Der deutliche Wahlsieg der linken Nationalen Volksmacht-Koalition (Jathika Jana Balawegaya / National People’s Power, NPP) bei der Parlamentswahl vom 14. November 2024 signalisiert den Wunsch nach einem politischen Neuanfang in Sri Lanka. Hierfür muss die neue Regierung von Präsident Anura Kumara Dissanayake erstens die Folgen der schweren Wirtschaftskrise von 2022 bewältigen. Zweitens steht nach wie vor eine politische Lösung für den seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt mit der tamilischen Minderheit aus. Drittens sollen mit Verfassungsreformen die Machtbefugnisse des Präsidenten beschnitten und wieder ein parlamentarisches System eingeführt werden. Außenpolitisch wird die neue Regierung weiter eine Balancepolitik zwischen China und Indien verfolgen. Die Stärkung der Demokratie und der Ausgleich zwischen den Volksgruppen sind für die neue Regierung auch ein zentrales außenwirtschaftliches Anliegen, wenn sie über 2027 hinaus vom Allgemeinen Präferenzsystem Plus (APS+) der Europäischen Union (EU) profitieren will.
Für Saudi-Arabien ist die anstehende erneute Präsidentschaft Donald Trumps mit zwiespältigen Erwartungen verknüpft: Einerseits pflegt das Königshaus enge Geschäftsbeziehungen zum designierten Präsidenten und dessen Umfeld, was einen privilegierten Zugang zum Weißen Haus eröffnen könnte. Andererseits könnten Trumps Nahostpolitik, seine konfrontative Haltung gegenüber China und seine Pläne zur Steigerung der heimischen Ölproduktion den laufenden Transformationsprozess des Königreichs im Rahmen der ehrgeizigen Entwicklungsagenda »Vision 2030« gefährden. Für Deutschland und seine europäischen Partner ergeben sich hierdurch Möglichkeiten für eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Königreich, auch um eigene strategischen Interessen gegenüber Washington voranzubringen.
Der Großraum Asien entwickelt sich zu einem Zentrum der globalen Energiewende. Kennzeichnend ist dabei eine wachsende Unabhängigkeit von externen Akteuren wie der EU und den USA, während Dynamiken und Vernetzung zunehmend innerhalb der Region stattfinden. Was sich hier abzeichnet, sind beispielsweise Tendenzen zur Monopolisierung kritischer Rohstoffe, neue Allianzen auf Basis wachsender Interdependenzen entlang Wertschöpfungsketten sowie ein Trend zu innovativen Technologien wie kleinen modularen Atomreaktoren. Gleichzeitig könnte die Energiewende in der Region durch geopolitische Spannungen und potentielle Krisen erheblich beeinflusst werden. Um in Asien relevant und handlungsfähig zu bleiben, sollten Deutschland und die EU ihr dortiges Engagement konstruktiver ausrichten.
Russia’s invasion of Ukraine has accelerated global dynamics that profoundly impact the post-Soviet South. Relations with Russia are still strong, but the former subalterns are raising their voices. The empowerment is most visible in their foreign relations, but also tends to strengthen incumbent regimes and the political structures on which their power is built. A widening radius of interaction reinforces perceptions of collective agency and reduces the incentives for political reform. The persistence of authoritarianism parallels the diminishing soft power of the EU and the West in general. In dealing with more assertive Eurasian partners the EU will have to come up with credible offers to strengthen existing relations and harmonise its policies for impact.
The 29th Climate Change Conference (COP29) in Baku revealed a shift in the balance of power in international climate politics following the US elections. While China played a constructive role in the negotiations on international climate finance, vulnerable countries were forced to make painful compromises. Saudi Arabia managed to systematically block progress on mitigation, while middle powers increasingly criticised the EU’s climate protection measures. To obviate the risk of isolation and avoid repercussions for its climate and competition agenda, the new European Commission needs to reorientate its climate diplomacy.
Regierungen, Medien, Wissenschaft und Gesellschaft sind sich einig, dass zur Bekämpfung von Desinformation vielfältige und koordinierte Anstrengungen notwendig sind. Uneinigkeit herrscht oft darüber, wie diese Erkenntnis in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden soll. Besonders greifbare, unmittelbare und sichtbare Ansätze erhalten regelmäßig überproportional viel Aufmerksamkeit. Der Vorteil von Faktenchecks, von Kennzeichnung und Deplatforming ist, dass sie ein zählbares Ergebnis liefern. So lässt sich öffentlichkeitswirksam kommunizieren, dass bereits mehr als 18.000 Desinformationen widerlegt wurden oder man ein Netzwerk mit 50.000 inauthentischen Accounts abgeschaltet hat. Doch solche Zahlen sagen noch nichts über die Wirksamkeit derartiger Interventionen aus. Der empirische Forschungsstand zum Effekt reaktiver Instrumente auf die Verbreitung und Wirkung von Desinformation ist lückenhaft und mitunter widersprüchlich. Mit Blick auf Faktencheck, Kennzeichnung und Deplatforming stellen sich die Fragen: Was beinhaltet die Maßnahme, welcher Effekt ist aus wissenschaftlicher Sicht zu erwarten, welche nicht-intendierten Effekte können eintreten und wie skalierbar ist der jeweilige Ansatz?
Abgesehen von einigen aufsehenerregenden, aber letztlich gescheiterten Infrastrukturprojekten und einem überraschenden Besuch des Eisbrechers Xuelong vor der grönländischen Hauptstadt Nuuk ist die Volksrepublik China in der Arktis lange Zeit vorsichtig und zurückhaltend im Schatten der arktischen Großmacht Russland aufgetreten. Erstmals zeigten im Juli und August 2024 weitere drei Eisbrecher – Xuelong 2, Ji Di und Zhong Shan Da Xue Ji Di – chinesische Präsenz in der Arktis. Peking signalisiert damit weitergehende Absichten: Der Bau eines schweren Eisbrechers soll eine ständige Präsenz im Nordpolarmeer ermöglichen. Ein bizarrer Höhepunkt dieser Entwicklung wurde erreicht, als die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Novosti im Oktober 2024 titelte: »Die Arktis wird chinesisch«. Welche Ursachen und Implikationen hat diese arktische Wende Chinas?
Ein Pfeiler der deutschen Rüstungskontrollpolitik, nämlich die vertragsbasierte Begrenzung der Atomwaffenarsenale Russlands und der USA, steht vor dem Aus. Zur Kooperation ist Russland nicht mehr bereit. Die Bundesregierung erkennt die Lage als Zäsur und will ihre Politik neu ausrichten. Sie verfügt jedoch bislang über keinen Plan, um die russische Kooperationsverweigerung zu überwinden. Idealtypisch ist eine Neukonzeption der deutschen Politik in drei Richtungen denkbar: abrüstungsorientiert, stabilitätsorientiert oder wettbewerbsorientiert. Mit allen dreien sollen Atomkriege verhütet werden, aber auf unterschiedliche Weise: indem militärisches und pronukleares Denken geächtet wird (Abrüstung), indem destabilisierende Waffen limitiert werden (Stabilität) oder indem Rüstungskontrolldeals das Wettrüsten so kanalisieren, dass es zum eigenen Vorteil ausfällt (Wettbewerb). Deutschlands Politik vereint bisher abrüstungs- und stabilitätsorientierte Elemente. Doch Berlin sollte wissen, dass es nur über die USA Einfluss bei der Begrenzung von Russlands Arsenal ausüben kann und dass die US-Rüstungskontrollpolitik heute schon kompetitiv ist und dies auch bleiben wird. Um zur wettbewerbsorientierten US-Politik beizutragen, sollte Deutschland an seinen Plänen festhalten, landgestützte Mittelstreckenwaffen zu stationieren. Zugleich sollte es sich für einen Rüstungskontrollvorschlag einsetzen, der die Beseitigung dieser Waffen in Europa vorsieht. Berlin sollte den Druck auf Moskau weiter erhöhen, indem es die europäische Luftverteidigung ausbaut und den Aufbau von Fähigkeiten zur Aufklärung und Informationsbeschaffung im Weltraum unterstützt. Damit Stabilitätsrisiken minimiert werden, sollte Deutschland flankierend für eine intensive Nutzung der Kanäle zur Krisenkommunikation zwischen Russland und den USA eintreten.
Die SWP hat in ihrem Orientierungsrahmen für die Forschung 2024–2026 vier Themenlinien definiert, zu denen sie ihre Expertise bündelt. Diese Themenlinien betreffen politisch dringliche und grundlegende Fragen von großer inhaltlicher Komplexität: Autokratisierung als Herausforderung für die deutsche und europäische Politik, die Neugestaltung der europäischen Sicherheitsordnung, Kooperation im Kontext systemischer Rivalität, wirtschaftliche und technologische Transformationen. Neun Kurzanalysen, die im Kontext der Themenlinien entstanden sind, werden in dieser Sammelstudie vorgestellt. Den politischen Hintergrund für die Themenlinien liefern tiefgreifende Veränderungen, die bis in die 2010er Jahre zurückreichen und auf nationaler, europäischer und globaler Ebene neue politische (Macht-)Verhältnisse schaffen. Schwierige Beziehungen zeichnen sich gerade mit jenen Ländern in Europa, auf dem amerikanischen Kontinent und im »Globalen Süden« ab, auf die es nach deutscher Interessenlage besonders ankommt, sei es im materiellen oder politisch-normativen Sinne. Deutschland hat nach der Zeitenwende von 2022 begonnen, in der Außen- und Sicherheitspolitik neue Prioritäten zu setzen. Dieser Prozess sollte im Sinne einer klugen Machtpolitik fortgeführt werden. Wichtig wäre es, einen auf Prinzipien gegründeten Pragmatismus zu verfolgen, also für das Völkerrecht und universalistische Werte einzutreten, sich in multilateralen Institutionen zu engagieren und für deren Reform auch mit Blick auf Länder des »Globalen Südens« offen zu sein. Für lange Zeit sind massive Investitionen in die Verteidigung der Ukraine und die Bundeswehr erforderlich. Zügig und systematisch zu reduzieren gilt es die Verwundbarkeit in strategisch wichtigen Wirtschaftssektoren und bei kritischen Rohstoffen.
Mit dem Green Deal hat die EU in den vergangenen Jahren nicht nur eine deutliche Ambitionssteigerung ihrer Klimapolitik vollzogen, sondern die europäische Klimainnenpolitik um eine internationale Dimension erweitert. Tatsächlich betreffen zahlreiche Rechtsakte der EU direkt oder indirekt auch internationale Partner. Dennoch werden interne und externe Dimension der Klimapolitik in der neuen EU-Kommission nicht systematisch zusammengeführt, eine strategische diplomatische Flankierung der Maßnahmen ist nicht gegeben. Gerade mit Blick auf die erhöhte Bedeutung von Wettbewerbsfähigkeit und geopolitischen Konstellationen eröffnet sich die Chance für einen neuen Strategieprozess. Dieser könnte dazu beitragen, dass EU-Institutionen und Mitgliedstaaten die externe Dimension koordinieren und eine sinnvolle Weiterentwicklung der europäischen Klimapolitik erreichen.
Trotz der anhaltend unsicheren politischen Lage in Syrien gewinnt die Diskussion um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge in Deutschland und Europa zunehmend an Bedeutung. Aus den Nachbarländern Syriens kehren seit dem Sturz des Assad-Regimes tausende Syrer:innen zurück. Der Premierminister der syrischen Übergangsregierung, Mohammed al-Baschir, hat bereits deutlich gemacht, dass sie alle willkommen sind. Doch die Rückkehr in ein vom Krieg zerstörtes Land birgt enorme Herausforderungen.
Die wirtschaftliche Lage ist katastrophal: Weite Teile des Landes sind zerstört, 90 Prozent der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Sie kämpft mit den physischen und psychosozialen Folgen von Krieg und Flucht. Zudem kontrolliert die Übergangsregierung nicht das gesamte Staatsgebiet. Da die Kämpfe andauern, sind weitere Fluchtbewegungen abzusehen. So wurden seit Beginn der Offensive der Aufständischen am 27. November etwa eine weitere Million Menschen vertrieben.
Freiwilligkeit und informierte RückkehrentscheidungEine übereilte Rückkehrpolitik würde nicht nur die ohnehin fragile Infrastruktur belasten, sondern auch die soziale Stabilität gefährden. Rückkehrbewegungen sollten daher nicht erzwungen werden. Ziel sollte es vielmehr sein, die Rückkehrpolitik so zu gestalten, dass sie zu einer inklusiven, friedlichen Transformation, Aufarbeitung und Aussöhnung sowie zu einem umfassenden Wiederaufbau des Landes beitragen kann. Den wichtigsten Aufnahmeländern syrischer Flüchtlinge - wie Deutschland - kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Von freiwilliger Rückkehr sind die größten positiven Entwicklungswirkungen zu erwarten. Syrer:innen in Deutschland sollten die Möglichkeit haben, sich vor einer Entscheidung selbst ein Bild von den Verhältnissen in Syrien zu machen. Aktuell riskieren sie jedoch ihren Flüchtlingsstatus oder subsidiären Schutzstatus in Deutschland, wenn sie nach Syrien reisen. Dies ist zwar rechtlich konsequent, erschwert aber eine gut vorbereitete Rückkehr.
Angesichts der volatilen Sicherheitslage im Land und der Vielzahl bewaffneter extremistischer Gruppierungen erscheint es der unmittelbaren Stabilisierung nicht dienlich, die Abschiebung von Gefährder:innen und kriminellen Syrer:innen aus Deutschland und anderen europäischen Staaten voranzutreiben.
Eine entwicklungsorientierte RückkehrpolitikDie durch Vertreibung entstandenen transnationalen Verbindungen und Diasporanetzwerke in Deutschland haben großes Potential zum wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Wiederaufbau Syriens beizutragen, etwa über Investitionen oder Wissensaustausch. Für die zukünftige Entwicklung Syriens sollte Deutschland daher gemeinsam mit anderen Aufnahmeländern rechtliche Lösungen für dauerhafte Mobilität finden, fördern und so einen positiven Beitrag zum Wiederaufbau des Landes leisten.
Eine der Herausforderungen bei der Rückkehr wird der Konflikt um Land- und Eigentumsfragen sein. Binnenvertriebene haben sich verlassenen Wohnraum angeeignet, Gewaltakteure haben Eigentum beschlagnahmt. In Syrien kommt noch das vom Assad-Regime erlassene Gesetz Nr. 10 hinzu, das zur Enteignung von geflohenen Syrer:innen führte. Um eine gewaltsame Eskalation der zwangsläufig entstehenden Konflikte zu vermeiden und Vertrauen in eine gerechte Nachkriegsordnung aufzubauen, ist der Zugang zu einer unparteiischen und unbestechlichen Justiz und Streitschlichtung unabdingbar. Dieser Bereich sollte in Wiederaufbau- und Entwicklungsprogrammen daher priorisiert werden.
Als eines der Hauptaufnahmeländer von Flüchtlingen weltweit - nicht nur aus Syrien - hat Deutschland eine Vorbildfunktion für eine verantwortungsvolle Rückkehrpolitik. Diese sollte nicht innenpolitischen Erwägungen zum Opfer fallen, sondern genutzt werden: Rückkehr sollte freiwillig sein und auf der Grundlage einer informierten Entscheidung der Betroffenen erfolgen. Aufnahmeländer sollten also nicht die schnelle Rückkehr von Syrer:innen in den Vordergrund stellen, sondern diese so gestalten, dass sie Teil eines umfassenden Friedens- und Wiederaufbauprozesses ist.
Mit dem Sieg Donald Trumps bei den jüngsten US-Präsidentschaftswahlen ist endgültig klar geworden, dass sein Einzug ins Weiße Haus 2017 kein Ausrutscher war. Vielmehr ist es einem populistischen, in vielerlei Hinsicht extremen und undemokratischen Kandidaten grundsätzlich möglich, in den Vereinigten Staaten eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen. Trump interpretiert den Wahlsieg als umfassendes Mandat für seine radikale Agenda. Ungeachtet dessen, ob diese Deutung korrekt ist, dürfte sie sein Handeln anleiten. Wie weit er hierbei gehen kann, wird vor allem davon abhängen, ob die Republikaner im Senat seine Pläne geschlossen und vorbehaltlos unterstützen.