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Deutsches Institut für Entwicklungspolitik / Latest News

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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 23 hours 34 min ago

Das Meer als Rettungsanker für die Zukunft des Planeten

Mon, 06/08/2020 - 09:00

Der 11. UN-Welttag der Ozeane am 8. Juni erinnert uns daran, dass ein nachhaltiger Umgang mit dem Meer und seinen Ressourcen zu den großen globalen Herausforderungen zählt. Die Agenda 2030 verankert die Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Meere explizit im Ziel 14. Die bevorstehende UN-Dekade der Ozeanforschung von 2021-2030 befasst sich mit dem Meer als globalem Gemeingut. Zurecht rückt das Meer zunehmend in den Fokus der nachhaltigen Entwicklung, erfüllt es doch eine Reihe von unverzichtbaren Rollen.

Das Meer dient als Transport-, Interaktions- und Kooperationsfläche sowie als Lieferant biologischer und mineralischer Rohstoffe. Wie diese Ressourcen aufgeteilt und wie das Meer als globales Gemeingut verwaltet werden soll, wird multilateral erst seit Ende der 1950er Jahre im Rahmen des UN-Systems reflektiert. Das Prinzip des ‚Gemeinsamen Erbes der Menschheit‘, das für einen nachhaltigen und international verhandelten Umgang Sorge tragen soll, ist im Seerechtsabkommen von 1982 völkerrechtlich verankert. Doch der Vertrag bezieht sich ausschließlich auf den Meeresboden und seine mineralischen Ressourcen jenseits nationalstaatlicher Grenzen. Der Überfischung oder dem Unterwasser-Bergbau in Schelfregionen wird hierdurch keine Grenze gesetzt.

Unser Weltmeer ist globaler Klimaregulator, ein Ort für Biodiversität und zentrale Proteinquelle für menschliche Ernährung. Es bindet Kohlenstoff in großen Mengen und produziert etwa die Hälfte des in der Atmosphäre enthaltenen Sauerstoffs. Fischerei und marine Aquakulturen stellen, laut Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), Grundlage der Lebens- und Einkommenssicherungssysteme von etwa zwölf Prozent der Weltbevölkerung dar. Gerade in vielen Entwicklungsländern dienen Fisch und Meeresfrüchte als wesentliche Proteinquellen.

Gleichzeitig leidet das Meer zunehmend unter den Abflüssen, die vom Land ins Meer gespült werden. Überdüngung und Versauerung gehen einher mit globaler Erwärmung und führen in den Weltmeeren zu sich ausbreitenden sauerstoffarmen Zonen – sogenannten ‚Todeszonen‘, etwa im Golf von Oman. Gerade in den fischreichen Schelf- und Küstengebieten der Tropen und Subtropen sind die Folgen für lokale Systeme der Lebenssicherung sowie den Küstenschutz stark spürbar. Der Rückgang von Fischbeständen und anderen Meeresfrüchten geht einher mit Küstenerosion, die durch Sandabbau und Unterwasser-Bergbau, sowie Meeresspiegelveränderung verstärkt werden.

Die sozialwissenschaftliche Entwicklungsforschung, die deutsche und europäische Entwicklungspolitik und internationale Zusammenarbeit nehmen sich dieser Herausforderungen bisher zu wenig an. Die strategische Relevanz des Meeres und seiner Ressourcen als Gegenstand geopolitischer Machtverhältnisse und Aushandlungsprozesse, zum Beispiel bei der Internationalen Meeresbodenbehörde, wird unterschätzt. Soziale Ungleichheit und eine global wie sektoral sehr unterschiedlich verteilte Verhandlungsmacht tragen dazu bei, dass EU-Fischereiabkommen zu Lasten von Einkommen und Ernährung sozial schwacher Gruppen in Entwicklungsländern gehen. Für das lokale und das globale Gemeinwohl ist es daher fundamental, solche Verhandlungen empirisch solide wissenschaftlich zu begleiten. Entwicklungspolitik und -forschung müssen die laufenden Prozesse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zur Vermessung und Aufteilung des Ozeans ernst nehmen, sich ihrer unmittelbaren lokalen und globalen Auswirkungen annehmen und Maßnahmen in folgenden Bereichen treffen.

Zum Ernährungssystem der Zukunft: Die seit Jahrzehnten zunehmende Konkurrenz zwischen Klein-, Küsten- und Industriefischerei führt zu massiven Verarmungsprozessen in der Arbeitsplatz-intensiven Kleinfischerei, zur Überfischung und ökologischem Raubbau durch Industriefangflotten. Regionale Produktions- und Lieferketten brechen in Teilen Westafrikas, Lateinamerikas und Südostasiens zusammen. Die sozialen Auswirkungen sind nach Geschlecht, Altersgruppen und Ethnie unterschiedlich verteilt, der Übergang in den offenen Arbeitsmarkt aufgrund mangelnder Schulbildung selten möglich. Hier müssen die Risikokaskaden in regionalen Lieferketten erforscht und Maßnahmen, etwa zur Stärkung der Kleinfischerei, wissenschaftlich begleitet werden. In diesem Jahr verhandelt die EU ihr vom Finanzvolumen her größtes Fischereiabkommen mit Mauretanien neu, diese Aushandlung gilt es evidenzgestützt zu beraten.

Zum Umgang mit Küstenveränderungen: Wir benötigen Ansätze, die soziale Ungleichheiten und lokale Machtverhältnisse bedenken und gezielt Klima- und Küstenschutz verbinden. Diese reichen von Ökosystem-basierten Ansätzen mariner Raumplanung (inklusive Meeresschutzgebiete) und Anpassung an Meeresspiegelanstieg bis hin zur Teilhabe am globalen Emissionshandel mittels Kohlendioxid konsumierender Mangrovenwälder.

Wissen & Wissenskooperationen für nachhaltige Ocean Governance: Die Verhandlungsmacht von Meeresanrainerstaaten muss bei regionalen und multilateralen Blue-Economy-Debatten zum Schutz der Ökosysteme und zur Schaffung von Arbeitsplätzen gestärkt werden. Dafür müssen regionale Netzwerke zwischen Politik und Wissenschaft aufgebaut und gepflegt, lokale Wissenschaftssysteme im Bereich Ocean Governance unterstützt und Meeres-bezogene Wissenscommunities mit bestehenden Netzwerken der Forschung und Politikberatung im Bereich der Nachhaltigkeits-, Klima- und Entwicklungsforschung) gezielt vernetzt werden.

Richten wir den globalen Blick wieder mehr auf das Meer: für eine gemeinsame und nachhaltige Zukunft unseres Planeten!

Le contrat social: un nouveau concept pour la coopération avec les pays de la région MENA touchés par des conflits

Fri, 06/05/2020 - 12:48

Près d’une décennie après le ‘printemps arabe’, les relations entre les États et les sociétés des pays du Moyen-Orient et d’Afrique du Nord (région MENA) sont en pleine évolution. Les soulèvements exprimaient un rejet généralisé des contrats sociaux arabes postindépendance, qui reposaient sur la redistribution des rentes générées par l’exploitation de ressources naturelles, ainsi que d’autres formes de transferts et de subventions, en « contrepartie » de l’acceptation de l’autoritarisme politique et économique. Dans plusieurs cas, des guerres civiles et des conflits soutenus par la communauté internationale, et parfois antérieurs aux soulèvements de 2011, ont provoqué l’implosion des anciens contrats sociaux.
Cette rupture étant à l’origine des conflits dans la région, la coopération au développement devrait faire du soutien à l’élaboration de nouveaux contrats sociaux une priorité. L’approche de la « reconstruction post-conflit » néglige souvent le fait que les conflits ne sont pas terminés avec la signature d’un accord de paix, et que la reconstruction des infrastructures et des capacités institutionnelles, et des investissements du secteur privé ne sont pas suffisants pour prévenir un retour de la violence.
La « résilience », approche souvent favorisée par la coopération, privilégie fréquemment la stabilité politique, économique, sociale et environnementale, sur une transformation révolutionnaire. Cependant, cette approche a souvent servi à justifier des mesures à court terme destinées à maintenir la position de certains acteurs et systèmes. En se focalisant sur le contrat social, la coopération avec les pays en proie à des conflits pourrait contribuer à lier la consolidation de la paix, la reconstruction et le développement socio-économique et politique sur le long terme et favoriser une stabilité durable.
L’utilisation du contrat social comme outil d’analyse permet de mieux identifier les actions à éviter par les bailleurs, mais également les domaines d’action à privilégier après les guerres civiles. Des exemples de la région montrent que les bailleurs peuvent exercer une influence favorable à l’élaboration de nouveaux contrats sociaux en promouvant (a) le dialogue entre les parties prenantes, (b) la gouvernance et les réformes, et (c) l’inclusion socio-économique. En Libye, le dialogue socio-économique a permis de réunir des parties prenantes autour d’une nouvelle vision économique. En Palestine, le Programme de Développement Municipal devra accroître la responsabilisation et l’efficacité des institutions locales. Le Conseil Economique, Social et Environnemental (CESE) du Maroc est quant à lui un mécanisme qui favorise la participation de groupes clés de la société.
Ces programmes aident à établir une coopération entre les groupes clés des sociétés concernées. Adaptables à d’autres contextes difficiles, ils visent à consolider les processus de prise de décision et améliorer l’efficacité de mesures spécifiques devant permettre, à terme, de renforcer les relations entre État/société. En soutenant ces types d’activités, les bailleurs pourraient contribuer plus efficacement à une paix durable et à des processus de consolidation de l’État dans les pays de la région touchés par des conflits.

Food security in times of crisis: poor developing countries are different

Fri, 06/05/2020 - 11:51

The corona crisis has taken the world captive. While there is broad discussion of the immediate risks of the pandemic, the same can rarely be said of the immense impact that the virus is expected to have on food security for those living in absolute poverty. This impact is resulting primarily from lockdown measures aimed at reducing infection rates and is already having a detrimental effect on all four pillars of food security through many cause-and-effect chains: Access to food will deteriorate tremendously if incomes fall and purchasing power dwindles, as most likely will food availability as a result of the difficulties and losses in terms of inputs, harvests, trade and transportation. The new instability could easily spread to other areas such as migration, security and statehood. Women especially are at risk, as are children in many cases.
Different types of households are affected in very different ways. The first to be hit hardest by this crisis will be households with no connection to the agricultural sector, that is, the urban poor for the most part. Those that do have agricultural links could benefit from food transfers or (partially) migrate back to their home regions. The impact of this crisis on the food situation of smallholder subsistence households, which describes most of the world’s poorest families, will be smaller in the short term at least (unlike in the case of natural crises). Larger agricultural enterprises capable of producing a reliable supply of food for the market should prove to be a pillar of stability during and after the crisis, provided the markets they serve do not suffer massive collapse.
At overall level, the impact of the corona crisis on nutrition, alongside the design of lockdown measures, depends in particular on the degree of economic development, the extent to which the agricultural sector is separated from the rest of the economy and the scope that the state and prosperous sectors of society have and retain for making transfers. When it comes to balancing measures to tackle the coronavirus with those for economic stimulus, greater emphasis must be placed on the economy in poorer nations than in wealthier ones. Lockdown measures pose a risk to life and health in poor countries. It should be clearly stressed at this point that the “economy” refers in this context to the complex results chains on the way to food security and not simply to growth and jobs.
Corona strategies in the poor South should thus look different to those in the global North and in emerging economies. For development cooperation, this means in the first instance assisting with the development of specific local strategies. Initiatives must flexibly address awareness-raising, health and hygiene in particular in the short term and, where necessary, include cash and food transfers and employment programmes. Economic structures and actors should be protected and supported in this process. Resilience in the face of the corona epidemic and other epidemics can be boosted in the medium term by promoting sustainable agricultural and food systems in particular.
In so doing, it is vital to avoid neglecting resilience with regard to other types of crisis in which other cause-and-effect chains are operating in some cases and in which other relevant measures are thus required. For instance, climate-related crises often harm the local agricultural sector, and so access to the international agricultural market serves as a key means of protection. Research shows that employing a combination of economic diversity, reserve-building, open agricultural markets, insurance policies and social security systems is the most effective way to achieve resilience across the board.

Dialogue 4: ODA and the international (development) cooperation system – global goals and strategic partnerships

Wed, 06/03/2020 - 10:47

ODA graduation processes change the relations between former donor and re-cipient countries, scrape on old structures of development assistance and transform existing forms of cooperation into a new mode beyond a donor-recipient logic, beyond the development policy sector and beyond ODA. Thereby, they may contribute more generally to shaping the future of the international cooperation system in the SDG era.  In  order  to  explore  what  this  future  may  look  like,  it  is  necessary  to  first  analyse the current landscape of international (development) cooperation, identifying persisting patterns and recent trends, and situating the role of ODA and ODA graduation in this landscape. Thereupon, we can begin to rethink this system: What are today’s main challenges, and do we have the right tools to address them? What is the best role for ODA in line with the 2030 Agenda and its principle of universality? What forms of cooperation are needed to realise the SDGs in and through graduating countries? Finally, we discuss the outlook for the decade to come and what could be a suitable and realistic vision to achieve our global goals.

The discussion was held between Joseph D’Cruz, Senior Advisor for Strategy and Planning at UNDP, Stephan Klingebiel, Director of the UNDP Seoul Policy Centre, Yuefen Li, Senior Advisor on South-South Cooperation and Development Finance at the South Centre and Philani Mthembu, Executive Director at the Institute for Global Dialogue. It was facilitated by Luiz Ramalho, former senior manager at GIZ and independent development consultant, and Juliane Kolsdorf, editor of this publication.

Water policy and mining: mainstreaming in international guidelines and certification schemes in environmental science and policy

Tue, 06/02/2020 - 09:19

This paper investigates how different dimensions of water – water as a public health concern, as an essential prerequisite for producing livelihoods, and as a cultural heritage or an element of spiritual practice – are taken up in international guidelines and certification schemes for the extractive sector. As a notoriously water-intensive economic activity, mining frequently infringes on other forms of water use. Simultaneously, the legal articulations and governance implications of the hydrological aspects of mining are complex, as commercial interactions associated with mining span the globe, governance efforts occur primarily at the national level and negative externalities manifest locally. Increasingly, transnational initiatives play a role in setting rules and norms for ‘responsible’ or ‘sustainable’ mining.

We assess to what extent these rules and norms take into account the hydrological implications of mining, looking at eight guideline documents and ten certification schemes for mineral extraction that originate from international organizations, corporate groups, or multi-stakeholder initiatives. We then illustrate the influence of transnational institutions in two cases, one in Mongolia and one in South Africa. Our results show that water as a public health concern receives the most attention while water as a cultural heritage is reflected the least. However, all institutions in our sample that were devised over the last two years refer to the different dimensions of water use comprehensively.

Entwicklungszusammenarbeit im Nahen Osten und in Nordafrika: auch in konfliktbetroffenen Ländern neue Gesellschaftsverträge unterstützen

Tue, 06/02/2020 - 09:09

Die Beziehungen zwischen den Staaten und Gesellschaften des Nahen Ostens und Nordafrikas (MENA) befinden sich auch fast ein Jahrzehnt nach den Aufständen von 2011 noch im Wandel. Die Revolten drückten eine weit verbreitete Ablehnung der damaligen Gesellschaftsverträge aus. Diese basierten auf der Umverteilung von Renteneinnahmen aus natürlichen Ressourcen, Transfers und Subventionen als „Entschädigung“ für die Duldung einer politisch und wirtschaftlich autoritären Regierungsweise. In verschiedenen Ländern der Region wie im Irak, in Libyen, in Syrien und im Jemen, aber auch in Algerien, im Libanon und in Palästina wurden die alten Gesellschaftsverträge durch Bürgerkriege und international geförderte Kriege zerstört, teilweise auch schon vor den Aufständen von 2011.
Erodierte Gesellschaftsverträge haben die Konflikte in der MENA-Region verursacht - die Unterstützung neuer Gesellschaftsverträge – vor allem in den von Konflikten betroffenen Ländern – sollte daher ein zentrales Ziel der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) sein. Beim „Wiederaufbau“ wird häufig nicht beachtet, dass Konflikte nicht mit Friedensabkommen enden, und dass die betroffenen Gesellschaften zur Vermeidung künftiger Gewalt mehr brauchen, als wieder hergestellte Infrastruktur, Institutionen und Investitionen des Privatsektors.
Entwicklungsorganisationen sprechen in diesem Zusammenhang von „Resilienz“, um die politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Stabilität zu fördern, statt eine unkontrollierbare, revolutionäre Transformation zu riskieren. Im Namen der „Resilienz“ wurden jedoch häufig nur kurzfristig bestimmte Akteure und Systeme unterstützt. EZ muss mehr leisten als Wiederaufbau und Resilienz, um dem Anspruch langfristiger Stabilität gerecht zu werden. Steht der Gesellschaftsvertrag im Fokus, kann die EZ mit Konfliktstaaten ein wichtiges Bindeglied zwischen Friedenssicherung, Wiederaufbau und längerfristiger sozioökonomischer und politischer Entwicklung sein – und langfristig nachhaltige Stabilität fördern.
Die analytische „Brille“ des Gesellschaftsvertrags zeigt, was Geber vermeiden sollten, und verdeutlicht, worauf sich das Engagement in der Übergangszeit nach einem Bürgerkrieg konzentrieren sollte. Beispiele aus der Praxis in der MENA-Region legen nahe, dass Geber neue Gesellschaftsverträge unterstützen können, indem sie sich für (a) Stakeholder-Dialoge, (b) Governance und Reformen sowie (c) sozioökonomische Integration einsetzen. In Libyen hilft der sozioökonomische Dialog, eine wirtschaftliche Zukunftsvision für das Land entwickeln. Das Municipal Development Programme (MDP) in Palästina konzentriert sich auf die Verbesserung der Rechenschaftspflicht und der Leistungserbringung kommunaler Institutionen. Der marokkanische Rat für wirtschaftliche, soziale und Umweltangelegenheiten (CESE) zeigt auf, wie ehemals marginalisierte Gruppen aktiv einbezogen werden können.
Diese drei positiven Beispiele zeigen, wie die Zusammenarbeit der gesellschaftlichen Gruppen in den MENA-Ländern gefördert werden kann. Sie verfolgen das Ziel, Entscheidungsprozesse auszuweiten und die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft zu verbessern, und könnten mit externer Unterstützung auch für andere fragile Kontexte angepasst werden. Durch Initiativen dieser Art könnten die Geber einen größeren Beitrag zu nachhaltigen und langfristigen Friedens- und Staatsbildungsprozessen in konfliktbetroffenen MENA-Ländern leisten.

So reagieren wir auf COVID-19 inklusiv und gemeinwohlorientiert

Tue, 06/02/2020 - 09:00

Die COVID-19-Pandemie trifft uns alle. Gleichzeitig trifft sie jeden Menschen unterschiedlich stark. Überlastete Gesundheitssysteme, Ausgangsbeschränkungen, Arbeitslosigkeit und geschlossene Schulen führen zu Heraus- und Überforderungen. Die Folgen der Pandemie werden sowohl kurz- als auch langfristig spürbar sein. Doch gerade die längerfristigen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Effekte können derzeit nur geschätzt werden. Um Entscheidungen im Umgang mit der Pandemie zu treffen, die Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen helfen, ist es wichtig, verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und alternative Maßnahmen abzuwägen. Entscheidungen im Umgang mit der Pandemie müssen inklusiv und gemeinwohlorientiert sein. Doch ob dieses Kriterium immer erfüllt wird, ist fraglich.

In Folge der COVID-19-Pandemie lassen sich in Bezug auf Gender in vielen Ländern folgende Tendenzen beobachten: während mehr Männer schwere Krankheitsverläufe zeigen und häufiger sterben, tragen Frauen die größere Last der Folgen der Pandemie im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Frauen sind global betrachtet häufiger als Männer im informellen Sektor tätig und verlieren somit in der aktuellen Krise öfter ihre wirtschaftliche Grundlage. Es sind zudem im Durchschnitt mehr Frauen als Männer in systemrelevanten medizinischen oder Pflegeberufen tätig. Frauen erledigen mehr unbezahlte Care-Arbeit; sie sind mehrheitlich diejenigen, die derzeit die Betreuung der Kinder übernehmen. Während der COVID-19-Pandemie steigt außerdem die Bedrohung durch häusliche Gewalt, insbesondere für die schwächeren Familienmitglieder. Der UN Generalsekretär äußert sich in diesem Zusammenhang auch besorgt zur Situation der LGBTI-Community in der Pandemie. All diese Faktoren legen Problemfelder offen, die bereits vor der Pandemie bestanden, die aber durch die Krise besonders sichtbar werden – und interessanter Weise ohne, dass eindeutige Unterschiede zwischen dem globalen Süden und globalen Norden zu erkennen sind.

So weist auch UN Women in einem kürzlich veröffentlichten Policy Brief eindrücklich darauf hin, dass aufgrund der Pandemie die Gefahr bestehe, dass sich positive Gleichstellungsdynamiken weltweit wieder umkehren und bestehende Ungleichheiten weiter verschärft werden könnten. Als Beispiel kann der globale Gender Pay Gap, der bei 16 Prozent (ungewichtet) liegt, angeführt werden. Dass in der Pandemie eher Frauen ihre Arbeit für die Kinderbetreuung niederlegen, beziehungsweise reduzieren, birgt die Gefahr der weiteren Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Sicherheit. Diese „Retraditionalisierungstendenzen“ können im globalen Süden wie im globalen Norden enorme Rückschritte für die Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) bedeuten, insbesondere für die SDGs 1, 4, 5 und 10.

Die Perspektiven von Frauen und anderen benachteiligten Gruppen fließen oftmals nicht ausreichend in öffentliche, fachliche Diskussionen und (politische) Entscheidungsprozesse ein, was auch aktuelle Diskussionsforen und Meinungsbilder zu Fragen der weltweiten Auswirkungen der Pandemie zeigen. Diese sind geprägt von allgemeinen medizinischen und wirtschaftlichen Diskussionen, jedoch gehen sie nur wenig auf die sozialen oder geschlechtsspezifischen Auswirkungen ein. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Themen, die insbesondere die weibliche Bevölkerung sowie andere benachteiligte Gruppen betreffen, auf wenige Aspekte reduziert werden, die die Komplexität der Problemlage nicht adressieren.

Ein wichtiges Instrument für Forschung und evidenzbasierte Politikberatung ist dabei auch die Datenerhebung genderspezifischer Informationen. Dabei geht es zum Beispiel um Zeitaufwand für unbezahlte Care-Arbeit, Einkommensverhältnisse bei landwirtschaftlichen Flächen oder Frauen in Führungspositionen. Diese werden im Rahmen des Monitorings der SDGs, hier insbesondere SDG 5, vorausgesetzt, doch liegen diese oftmals nicht vor. In zwei Drittel der afrikanischen Länder sind beispielsweise nur unzureichend Daten zu unbezahlter Care-Arbeit verfügbar. Dabei sind diese jedoch unverzichtbar, um gute Maßnahmenpakete für Frauen und ihre Familien zu entwickeln. Solch fehlendes Wissen birgt das Risiko, dass Schlussfolgerungen nicht inklusiv getroffen werden können.

Ziel der 2030 Agenda ist es, gleichberechtigte, inklusive und resiliente Gesellschaften aufzubauen. Dieser gesamtgesellschaftliche Zusammenhalt wird fundamental auch von der Rolle der Frauen, benachteiligter Gruppen und Minderheiten geprägt. Gleichheit, Inklusivität und Resilienz in der COVID-19-Pandemie und in einer Zeit danach kann nur erreicht werden, wenn diverse Perspektiven und eine umfassendere Datengrundlage in den Wissenstransfer und die Politikberatung eingebunden werden, um die Stimmen und Bedarfe aller im Sinne des Gemeinwohls in Betracht ziehen zu können. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) ist im Rahmen des Wissenstransfers als auch in seiner Beratung mit bemüht, genau diese diversen Stimmen einzubinden: unter anderem aus dem globalen Süden und dem globalen Norden, weibliche und männliche, junge und alte. Denn der Leitgedanke für uns alle sollte lauten: Wissen, das wir nicht kennen, sehen und hören, kann nicht in unsere Arbeit und unser Handeln einfließen.

Andrea Cordes ist die Gleichstellungsbeauftragte des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik und als Projektkoordinatorin im Forschungsprogramms Transformation politischer (Un-)Ordnung tätig.

Jacqueline Götze ist die stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte des Deutschen Institut für Enwicklungspolitik und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Sustainable Development Solutions Network (SDSN) Germany.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

The struggle for minds and influence: the Chinese communist party’s global outreach

Sun, 05/31/2020 - 09:30

This paper addresses a largely overlooked actor in China’s foreign relations, the International Department of the Communist Party of China (ID-CPC). Using publicly available documentation, we systematically analyze the patterns of the CPC’s external relations since the early 2000s. Building on an intense travel diplomacy, the ID-CPC maintains a widely stretched network to political elites across the globe. The ID-CPC’s engagement is not new; but since Xi Jinping took office, the CPC has bolstered its efforts to reach out to other parties. We find that party relations not only serve as an additional channel to advance China’s foreign policy interests. Since President Xi has come to power, party relations also emerged as a key instrument to promote China’s vision for reforming the global order. Moreover, China increasingly uses the party channel as a vehicle of authoritarian learning by sharing experiences of its economic modernization and authoritarian one-party regime. The cross-regional analysis of the CPC’s engagement with other parties helps us to better understand the role of the CPC in Chinese foreign policy-making, pointing to a new research agenda at the intersection of China’s foreign relations, authoritarian diffusion, and transnational relations.

UN reform and the COVID-19 pandemic – what role for the UN to better serve the world?

Fri, 05/29/2020 - 10:54

The Covid-19 pandemic not only threatens to undo development gains and reverse progress in achieving the sustainable development goals of the 2030 Agenda. It also presents an early and serious test for the reform of the UN development system (UNDS), where major reform decisions were taken in 2018 to reposition the UNDS for improved, integrated and strategic support in line with the 2030 Agenda’s interlinked nature.

International bureaucracies

Tue, 05/26/2020 - 12:56

A growing literature recognizes treaty secretariats and other international bureaucracies as distinctive actors in global environmental governance. These actors exhibit varying degrees of autonomy, authority and influence on environmental governance processes and outcomes. This chapter reviews recent scholarship on international bureaucracies and highlights the distinct ways in which they exert influence beyond their narrow functional mandates. More specifically, this chapter highlights how international bureaucracies influence governance processes by deriving authority from structural characteristics of the international system, exerting influence from their ability to deliver specific administrative and governance functions and leveraging their organizational autonomy. The chapter outlines empirical and conceptual gaps in our understanding of how international bureaucracies function in global environmental governance, and argues that the dynamics of change in world politics may open new pathways of influence for these actors moving forward.

The EU's global response to Covid-19: the challenge of promoting ownership

Tue, 05/26/2020 - 12:38

Although the EU’s readiness to respond to an unprecedented global crisis is laudable, our research findings confirm that after more than six decades of international development cooperation the ‘how’ of cooperation remains equally if not more important than the ‘what’. An effective international cooperation response to Covid-19 will in the first instance require urgent ‘damage control’. Yet its effectiveness ultimately rests upon critical inquiry into the ownership and sustainability of the response, necessitating a longer-term focus that justifies the policy domain’s existence as a dedicated area of public policy rooted in the requirements and priorities of southern partners.

This blog post is a part of a series of commentaries on the Covid-19 pandemic and the implications for the EU's global role.

EU development cooperation with Sub-Saharan Africa 2013-2018: policies, funding, results

Tue, 05/26/2020 - 12:29

The objective of the study is to provide an overview of the evolution of and the results achieved by EU development cooperation with Sub-Saharan Africa during the period 2013-2018. It aims to feed into further policy discussion and research inquiry, and complements the Dutch government’s regular reporting to parliament of results achieved in EU development cooperation.

The study, commissioned by the Policy and Operations Evaluation Department of the Netherlands Ministry of Foreign Affairs, presents a structured literature review of EU development cooperation with Sub-Saharan Africa over the period 2013-2018. It addresses three main questions:

Policy commitments: What were the EU’s intentions as regards development cooperation with Sub-Saharan Africa during the period 2013-2018?

Funding: To what extent were these intentions reflected in allocation patterns during the same period?

Results: What do we know about the results of EU development cooperation with SSA during the period under review?

Umweltkrisen

Mon, 05/25/2020 - 13:32

In Anbetracht einer bisher nur begrenzt wirksamen gesellschaftlichen Umweltvorsorge wird das Konzept „Krise“ als wissenschaftliche Perspektive untersucht. Dazu erfolgt zum einen eine Systematisierung grundlegender Mensch-Umwelt-Beziehungen. Zum anderen werden Merkmale von „Krise“ aus einem multidisziplinären Spektrum der Literatur recherchiert. Unter Anwendung der Merkmale auf die Mensch-Umwelt-Beziehungen wird eine Konzeptualisierbarkeit von „Umweltkrise“ exploriert. Dabei zeigt sich, dass einige Merkmale von „Krise“ sowohl für biophysische als auch für gesellschaftliche Phänomene von Mensch-Umwelt-Beziehungen relevant sein können. Insgesamt wird für das Konzept „Umweltkrise“ ein Potenzial zur Analyse und gegebenenfalls Bewältigung insbesondere von nicht intendierten anthropogenen Umweltveränderungen festgestellt und anhand dreier Beispiele der Umweltentwicklung illustriert. Für die weitere Forschung erfolgt daraus die Ableitung eines Bedarfs zur Schärfung des Konzepts sowie zu dessen Einsatz als Analyserahmen einschließlich der dazu notwendigen methodischen Entwicklungen. In den zu erwartenden Erkenntnissen werden für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Ansatzpunkte für eine weitergehende Erreichung von Zielen der Umweltvorsorge gesehen.In Anbetracht einer bisher nur begrenzt wirksamen gesellschaftlichen Umweltvorsorge wird das Konzept „Krise“ als wissenschaftliche Perspektive untersucht. Dazu erfolgt zum einen eine Systematisierung grundlegender Mensch-Umwelt-Beziehungen. Zum anderen werden Merkmale von „Krise“ aus einem multidisziplinären Spektrum der Literatur recherchiert. Unter Anwendung der Merkmale auf die Mensch-Umwelt-Beziehungen wird eine Konzeptualisierbarkeit von „Umweltkrise“ exploriert. Dabei zeigt sich, dass einige Merkmale von „Krise“ sowohl für biophysische als auch für gesellschaftliche Phänomene von Mensch-Umwelt-Beziehungen relevant sein können. Insgesamt wird für das Konzept „Umweltkrise“ ein Potenzial zur Analyse und gegebenenfalls Bewältigung insbesondere von nicht intendierten anthropogenen Umweltveränderungen festgestellt und anhand dreier Beispiele der Umweltentwicklung illustriert. Für die weitere Forschung erfolgt daraus die Ableitung eines Bedarfs zur Schärfung des Konzepts sowie zu dessen Einsatz als Analyserahmen einschließlich der dazu notwendigen methodischen Entwicklungen. In den zu erwartenden Erkenntnissen werden für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Ansatzpunkte für eine weitergehende Erreichung von Zielen der Umweltvorsorge gesehen.

Von COVID-19 zur Klimapolitik

Mon, 05/25/2020 - 12:22

Die Bilder in den Nachrichten waren eindrucksvoll: Kristallklares Wasser und Schwärme von Fischen in den Kanälen Venedigs, sinkende Luftverschmutzung oder Schwarzwild, das in menschenleeren Städten durch die Straßen zieht. Die Einschränkungen im Kontext der COVID-19-Pandemie wirkten sich unmittelbar auf die Umwelt aus und führten zu einem Rückgang des globalen CO2-Ausstoßes. Deutschland könnte Prognosen zufolge sogar sein Klimaziel für 2020 erreichen. Grund zur Freude besteht trotzdem nicht: Die Folgen der Pandemie könnten für die globale Klimapolitik einen schweren Rückschlag bedeuten.

Obwohl es sich bei beiden Krisen um globale (Gesundheits-)Notstände handelt, sind die Reaktionen auf COVID-19 und den Klimawandel sehr unterschiedlich. In der Pandemie wurden drastische Maßnahmen ergriffen, um die Anstiegskurve der Infektionen abzuflachen. Auch der Klimawandel ist ein globaler Notstand, der künftig jährlich über 250.000 Todesfälle durch Hitzewellen, Dürren und den Anstieg des Meeresspiegels verursachen könnte. Mit der fortschreitenden globalen Erwärmung nehmen die negativen Auswirkungen auf alles Leben auf unserem Planeten immer weiter zu. Wissenschaftler*innen warnen vor „Kipp-Punkten“ im Erdsystem, mit verheerenden Folgen für besonders betroffene Regionen und künftige Generationen. Ungeachtet dieses Wissens wird der Klimawandel nach wie vor nicht als globale Notlage wahrgenommen und behandelt. Nun droht die Pandemie auch noch die Dynamik der Klimabewegung zu bremsen, indem sie dem Thema Aufmerksamkeit entzieht und Protestmöglichkeiten einschränkt. Die entscheidende UN-Klimakonferenz 2020 (COP26) wurde auf 2021 verschoben, was den ohnehin schleppenden internationalen Klimaprozess weiter schwächen wird.

Zudem wird der Rückgang der CO2-Emissionen nicht von Dauer sein. Jetzt, wo viele Länder ihre Einschränkungen lockern, werden die Menschen zu alten Gewohnheiten wie häufigen Flugreisen zurückkehren. Die kurzfristig abgeflachten Emissionen werden also wieder ansteigen – durch einen erwarteten Rebound-Effekt vermutlich sogar schneller als zuvor. Darüber hinaus haben mehrere Regierungen bereits angekündigt, die Luftfahrt und andere Sektoren der fossilen Energiewirtschaft zu retten, was Treibhausgasemissionen auch längerfristig befeuert. Es ist also offensichtlich, dass die kurzfristig gesunkenen Emissionen im Zuge der Pandemie nicht ansatzweise ausreichen, um die globale Erwärmung aufzuhalten.

Die Länder des globalen Südens sind besonders stark von der Pandemie als auch vom Klimawandel betroffen. Nun müssen sie gegen beides kämpfen, die Folgen von COVID-19 und die verheerenden Auswirkungen der Erderwärmung. Diese Mammutaufgaben treffen auf ohnehin schwierige Bedingungen wie den beschränkten Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen, schwache und überlastete Gesundheitssysteme, fehlende soziale Absicherung sowie Armut, Hunger oder Konflikte. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds haben ausländische Investoren bereits 100 Milliarden USD aus Schwellen- und Entwicklungsländern abgezogen. Es wird zudem erwartet, dass die Geldsendungen von Migrant*innen an ihre Familien im globalen Süden stark abnehmen werden. Diese zusätzlichen Herausforderungen und finanziellen Verluste schränken den Spielraum weiter ein, der für die Umsetzung der internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zur Verfügung steht. Die Entwicklungspolitik hat bereits auf die Corona-Krise reagiert, muss aber auch die Unterstützung in der Klimakrise weiter ausbauen.

Im Gegensatz zur Corona-Krise ist die Klimakrise bislang weniger sichtbar. Doch wir müssen ähnlich drastisch und konsequent handeln. Es bedarf langfristiger Lösungen, politischer Maßnahmen und systemischer Veränderungen, um unser Wirtschaftssystem auf Klimaneutralität und das globale Gemeinwohl auszurichten. Auch unsere Demokratien müssen wir an diese Herausforderungen anpassen. Nur so können wir Krisen wie dem Klimawandel besser begegnen. Es ist höchste Zeit, Klimaschutz zum Staatsziel zu erheben. Für eine angemessene Reaktion auf die drohende Klimakatastrophe muss der globale Norden jetzt handeln. Der erste Schritt ist, dass Deutschland und die EU sämtliche Maßnahmen zur Förderung des wirtschaftlichen Aufschwungs nach der Pandemie und darüber hinaus am1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens ausrichten.

Die Tatsache, dass viele Regierungen auf die Wissenschaft gehört und drastisch auf den Ausbruch des Coronavirus reagiert haben, zeigt, dass starke Volkswirtschaften das nötige politische und finanzielle Kapital aufbringen können, um auf die Klimakrise zu reagieren. Während die Pandemie hoffentlich mit Hilfe eines Impfstoffs überwunden werden kann, gibt es gegen den Klimawandel keine Impfung. Die gute Nachricht ist, dass auch beim Klimawandel wissenschaftlicher Rat zur Verfügung steht. Alle staatlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen des Lockdowns müssen also mehrere Zwecke gleichzeitig erfüllen: Kurz- und mittelfristige Anstrengungen müssen mit langfristigen Nachhaltigkeitszielen im Einklang sein und die lokale Solidarität der letzten Monate muss auf die globale Ebene ausgeweitet werden. Bei allem Leid, das COVID-19 verursacht, bieten die aktuell geschnürten Rettungspakete auch die Chance, uns in eine bessere Zukunft zu schicken. Flatten the curve – ab jetzt auch bei der Erderwärmung.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

The social contract as a tool of analysis: introduction to the special issue on “Framing the evolution of new social contracts in Middle Eastern and North African countries”

Fri, 05/22/2020 - 14:11

The term “social contract” is increasingly used in social science literature but is rarely well operationalised. We define social contracts as sets of agreements between societal groups and their sovereign on rights and obligations toward each other. The notion of social contracts helps to compare state-society relations in different countries and at different times. After independence, MENA countries had similar social contracts, which were then challenged by the Arab uprisings in 2010-11. Since then, social contracts in MENA countries have developed in different directions.

Ernährungssicherung in Krisenzeiten: arme Entwicklungsländer sind anders

Wed, 05/20/2020 - 11:47

Die Corona-Krise hält die Welt im Bann. Während die unmittelbaren Risiken der Pandemie breit diskutiert werden, gilt dies eher selten für die zu erwartenden immensen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit der absolut Armen. Sie ent-stehen hauptsächlich durch Lockdown-Maßnahmen (LD-M) zur Bekämpfung der Ansteckung und beeinträchtigen schon jetzt über viele Wirkungsketten alle vier Säulen der Ernährungssicherheit: Der Zugang zu Nahrungsmitteln wird sich bei abnehmenden Einkommen und schwindender Kaufkraft massiv verschlechtern, die Verfügbarkeit durch Input-, Ernte-, Handels- und Transportausfälle wahrscheinlich ebenfalls. Die neue Instabilität kann sich leicht auf andere Bereiche wie Migration, Sicherheit und Staatlichkeit ausdehnen. Insbesondere Frauen und oft auch Kinder sind gefährdet.
Dabei sind verschiedene Haushaltstypen ganz unterschiedlich betroffen. Folgenschwer wird diese Krise zunächst für die nicht landwirtschaftlich orientierten Haushalte, meist städtische Arme. Sofern sie Bezüge zur Landwirtschaft haben, können sie von Nahrungsmitteltransfers profitieren oder zurück-/ teilmigrieren. Subsistenzorientierte kleinbäuerliche Haushalte, die den Großteil der Ärmsten stellen, werden von den Ernährungskonsequenzen dieser Krise (anders als bei naturbedingten Krisen) zumindest kurzfristig weniger betroffen sein. Größere landwirtschaftliche Betriebe, die verlässlich Nahrungsmittel für den Markt produzieren können, dürften sich als eine Stabilitätssäule in und nach der Krise erweisen, sofern für sie relevante Märkte nicht massiv einbrechen.
Insgesamt werden die Auswirkungen der Corona-Krise auf Ernährung, neben der Ausgestaltung der LD-M, insbesondere davon abhängen, wieweit die Wirtschaft sowie die Entflechtung der Landwirtschaft vom Rest der Wirtschaft entwickelt ist und wieweit Staat und wohlhabendere Schichten die Möglichkeit haben und behalten, Transfers zu leisten. In ärmeren Ländern gilt, dass bei der Abwägung von Corona-Bekämpfung und Wirtschaft letztere einen höheren Stellenwert haben muss als in reicheren Ländern: Die LD-M bedrohen in armen Ländern Leben und Gesundheit. Ausdrücklich wird hier betont, dass es bei „Wirtschaft“ um die komplexen Wirkungsketten Richtung Ernährungssicherheit geht, nicht nur um Wachstum und Jobs.
Für die Länder des armen Südens sollten Corona-Strategien daher anders aussehen als im globalen Norden und in Schwellenländern. Für die Entwicklungszusammenarbeit heißt dies zunächst, die Entwicklung spezifischer lokaler Strategien zu unterstützen. Beiträge müssen kurzfristig und flexibel v.a. Aufklärung, Gesundheit und Hygiene adressieren und ggf. Geld- und Nahrungsmitteltransfers sowie Beschäftigungsprogramme umfassen. Dabei sollten Wirtschaftsstrukturen und -akteure geschützt und gestützt werden. Die Resilienz gegenüber der Corona-Epidemie und anderen Epidemien kann mittelfristig insbesondere durch die Förderung nachhaltiger Landwirtschafts- und Ernährungssysteme gestärkt werden.
Dabei darf die Resilienz gegenüber anderen Krisentypen nicht vernachlässigt werden, bei denen teilweise andere Wirkungsketten aktiv und damit Maßnahmen nötig sind. So schädigen klimabedingte Krisen oft die lokale Landwirtschaft; der Zugang zum Weltagrarmarkt ist dann ein wichtiger Schutz. Die Forschung lehrt, dass umfassende Resilienz am besten über eine Mischung aus wirtschaftlicher Diversität, Rücklagenbildung, offenen Agrarmärkten, Versicherungen und sozia-len Sicherungssystemen erzielt werden kann.

The political economy of automotive industry development policy in middle income countries: a comparative analysis of Egypt, India, South Africa and Turkey

Wed, 05/20/2020 - 00:19

This paper examines the political economy of development policy through the prism of four country case studies (Egypt, India, South Africa and Turkey) of the automotive industry. The objective is not simply to examine the developmental impact of automotive policy, but to illustrate how the policy regime has been the outcome of a contested process. Early growth in the auto sector in the four case countries was enabled by rents from protected markets. The emergence of competitive firms is critically dependent on the nature of state–business relationships and the net outcome of the rent-seeking process in the sector. This hinges on the bargaining power of business, foreign or domestic, vis à vis the government. If firms capture subsidies in return for support to weak and vulnerable ruling coalitions, the auto sector in that country can become the classic case of an infant industry remaining stunted. Where the distribution of power is such that ruling coalitions are able to discipline firms in the auto sector, so that they become globally competitive, developmental outcomes have been positive.

How earmarking has become self-perpetuating in UN development co-operation

Tue, 05/19/2020 - 08:46

The share of earmarked funding to the UN’s development pillar has risen to a record level of 79% (2018) of its total revenue/spending. This poses severe implications for the organizational efficiency, aid effectiveness, and multilateralism of the UN. Reforms have not been able to stem the trend towards earmarked funding, raising the question of what explains the continued rise of earmarking in the UNDS. This article aims to add a new perspective on earmarking, specifically in the UN. It tries to explain not the root causes of earmarking, but the dynamics of the significant rise over the last decade. The argument is that earmarking has been driven by three vicious circles: by the rational factors associated with a collective action breakdown, a change in norms of appropriateness, and institutional fragmentation. The article draws on funding data from the UN, on 65 interviews with UN staff and donor representatives conducted in the context of a recent research project, and on document analysis. Special attention is given to two donors, Sweden and Germany, dedicated multilateralists that have increased their earmarked resources in recent years. The findings put a question mark behind the premises that have so far guided practical efforts by the UN and member states to reduce the share of earmarked funding. They suggest that more fundamental changes to rules and incentives are required to rebalance the UN’s funding towards core contributions. Four specific recommendations are derived from the analysis.

Die Natur kann uns nicht retten, wenn wir ihr weiter Schaden zufügen

Mon, 05/18/2020 - 10:52

Der 22. Mai ist der Internationale Tag der biologischen Vielfalt. Das diesjährige Motto lautet: „Unsere Lösungen liegen in der Natur“. Es soll die Bedeutung der Biodiversität im Vorfeld der Verhandlungen über einen neuen strategischen Rahmen für globale und nationale Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität für den Zeitraum bis 2050 (Post-2020 Global Biodiversity Framework) unterstreichen. Das Motto suggeriert, dass die Natur und die so genannten naturbasierten Lösungen (englisch: nature-based solutions, NbS) in den Bemühungen um den Erhalt der biologischen Vielfalt eine Schlüsselrolle spielen, um soziale und ökologische Herausforderungen wie Ernährungssicherheit, Klimawandel, Wassersicherheit, menschliche Gesundheit oder Katastrophenrisiken anzugehen. NbS können jedoch nur einen Teil der Lösung für diese Probleme darstellen.

Wir stehen kurz vor dem sechsten Massensterben. Es ist durch eine globale Aussterberate gekennzeichnet, die den Durchschnitt der letzten 10 Millionen Jahre um mehr als das Hundertfache übersteigt. Die jüngste globale Bewertung des Weltbiodiversitätsrats (Intergovernmental Science Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, IPBES) zählt viele besorgniserregende Konsequenzen auf: Über 40 Prozent der globalen Landfläche wird heute landwirtschaftlich oder als urbaner Raum genutzt, was einer drastischen Verdrängung von Lebensräumen mit biologischer Vielfalt gleichkommt. Der Verlust der biologischen Vielfalt hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse. So verringert zum Beispiel in einigen Regionen das Aussterben bestäubender Insekten schon jetzt die natürliche Verfügbarkeit pflanzlicher Nahrungsmittel. Die Entwaldung führt dazu, dass für viele Menschen im globalen Süden wichtige Quellen für Nahrungsmittel, Brennstoffe und natürliche Heilmittel immer weiter versiegen. Die Coronavirus-Pandemie ist auch eine Folge der Zerstörung von Lebensräumen und des Handels mit Wildtieren, die  die Wahrscheinlichkeit von Virusausbrüchen deutlich erhöhen.

Als Antwort auf diese Herausforderungen gewinnen NbS bei Umweltorganisationen und Entwicklungsagenturen an Popularität. NbS ist ein Oberbegriff für konkrete, handhabbare Maßnahmen, die sich statt technischer Lösungen natürlicher Prozesse bedienen, um Nutzen für die Umwelt und das menschliche Wohlergehen zu erzielen. So würde das NbS-Konzept zum Beispiel vielfach der Pflanzung von Mangrovenwäldern als Hochwasserschutz den Vorrang gegenüber dem Bau künstlicher Deiche geben. Weitere NbS sind beispielsweise der Schutz der Wälder als Kohlenstoffsenken, die Förderung städtischer Grünflächen zur Verringerung von Hitzestress oder die Schaffung oder Ausweitung von marinen oder terrestrischen Naturschutzgebieten.

Das Problem an einer starken Fokussierung auf NbS ist jedoch, dass sie die zugrundliegenden direkten und indirekten Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt außer Acht lassen. Direkte Ursachen üben unmittelbar Druck auf die Umwelt aus. Dazu gehören die Zerstörung von Lebensräumen, der Klimawandel, die Umweltverschmutzung, die Übernutzung und die Einschleppung invasiver Arten. Dieser direkte Druck wird verstärkt durch indirekte Faktoren, die die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen bestimmen, wie demographische Trends, Produktions- und Konsummuster oder internationaler Handel. Angesichts der Größenordnungen dieser sozialen und ökologischen Herausforderungen können NbS mit ihrem Schwerpunkt auf projektartigen Interventionen ihrem Lösungsanspruch nur teilweise gerecht werden. So können Schutzgebiete zwar den Verlust von Lebensräumen verlangsamen, doch setzt sich jenseits ihrer Grenzen die Zerstörung der Biodiversität fort, vor allem in landwirtschaftlichen Monokulturen, Waldplantagen und Bergbaugebieten. Aufforstung kann die biologische Vielfalt nicht vollständig schützen, wenn wir weiterhin fossile Brennstoffe fördern und verbrennen, die den Planeten immer mehr erhitzen und dadurch empfindliche Arten gefährden. NbS können sogar „Greenwashing“ unterstützen, wenn Investitionen in NbS es großen Ölgesellschaften ermöglichen, sich als kohlenstoffneutral zu bezeichnen, obwohl sie durch die Förderung fossiler Brennstoffe weiterhin den Klimawandel verschärfen.

Obwohl also das Motto „unsere Lösungen liegen in der Natur“ in Zeiten durchaus attraktiv klingt, in denen den Menschen ihre Abhängigkeit von der Natur immer stärker bewusst wird, können wir nicht die Natur allein für die Lösung unserer drängenden Probleme verantwortlich machen. Vielmehr müssen wir der Natur helfen, uns zu helfen, indem wir uns ein neues wirtschaftliches Paradigma aneignen – eines das anerkennt, dass der Kapitalismus nicht nachhaltig ist, denn ein unendliches Wirtschaftswachstum ist auf einer Erde mit begrenzten (biologischen) Ressourcen nicht möglich. Dringende erste Maßnahmen beinhalten etwa, fossile Brennstoffe im Boden zu belassen, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft zu beschleunigen, und eine stärker diversifizierte und nachhaltigere Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft zu fördern.

Assessing trends in multidimensional poverty during the MDGs

Sun, 05/17/2020 - 10:06

While we have extensive information on the trends in income poverty, little is known about the trends in multidimensional poverty. This paper tries to fill this gap by assessing the changes in multidimensional poverty in 55 countries since 2000. The analysis relies on two individual-based indices, the G-CSPI and the G-M0, which combine three dimensions-education, health and employment-derived through the Constitutional Approach. The G-CSPI is a distribution-sensitive index, while the G-M0 allows decomposition by dimension. The results reveal that more than 80% of the countries assessed have reduced multidimensional poverty. However, progress has been very limited in Sub-Saharan Africa. Different decomposition analyses indicate that poverty alleviation has mainly been triggered by a reduction in health deprivations and by improvements in rural areas. A comparison with changes in income poverty suggests that the correlation is not strong, and that multidimensional poverty has decreased significantly less than income poverty.

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