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Diplomacy & Defense Think Tank News

„Hamas hat sehr große Unterstützung in der Bevölkerung“

SWP - Tue, 10/10/2023 - 17:55
Israel steht nach dem Überraschungsangriff unter Schock und hat der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen den Krieg erklärt. Die Luftschläge halten an und eine baldige Bodenoffensive wird erwartet. Die Hamas genieße mangels jeglicher Friedensperspektive und einer schwachen Autonomiebehörde mittlerweile eine große Unterstützung in der Bevölkerung, sagt Nahostexpertin Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP.

„Das Risiko für Israels Truppen ist sehr hoch“

SWP - Tue, 10/10/2023 - 17:54
Ob Israel eine Bodenoffensive im Gazastreifen beginnt, ist nach Ansicht der Nahost-Expertin Asseburg noch nicht sicher. Die israelische Armee würde dabei gleich mehrere Risiken eingehen – und damit kalkuliert auch die Hamas.

„Wir müssen differenziert auf die Lage schauen“

SWP - Tue, 10/10/2023 - 17:48
Die Verbrechen der Hamas beim Überfall auf Israel machen es dem Land unmöglich, nicht mit Härte zu reagieren, sagt die Nahost-Expertin Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Die Ursachen der Gewalt würden damit allerdings nicht bekämpft.

Eskalation im Nordkosovo gefährdet den Belgrad-Pristina-Dialog

SWP - Tue, 10/10/2023 - 14:12

Der Angriff auf die Kosovo-Polizei im nordkosovarischen Dorf Banjska am 24. September hat Befürchtungen vor einem neuen Krieg im Kosovo geweckt. Die Angreifer, eine serbische paramilitärische Gruppe, hatten die Attacke offensichtlich von langer Hand geplant. Darauf deuten Art und Menge der beschlagnahmten Waffen und Munition hin, darunter Panzerabwehrwaffen und gepanzerte Fahrzeuge. Der kosovo-serbische Politiker und mutmaßliche Anführer lokaler krimineller Gruppen, Milan Radoičić, bekannte sich zunächst zu dem Angriff, bei dem ein kosovo-albanischer Polizist und mindestens drei kosovo-serbische Täter ums Leben kamen. Die Polizei hatte ihn nach eigenen Angaben mit Drohnen gefilmt. Bei einer Gerichtsverhandlung am 4. Oktober beteuerte Radoičić dann jedoch seine Unschuld. Damit bleibt unklar, ob jemand den Angriff angeordnet hat oder ob Radoičić auf eigene Faust gehandelt hat. Der Politiker steht seit 2021 auf der Sanktionsliste der USA für organisierte kriminelle Aktivitäten wie Drogen- und Waffenschmuggel. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić feiert ihn als Nationalheld. Kosovos Regierungschef Albin Kurti beschuldigt Vučić, den Überfall befohlen zu haben, was Serbien zurückweist.

Notwendigkeit einer unabhängigen Untersuchung

Unabhängig davon, ob Vučić der Befehlshaber der Attacke war oder nicht, ist die regionale Stabilität und Sicherheit bedroht. Die erste Option – dass Vučić den Befehl gab – würde bedeuten, dass er mit seiner semi-autoritären Politik systematisch die Grenzen des Westens ausgetestet hat, dass er erkannt hat, dass ihm keine Konsequenzen für sein destabilisierendes Verhalten drohen, und dass er die Situation zu einem Territorialkonflikt eskalieren ließ. Durch den Einsatz paramilitärischer Gruppen kann er seine Einmischung plausibel leugnen, solange es keine handfesten Beweise für eine direkte Befehlslinie gibt. Dies würde auch bedeuten, dass er weiterhin bereit wäre, die Grenzen des Westens im Kosovo zu testen.

Die zweite Option – dass Radoičić auf eigene Faust gehandelt hat – würde bedeuten, dass Vučić die Kontrolle über die alternativen Sicherheitsstrukturen im Nordkosovo verloren hat und dass Teile des serbischen Sicherheitsapparats, wahrscheinlich um Aleksandar Vulin, den Direktor des serbischen Geheimdienstes mit engen Verbindungen zu Russland, gegen die Interessen des Staatschefs gehandelt haben. Dies wiederum würde bedeuten, dass die Attacke in Banjska nicht die letzte ihrer Art gewesen sein könnte. Wie tief die vermutete Spaltung innerhalb des serbischen Sicherheitsapparats geht, ist ebenfalls unklar und würde nichts Gutes verheißen.

Handlungsbedarf für die EU und USA

Angesichts der Implikationen dieser beiden möglichen Szenarien ist es wichtig, dass die EU, gemeinsam mit den USA, Druck auf Serbien ausübt, eine unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom 24. September zuzulassen und mit der kosovarischen Justiz zusammenzuarbeiten. Sollte sich die erste Option als korrekt erweisen, würde dies ein Umdenken in der Beschwichtigungspolitik der EU und der USA gegenüber Serbien erfordern. Sollte sich die zweite Option als richtig erweisen, wäre das Fazit das gleiche. Dann läge es aber im Interesse der EU und der USA, die Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit im Kosovo mit einer verstärkten KFOR-Truppe und der EULEX-Mission zu gewährleisten.

Solange die KFOR-Truppe der Nato im Kosovo stationiert ist, ist ein flächendeckender Krieg unwahrscheinlich. Sie muss auch gestärkt werden, um als eine Abschreckung gegen weitere potentiell destabilisierende Attacken zu dienen. Das Vereinigte Königreich und potentiell auch Deutschland haben bereits die Entsendung weiterer Truppen angekündigt und zum Teil auch schon durchgeführt, was ein gutes Zeichen ist. Obwohl ein offener Krieg mit der Nato nicht im Interesse Serbiens ist, da es dann politisch und ökonomisch isoliert wäre, hat die Vergangenheit gezeigt, dass Krieg in autoritären Systemen zum Machterhalt beitragen kann.

Auswirkungen auf den Belgrad-Pristina-Dialog

Die jüngsten Ereignisse in Banjska haben auch weitreichende Implikationen für den Belgrad-Pristina-Dialog, der seit 2011 von der EU vermittelt wird. Die EU hat im Laufe des Dialogs gezeigt – und das ist seit der Vereinbarung des Normalisierungsabkommens von Februar und März 2023 noch deutlicher geworden –, dass ihre bisherigen Hebel nicht ausreichen, um die Umsetzung des Abkommens zu erreichen. Dies betrifft nicht nur Serbiens Verpflichtung, Kosovos Mitgliedschaft in internationalen Organisationen nicht zu blockieren, sondern auch Kosovos Verpflichtung, den Gemeindeverband der Kommunen mit serbischer Mehrheit zu etablieren. Umso wichtiger ist es, dass die EU alle ihr zur Verfügung stehenden diplomatischen und wirtschaftlichen Druckmittel einsetzt, um beide Seiten zur Rückkehr zum Dialog zu bewegen. Dazu gehört unter anderem die Verhängung von Strafmaßnahmen gegen Serbien, um ein Ende der Beschwichtigungspolitik zu signalisieren. Dabei sollte der Westen berücksichtigen, dass sich die Strafmaßnahmen gegen den Machterhalt der autoritären Politiker und nicht gegen die Bevölkerung richten.

Die Gründung des Gemeindeverbands der Kommunen mit serbischer Mehrheit im Kosovo wird in naher Zukunft wahrscheinlich keine hohe Priorität haben. Selbst wenn er etabliert wird, wird er nur in abgeschwächter Form realisiert werden, da der Anschlag in Banjska erneut die Verbindungen zwischen der größten kosovo-serbischen Partei, der organisierten Kriminalität im Norden und dem destabilisierenden Einfluss Belgrads auf das politische Leben im Kosovo aufgezeigt hat. Dies bedeutet, dass ein Gemeindeverband nicht dazu dienen darf, dass Belgrad die Kosovo-Serben weiterhin für seine innenpolitischen Zwecke instrumentalisiert. Umso wichtiger ist es, dass das Kosovo auf seine Bürgerinnen und Bürger im Norden zugeht, denn auch sie wollen nicht in einem rechtsstaatlichen Vakuum leben. Es liegt im Interesse aller am Dialog Beteiligten, dass die Menschen im Kosovo, im Norden wie im Süden, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ein menschenwürdiges Leben führen können.

 

More Trade, Less Aid

SWP - Tue, 10/10/2023 - 14:00

 

Germany’s Federal Ministry of Economic Cooperation and Development - BMZ’s new Africa Strategy, unveiled in January 2023, acknowledges that creating an enabling environment for new jobs that have a social and environmental impact, and at the same time empowering is important. Reading through the BMZ’s six Africa Strategy focus areas, energy transition partnerships, sustainable infrastructure, establishing a new green hydrogen industry, processing food locally, more intra-African trade or better access to credit for women are highlighted. Digital technology is also mentioned as an important transformation lever, especially for the young generation.

On paper, this reads like Germany is beginning a policy discussion with Africa rather than about Africa, which has been done previously. This had begun under Chancellor Merkel, who visited Africa more than 25 times and hosted a summit for African heads of state and government in Berlin four times. A driver for this was managing migration and seeking to improve conditions in countries of origin. In 2017, Merkel used Germany’s G20 presidency to relaunch Germany’s Africa policy, partly through the Compact with Africa (CwA). Twelve African nations are part of the CwA, but what are the results is debated, despite upbeat official reports.

Migration, development, and security looked to be the prime focus of the coalition government's Africa policy back in 2021 and the German private sector was conspicuously absent. However, what are key German interests in Africa currently is ill-defined. Strategic and critical minerals, counterterrorism and managing migration still need spelling out more clearly as key German foreign policy objectives.

Sharpen Bilateral Policy

The African continent is 85 times the size of Germany but Africa’s diversity and how German policy navigates this needs sharper definition. It is fashionable to talk about multilateralism, but Berlin needs to define its bilateral relations with Africa’s states more clearly. With 43 diplomatic missions Africa is home to more than a quarter of Germany’s embassies worldwide. These embassies should become key building blocks, underpinning bilateral and sub-regional strategy. Their effectiveness should require better trade and investment promotion, and this will require more German diplomats trained for trade rather than aid and with more Africa expertise. This is something the UK is struggling with. Having left the EU and reduced its aid-budget, the UK is finding that many African governments increasingly want to focus on deepening bilateral commercial arrangements and access FDI from the City of London. Old style diplomacy is no longer fit for purpose.

Between 2016 and 2020, US$9.7 billion flowed from Germany to Africa in foreign direct investment. However, compared to other European nations, it still only spent half as much as France and three-fifths as much as the UK, according to an analysis by EY consulting. If you compare globally, only 1% of the investment of €163.7 billion ($173 billion) made by German companies in foreign countries in 2022 was in the African continent. In 2021, around 76% of the German capital went to European countries, while the Americas ranked second with 9%, and Asia took third place with 13%. Africa falls far behind and remains a low priority. More than half of Germany's direct investment flows to Africa go to South Africa, where more than 400 German companies employ some 65,000 people.

Educate and Mitigate Risk

This low level of German FDI into Africa is partly about perception. A survey conducted by the Federation of German Industry (BDI) of German companies and their Africa appetite highlighted corruption, political instability, bureaucratic hurdles, and the lack of skilled workers as the main problems they face in doing business on the continent. That the continent is risky and investment and trade unfriendly is often true, but not always and everywhere. It also begs the question if German companies are more risk-adverse than others, and to understand why this may be the case.

Africa’s potential and that there are bankable project and investment opportunities needs to be better promoted. Setting up effective measures to make investing in Africa more attractive and less risky for German firms, should be a priority such as expanding a fund for German investment in Africa and improved risk protection for German companies.

Germany’s Economy Minister Robert Habeck at an opening of a German African business conference in Johannesburg in December 2022 highlighted that, “There will be additional incentives to invest in regions like sub-Saharan Africa where we want more German investments and more German trade.” This is a welcome statement of intent but needs action.

Strategic Diversification

Berlin needs to find new markets to diversify trade and supply chains, particularly away from Russia and China. German companies want to boost their Africa trade especially in areas such as green hydrogen and liquefied natural gas, with 43% planning to increase investment in the continent, according to a survey by the German African Business Association. The Association, which claims it represents around 85% of German businesses active in Africa, wants the German government to also provide support through improved conditions for export credit insurance and investment guarantees.

Africa is also important for Germany’s energy transition and its metallic raw materials such as cobalt, lithium or the platinum group metals are important for the green transformation of industry. According to a study by the German Institute for Economic Research, Germany is 100% dependent on foreign suppliers for 21 out of 27 raw materials that are deemed critical. Sustainable extraction and further processing of the raw materials locally as well as security of supply of critical and strategic minerals for German companies is clearly important as Germany seeks to diversify its trade relations.

The African Free Continental Trade Area (AfCFTA) will also create a market with 1.3 billion people and a cumulative gross domestic product of US$3.4 trillion. Reducing intra-African economic barriers would make the continent more attractive for German investment and German development policy should make the implementation of the AfCFTA a priority, including by investing in intra-Africa trade and industrialisation

Germany also needs to make it easier for African countries to manage their debts including by providing budgetary support. Germany is a member of the G20, the Paris Club and the fourth-largest shareholder of the IMF. Germany with its European partners can also look at the question of how to better involve private lenders based in Europe in debt restructuring negotiations – for instance in the framework of IMF programmes.

African Migration

Like many countries in Europe, Germany is facing a shortage of skilled workers. The German government also in 2023 has given its final approval for a law that will make it easier for skilled workers from outside the EU to move to Germany. A new German Africa strategy should focus on supporting legal immigration options from African countries in the future while avoid predatory ‘cherry picking’ of talented Africans and weakening African states. Opening an honest debate on future German labour and the importance of a circular migration strategy with Africa is needed.

There is an opportunity for Berlin to re-engineer German-Africa strategy, drawing it away from overly humanitarian to putting a strategic, business focused spine through it. This will require Germany and African states and regions to define their interests such as what are their trade and investment needs. Otherwise, such a strategy could just result for some countries a sharper neo-colonial German mercantilist policy.

 

Dr Alex Vines OBE directs the Africa Programme at Chatham House and is an assistant professor at Coventry University and an honorary fellow of the Nigerian Institute of International Affairs, Lagos.

Responsibility for content, opinions expressed and sources used in the articles and interviews lies with the respective authors.

More Trade, Less Aid

SWP - Tue, 10/10/2023 - 14:00

 

Germany’s Federal Ministry of Economic Cooperation and Development - BMZ’s new Africa Strategy, unveiled in January 2023, acknowledges that creating an enabling environment for new jobs that have a social and environmental impact, and at the same time empowering is important. Reading through the BMZ’s six Africa Strategy focus areas, energy transition partnerships, sustainable infrastructure, establishing a new green hydrogen industry, processing food locally, more intra-African trade or better access to credit for women are highlighted. Digital technology is also mentioned as an important transformation lever, especially for the young generation.

On paper, this reads like Germany is beginning a policy discussion with Africa rather than about Africa, which has been done previously. This had begun under Chancellor Merkel, who visited Africa more than 25 times and hosted a summit for African heads of state and government in Berlin four times. A driver for this was managing migration and seeking to improve conditions in countries of origin. In 2017, Merkel used Germany’s G20 presidency to relaunch Germany’s Africa policy, partly through the Compact with Africa (CwA). Twelve African nations are part of the CwA, but what are the results is debated, despite upbeat official reports.

Migration, development, and security looked to be the prime focus of the coalition government's Africa policy back in 2021 and the German private sector was conspicuously absent. However, what are key German interests in Africa currently is ill-defined. Strategic and critical minerals, counterterrorism and managing migration still need spelling out more clearly as key German foreign policy objectives.

Sharpen Bilateral Policy

The African continent is 85 times the size of Germany but Africa’s diversity and how German policy navigates this needs sharper definition. It is fashionable to talk about multilateralism, but Berlin needs to define its bilateral relations with Africa’s states more clearly. With 43 diplomatic missions Africa is home to more than a quarter of Germany’s embassies worldwide. These embassies should become key building blocks, underpinning bilateral and sub-regional strategy. Their effectiveness should require better trade and investment promotion, and this will require more German diplomats trained for trade rather than aid and with more Africa expertise. This is something the UK is struggling with. Having left the EU and reduced its aid-budget, the UK is finding that many African governments increasingly want to focus on deepening bilateral commercial arrangements and access FDI from the City of London. Old style diplomacy is no longer fit for purpose.

Between 2016 and 2020, US$9.7 billion flowed from Germany to Africa in foreign direct investment. However, compared to other European nations, it still only spent half as much as France and three-fifths as much as the UK, according to an analysis by EY consulting. If you compare globally, only 1% of the investment of €163.7 billion ($173 billion) made by German companies in foreign countries in 2022 was in the African continent. In 2021, around 76% of the German capital went to European countries, while the Americas ranked second with 9%, and Asia took third place with 13%. Africa falls far behind and remains a low priority. More than half of Germany's direct investment flows to Africa go to South Africa, where more than 400 German companies employ some 65,000 people.

Educate and Mitigate Risk

This low level of German FDI into Africa is partly about perception. A survey conducted by the Federation of German Industry (BDI) of German companies and their Africa appetite highlighted corruption, political instability, bureaucratic hurdles, and the lack of skilled workers as the main problems they face in doing business on the continent. That the continent is risky and investment and trade unfriendly is often true, but not always and everywhere. It also begs the question if German companies are more risk-adverse than others, and to understand why this may be the case.

Africa’s potential and that there are bankable project and investment opportunities needs to be better promoted. Setting up effective measures to make investing in Africa more attractive and less risky for German firms, should be a priority such as expanding a fund for German investment in Africa and improved risk protection for German companies.

Germany’s Economy Minister Robert Habeck at an opening of a German African business conference in Johannesburg in December 2022 highlighted that, “There will be additional incentives to invest in regions like sub-Saharan Africa where we want more German investments and more German trade.” This is a welcome statement of intent but needs action.

Strategic Diversification

Berlin needs to find new markets to diversify trade and supply chains, particularly away from Russia and China. German companies want to boost their Africa trade especially in areas such as green hydrogen and liquefied natural gas, with 43% planning to increase investment in the continent, according to a survey by the German African Business Association. The Association, which claims it represents around 85% of German businesses active in Africa, wants the German government to also provide support through improved conditions for export credit insurance and investment guarantees.

Africa is also important for Germany’s energy transition and its metallic raw materials such as cobalt, lithium or the platinum group metals are important for the green transformation of industry. According to a study by the German Institute for Economic Research, Germany is 100% dependent on foreign suppliers for 21 out of 27 raw materials that are deemed critical. Sustainable extraction and further processing of the raw materials locally as well as security of supply of critical and strategic minerals for German companies is clearly important as Germany seeks to diversify its trade relations.

The African Free Continental Trade Area (AfCFTA) will also create a market with 1.3 billion people and a cumulative gross domestic product of US$3.4 trillion. Reducing intra-African economic barriers would make the continent more attractive for German investment and German development policy should make the implementation of the AfCFTA a priority, including by investing in intra-Africa trade and industrialisation

Germany also needs to make it easier for African countries to manage their debts including by providing budgetary support. Germany is a member of the G20, the Paris Club and the fourth-largest shareholder of the IMF. Germany with its European partners can also look at the question of how to better involve private lenders based in Europe in debt restructuring negotiations – for instance in the framework of IMF programmes.

African Migration

Like many countries in Europe, Germany is facing a shortage of skilled workers. The German government also in 2023 has given its final approval for a law that will make it easier for skilled workers from outside the EU to move to Germany. A new German Africa strategy should focus on supporting legal immigration options from African countries in the future while avoid predatory ‘cherry picking’ of talented Africans and weakening African states. Opening an honest debate on future German labour and the importance of a circular migration strategy with Africa is needed.

There is an opportunity for Berlin to re-engineer German-Africa strategy, drawing it away from overly humanitarian to putting a strategic, business focused spine through it. This will require Germany and African states and regions to define their interests such as what are their trade and investment needs. Otherwise, such a strategy could just result for some countries a sharper neo-colonial German mercantilist policy.

 

Dr Alex Vines OBE directs the Africa Programme at Chatham House and is an assistant professor at Coventry University and an honorary fellow of the Nigerian Institute of International Affairs, Lagos.

Responsibility for content, opinions expressed and sources used in the articles and interviews lies with the respective authors.

How are accountability and organisational learning related? A study of German bilateral development cooperation

We analyse qualitative data collected from employees at Germany’s two main international development organisations, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) and Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Development Bank, to study how upward accountability and organisational learning interact in the world’s second largest foreign aid system. Goffman’s ‘staging’ heuristic is applied to unpack social practices in these two organisations. We find that employees navigate two separate domains, a frontstage and a backstage. They consider the federal bureaucracy an audience expecting a coherent storyline despite the messy realities of foreign aid. In response, they engage in impression management on a frontstage while shielding their backstages from scrutiny to maximise autonomy. As a result, organisational learning at GIZ and KfW in Goffman’s terms focuses on collective efficacy at satisfying accountability expectations through staged performances. We relate these insights to the hierarchical structure of Germany’s foreign aid system, the role of organisational interests and prevailing professional norms.

How are accountability and organisational learning related? A study of German bilateral development cooperation

We analyse qualitative data collected from employees at Germany’s two main international development organisations, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) and Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Development Bank, to study how upward accountability and organisational learning interact in the world’s second largest foreign aid system. Goffman’s ‘staging’ heuristic is applied to unpack social practices in these two organisations. We find that employees navigate two separate domains, a frontstage and a backstage. They consider the federal bureaucracy an audience expecting a coherent storyline despite the messy realities of foreign aid. In response, they engage in impression management on a frontstage while shielding their backstages from scrutiny to maximise autonomy. As a result, organisational learning at GIZ and KfW in Goffman’s terms focuses on collective efficacy at satisfying accountability expectations through staged performances. We relate these insights to the hierarchical structure of Germany’s foreign aid system, the role of organisational interests and prevailing professional norms.

How are accountability and organisational learning related? A study of German bilateral development cooperation

We analyse qualitative data collected from employees at Germany’s two main international development organisations, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) and Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Development Bank, to study how upward accountability and organisational learning interact in the world’s second largest foreign aid system. Goffman’s ‘staging’ heuristic is applied to unpack social practices in these two organisations. We find that employees navigate two separate domains, a frontstage and a backstage. They consider the federal bureaucracy an audience expecting a coherent storyline despite the messy realities of foreign aid. In response, they engage in impression management on a frontstage while shielding their backstages from scrutiny to maximise autonomy. As a result, organisational learning at GIZ and KfW in Goffman’s terms focuses on collective efficacy at satisfying accountability expectations through staged performances. We relate these insights to the hierarchical structure of Germany’s foreign aid system, the role of organisational interests and prevailing professional norms.

Daniel Graeber: „Die Kosten schlechter psychischer Gesundheit werden unterschätzt“

Zum heutigen Welttag der psychischen Gesundheit äußert sich Daniel Graeber, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) im DIW Berlin, wie folgt:

 

Rezessionen sind häufig mit einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung verknüpft – nicht nur direkt durch Arbeitslosigkeit, sondern auch indirekt dadurch, dass Menschen sich vermehrt Sorgen machen. Neben wirtschaftlichen Entwicklungen spiegeln sich auch soziale Ungleichheiten in der psychischen Gesundheit wider: Sie unterscheidet sich nach Geschlecht, Wohnort, Hochschulabschluss und Migrationshintergrund. Dies müssen Politiker*innen stärker in ihren Entscheidungen berücksichtigen. Denn die Kosten schlechter psychischer Gesundheit sind enorm und werden weithin unterschätzt. Für Betroffene verschlechtert sich die Lebensqualität oft erheblich. Monetäre Kosten entstehen aber auch für das Gesundheitssystem, Arbeitgeber*innen und das Sozialversicherungssystem. Dies zeigt: Psychische Gesundheit und Wirtschaft müssen zusammengedacht werden.

Wie weiter nach den Angriffen der Terrormiliz Hamas auf Israel?

SWP - Tue, 10/10/2023 - 07:40
Seit dem Wochenende herrscht im Nahen Osten der Ausnahmezustand. Der Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel hat tiefe Wunden gerissen. Israel hat den Kriegszustand ausgerufen, den Gazastreifen inzwischen komplett abgeriegelt und 300.000 Reservisten einberufen. Wie die Lage sich weiter entwickeln könnte, darüber wollen wir mit dem Israel-Experten Dr. Peter Lintl von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Das wird eine neue Phase im Konflikt einläuten

SWP - Mon, 09/10/2023 - 13:16
Es ist unklar, ob es einen größeren Plan hinter den Hamas-Angriffen gibt, sagt Peter Lintl, Experte für Israel und den Nahostkonflikt. Im WDR-Interview redet er auch über die Risiken einer Bodenoffensive.

Fachangestellte*n für Markt- und Sozialforschung (w/m/div)

Die am DIW Berlin angesiedelte forschungsbasierte Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine der größten und am längsten laufenden multidisziplinären Panelstudien weltweit, für die derzeit jährlich etwa 30.000 Menschen in knapp 15.000 Haushalten befragt werden. Das SOEP hat den Anspruch den gesellschaftlichen Wandel zu erfassen und steht somit immer neuen und vielfältigen Themen- und Aufgabenfelder gegenüber. Seine Datenerhebung und -generierung folgt dem Konzept des Survey bzw. Data Life Cycle.

Wir suchen im Rahmen einer Elternzeitvertretung ab sofort eine*n

Fachangestellte*n für Markt- und Sozialforschung (w/m/div)

(Vollzeit mit 39 Wochenstunden, Teilzeit ist möglich)


Auf dem Weg zur VN-Steuerkonvention?

Bonn, 09. Oktober 2023. Am 20. September diskutierte die 78. Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN) einen Bericht ihres Generalsekretärs, der eine Vertiefung der internationalen Steuerkooperation unter dem Dach der VN vorschlägt. Der Vorschlag wurde vor allem von afrikanischen Staaten vorangetrieben, die mehr Beteiligungsrechte in internationalen Steuerfragen einfordern.

Aktuell werden die großen internationalen Steuerreformen und Standards maßgeblich durch die OECD gestaltet, wo nur die reichen Industriestaaten großen Einfluss haben. Eine breitere Aufstellung in der internationalen Steuerkooperation wird gefordert, da auch viele Länder mittleren und niedrigen Einkommens, deren Steuereinnahmen oft weniger als 15% des BIP betragen, stark von Steuervermeidung und -hinterziehung betroffen sind. In der Debatte der Generalversammlung erhielt die Idee einer Rahmenkonvention zu internationaler Steuerkooperation viel Zustimmung, wobei wichtige OECD-Mitgliedsländer, darunter Deutschland, die USA und Großbritannien, sich merklich zurückhielten. Im November 2023 soll die Generalversammlung darüber abstimmen, ob konkrete multilaterale Verhandlungen über eine solche Steuerkonvention eingeleitet werden.

Eine VN-Steuerkonvention ist sinnvoll, um Entscheidungsprozesse zu internationalen Steuerregelungen und Reformen inklusiver und effektiver zu machen. Die VN sind, anders als die OECD oder Club-basierte Formate wie G7 und G20, repräsentativ in ihrer Mitgliedschaft und haben inklusive Entscheidungsprozesse, die die Interessen aller Staaten gleichwertig abbilden. Zudem können alle VN-Mitgliedstaaten bedingungslos teilhaben, vom Setzen der Agenda bis hin zur Implementierung. Daher sollten Entscheidungen zur Reform internationaler Besteuerungsgrundsätze innerhalb der VN gefällt werden.

Internationale Steuerkooperation wird aber seit Jahrzehnten von der OECD angeführt, welche als globale Standardsetzerin für internationale Steuerregeln gilt. Zum Beispiel basiert die Mehrheit der über 3.000 bilateralen Steuerabkommen zwischen Staaten auf einer Vorlage der OECD, welche primär für die eigenen Mitgliedstaaten entwickelt wurde. Unter den Schlupflöchern im internationalen Steuersystem leiden aber nicht nur OECD-Mitglieder, sondern auch viele andere Länder. Insbesondere die Besteuerung von multinationalen Konzernen und reichen Privatpersonen stellt viele Staaten vor große Herausforderungen. Die Folge sind jährlich milliardenhohe Verluste an weltweiten Steuereinnahmen.

Seit 2015 wurden im Rahmen des Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)-Projektes wichtige Reformen zur Bekämpfung internationaler Steuervermeidung vorangetrieben. Das BEPS-Projekt wurde von der G20 beauftragt und maßgeblich von der OECD umgesetzt. Nicht-Mitgliedstaaten der OECD wurden in den Prozess erst in einem zweiten Schritt mit eingebunden, indem sie dem ‚Inclusive Framework on BEPS‘ beitreten können. Acht Jahre nach Beginn des BEPS-Projekts sind jedoch kaum Erfolge beim Kampf gegen globale Steuervermeidung sichtbar, auch wenn das Projekt durchaus positive Veränderungen im Hinblick auf Transparenz und Kapazitätsaufbau herbeigeführt hat.

Auf Initiative mehrerer afrikanischer Länder wurde im letzten Jahr eine VN-Resolution verabschiedet, die den Weg für Diskussionen zu einer multilateralen Steuerkonvention ebnete. Der erwähnte Bericht des VN-Generalsekretärs macht nun drei konkrete Vorschläge, wie die internationale Steuerkooperation ausgestaltet werden könnte: Option 1 ist eine verbindliche multilaterale Konvention, die konkrete Verpflichtungen enthält und im Rahmen ihres Mandats in Besteuerungsrechte der Staaten eingreifen kann. Option 2 ist eine verbindliche Rahmenkonvention, die in erster Linie den Governance-Rahmen für internationale Steuerreformen festlegt und insofern primär konstitutiv ist. Option 3 ist ein unverbindliches Rahmenwerk, welches Leitlinien und Prinzipien für die Reform des internationalen Steuersystems formuliert. Mehrere Vertreter aus Afrika, Asien und Lateinamerika sprachen sich auf der Generalversammlung im September für Option 2 aus.

Unter Option 2 würden zentrale Entscheidungsprozesse der internationalen Steuerkooperation langfristig von der OECD zu den VN verlagert, um Partizipation inklusiver zu machen. Dennoch sollte die über Jahrzehnte angesammelte Expertise der OECD zu internationalen Steuerthemen weiterhin genutzt werden. Zum Beispiel könnten große strategische Entscheidungen zu internationalen Steuerreformen von den VN getroffen werden, während für die Ausarbeitung der technischen ­Umsetzung die OECD zuständig bliebe (so wie die G20 die OECD mit dem BEPS-Projekt beauftragt hat). Auch die Expertise des IWF und der Weltbank, welche Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu nationalen Steuerreformen beraten, sollte eingebunden werden. Mit der Platform for Collaboration on Tax (PCT) besteht bereits ein koordinierendes Forum, welches die Aufgabenteilung zwischen den vier internationalen Organisationen im Blick behält.

Eine VN-Rahmenkonvention zu internationaler Steuerkooperation ist zu befürworten, um Verluste aus Steuervermeidung und -hinterziehung effektiv zu bekämpfen und einen Beitrag zur Finanzierung der 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung zu leisten. Die OECD hat es trotz großer Anstrengung nicht vermocht, derartige Praktiken wirksam zu unterbinden. Es ist sinnvoll, nun alternative Lösungsansätze zu diskutieren. Auch Deutschland und die EU sollten daher den Vorschlag des VN-Generalsekretärs für eine derartige Steuerkonvention unterstützen, wenn er im November zur Abstimmung kommt.

Auf dem Weg zur VN-Steuerkonvention?

Bonn, 09. Oktober 2023. Am 20. September diskutierte die 78. Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN) einen Bericht ihres Generalsekretärs, der eine Vertiefung der internationalen Steuerkooperation unter dem Dach der VN vorschlägt. Der Vorschlag wurde vor allem von afrikanischen Staaten vorangetrieben, die mehr Beteiligungsrechte in internationalen Steuerfragen einfordern.

Aktuell werden die großen internationalen Steuerreformen und Standards maßgeblich durch die OECD gestaltet, wo nur die reichen Industriestaaten großen Einfluss haben. Eine breitere Aufstellung in der internationalen Steuerkooperation wird gefordert, da auch viele Länder mittleren und niedrigen Einkommens, deren Steuereinnahmen oft weniger als 15% des BIP betragen, stark von Steuervermeidung und -hinterziehung betroffen sind. In der Debatte der Generalversammlung erhielt die Idee einer Rahmenkonvention zu internationaler Steuerkooperation viel Zustimmung, wobei wichtige OECD-Mitgliedsländer, darunter Deutschland, die USA und Großbritannien, sich merklich zurückhielten. Im November 2023 soll die Generalversammlung darüber abstimmen, ob konkrete multilaterale Verhandlungen über eine solche Steuerkonvention eingeleitet werden.

Eine VN-Steuerkonvention ist sinnvoll, um Entscheidungsprozesse zu internationalen Steuerregelungen und Reformen inklusiver und effektiver zu machen. Die VN sind, anders als die OECD oder Club-basierte Formate wie G7 und G20, repräsentativ in ihrer Mitgliedschaft und haben inklusive Entscheidungsprozesse, die die Interessen aller Staaten gleichwertig abbilden. Zudem können alle VN-Mitgliedstaaten bedingungslos teilhaben, vom Setzen der Agenda bis hin zur Implementierung. Daher sollten Entscheidungen zur Reform internationaler Besteuerungsgrundsätze innerhalb der VN gefällt werden.

Internationale Steuerkooperation wird aber seit Jahrzehnten von der OECD angeführt, welche als globale Standardsetzerin für internationale Steuerregeln gilt. Zum Beispiel basiert die Mehrheit der über 3.000 bilateralen Steuerabkommen zwischen Staaten auf einer Vorlage der OECD, welche primär für die eigenen Mitgliedstaaten entwickelt wurde. Unter den Schlupflöchern im internationalen Steuersystem leiden aber nicht nur OECD-Mitglieder, sondern auch viele andere Länder. Insbesondere die Besteuerung von multinationalen Konzernen und reichen Privatpersonen stellt viele Staaten vor große Herausforderungen. Die Folge sind jährlich milliardenhohe Verluste an weltweiten Steuereinnahmen.

Seit 2015 wurden im Rahmen des Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)-Projektes wichtige Reformen zur Bekämpfung internationaler Steuervermeidung vorangetrieben. Das BEPS-Projekt wurde von der G20 beauftragt und maßgeblich von der OECD umgesetzt. Nicht-Mitgliedstaaten der OECD wurden in den Prozess erst in einem zweiten Schritt mit eingebunden, indem sie dem ‚Inclusive Framework on BEPS‘ beitreten können. Acht Jahre nach Beginn des BEPS-Projekts sind jedoch kaum Erfolge beim Kampf gegen globale Steuervermeidung sichtbar, auch wenn das Projekt durchaus positive Veränderungen im Hinblick auf Transparenz und Kapazitätsaufbau herbeigeführt hat.

Auf Initiative mehrerer afrikanischer Länder wurde im letzten Jahr eine VN-Resolution verabschiedet, die den Weg für Diskussionen zu einer multilateralen Steuerkonvention ebnete. Der erwähnte Bericht des VN-Generalsekretärs macht nun drei konkrete Vorschläge, wie die internationale Steuerkooperation ausgestaltet werden könnte: Option 1 ist eine verbindliche multilaterale Konvention, die konkrete Verpflichtungen enthält und im Rahmen ihres Mandats in Besteuerungsrechte der Staaten eingreifen kann. Option 2 ist eine verbindliche Rahmenkonvention, die in erster Linie den Governance-Rahmen für internationale Steuerreformen festlegt und insofern primär konstitutiv ist. Option 3 ist ein unverbindliches Rahmenwerk, welches Leitlinien und Prinzipien für die Reform des internationalen Steuersystems formuliert. Mehrere Vertreter aus Afrika, Asien und Lateinamerika sprachen sich auf der Generalversammlung im September für Option 2 aus.

Unter Option 2 würden zentrale Entscheidungsprozesse der internationalen Steuerkooperation langfristig von der OECD zu den VN verlagert, um Partizipation inklusiver zu machen. Dennoch sollte die über Jahrzehnte angesammelte Expertise der OECD zu internationalen Steuerthemen weiterhin genutzt werden. Zum Beispiel könnten große strategische Entscheidungen zu internationalen Steuerreformen von den VN getroffen werden, während für die Ausarbeitung der technischen ­Umsetzung die OECD zuständig bliebe (so wie die G20 die OECD mit dem BEPS-Projekt beauftragt hat). Auch die Expertise des IWF und der Weltbank, welche Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu nationalen Steuerreformen beraten, sollte eingebunden werden. Mit der Platform for Collaboration on Tax (PCT) besteht bereits ein koordinierendes Forum, welches die Aufgabenteilung zwischen den vier internationalen Organisationen im Blick behält.

Eine VN-Rahmenkonvention zu internationaler Steuerkooperation ist zu befürworten, um Verluste aus Steuervermeidung und -hinterziehung effektiv zu bekämpfen und einen Beitrag zur Finanzierung der 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung zu leisten. Die OECD hat es trotz großer Anstrengung nicht vermocht, derartige Praktiken wirksam zu unterbinden. Es ist sinnvoll, nun alternative Lösungsansätze zu diskutieren. Auch Deutschland und die EU sollten daher den Vorschlag des VN-Generalsekretärs für eine derartige Steuerkonvention unterstützen, wenn er im November zur Abstimmung kommt.

Auf dem Weg zur VN-Steuerkonvention?

Bonn, 09. Oktober 2023. Am 20. September diskutierte die 78. Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN) einen Bericht ihres Generalsekretärs, der eine Vertiefung der internationalen Steuerkooperation unter dem Dach der VN vorschlägt. Der Vorschlag wurde vor allem von afrikanischen Staaten vorangetrieben, die mehr Beteiligungsrechte in internationalen Steuerfragen einfordern.

Aktuell werden die großen internationalen Steuerreformen und Standards maßgeblich durch die OECD gestaltet, wo nur die reichen Industriestaaten großen Einfluss haben. Eine breitere Aufstellung in der internationalen Steuerkooperation wird gefordert, da auch viele Länder mittleren und niedrigen Einkommens, deren Steuereinnahmen oft weniger als 15% des BIP betragen, stark von Steuervermeidung und -hinterziehung betroffen sind. In der Debatte der Generalversammlung erhielt die Idee einer Rahmenkonvention zu internationaler Steuerkooperation viel Zustimmung, wobei wichtige OECD-Mitgliedsländer, darunter Deutschland, die USA und Großbritannien, sich merklich zurückhielten. Im November 2023 soll die Generalversammlung darüber abstimmen, ob konkrete multilaterale Verhandlungen über eine solche Steuerkonvention eingeleitet werden.

Eine VN-Steuerkonvention ist sinnvoll, um Entscheidungsprozesse zu internationalen Steuerregelungen und Reformen inklusiver und effektiver zu machen. Die VN sind, anders als die OECD oder Club-basierte Formate wie G7 und G20, repräsentativ in ihrer Mitgliedschaft und haben inklusive Entscheidungsprozesse, die die Interessen aller Staaten gleichwertig abbilden. Zudem können alle VN-Mitgliedstaaten bedingungslos teilhaben, vom Setzen der Agenda bis hin zur Implementierung. Daher sollten Entscheidungen zur Reform internationaler Besteuerungsgrundsätze innerhalb der VN gefällt werden.

Internationale Steuerkooperation wird aber seit Jahrzehnten von der OECD angeführt, welche als globale Standardsetzerin für internationale Steuerregeln gilt. Zum Beispiel basiert die Mehrheit der über 3.000 bilateralen Steuerabkommen zwischen Staaten auf einer Vorlage der OECD, welche primär für die eigenen Mitgliedstaaten entwickelt wurde. Unter den Schlupflöchern im internationalen Steuersystem leiden aber nicht nur OECD-Mitglieder, sondern auch viele andere Länder. Insbesondere die Besteuerung von multinationalen Konzernen und reichen Privatpersonen stellt viele Staaten vor große Herausforderungen. Die Folge sind jährlich milliardenhohe Verluste an weltweiten Steuereinnahmen.

Seit 2015 wurden im Rahmen des Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)-Projektes wichtige Reformen zur Bekämpfung internationaler Steuervermeidung vorangetrieben. Das BEPS-Projekt wurde von der G20 beauftragt und maßgeblich von der OECD umgesetzt. Nicht-Mitgliedstaaten der OECD wurden in den Prozess erst in einem zweiten Schritt mit eingebunden, indem sie dem ‚Inclusive Framework on BEPS‘ beitreten können. Acht Jahre nach Beginn des BEPS-Projekts sind jedoch kaum Erfolge beim Kampf gegen globale Steuervermeidung sichtbar, auch wenn das Projekt durchaus positive Veränderungen im Hinblick auf Transparenz und Kapazitätsaufbau herbeigeführt hat.

Auf Initiative mehrerer afrikanischer Länder wurde im letzten Jahr eine VN-Resolution verabschiedet, die den Weg für Diskussionen zu einer multilateralen Steuerkonvention ebnete. Der erwähnte Bericht des VN-Generalsekretärs macht nun drei konkrete Vorschläge, wie die internationale Steuerkooperation ausgestaltet werden könnte: Option 1 ist eine verbindliche multilaterale Konvention, die konkrete Verpflichtungen enthält und im Rahmen ihres Mandats in Besteuerungsrechte der Staaten eingreifen kann. Option 2 ist eine verbindliche Rahmenkonvention, die in erster Linie den Governance-Rahmen für internationale Steuerreformen festlegt und insofern primär konstitutiv ist. Option 3 ist ein unverbindliches Rahmenwerk, welches Leitlinien und Prinzipien für die Reform des internationalen Steuersystems formuliert. Mehrere Vertreter aus Afrika, Asien und Lateinamerika sprachen sich auf der Generalversammlung im September für Option 2 aus.

Unter Option 2 würden zentrale Entscheidungsprozesse der internationalen Steuerkooperation langfristig von der OECD zu den VN verlagert, um Partizipation inklusiver zu machen. Dennoch sollte die über Jahrzehnte angesammelte Expertise der OECD zu internationalen Steuerthemen weiterhin genutzt werden. Zum Beispiel könnten große strategische Entscheidungen zu internationalen Steuerreformen von den VN getroffen werden, während für die Ausarbeitung der technischen ­Umsetzung die OECD zuständig bliebe (so wie die G20 die OECD mit dem BEPS-Projekt beauftragt hat). Auch die Expertise des IWF und der Weltbank, welche Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu nationalen Steuerreformen beraten, sollte eingebunden werden. Mit der Platform for Collaboration on Tax (PCT) besteht bereits ein koordinierendes Forum, welches die Aufgabenteilung zwischen den vier internationalen Organisationen im Blick behält.

Eine VN-Rahmenkonvention zu internationaler Steuerkooperation ist zu befürworten, um Verluste aus Steuervermeidung und -hinterziehung effektiv zu bekämpfen und einen Beitrag zur Finanzierung der 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung zu leisten. Die OECD hat es trotz großer Anstrengung nicht vermocht, derartige Praktiken wirksam zu unterbinden. Es ist sinnvoll, nun alternative Lösungsansätze zu diskutieren. Auch Deutschland und die EU sollten daher den Vorschlag des VN-Generalsekretärs für eine derartige Steuerkonvention unterstützen, wenn er im November zur Abstimmung kommt.

Experte Lintl zum Kriegsgeschehen in Israel

SWP - Mon, 09/10/2023 - 09:30
Nahost-Experte Peter Lintl von der Stiftung Wissenschaft und Politik spricht unter anderem über die Rolle der Hisbollah im Krieg in Israel, die Versäumnisse des israelischen Geheimdienstes und die operationalen Ziele der Hamas. Seiner Ansicht nach wird der Konflikt so lange andauern, bis die Streitfragen des Kernkonfliktes gelöst werden. Die Bereitschaft den Konflikt friedlich beizulegen ist nach Meinung des Experten endenwollend.

Marcel Fratzscher: „Ein Weckruf für Wirtschaft und Gesellschaft für mehr Chancengleichheit“

Die Gewinnerin des diesjährigen Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften ist die US-Ökonomin Claudia Goldin von der Harvard University. Dazu äußert sich DIW-Präsident Marcel Fratzscher wie folgt:

Die Wahl von Claudia Goldin als Wirtschaftsnobelpreisträgerin 2023 ist exzellent und auch überraschend. Die Ungleichheit von Chancen gewinnt in den Wirtschaftswissenschaften international zunehmend an Bedeutung. Claudia Goldin hat mit ihrer Forschung viele Leerstellen gefüllt, insbesondere in der Forschung zur Ungleichheit zwischen Männern und Frauen. Sie zeigt auf, wie groß die Bedeutung von Werten, aber auch von Diskriminierung, für die Ungleichheit von Bildungschancen, Jobs, Bezahlung und Karrieren immer noch sind.

Die Wahl von Claudia Goldin als Nobelpreisträgerin sollte vor allem uns in Deutschland ein wichtiges Signal sein, die vielen blinden Flecken in Bezug auf die Gleichstellung von Männern und Frauen zu beseitigen. In kaum einem vergleichbaren Land ist der Gender Pay Gap mit 18 Prozent so groß wie in Deutschland. Aber auch andere Unterschiede (oder „Gaps“) sind in Deutschland ungewöhnlich groß: bei den Arbeitsstunden, den Karrierechancen, der sozialen Absicherung und bei der für Pflege und Familie aufgebrachten Zeit klaffen in Deutschland große Lücken zwischen Männern und Frauen, die nur langsam kleiner werden.

Die Gleichstellung von Mann und Frau und die damit verbundenen Chancen für Frauen sind heute das größte ungehobene wirtschaftliche Potenzial für Deutschland. Fast die Hälfte aller Frauen arbeitet in Teilzeit. Viele würden gerne mehr und besser arbeiten können, wenn ihnen die vielen Hürden genommen würden: eine unzureichende Betreuung in Kitas und Schulen, eine steuerliche Schlechterstellung, geringere Bezahlung, weniger Wertschätzung, eine unzureichende Vereinbarkeit von Familie und Beruf und schlechtere Karrierechancen. Der deutsche Staat kann und muss endlich diese Hürden adressieren, allen voran durch längst überfällige Reformen des Ehegattensplitting und der Mitversicherung, der Minijobs, in der Pflege und durch mehr Transparenz und Vereinbarkeit auf dem Arbeitsmarkt.

Dieser Preis für Claudia Goldin sollte ein Weckruf für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland für mehr Chancengleichheit sein. Wir als DIW Berlin treiben diese Thematik, unter anderem mit einer eigenen Forschungsgruppe Gender Economics, seit zehn Jahren aktiv voran und wollen diese Bemühungen weiter stärken.

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