Im Juni 2022 veröffentlichte der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN) die »Action Agenda on Internal Displacement«. Sie zielt darauf ab, den Umgang mit Binnenvertriebenen grundlegend zu reformieren. Dafür ist zum einen der Schwerpunkt von kurzfristiger humanitärer Hilfe hin zu mehr entwicklungsorientierten Ansätzen zu verlagern; zum anderen müssen vor allem die direkt betroffenen Regierungen bei der Suche nach dauerhaften Lösungen stärker einbezogen werden. Mit der Umsetzung des Aktionsplans wurde ein UN-Sonderberater betraut. Er hat in den vergangenen zwei Jahren positive Entwicklungen in einzelnen Ländern angestoßen und zu einer besseren Koordinierung der mit Binnenvertreibung befassten UN-Organisationen beigetragen. Über das Mandat des Sonderberaters hinaus, das zum Jahresende ausläuft, gilt es diese Fortschritte zu sichern. Zu diesem Zweck sollte Deutschland sich unter anderem für nachhaltige Governance-Strukturen einsetzen und dafür werben, dass Binnenvertreibung systematisch in der Entwicklungs- und Klimafinanzierung berücksichtigt wird.
Schon lange galt die Parlamentswahl in Georgien am Samstag als richtungsweisend. Seit Dezember 2023 ist Georgien EU-Beitrittskandidat, ein Großteil der Bevölkerung befürwortet die Mitgliedschaft in der Union. Doch der politische Kurs der georgischen Regierung in den vergangenen Monaten hat das Land einem Beitritt nicht nähergebracht. Im Gegenteil. Umstrittene Maßnahmen wie das Gesetz zur »Transparenz ausländischer Einflussnahme« haben zu einer rapiden Verschlechterung der Beziehungen zwischen Brüssel und Tbilisi geführt; diese befänden sich »auf einem historischen Tief«, so Paweł Herczyński, EU-Botschafter in Georgien, kurz vor der Wahl.
Welchen Spielraum die EU für ihre Politik künftig haben und welche Rolle sie spielen kann, dürfte maßgeblich von den Entwicklungen der kommenden Wochen und Monate abhängen. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass der auf eine langfristige Transformation ausgerichtete Ansatz der EU ohne entsprechenden politischen Willen auf der Seite ihrer Partner Grenzen hat.
Laut offiziellem Ergebnis hat die Regierungspartei »Georgischer Traum« (GT) die Wahl mit rund 54 Prozent der Stimmen gewonnen. Das stärkste Oppositionsbündnis erhielt rund 11 Prozent der Stimmen, insgesamt schafften vier Oppositionsparteien den Einzug ins Parlament. Das Ergebnis ist von Manipulationsvorwürfen überschattet: Sowohl die Staatspräsidentin als auch die führenden Oppositionsparteien bezeichneten die Wahl als illegitim; letztere lehnen ihre Mandate aus Protest ab und fordern Neuwahlen. Während die internationale Beobachtermission um ODIHR die ungleichen Bedingungen im Wahlkampf unterstreicht sowie die tiefgreifende politische Polarisierung im Land, gehen lokale Wahlbeobachter:innen einen Schritt weiter. Sie fordern die Annullierung der Abstimmung.
Kaum nur ein Déjà-vuBereits bei der Parlamentswahl 2020 sprach die Opposition von Manipulation und boykottierte das Parlament. Damals gelang es unter Vermittlung der EU, die Krise zumindest temporär zu entschärfen – ein Szenario, für dessen Wiederholung die Voraussetzungen heute noch ungünstiger scheinen.
Zum einen hat die politische Polarisierung weiter zugenommen und erfasst mittlerweile auch Bereiche wie Kultur und Universitäten. Der »Georgische Traum« hatte gar angekündigt, im Falle eines Wahlsieges zentrale Oppositionsparteien gänzlich verbieten zu wollen. Die notorisch fragmentierte Opposition hatte sich im Vorfeld der Wahl unter der Schirmherrschaft der Staatspräsidentin der »Georgischen Charta« verschrieben, einer Roadmap für Reformen und den Weg in die EU. Unterstützung findet dieser Kurs insbesondere auf Seiten der liberalen Zivilgesellschaft, aber auch der jungen Generation. Wie geschlossen die Opposition letztlich in der kommenden Zeit agieren wird, bleibt abzuwarten.
Zum anderen dürfte es der EU ungleich schwerer fallen, als Vermittlerin zwischen den politischen Lagern aufzutreten. Noch stärker als 2020 wird sie als Akteurin in der Auseinandersetzung wahrgenommen. Während der GT den westlichen Partnern Umsturzpläne und das Drängen Georgiens in einen Krieg mit Russland unterstellte, machte die EU deutlich, dass der vom GT eingeschlagene Weg nicht mit europäischen Werten und demokratischen Prinzipien vereinbar ist.
Fragen auch für die EUDie Eigenstilisierung des Georgischen Traums als Antikriegspartei mit einer Kampagne, die auf Ängste vor einer möglichen Ausweitung der russischen Aggression setzte, mag wahltaktischen Erwägungen geschuldet sein. Nichtsdestotrotz weist dieser Fokus auf eine Leerstelle in den EU-Debatten hin. Diese betrifft Georgiens Sicherheit in einem äußerst prekären geopolitischen Umfeld, zumal das Land keine direkte Grenze zur EU hat. Auch der Umgang mit den ungelösten Konflikten um Südossetien und Abchasien, nicht zuletzt mit Blick auf einen EU-Beitrittsprozess, wird unzureichend thematisiert.
Hinzu kommt, dass Georgien in den vergangenen Jahren ein wirtschaftliches Wachstum verzeichnete, die mit einer Annäherung an die EU verbundenen Hoffnungen auf Wohlstandseffekte aber hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. 2023 war die EU der wichtigste Handelspartner Georgiens, aber Russland spielt eine zentrale Rolle als Absatzmarkt für Georgiens Hauptexportgüter, wie Wein, Wasser und Spirituosen. Russland, so ein Ergebnis des Caucasus Barometer 2024, sehen nur verschwindend geringe ein Prozent der Befragten als Entwicklungsmodell. Doch auch die EU muss Lösungen und Angebote für die konkreten sicherheitspolitischen und sozioökonomischen Herausforderungen bieten, um attraktiv zu bleiben.
Saudi-Arabien tritt entschlossen und finanzstark in den geopolitischen Wettbewerb um mineralische Rohstoffe ein. Im Rahmen der Vision 2030 sollen die lokale Weiterverarbeitung und die industrielle Wertschöpfung gestärkt werden. Derzeit verschafft sich Saudi-Arabien mineralische Rohstoffe durch internationale Beteiligungen und Abnahmeverträge, und langfristig soll auch der heimische Bergbau ausgeweitet werden. Viele Vorhaben befinden sich noch in der Konzeptionsphase. Für die Verwirklichung seiner Pläne ist Saudi-Arabien auf internationale Partner angewiesen. Als geopolitisch »neutrales Bindeglied« zwischen den Großmächten sucht das Königreich die Annäherung an China, tritt zugleich aber in direkte Konkurrenz zur Volksrepublik. Parallel bietet sich Saudi-Arabien dem Westen als Partner für die Rohstoffdiversifizierung an. Für die EU erscheint eine Kooperation mit Saudi-Arabien als Option, um die eigene Rohstoffversorgung zu sichern – doch wichtige Grundvoraussetzungen für eine strategische Partnerschaft sind bisher nicht erfüllt.
Migration cooperation with third countries is thriving. Bilateral agreements with countries of origin, host countries and transit countries are increasingly seen as important instruments for overcoming the challenges associated with immigration. With the Special Commissioner for Migration Agreements, the German government has created a focal point to bring together the political objectives in the areas of return and labour recruitment into one comprehensive approach. Initial agreements were quickly reached in the hope of sending a clear signal to the electorate. Beyond their symbolic effect, the agreements have the potential not only to be the starting point for long-term, sustainable migration policy cooperation, but also to contribute towards the development of the countries of origin. In order to realise this potential, a better reconciliation of interests between the respective partner countries and Germany, capacity building in the area of recruitment and more consistency in external migration policy are required.
International law and voluntary norms have not effectively prevented state, proxy, or other criminals from malicious and harmful behaviour in cyberspace. Geopolitical confrontation and tension beyond cyberspace with major threat actors have largely exhausted sanctions. Faced with threats that prove difficult to deter, the European Union (EU), its Member States, and international partners need to refocus their attention on creating friction for malicious activity and increasing the costs of adversary operations. Through their contributions to resilience, forensic capabilities and international cooperation on technical investigations offer practical opportunities to blunt the tools of adversaries. By coordinating technical, political, and legal attribution at the EU level, Member States could reinforce a victim-oriented approach to cyber diplomacy.
Die innere wie äußere Handlungsfähigkeit der Europäischen Union (EU) hängt immer offensichtlicher davon ab, ob die Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten glaubwürdig und robust verteidigt werden kann. Die Alleingänge der ungarischen Ratspräsidentschaft, Angriffe auf die Unabhängigkeit von Justiz und Medien in Ungarn und weiteren Mitgliedstaaten sowie erstarkte rechtspopulistische Akteur:innen stellen auch eine sicherheitspolitische Herausforderung dar. Die bisherige Bilanz der EU-Politik zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit ist jedoch gemischt. Die sich neu konstituierende Europäische Kommission muss zentrale Sanktionen wie etwa das Einfrieren von Fördermitteln konsolidieren. Zudem soll mit Blick auf wachsende ausländische Einflussnahme der Instrumentenkasten zum Schutz der EU-Grundwerte ausgebaut werden. Spätestens unter der nächsten, polnischen Ratspräsidentschaft muss der Schutz der Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Institutionen und über die gesamte Legislaturperiode zur Priorität erklärt werden.