständlich ist, zeigt der Versuch von vielen Bekleidungsmarken, darunter Burton Menswear in Europa oder das große australische Modeunternehmen Mosaic Brands, bereits produzierte Waren nicht mehr abzunehmen, Zahlungen zu verzögern und Rabatte für bereits laufende Aufträge auszuhandeln. Regierungen des Globalen Nordens sind dazu aufgerufen zu einem verantwortlichen Handeln von Unternehmen beizutragen. Sowohl durch Anreize, wie einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, als auch durch Verpflichtungen, wie die rechtliche Verankerung unternehmerischer Sorgfaltspflichten.

Eine Anpassung der öffentlichen Beschaffung, die in Europa rund 14 Prozent des BIP generiert, kann entscheidende Anreize für einen nachhaltigen und sozialverantwortlichen Wiederaufbau globaler Lieferketten setzen. Eine strategisch ausgerichtete öffentliche Beschaffung ist die Voraussetzung für ein tieferes Verständnis von Lieferketten und Warenströmen auf Seiten der öffentlichen Beschaffer*innen und somit für ein sicheres und verantwortliches öffentliches Beschaffungswesen. Der Aufbau eines strategischen öffentlichen Beschaffungsmanagements wird seit längerem von der Europäischen Kommission und der OECD gefordert. Es beinhaltet erstens organisatorische Komponenten, wie die Stärkung von Vergabestellen durch strategische Einkäufer*innen. Zweitens gilt es, strategische Beschaffungsziele wie die Förderung innovativer oder nachhaltiger Produkte festzulegen. Die aktuelle Debatte bietet öffentlichen Einrichtungen in Deutschland und Europa die Möglichkeit, ihr Beschaffungswesen krisenfester zu machen, sowohl mit Blick auf eine sichere Versorgung als auch hinsichtlich einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern.

Diese gibt es in verschiedener Form bereits in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden. In Deutschland wurde eine gesetzliche Regelung von der freiwilligen Verpflichtung zu unternehmerischer Sorgfalt abhängig gemacht. Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass eine breite Umsetzung erfolgt ist. Eine gesetzliche Regelung könnte dazu beitragen, auf allen Stufen der Lieferkette soziale und ökologische Mindeststandards zu garantieren, gerade auch bei Zulieferern in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Vielzahl der Unternehmen die jetzt oder bereits schon seit Jahren Verantwortung zeigen, würden durch die Schaffung gleicher Bedingungen für alle Marktteilnehmer gestärkt. Eine Verpflichtung müsste eine Balance zwischen Verantwortung und Umsetzbarkeit finden. Unternehmen sollen nicht für jede Arbeitsrechtsverletzung zur Verantwortung gezogen werden, aber grundsätzlich soziale Risiken in ihren Lieferketten identifizieren und bewerten, um gegebenenfalls Verbesserungen zu erwirken. Eine so gestärkte Reform des Lieferkettenmanagements würde zu größerer Verantwortlichkeit und Krisenfestigkeit in Lieferketten beitragen.

Angesichts der COVID-19 Pandemie versuchen Regierungen aktuell, in erster Linie lebenswichtige nationale Bedarfe sicherzustellen. Mit der Entspannung der gesundheitlichen Krise, gilt es den Fokus anzupassen: Ein Wiedererstarken der Weltwirtschaft sollte mit mehr Verantwortung für faire Bedingungen entlang globaler Lieferketten einhergehen.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Marginalisierte Menschen als schwächstes Glied in Pandemien

Mon, 05/11/2020 - 11:36

Epidemien geben Aufschluss darüber, wie Gesellschaften mit marginalisierten Gruppen umgehen. Ganz besonders deutlich zeigt es sich in der größten Hafenstadt Ecuadors, in Guayaquil. Das Corona-Virus überfordert das Gesundheitssystem dort offenbar gänzlich. Viele Menschen können nicht mehr behandelt werden. Hunderte von Opfern konnten zeitweilig nicht mehr bestattet werden. Es kursieren Zahlen von tausenden von Toten in den Medien. Verlässliche Informationen fehlen aber bisher. Guayaquil ist eine Warnung: Die Marginalisierung einzelner Gruppen kann eine gesamte Gesellschaft zu Fall bringen. Es gibt aber auch eine Lösungsrichtung vor: Mehr Zugang zu Ressourcen.

Epidemien mit vielen Opfern gibt es in Guayaquil seit Jahrhunderten immer wieder. Die ungleichen Besitzverhältnisse und eine andauernde Marginalisierung großer Bevölkerungsgruppen spielen dabei eine zentrale Rolle. Um sie nicht nur, aber auch in medizinischen Notsituationen besser schützen zu können, müssen Ressourcen gerechter verteilt, Zugänge zu Grundversorgungen garantiert und Machtstrukturen überdacht werden.

Guayaquil wurde jahrhundertelang durch wenige einflussreiche Familien regiert. Oft dachten diese eher an ihren eigenen Vorteil als an ein gesellschaftliches Gemeinwohl. In den letzten Jahrzehnten gab es zwar durchaus erfolgreiche Projekte, etwa im Kampf gegen Kriminalität oder in der Verbesserung der urbanen Infrastruktur. Dennoch bleibt der Zugang zu ökonomischen Ressourcen, zur Basisversorgung und zum urbanen Raum sehr ungleich verteilt. Bereits in der Kolonialzeit regte sich in Guayaquil dagegen passiver Widerstand. Viele Jahrhunderte lang galt die Hafenstadt als Schmuggler-Hochburg. Früher wurde Kakao geschmuggelt, heute Lebensmittel, Treibstoff, Hehlerware und Drogen. Man spricht in Guayaquil stolz von der „viveza criolla“, einer vermeintlichen Anpassungsstrategie in Lateinamerika. Sie steht für das „Zurechtkommen“ in Phasen des Mangels, in politischen oder ökonomischen Krisen. Man weiß sich zu helfen, auch auf Kosten anderer, weil es oft nicht genug für alle gibt. Dies ist eine Einstellung, die sich interessanterweise durch alle Bevölkerungsschichten zieht. Die „Anderen“ sind in Guayaquil etwa die herrschenden Eliten, die politischen Machthaber, aber auch immer wieder die Bürokraten in der Hauptstadt Quito. So wird lokal gedacht, in Konkurrenz zueinander. Und selbst eine Notlage wie die Corona-Pandemie wird politisch in Szene gesetzt und zum eigenen Vorteil genutzt.

In Guayaquil lebt der weitaus größte Teil der knapp 3 Millionen Einwohner*innen beengt in den städtischen Randgebieten. Dort sind die Gesundheitseinrichtungen spärlich und überlaufen, es gibt oft nur ungenügende Abwasserversorgung, keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser. Die Luftverschmutzung ist hoch. Seit einigen Jahren gibt es Metrobuslinien, die die Randgebiete mit dem Zentrum verbinden, aber die Busse sind überfüllt. Viele Bewohner*innen der Randgebiete arbeiten im Zentrum, in der Service-Infrastruktur der reicheren Stadtteile oder im informellen Sektor. Die fehlenden finanziellen Rücklagen und der mangelnde Raum in den Vorstädten erlauben es nicht zu Hause zu bleiben – trotz Ausgangssperren. Soziale Distanzierung ist kaum möglich. Staatlich-getragene Sozialabsicherung existiert nicht. Diese Notlage verschärft sich seit Jahren, auch durch unkontrollierte Zuwanderung aus dem benachbarten Venezuela. Ganze Viertel sind in Guayaquil durch Schmugglerbanden und Kriminalität gezeichnet. Die Polizei und andere Behörden sind nicht selten in illegale Machenschaften verwickelt oder gänzlich machtlos. Die Bevölkerung hat kein Vertrauen in die Institutionen oder kann die Regeln schlicht nicht befolgen. So können Maßnahmen zur Viruseindämmung nicht zügig und zielgerichtet getroffen werden. Testkapazitäten sind nicht vorhanden. Und auch Kontrollen und Sanktionen sind nicht umsetzbar.

Der Fall Guayaquil führt uns vor Augen, dass die Marginalisierung großer Teile der Gesellschaft eben diese Gesellschaft als Einheit destabilisiert. Marginalisierte Menschen stecken sich mit größerer Wahrscheinlichkeit an. Durch gesundheitliche Belastungen wie Umweltverschmutzung oder Vorerkrankungen sind schwere Krankheitsverläufe häufiger. Durch die Überlastung des Gesundheitssystems sterben Patienten nicht nur am Virus, sondern auch an der medizinischen Unterversorgung. Epidemien sind viel schwerer beherrschbar.

Starre Machtstrukturen verhindern bisher ein Überdenken des Status quo. In Guayaquil sehnt man sich in lokalen Medien nach einem „starken Mann“ wie Vicente Rocafuerte. Der machte sich 1842 als Gouverneur durch sein beherztes Eingreifen in der Gelbfieber-Epidemie in Guayaquil einen Namen an den man sich gerade heute wieder erinnert. Genau das Gegenteil wird aber wohl langfristig erfolgreich sein. Die ungleiche Verteilung von Ressourcen in Guayaquil spiegelt Jahrhunderte globaler, einseitiger Wirtschaftsstrategien wider. Vereinzelte entwicklungspolitische Projekte und Kredite werden die so entstandenen Abhängigkeiten kaum lösen. Ein tiefgreifendes Umdenken hin zu gesellschaftlichem Gemeinwohl und ausgeglichenerem Zugang zu Ressourcen könnte der globalen Staatengemeinschaft aber trotzdem nützen. So ist jede Gemeinschaft nur so stark, wie ihr schwächstes Mitglied. Dies verdeutlicht Guayaquil und formuliert es als Anspruch an unsere Weltgesellschaft.

Anne-Katrin Broocks ist Doktorandin am Leibniz Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen und ist vor wenigen Wochen von ihrer 8-monatigen Feldforschung aus Guayaquil, Ecuador, zurückgekehrt. Sie beschäftigt sich aus wissenssoziologischer Perspektive mit der Frage, wie Mangroven im Golf von Guayaquil vom 19. Jahrhundert bis heute Bedeutung zugeschrieben wurde, und wie dadurch die Nutzung von Mangrovengebieten beeinflusst wird. In ihrer Arbeit wird sie von Anna-Katharina Hornidge betreut.

Anna-Katharina Hornidge ist Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) und zugleich Professorin für Globale Nachhaltige Entwicklung an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

The French response to the Corona Crisis: semi-presidentialism par excellence

Thu, 05/07/2020 - 07:28

This blog post analyses the response of the French government to the Coronavirus pandemic. The piece highlights how the semi-presidential system in France facilitates centralized decisions to manage the crisis. From a political-institutional perspective, it is considered that there were no major challenges to the use of unilateral powers by the Executive to address the health crisis, although the de-confinement phase and socio-economic consequences opens the possibility for more conflictual and opposing reactions. At first, approvals of the president and prime minister raised, but the strict confinement and the reopening measures can be challenging in one of the European countries with the highest number of deaths, where massive street protests, incarnated by the Yellow vests movement, have recently shaken the political scene.

Die Entwicklungsforschung muss die Arbeitsbedingungen für lokale Partner verbessern

Wed, 05/06/2020 - 10:40

Mit Nachdruck wird nach politischen Lösungen für die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung im globalen Süden gesucht. Ironischerweise bauen die damit verbundenen Forschungsprojekte häufig auf existierenden Machtgefällen auf, die unsichere Arbeitsbedingungen begünstigen können und somit selbst gegen das Ziel „menschenwürdige Arbeit“ (SDG 8) verstoßen.

Die globale Architektur von Entwicklungsforschungsprojekten bewegt sich häufig auf drei Ebenen: Forscher im globalen Norden, Eliten im globalen Süden und lokale Wissenschaftler. Forschungsinstitute aus dem globalen Norden stellen dabei häufig die Mittel bereit und arbeiten mit den lokalen Eliten aus dem globalen Süden zusammen. Diese wiederum beauftragen lokales Personal mit der Durchführung der eigentlichen Datenerhebung oder Forschungsarbeit. Zwischen den drei Ebenen wird ein erhebliches Machtgefälle deutlich, wenn man den Beitrag zum Forschungsdesign einerseits und die aktive Beteiligung an der Feldforschung andererseits betrachtet. Statt sich auf das Wissen und die Erfahrungen der lokalen Wissenschaftler*innen zu stützen, werden diese häufig in die Rolle von Forschungsassistent*innen gedrängt und bei den endgültigen Forschungsergebnissen kaum gewürdigt. Da die Mitglieder der oberen zwei Forschungsebenen im Feld häufig nicht physisch zugegen sind, besteht die Gefahr, dass ihre Studiendesigns lokale Realitäten nur unzureichend berücksichtigen. Daraus resultiert, dass die entwicklungsorientierte Forschung zu unangemessenen Arbeitsbedingungen der lokalen Forschungsteams beiträgt und so die Grundsätze von SDG 8 untergräbt.

Menschenwürdige Arbeit und ihre Auswirkungen auf das Wohlergehen des Forschungsteams

Menschenwürdige Arbeit impliziert, dass am Arbeitsplatz Freiheit, Gleichheit, Sicherheit und Menschenwürde gefördert, geschützt und menschenwürdige und produktive Arbeitsbedingungen geboten werden. In der Realität sind die Arbeitsbedingungen des Forschungspersonals im globalen Süden davon häufig weit entfernt. Da die Entwicklungsforschung zunehmend aus dem Entwicklungshilfehaushalt finanziert wird, wächst der Druck auf die Forschung, möglichst schnell Ergebnisse zu liefern. Doch die engen Zeitpläne entsprechen manchmal nicht der lokalen Wirklichkeit. Um Termine einzuhalten, wird also nicht selten weit über die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus gearbeitet. Lange Arbeitstage bergen jedoch ein erhöhtes Risiko, vor allem wenn Befragungen in prekären Wohngebieten durchgeführt und teure Geräte zur Datensammlung mitgeführt werden.

Um knappen Budgets und der Kurzfristigkeit vieler Projekte Rechnung zu tragen, werden lokale Interviewer und Dolmetscher häufig nur befristet und ohne Sozialversicherung beschäftigt. Dies ist besonders in der aktuellen COVID-19-Situation problematisch. Forschungsmitarbeiter*innen müssen sich gewissermaßen zwischen mehreren Monaten Arbeitslosigkeit wegen verzögerter oder ganz abgesagter Feldforschung und Datenerhebungsaufträgen mit erhöhtem Risiko entscheiden. Auch in formellen Anstellungsverhältnissen reicht das Gehalt der lokalen Kräfte häufig gerade aus, um die Kosten der Grundversorgung zu decken. Durch die Komplexität des Forschungskontextes vor Ort kommt es jedoch häufig zu unvorhergesehenen Problemen, beispielsweise wenn schlechte Straßen längere Reisezeiten verursachen. Noch schlimmer ist, dass unsichere Transportmittel und Infektionsgefahren die Belastung für das lokale Forschungspersonal erhöhen.

Bei Untersuchungen zu sensiblen Themen wie rassistisch motivierter oder geschlechterbasierter Gewalt bringt unzureichende Vorbereitung das lokale Forschungspersonal in erhebliche Gefahr. So ist zum Beispiel das Risiko geschlechterbasierter Gewalt für weibliche Forscherinnen aufgrund der patriarchalen Strukturen in manchen Ländern größer. Trotz solcher Gefahren sind Kurzzeiteinsätze für lokale Forschungsmitarbeitende attraktiv, weil daraus neue Kontakte entstehen können, man etwas lernen kann, und nicht zuletzt, weil es nur begrenzt Alternativen gibt.

Wir können das besser

Die Entwicklungsforschung selbst verstärkt die unangemessenen Arbeitsbedingungen, die das Wohlergehen der lokalen Forscherinnen und Forscher beeinträchtigen. Aufgrund der bestehenden hierarchischen Struktur müssen die beiden oberen Ebenen die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Arbeitsbedingungen verbessert und der wertvolle Beitrag der lokalen Forschenden angemessen honoriert wird. Im Hinblick auf die Strukturierung von Forschungsprozessen besteht also mittelfristig ein Bedarf an einem Paradigmenwechsel. Die Finanzierungsträger und die Forschungspolitik müssen mehr Unterstützung für die Überwindung dieser tief verankerten Hierarchien bereitstellen. Hierunter fällt, einen weiteren beiderseitigen Kapazitätsaustausch und die Leitung von Forschungsvorhaben durch Wissenschaftler*innen aus dem globalen Süden zu einer Priorität zu machen. Darüber hinaus sollten bei Forschungsanträgen strengere Kriterien für die Arbeitsbedingungen gelten. Auf diese Weise könnten menschenwürdige Arbeitsbedingungen im Sinne von SDG 8 für alle gewährleistet werden. Andernfalls läuft die Entwicklungsforschung Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Ananya Chakraborty ist Postdoktorandin und forscht zu den Themen SDGs, Migration und Geschlechtergleichheit am Tata Institute of Social Sciences. Im Jahr 2019 war sie Teilnehmerin der Managing Global Governance Akademie des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE).

Lennart Kaplan ist Assoziierter Wissenschaftler am DIE. Gemeinsam mit Jana Kuhnt (DIE) und Janina Steinert (TUM München) arbeitet er an einem Projekt zur Ethik in der Entwicklungsforschung, das die ethischen Herausforderungen untersucht, mit denen sich lokale und internationale Forschungsmitarbeiter bei der Durchführung von Untersuchungen im Zielland konfrontiert sehen.

Universal basic income: social transfers stabilise aggregate demand

Wed, 05/06/2020 - 00:12

The Covid-19 crisis is a good opportunity to test models of a universal basic income (UBI). They can prevent poverty and stimulate recession-hit economies at the same time.

Asegurar el acceso equitativo a las vacunas y tratamientos de COVID-19

Mon, 05/04/2020 - 15:41

El mundo espera con impaciencia una vacuna y los tratamientos necesarios para contener las consecuencias humanas, sociales y económicas de la pandemia COVID-19. Pero, ¿cómo se puede garantizar un acceso asequible a las innovaciones médicas, una vez que se encuentren soluciones eficaces y seguras? ¿Y cómo podemos evitar que los gobiernos poderosos aseguren vacunas y medicamentos para sus propios ciudadanos, mientras que los países más pobres quedan al margen? El Gobierno de Costa Rica ha propuesto a la OMS que encabece un esfuerzo mundial para aunar los derechos intelectuales sobre las tecnologías para la detección, prevención, control y tratamiento del Covid-19. La propia Costa Rica está trabajando en soluciones para el tratamiento de Covid-19, basado en el uso de plasma sanguíneo.

El derecho a la salud (artículo 25 de la Declaración Universal de Derechos Humanos) da derecho a las personas a recibir los bienes y servicios necesarios para asegurar un nivel decente de atención médica y sanitaria. En la actualidad se refiere al acceso a vacunas, medicamentos, dispositivos (máscaras protectoras) y equipo de tratamiento (ventiladores) en el context de COVID-19. Sin embargo, el gasto sanitario per cápita varía mucho entre los países. En 2017, era de más de 5.000 dólares en Alemania, pero sólo de 69 dólares en la India, 31 dólares en Malí y 25 dólares en Etiopía. Es evidente que muchos Estados no están en condiciones financieras de hacer efectivo el derecho a la salud, pero necesitan apoyo internacional para hacerlo.

Existe una clara tensión entre el derecho humano a la salud y la lógica de la innovación médica, sobre todo, si la última es producto de importantes inversiones en investigación y desarrollo. En principio, cualquier pequeño laboratorio financiado con fondos públicos en cualquier parte del mundo podría hacer un descubrimiento, que conduciría a una innovación crucial. Los inventores se verían entonces recompensados principalmente por su reputación académica, y su innovación podría ser fácilmente llevada al dominio público mundial. Las compañías farmacéuticas de todo el mundo podrían entonces producir vacunas y medicamentos en las cantidades requeridas. Sin embargo, es más probable que las invenciones se produzcan en laboratorios privados del Norte global, ya que sigue habiendo una división muy pronunciada entre el Norte y el Sur en materia de investigación para la salud. En 2009 (últimos datos disponibles), agentes públicos y privados invirtieron globalmente 240.000 millones de dólares en investigación en salud, el 89% en países de altos ingresos. Los países de la OCDE reunen las tres cuartas partes de todos los ensayos clínicos en medicamentos. El sector privado representa el 60% de la investigación en salud.

Podemos debatir la dimensión ética de la obtención de ganacias en el area de la salud, pero la  investigación indica claramente que las perspectivas de obtener beneficios aceleran la innovación. La competencia entre las empresas de tecnología médica puede reducir los costos siempre que se eviten los monopolios. El desarrollo de medicamentos es -en condiciones normales- un negocio a largo plazo (10-15 años) y arriesgado: Según el tipo de medicamento y el proceso de aprobación, sólo entre el 7 y el 45% de todos los medicamentos que entran en la fase de ensayo clínico reciben la aprobación para su comercialización. Por lo tanto, el principal desafío es mantener los incentivos para la investigacaión médica privada, sin dejar a nadie atrás, una vez que se hayan encontrado soluciones eficaces y seguras.

Abogados de la salud e investigadores de todo el mundo elogan la iniciativa de Costa Rica. Puede permitir a los fabricantes de medicamentos genéricos fabricar y vender sus productos a precios mucho más bajos que los que podrían cobrarse en la actual crisis médica mundial. Medicines Patent Pool (MPP), fundado en 2010 por UNITAID, puede servir de modelo para la propuesta. Titulares públicas y privadas de patentes asignaron 18 licencias de medicamentos de alto impacto a MPP, quién a la vez concedió sublicencias a 24 fabricantes (por ejemplo, en la India y Sudáfrica) para que produjeran y distribuyeran versiones genéricas de bajo costo de los medicamentos en 136 países.

Un modelo similar puede funcionar para la vacuna y tratamientos contra COVID-19. Las grandes empresas podrían estar dispuestas a conceder voluntariamente licencias de sus patentes a MPP o UNITAID, teniendo en cuenta el sufrimiento humano y las pérdidas económicas debidas a la pandemia. La compañía israelí Medtronic recientemente puso al dominio público global las especificaciones de diseño completas y los códigos de software de su ventilador portátil. Si otras empresas dudan en seguir este ejemplo, arriesgarían su reputation. Incluso si hubiera que pagar por la licencia de los farmacéuticos, esto podría ocurrir a un precio razonable, si se negocia a gran escala y a nivel multilateral.

Andreas Stamm, German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Jeffrey Orozco, Centro Internacional de Política Económica para el Desarrollo Sostenible

Versión alemana

Versión inglesa

Für einen gerechten Zugang zu Impfstoffen und Therapien gegen COVID-19

Mon, 05/04/2020 - 12:28

Die Welt wartet ungeduldig auf einen Impfstoff und Therapien, die die Folgen der COVID-19-Pandemie eindämmen können. Doch wie lässt sich ein bezahlbarer Zugang zu medizinischen Innovationen sicherstellen, wenn erst einmal wirksame und sichere Lösungen gefunden sind? Und wie können wir verhindern, dass sich starke Regierungen Impfstoffe und Medikamente für ihre Bürgerinnen und Bürger sichern, während ärmere Länder leer ausgehen? Die costa-ricanische Regierung hat der WHO vorgeschlagen, eine globale Initiative zu starten, um die Urheberrechte an den Technologien zu bündeln, die für die Erkennung, Prävention, Kontrolle und Behandlung von COVID-19 geeignet sind. Costa Rica selbst forscht an Therapieansätzen, basierend auf der Nutzung von Blutplasma.

Das Recht auf Gesundheit - Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte - gibt dem Einzelnen das Recht, die Leistungen vom Staat zu erhalten, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Standards bei der medizinischen Versorgung erforderlich sind. Dies gilt aktuell für den Zugang zu Impfstoffen, Medikamenten, Hilfsmitteln (Schutzmasken) und Ausrüstungen (Beatmungsgeräte) zur Bekämpfung von COVID-19. Jedoch sind die jährlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf der Bevölkerung von Land zu Land sehr unterschiedlich. Im Jahr 2017 betrugen sie in Deutschland mehr als 5.000 US-Dollar, aber nur 69 US-Dollar in Indien, 31 US-Dollar in Mali und 25 US-Dollar in Äthiopien. Es ist also offensichtlich, dass viele Staaten finanziell nicht in der Lage sind, das Recht auf Gesundheit zu gewährleisten, sondern dafür internationale Unterstützung benötigen.

Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Menschenrecht auf Gesundheit und der Logik medizinischer Innovation, insbesondere, wenn diese auf bedeutenden Investitionen in Forschung und Entwicklung basieren. Im Prinzip könnte jedes kleine öffentlich finanzierte Labor irgendwo auf der Welt eine Entdeckung machen, die zu einer entscheidenden Innovation führt. Die Erfinder würden dann vor allem durch akademische Reputation belohnt, und ihre Innovation könnte global öffentlich zugänglich werden. Pharmaunternehmen auf der ganzen Welt könnten dann Impfstoffe und Medikamente in erforderlichen Mengen herstellen. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass Erfindungen in privaten Labors im Globalen Norden gemacht werden, da es im Bereich der Gesundheitsforschung und -entwicklung immer noch ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle gibt. Im Jahr 2009 (jüngste verfügbare Daten) investierten öffentliche und private Akteure weltweit 240 Milliarden US-Dollar in die Gesundheitsforschung; 89 Prozent davon in Ländern mit hohem Einkommen. Drei Viertel aller klinischen Studien zu Arzneimitteln finden in OECD-Ländern statt. Auf den privaten Sektor entfallen 60 Prozent der weltweiten Gesundheitsforschung und -entwicklung. Wir mögen über die ethische Dimension von Profitstreben im Gesundheitssektor diskutieren, aber die Forschung zeigt, dass Gewinnaussichten Innovationen beschleunigen. Wettbewerb zwischen Unternehmen kann Kosten senken, solange Monopole vermieden werden. Die Entwicklung von Arzneimitteln ist – unter normalen Bedingungen – ein langfristiges (10-15 Jahre) und risikoreiches Geschäft: Je nach Art des Medikaments und des Zulassungsverfahrens erhalten nur zwischen 7 Prozent und 45 Prozent aller Medikamente, die in die klinische Erprobungsphase eintreten, eine Marktzulassung. Die Herausforderung besteht also darin, Anreize für private medizinische Forschung und Entwicklung beizubehalten und zugleich niemanden auszuschließen, wenn wirksame und sichere Lösungen gefunden worden sind.

Gesundheitsjuristen und Forscher aus der ganzen Welt haben die Initiative Costa Ricas begrüßt. Sie könnte Generikahersteller in die Lage versetzen, ihre Produkte zu wesentlich niedrigeren Preisen herzustellen und zu verkaufen, als in der gegenwärtigen globalen Gesundheitskrise verlangt werden könnten. Der 2010 von UNITAID gegründete Medicines Patent Pool (MPP) kann als Vorbild für den Vorschlag dienen. Öffentliche und private Patentinhaber haben 18 Lizenzen für hochwirksame Medikamente an den MPP vergeben. Dieser hat 24 Herstellern (z.B. in Indien und Südafrika) Unterlizenzen für die Produktion und den Vertrieb von kostengünstigen Generika in 136 Ländern erteilt.

Ein ähnliches Modell kann für COVID-19-Impfstoffe und Medikamente funktionieren. Angesichts des menschlichen Leids und der wirtschaftlichen Verluste durch die Pandemie könnten Unternehmen bereit sein, ihre Patente dem MPP oder UNITAID unentgeltlich zu überlassen. Die israelische Firma Medtronic hat kürzlich die vollständigen Konstruktionsspezifikationen und Software-Codes ihres tragbaren Beatmungsgeräts für jedermann zugänglich gemacht. Sollten andere Unternehmen zögern, diesem Beispiel zu folgen, riskierten sie ihre internationale Reputation. Selbst, wenn für die Lizenzierung von entsprechenden Innovationen bezahlt werden müsste, könnte dies zu einem vernünftigen Preis geschehen, wenn auf multilateraler Ebene verhandelt wird.

Andreas Stamm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsprogramms "Transformation der Wirtschafts- und Sozialsysteme" am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE ).

Jeffrey Orozco ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centro Internacional de Política Económica para el Desarrollo Sostenible (CINPE).

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

International (development) cooperation in a post-COVID-19 world: a new way of interaction or super-accelerator?

Mon, 05/04/2020 - 10:49

The outbreak of COVID-19 as a global health emergency and the resulting socio-economic crisis is testing global structures of cooperation. The challenges give rise to new forms and expressions of transnational solidarity. The UN Secretary-General titled one of his articles on COVID-19 “We will come through this together” – reminding us that no country can tackle this issue alone and cooperation is crucial for addressing existing challenges. In April 2020, UNDP Seoul Policy Centre held a series of webinar discussions where representatives from think tanks around the world presented their views on what to expect in the area of international (development) cooperation after the pandemic. This blog post, while not intending to represent the views either of our panellists or of UNDP, is informed by the discussion at those webinars.

With or without you: how the G20 could advance global action toward climate-friendly sustainable development

Sat, 05/02/2020 - 10:00

With a collective responsibility for 80% of global greenhouse gas emissions, while representing 80% of global wealth, it is imperative that the countries of the G20 throw their weight behind the implementation of both the Paris Climate Agree-ment and the 2030 Agenda for Sustainable Development. In the past, the G20 has demonstrated that it can do that. The G20 Summit in November 2015 in Antalya, Turkey, provided strong support for the climate agreement signed a month later at the UN Climate Change Conference (COP21) in Paris. In 2016 in Hangzhou, China, the G20 adopted an Action Plan on the 2030 Agenda for Sustainable Development and committed to “further align its work” with the 2030 Agenda. Even though both agendas have emerged in the multilateral context of the United Nations system, the G20 is expected to exert strong political leadership to address global climate change and to achieve sustainable development.
Yet, since 2017 the G20 has struggled to provide such leadership, as support for multilateral commitments, especially those involving ambitious climate actions, appears to be fading. Crucially, opposition to strong multilateral climate policy in the US and Brazil resorts to outright climate denialism at the highest levels of government. These developments are challenging the G20, and BRICS and the G7 for that matter, to sustain support for multilateral commitments on climate and sustainable development. The rise of populist and unilaterally minded parties in European club members may further the risk of side-lining climate and sustainability-related issues in the G20 process. This does not bode well at a time when the G20’s support could be a vital ingredient for the success of the United Nations’ summits on climate action and sustainable development, both scheduled to convene in New York in September 2019 – less than three months after the Osaka G20 Summit in Japan.
Following our analysis, we identify four ways forward that should be conducive to harnessing the G20’s economic weight and political clout to push more ambitious global action towards climate-friendly sustainable development, in spite of apparent discrepancies between domestic agendas and global understandings:

Strive for strong political declarations in support of the multilateral commitments on climate and sustainable development. Yet, focus at the same time on advancing specific issue-centred initiatives that are palatable to domestic audiences and compatible with the objectives of the Paris Agreement and 2030 Agenda, without framing them as “climate policy” or “sustainability policy”.

Embrace non-state and subnational actors as strategic partners to safeguard continuity in times of antagonistic member governments and volatile policies, as well as to build capacities and strengthen implementation of pertinent policies. The so-called G20 Engagement Groups representing business, labour, civil society, women and think tanks are key partners in this respect.

G20 workstreams should strive to co-produce specific climate- and sustainability-related initiatives across G20 workstreams as a means to overcome policy silos and to increase ownership and uptake beyond the “usual suspects”.
The Think20 (T20) should concentrate – rather than further expand – pertinent expertise and policy advice to leverage crosscutting action by G20 workstreams. Furthermore, detaching its working approach from the official G20 calendar could improve its ability to inform strategic agenda setting.

Can the global Green New Deal movement survive the pandemic?

Thu, 04/30/2020 - 17:36

COVID-19 has quickly developed from a global health crisis into a severe economic one. But this may be an opportunity to restructure our economies and channel funds into green investments. Politically informed smart green transformations will prioritize win-wins over costlier reform processes that risk turning into dead ends and make sure as much environmental conditionality as possible is added to the non-green bailouts that will be part of economic recovery packages.

So reagieren die Internationalen Finanzinstitutionen auf die Pandemie

Thu, 04/30/2020 - 13:28

Der Weltbankpräsident David Malpass erwartet infolge der Coronakrise eine tiefere globale Rezession als während der Großen Depression der Dreißigerjahre. Die Krise wird die ärmsten Länder im Vergleich zu den Industrieländern der Welt noch stärker treffen, weil diese Länder kaum über fiskalische Spielräume verfügen. Ihre sozialen Sicherungssysteme sowie die Gesundheitssysteme sind nicht ausreichend. Die besondere Verwundbarkeit der ärmsten Länder ist auch auf eine einseitige Ausrichtung der Wirtschaft zurückzuführen, die sich in den meisten Ländern auf den Export von einigen Rohstoffen und Produkten konzentriert. Hinzu kommt, dass laut Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank bereits vor der Krise etwa die Hälfte der Niedrigeinkommensländer hoch verschuldet waren. Und es werden sich infolge der Coronakrise noch mehr arme Länder hoch verschulden.

Aus diesen Gründen werden die ärmsten Länder der Welt die Coronakrise alleine nicht bewältigen können. Die internationale Gemeinschaft und besonders die internationalen Finanzinstitutionen, wie die Weltbank und der IWF, sollten eine tragende Rolle übernehmen, den Ländern kurz- und mittelfristig Finanzhilfe bereitzustellen. Ohne schnelle Hilfe werden laut dem Weltbankpräsidenten die Fortschritte, die diese Länder während des letzten Jahrzehnts in ihrer Entwicklung gemacht haben, wieder verloren gehen.

Weltbank und IWF haben schnell reagiert und mit einer Reihe von Instrumenten kurzfristig relativ viel Liquidität für die Entwicklungsländer bereitgestellt. Der IWF wird kurzfristig Notkredite in Höhe von circa USD 50 Milliarden für Entwicklungs- und Schwellenländer anbieten. Davon stellt der IWF etwa USD 10 Milliarden zinslos für die ärmsten Länder über die Rapid Credit Facility und rund USD 40 Milliarden für Schwellenländer über das Rapid Financing Instrument bereit. In diesem Zusammenhang hat der IWF für diese beiden Notfinanzierungsfazilitäten das jährlich zur Verfügung stehende Volumen zeitweise verdoppelt. Bis Mitte April hatten bereits 44 Länder Afrikas Finanzhilfe im Rahmen dieser beiden Instrumente angefragt. Damit die Länder schneller die Finanzmittele erhalten, hat der IWF die internen Verfahren zur Auszahlung beschleunigt. Darüber hinaus hat der IWF die Catastrophe Containment and Relief Trust reformiert, um nun mehr armen Ländern kurzfristig und gleichzeitig Schuldendiensterlasse zu gewähren. Zu den Reformen gehört beispielsweise die Auszahlung in Tranchen und für eine maximale Dauer von zwei Jahren.

Die Weltbankgruppe wird in den nächsten 15 Monaten rund USD 160 Milliarden für Entwicklungsländer bereitstellen. Alleine im Rahmen einer Fast-track COVID-19-Fazilität stellt die Weltbank vorgezogene Zahlungen in Höhe von USD 14 Milliarden bereit. Damit kann die Weltbank Finanzmittel schneller an die Länder auszahlen. Davon werden USD 6 Milliarden über die Institution für arme Länder (International Development Association) und über die Institution für mittlere Einkommensländer (International Bank for Reconstruction and Development) lanciert. Die für den Privatsektor zuständige Institution der Weltbankgruppe – die International Finance Corporation – wird private Unternehmen in Höhe von USD 8 Milliarden unterstützen, um damit vor allem auch Massenentlassungen abzuwenden. In der ersten Gruppe wird die Weltbank bereits 25 Länder unterstützen, davon 10 in Sub-Sahara Afrika. Des Weiteren stellt die Multilateral Investment Guarantee Agency schnell Garantien bereit, beispielsweise für Kredite, für die Bekämpfung der Coronakrise in Höhe von USD 6,5 Milliarden.

Damit die Weltbank über genügend Mittel verfügt, sollten die bilateralen Geber an die Fazilität für arme Länder – der International Development Association – vorgezogene Zahlungen leisten. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) plant unter anderem hierfür, im Rahmen ihres „Corona-Sofortprogramms“ einen Mehrbedarf im Haushalt 2020 zu beantragen. Darüber hinaus sollten die Kapitaleigner der multilateralen Entwicklungsbanken eine Kapitalerhöhung diskutieren, damit die internationalen Finanzinstitutionen bei Schocks, wie der Coronakrise, genügend Finanzmittel bereitstellen können.

Obwohl die Weltbank und der IWF schnell auf die Krise reagiert und ein gutes Paket aus kurzfristigen konzessionären Mitteln bereitgestellt haben, reicht das Geld zur Bewältigung der Krise in Entwicklungsländern nicht. Daher werden die hochverschuldeten Entwicklungsländer über die Erlasse ihrer Schuldendienstzahlungen beim IWF und die Moratorien der öffentlichen bilateralen Gläubiger hinaus noch weitere Schuldenerlasse benötigen. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller spricht sich in seinem Corona-Sofortprogramm für einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt aus. Dabei sind zwei Dinge wichtig, damit einzelne Gläubiger nicht von Erlassen anderer Gläubiger profitieren. Erstens sollten sich alle öffentlichen und privaten Gläubiger gleichermaßen an Schuldenerlassen beteiligen. Zweitens sollten alle Gläubiger ihre Kreditverträge offenlegen.

Bei der Bewältigung dieser Pandemie trägt die internationale Gemeinschaft eine gemeinsame Verantwortung für die ärmsten Länder der Welt und sollte besonders auch mit kurzfristiger finanzieller Unterstützung dafür Sorge tragen, dass diese Länder die bisher erreichten Entwicklungsfortschritte nicht verlieren.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Women’s political representation and educational attainments: a district-level analysis in India

Thu, 04/30/2020 - 12:08

This paper has three major objectives: (1) to analyse whether the gender of politicians in India is relevant to the educational achievements of the residents of the districts in which they were elected; (2) to test whether politicians are more sensitive to the needs of the people of same gender and (3) to explore the potential channels through which the above relationships operate. By applying econometric techniques to a dataset obtained by merging individual with district-level political data, we concluded that an increase by 10 percentage points in women’s political representation produces an increase by 6 percentage points in the probability of children completing primary school. We then found gender-differentiated results: women’s political representation affects significantly more girls’ than boys’ education. This relationship works partly through the improvement of women’s access to educational programmes like the Mid-Day Meal scheme, while an increase in school infrastructures does not appear to be an important mediating factor. While an in-depth understanding of the pathways through which women’s representation in politics impacts on children’s education is hindered by data constraints, our findings seem to point to the importance of the ‘role model’ effect.

Taking stock of national climate policies to evaluate implementation of the Paris Agreement

Wed, 04/29/2020 - 16:23

Many countries have implemented national climate policies to accomplish pledged Nationally Determined Contributions and to contribute to the temperature objectives of the Paris Agreement on climate change. In 2023, the global stocktake will assess the combined effort of countries. Here, based on a public policy database and a multi-model scenario analysis, we show that implementation of current policies leaves a median emission gap of 22.4 to 28.2 GtCO2eq by 2030 with the optimal pathways to implement the well below 2 °C and 1.5 °C Paris goals. If Nationally Determined Contributions would be fully implemented, this gap would be reduced by a third. Interestingly, the countries evaluated were found to not achieve their pledged contributions with implemented policies (implementation gap), or to have an ambition gap with optimal pathways towards well below 2 °C. This shows that all countries would need to accelerate the implementation of policies for renewable technologies, while efficiency improvements are especially important in emerging countries and fossil-fuel-dependent countries.

Warum „One Health“ Pandemien verhindern kann

Wed, 04/29/2020 - 11:34

Die Corona-Krise hat gravierende gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Folgen. Pandemien wie COVID-19, Ebola, Cholera oder SARS werden sich jedoch immer wieder ereignen, so lange wir nicht deren Ursachen verstehen. Oft sind es Wildtiere, die neue Infektionskrankheiten beim Menschen durch Viren oder Bakterien auslösen. Die Zerstörung unberührter Ökosysteme bringt die Menschen in engeren Kontakt mit Tierarten, die bisher unbekannte Krankheitserreger übertragen können. Die Prävention örtlich begrenzter Epidemien und kontinentaler Pandemien kann daher nur gelingen, wenn man die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt als eine Einheit im Sinne von „One Health“ begreift. Im Wirkungsgeflecht mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) kann dadurch die Nachhaltigkeits-Agenda befördert werden. Wenn wir aus der Corona-Krise lernen wollen, ist ganzheitliches Denken gefordert.

Noch vor zwei Jahrzehnten ging man davon aus, dass tropische Wälder die Viren beherbergen, die beim Übergang auf den Menschen zu Krankheiten wie Ebola, HIV und Dengue führen. Doch es ist bewiesen, dass die Zerstörung der biologischen Vielfalt durch den Menschen die Voraussetzungen für die Verbreitung neuer Viren und Krankheiten schafft. Holzeinschlag, Bergbau, Straßenbau und Bevölkerungswachstum bringen Menschen in engeren Kontakt mit Tierarten. Schätzungen zu Folge haben drei Viertel der neu auftretenden Krankheiten, die den Menschen infizieren, ihren Ursprung im Tierreich und werden etwa durch Viren oder Bakterien ausgelöst.

Um weitere Epidemien und Pandemien zu verhindern ist daher eine Zusammenarbeit der Bereiche Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung, Klima- und Naturschutz unabdingbar. Ein „Silodenken“ wie in der Vergangenheit oft üblich, greift zu kurz. Fundament zur Umsetzung von One Health ist die Verknüpfung von Human- und Veterinärmedizin, zum Beispiel gemeinsame Impfdienste für Menschen und Tiere. Für eine nachhaltige Umsetzung von One Health werben vor allem internationale Organisationen wie die WHO (Gesundheit), FAO (Ernährung und Landwirtschaft) und OIE (Tiergesundheit). Das One Health Konzept verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen SDGs wie Gesundheit (SDG 3), Klima (SDG 13), Leben an Land und im Wasser (SDG 15, 14) und kann daher eine zentrale Rolle zur Förderung der SDG-Agenda einnehmen. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit sollte sich daher vom One Health Ansatz leiten lassen und diese mit den Instrumenten der bi- und multilateralen Zusammenarbeit entsprechend adressieren. Für die Unterstützung von Entwicklungsländern sind drei aufeinander abgestimmte Maßnahmen zentral:

Erstens sollten Gesundheitssysteme im Sinne von Universal Health Coverage gestärkt werden. Nur ein belastbares und gut aufgestelltes Gesundheitssystem kann Infektionskrankheiten vorbeugen, sie behandeln und ihre Ausbreitung systematisch eindämmen. Hierbei ist die Aus- und Weiterbildung des Gesundheitspersonals und die Erhöhung von Laborkapazitäten besonders wichtig. Gut ausgebildetes Personal vor allem im Gesundheitssektor kann die Bevölkerung beispielsweise über die Gefahren des Verzehrs von Risikotierarten aufklären und so die Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen verhindern. Die tiermedizinische Versorgung und Forschung sollte hierbei miteinbezogen und gestärkt werden. Als gutes Beispiel gilt hier Mauretanien. Dort wurde nach dem Ausbruch des Rifttalfiebers – übertragen durch Kamele – gezielte Risikokommunikation mit Viehzüchtern, Schlachthofarbeitern und der Öffentlichkeit betrieben.

Zweitens ist es nötig, Länder dabei zu unterstützen, besser mit möglichen Gefahrenquellen wie informellen (Wild-)Tiermärkten umzugehen. Viren und andere Krankheitserreger werden dort oft übertragen. Tiermärkte sind jedoch oft wichtige Nahrungs- und Einkommensquellen für Hunderte Millionen armer Menschen. Um die Gefahrenquellen auf kurze Sicht angemessen zu adressieren, sollte die Aufklärung der Bevölkerung und besserer Hygienepraktiken gefördert werden. Hierzu können digitale Frühwarnsysteme genutzt werden, die aus einer Vielzahl von Gesundheits- und Tiermedizinischen Daten die Bevölkerung vor potenziellen Ausbrüchen auf bestimmten Tiermärkten per SMS warnen. Auch wichtig ist Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, die eine bessere Hygiene bei der Schlachtung von Vieh und dessen Lagerung auf den Märkten erlaubt.

Drittens ist es erforderlich, die Einrichtung und das Management von Schutzgebieten an Land und im Meer zu unterstützen, um Rückzugsräume für Wildtiere zu bewahren. Die Länder sollten dahingehend unterstützt werden Leitlinien und rechtliche Rahmenbedingungen für die nachhaltige Nutzung von biologischen Ressourcen und Ökosystemen zu erstellen und diese einhalten. Übermäßige Abholzung tropischer Wälder hat beispielsweise in Malaysia dazu geführt, dass Flughunde ihren ursprünglichen Lebensraum verlassen und sich in der Nähe von Schweinezuchtbetrieben niedergelassen haben. Ihr Kot und Speichel infizierte erst die Schweine und dann die Bauern mit dem Nipah-Virus. Gerade die Bewahrung intakter Ökosysteme, beispielsweise durch finanzielle Anreize, dient dem Schutz vor Krankheiten, die von Tieren übertragen werden.

Einschätzungen zufolge stehen viele Entwicklungsländer bezüglich der Corona-Pandemie vor einer gewaltigen humanitären Katastrophe. Prognosen der UN-Wirtschaftskommission für Afrika zufolge, könnten in Afrika bis zu 3,3 Millionen Menschen sterben und 1,2 Milliarden sich mit dem neuen Corona Virus anstecken. Nur ein nachhaltiges Gleichgewicht zwischen der Gesundheit von Tieren, dem Ökosystem und den Menschen kann die Wiederkehr derartiger Pandemien verhindern.

Carbon consumption patterns of emerging middle classes

Wed, 04/29/2020 - 08:19

As households move out of poverty, spending patterns change. This is good news from a development perspective, but changing consumer behaviour may imply substantially more carbon emissions. The lifestyle choices of the emerging middle classes are key, now and in the future. This paper explores the consumption patterns of the emerging middle classes and their carbon intensity, using unique micro data from household surveys conducted in Ghana, Peru and the Philippines. We find that carbon-intensive consumption increases with wealth in all three countries, and most sharply from the fourth to the fifth middle-class quintile due to changes in travel behaviour, asset ownership and use. In Peru, this shift in the upper-middle-class quintiles translates to annual incomes of roughly USD 11,000-17,000 purchasing power parity. Environmental knowledge and concern are fairly evenly spread at mid- to high levels and do lead to more easy-entry sustainable behaviours, but they do not decrease the level of carbon emissions. To some extent, a knowledge/concern–action gap exists. In our study, social status matters less than the literature claims. Our results have two implications. First, the differentiations between developing/developed countries in the global climate debate may be outdated: It is about being part of the global middle classes or not. Second, a positive spillover from existing easy-entry sustainable behaviours to a change in carbon-intensive consumption patterns needs policy support.

Migration innerhalb Afrikas als Herausforderung für die afrikanischen Regionalorganisationen: die Beispiele IGAD und ECOWAS

Tue, 04/28/2020 - 12:32

Obwohl in öffentlichen und politischen Debatten in Deutschland und Europa beim Thema "Fluchtursachen" gerne der Eindruck erweckt wird, dass ein Großteil der afrikanischen Migration nach Europa gerichtet ist, findet der allergrößte Teil der Migrations-und Fluchtbewegungen innerhalb des afrikanischen Kontinents statt. Gerade auch in Westafrika und am Horn von Afrika ist der Anteil der intra-regionalenMigration besonders hoch: In Westafrika beträgt er weit über 80% und am Horn von Afrika über 60%. Das lässt natürlich die Frage aufkommen, wie die Regionen bzw. die beiden „zuständigen“ Regionalorganisationen - die Economic Community of West African States (ECOWAS) und die Ingergovernmental Authority on Development (IGAD) am Horn von Afrika - Migrationsprozesse adressieren? Welche migrationspolitische Normen und Governance-Strukturen wurden hier etabliert und wie effektiv sind sie bei der Gestaltung von intra-regionaler Migration in den beiden Regionen? Diesen Fragen will das vorliegende Papier nachgehen.

Flucht, fragile Staaten und Entwicklungszusammenarbeit: Governanceförderung als Fluchtursachenbekämpfung

Mon, 04/27/2020 - 18:09

Wenn Menschen fliehen, steht dahinter ein Staat, der Teile seiner Bevölkerung aufgegeben hat. Um Flucht vorzubeugen, kommt es darauf an, fragiler Staatlichkeit entgegenzuwirken. Fragilität ist ein Governance-Versagen, das ohne eine Transformation der politischen Institutionen nicht überwunden werden kann. Entwicklungszusammenarbeit muss umfassender als bisher darauf ausgerichtet werden, fragile Staatlichkeit zu adressieren. Dabei kommt der Governanceförderung eine zentrale Rolle zu.

Pandemiebekämpfung mit demokratischem Weitblick

Mon, 04/27/2020 - 11:44

In Deutschland diskutieren wir momentan, wie viele Einschränkungen zum Schutz der Unversehrtheit des Einzelnen vor der Pandemie notwendig und für eine offene Gesellschaft verträglich sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich eindeutig auf die Seite der Demokratie gestellt, indem es ein Protestverbot aufgehoben hat. Doch was passiert in Staaten, deren Exekutive ungehemmt ihre Macht ausdehnt und demokratische Freiheiten einschränkt? Außen- und Entwicklungspolitik müssen diese Gefahr – besonders in der Krise – genau beobachten. Denn die Covid-19 Pandemie ist ein Brandbeschleuniger für Autokratisierungstrends. Weltweit haben Regierungen im Zuge ihrer Covid-19-Politik demokratische Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit eingeschränkt, die staatliche Überwachung von Bürger*innen verstärkt und ihre eigene Macht ausgeweitet. Jörg Lau bezeichnet die Pandemie in der ZEIT als eine Gelegenheit für „Tyrannen und solche, die es werden wollen“.

Schon 2019 erlebte die Menschheit erstmals seit 2001 mehr Autokratisierungs- als Demokratisierungsprozesse. In Ungarn, Indien, Brasilien oder der Türkei nutzen nun Autokraten die Pandemie, um die parlamentarische Kontrolle zu schwächen und die Freiheit von Bürger*innen massiv zu beschneiden; in Ruanda, den Philippinen, oder Uganda steigt die Repression gegen Oppositionelle. Demgegenüber sollten Demokratien per Definition die Langzeiteffekte pandemiebedingter Freiheitseinschränkungen besser begrenzen können. Doch ist nicht garantiert, dass sie vor Autokraten verschont bleiben. Schon die wirtschaftliche Talfahrt während der Finanzkrise 2008 hatte weitreichende politische Konsequenzen. Etliche populistische und nationalistische Regierungen gingen aus ihr hervor.

Demokratien haben bessere Ressourcen für die Krisenbekämpfung

Damit Gesellschaften die Pandemie friedlich überstehen können, sind jetzt kollektiver Sachverstand, Vertrauen und Solidarität gefragt. Das gilt sowohl innenpolitisch als auch für die Kooperation zwischen Ländern. Eine Kombination aus Sachverstand, Vertrauen und Solidarität ist in Demokratien leichter zu erreichen als in Autokratien.

Kollektive Entscheidungen im Lichte großer Unsicherheit treffen zu müssen, ist ein wesentliches Merkmal gesellschaftlicher Krisen. Dafür ist Vertrauen in politische Institutionen und Politiker*innen zentral. Sachargumente öffentlich zu diskutieren, einer staatlichen Einrichtung Deutungshoheit zu übertragen, ist Teil demokratischer Güterabwägungen und Entscheidungsfindung.
In Autokratien hat nur eine zentrale Instanz die Deutungshoheit über öffentliche Belange. Umso mehr sind Autokraten auf das Vertrauen der Bevölkerung angewiesen. Droht dieses zu schwinden, verstärkt der Staat repressive Maßnahmen. Auch dort, wo populistische Regierungen auf einen „starken Mann“ oder eine „starke Frau“ setzen, kann öffentliches Vertrauen schnell schwinden, wenn diese*r die Krise nicht glaubwürdig managt oder sich nicht auf fachlich kompetente Institutionen verlässt. Das zeigt sich momentan nicht nur in den USA, sondern gerade auch in Entwicklungsländern mit schwachen Institutionen und autokratischer Führung. Vertrauensverlust in Regierungen kann sowohl Forderungen nach mehr Demokratie hervorrufen als auch politische Instabilität befeuern.

Was aber, wenn weder Institutionen, noch politische Eliten gemeinwohlorientiert agieren und nicht durch die Bevölkerung korrigiert werden können? Was, wenn die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist und keine breite Verständigung über Maßnahmen zur Eindämmung der Gesundheitskrise möglich ist? Hinzu kommt: Autokratien höhlen durch das Prinzip gegenseitiger sozialer Kontrolle gesamtgesellschaftlich solidarisches Verhalten aus. Soziale Kontrolle soll Solidarität zwischen systemkritischen Gruppen unterbinden. Gewinnt staatliche und soziale Kontrolle an Überhand, beginnt Misstrauen zu herrschen. Wessen Leben unversehrt bleiben soll, entscheidet dann der Staat nach eigens aufgestellten Kriterien. Kurzfristig ist soziale Kontrolle also probat gegen eine Pandemie, langfristig kostet sie in autoritären Kontexten Menschenleben.

Internationaler Demokratieschutz – längst überfällig, jetzt dringlich

Die Pandemie hat Autokratisierungstrends sichtbarer gemacht. Für internationale Kooperation ist Demokratieschutz und -förderung daher das Gebot der Stunde. Funktional betrachtet ist eine globale Pandemie nicht ohne transparente und vertrauensvolle internationale Kooperation zu bekämpfen. Wissenschaftskooperation treibt medizinische Forschung an. Dafür ist ein transnationaler Austausch vertrauenswürdiger empirischer Daten unerlässlich. Offener Datenzugang ist in Autokratien jedoch selten verlässlich. Zudem muss ein effektiver Einsatz deutscher und europäischer Entwicklungsgelder darauf vertrauen können, dass politische Eliten in Entwicklungsländern sachgerechte Informationen über ihre Bevölkerung bereitstellen.

In der internationalen Entwicklungspolitik den Aufbau von Gesundheitssystemen zu fördern, reicht nicht aus. Ob sie für alle funktionieren, hängt davon ab, ob die politische Ordnung gleichen Zugang für alle gewährleistet. Geostrategisch können Autokratien wie China oder Singapur mit Erfolgen bei der Covid-19- Bekämpfung den Anschein erwecken, dass sie leistungsfähiger sind und damit für ihr Ordnungsmodell in Entwicklungsländern werben. Die Covid-19-Krise zeigt, dass der Schutz der Unversehrtheit und der Würde des Einzelnen ein Primat deutscher und europäischer Politik ist. Dies ist historisch betrachtet nur in Demokratien gelungen. Sich für diesen Wert auch in der globalen Pandemiebekämpfung einzusetzen, ist nicht nur ein Zeichen der Solidarität, sondern auch im Eigeninteresse auswärtiger Politik.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

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