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Deutsches Institut für Entwicklungspolitik / Briefing Paper

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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 1 week 4 days ago

EU development cooperation with Sub-Saharan Africa 2013-2018: policies, funding, results

Tue, 05/26/2020 - 12:29

The objective of the study is to provide an overview of the evolution of and the results achieved by EU development cooperation with Sub-Saharan Africa during the period 2013-2018. It aims to feed into further policy discussion and research inquiry, and complements the Dutch government’s regular reporting to parliament of results achieved in EU development cooperation.

The study, commissioned by the Policy and Operations Evaluation Department of the Netherlands Ministry of Foreign Affairs, presents a structured literature review of EU development cooperation with Sub-Saharan Africa over the period 2013-2018. It addresses three main questions:

Policy commitments: What were the EU’s intentions as regards development cooperation with Sub-Saharan Africa during the period 2013-2018?

Funding: To what extent were these intentions reflected in allocation patterns during the same period?

Results: What do we know about the results of EU development cooperation with SSA during the period under review?

Umweltkrisen

Mon, 05/25/2020 - 13:32

In Anbetracht einer bisher nur begrenzt wirksamen gesellschaftlichen Umweltvorsorge wird das Konzept „Krise“ als wissenschaftliche Perspektive untersucht. Dazu erfolgt zum einen eine Systematisierung grundlegender Mensch-Umwelt-Beziehungen. Zum anderen werden Merkmale von „Krise“ aus einem multidisziplinären Spektrum der Literatur recherchiert. Unter Anwendung der Merkmale auf die Mensch-Umwelt-Beziehungen wird eine Konzeptualisierbarkeit von „Umweltkrise“ exploriert. Dabei zeigt sich, dass einige Merkmale von „Krise“ sowohl für biophysische als auch für gesellschaftliche Phänomene von Mensch-Umwelt-Beziehungen relevant sein können. Insgesamt wird für das Konzept „Umweltkrise“ ein Potenzial zur Analyse und gegebenenfalls Bewältigung insbesondere von nicht intendierten anthropogenen Umweltveränderungen festgestellt und anhand dreier Beispiele der Umweltentwicklung illustriert. Für die weitere Forschung erfolgt daraus die Ableitung eines Bedarfs zur Schärfung des Konzepts sowie zu dessen Einsatz als Analyserahmen einschließlich der dazu notwendigen methodischen Entwicklungen. In den zu erwartenden Erkenntnissen werden für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Ansatzpunkte für eine weitergehende Erreichung von Zielen der Umweltvorsorge gesehen.In Anbetracht einer bisher nur begrenzt wirksamen gesellschaftlichen Umweltvorsorge wird das Konzept „Krise“ als wissenschaftliche Perspektive untersucht. Dazu erfolgt zum einen eine Systematisierung grundlegender Mensch-Umwelt-Beziehungen. Zum anderen werden Merkmale von „Krise“ aus einem multidisziplinären Spektrum der Literatur recherchiert. Unter Anwendung der Merkmale auf die Mensch-Umwelt-Beziehungen wird eine Konzeptualisierbarkeit von „Umweltkrise“ exploriert. Dabei zeigt sich, dass einige Merkmale von „Krise“ sowohl für biophysische als auch für gesellschaftliche Phänomene von Mensch-Umwelt-Beziehungen relevant sein können. Insgesamt wird für das Konzept „Umweltkrise“ ein Potenzial zur Analyse und gegebenenfalls Bewältigung insbesondere von nicht intendierten anthropogenen Umweltveränderungen festgestellt und anhand dreier Beispiele der Umweltentwicklung illustriert. Für die weitere Forschung erfolgt daraus die Ableitung eines Bedarfs zur Schärfung des Konzepts sowie zu dessen Einsatz als Analyserahmen einschließlich der dazu notwendigen methodischen Entwicklungen. In den zu erwartenden Erkenntnissen werden für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Ansatzpunkte für eine weitergehende Erreichung von Zielen der Umweltvorsorge gesehen.

Von COVID-19 zur Klimapolitik

Mon, 05/25/2020 - 12:22

Die Bilder in den Nachrichten waren eindrucksvoll: Kristallklares Wasser und Schwärme von Fischen in den Kanälen Venedigs, sinkende Luftverschmutzung oder Schwarzwild, das in menschenleeren Städten durch die Straßen zieht. Die Einschränkungen im Kontext der COVID-19-Pandemie wirkten sich unmittelbar auf die Umwelt aus und führten zu einem Rückgang des globalen CO2-Ausstoßes. Deutschland könnte Prognosen zufolge sogar sein Klimaziel für 2020 erreichen. Grund zur Freude besteht trotzdem nicht: Die Folgen der Pandemie könnten für die globale Klimapolitik einen schweren Rückschlag bedeuten.

Obwohl es sich bei beiden Krisen um globale (Gesundheits-)Notstände handelt, sind die Reaktionen auf COVID-19 und den Klimawandel sehr unterschiedlich. In der Pandemie wurden drastische Maßnahmen ergriffen, um die Anstiegskurve der Infektionen abzuflachen. Auch der Klimawandel ist ein globaler Notstand, der künftig jährlich über 250.000 Todesfälle durch Hitzewellen, Dürren und den Anstieg des Meeresspiegels verursachen könnte. Mit der fortschreitenden globalen Erwärmung nehmen die negativen Auswirkungen auf alles Leben auf unserem Planeten immer weiter zu. Wissenschaftler*innen warnen vor „Kipp-Punkten“ im Erdsystem, mit verheerenden Folgen für besonders betroffene Regionen und künftige Generationen. Ungeachtet dieses Wissens wird der Klimawandel nach wie vor nicht als globale Notlage wahrgenommen und behandelt. Nun droht die Pandemie auch noch die Dynamik der Klimabewegung zu bremsen, indem sie dem Thema Aufmerksamkeit entzieht und Protestmöglichkeiten einschränkt. Die entscheidende UN-Klimakonferenz 2020 (COP26) wurde auf 2021 verschoben, was den ohnehin schleppenden internationalen Klimaprozess weiter schwächen wird.

Zudem wird der Rückgang der CO2-Emissionen nicht von Dauer sein. Jetzt, wo viele Länder ihre Einschränkungen lockern, werden die Menschen zu alten Gewohnheiten wie häufigen Flugreisen zurückkehren. Die kurzfristig abgeflachten Emissionen werden also wieder ansteigen – durch einen erwarteten Rebound-Effekt vermutlich sogar schneller als zuvor. Darüber hinaus haben mehrere Regierungen bereits angekündigt, die Luftfahrt und andere Sektoren der fossilen Energiewirtschaft zu retten, was Treibhausgasemissionen auch längerfristig befeuert. Es ist also offensichtlich, dass die kurzfristig gesunkenen Emissionen im Zuge der Pandemie nicht ansatzweise ausreichen, um die globale Erwärmung aufzuhalten.

Die Länder des globalen Südens sind besonders stark von der Pandemie als auch vom Klimawandel betroffen. Nun müssen sie gegen beides kämpfen, die Folgen von COVID-19 und die verheerenden Auswirkungen der Erderwärmung. Diese Mammutaufgaben treffen auf ohnehin schwierige Bedingungen wie den beschränkten Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen, schwache und überlastete Gesundheitssysteme, fehlende soziale Absicherung sowie Armut, Hunger oder Konflikte. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds haben ausländische Investoren bereits 100 Milliarden USD aus Schwellen- und Entwicklungsländern abgezogen. Es wird zudem erwartet, dass die Geldsendungen von Migrant*innen an ihre Familien im globalen Süden stark abnehmen werden. Diese zusätzlichen Herausforderungen und finanziellen Verluste schränken den Spielraum weiter ein, der für die Umsetzung der internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zur Verfügung steht. Die Entwicklungspolitik hat bereits auf die Corona-Krise reagiert, muss aber auch die Unterstützung in der Klimakrise weiter ausbauen.

Im Gegensatz zur Corona-Krise ist die Klimakrise bislang weniger sichtbar. Doch wir müssen ähnlich drastisch und konsequent handeln. Es bedarf langfristiger Lösungen, politischer Maßnahmen und systemischer Veränderungen, um unser Wirtschaftssystem auf Klimaneutralität und das globale Gemeinwohl auszurichten. Auch unsere Demokratien müssen wir an diese Herausforderungen anpassen. Nur so können wir Krisen wie dem Klimawandel besser begegnen. Es ist höchste Zeit, Klimaschutz zum Staatsziel zu erheben. Für eine angemessene Reaktion auf die drohende Klimakatastrophe muss der globale Norden jetzt handeln. Der erste Schritt ist, dass Deutschland und die EU sämtliche Maßnahmen zur Förderung des wirtschaftlichen Aufschwungs nach der Pandemie und darüber hinaus am1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens ausrichten.

Die Tatsache, dass viele Regierungen auf die Wissenschaft gehört und drastisch auf den Ausbruch des Coronavirus reagiert haben, zeigt, dass starke Volkswirtschaften das nötige politische und finanzielle Kapital aufbringen können, um auf die Klimakrise zu reagieren. Während die Pandemie hoffentlich mit Hilfe eines Impfstoffs überwunden werden kann, gibt es gegen den Klimawandel keine Impfung. Die gute Nachricht ist, dass auch beim Klimawandel wissenschaftlicher Rat zur Verfügung steht. Alle staatlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen des Lockdowns müssen also mehrere Zwecke gleichzeitig erfüllen: Kurz- und mittelfristige Anstrengungen müssen mit langfristigen Nachhaltigkeitszielen im Einklang sein und die lokale Solidarität der letzten Monate muss auf die globale Ebene ausgeweitet werden. Bei allem Leid, das COVID-19 verursacht, bieten die aktuell geschnürten Rettungspakete auch die Chance, uns in eine bessere Zukunft zu schicken. Flatten the curve – ab jetzt auch bei der Erderwärmung.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

The social contract as a tool of analysis: introduction to the special issue on “Framing the evolution of new social contracts in Middle Eastern and North African countries”

Fri, 05/22/2020 - 14:11

The term “social contract” is increasingly used in social science literature but is rarely well operationalised. We define social contracts as sets of agreements between societal groups and their sovereign on rights and obligations toward each other. The notion of social contracts helps to compare state-society relations in different countries and at different times. After independence, MENA countries had similar social contracts, which were then challenged by the Arab uprisings in 2010-11. Since then, social contracts in MENA countries have developed in different directions.

Ernährungssicherung in Krisenzeiten: arme Entwicklungsländer sind anders

Wed, 05/20/2020 - 11:47

Die Corona-Krise hält die Welt im Bann. Während die unmittelbaren Risiken der Pandemie breit diskutiert werden, gilt dies eher selten für die zu erwartenden immensen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit der absolut Armen. Sie ent-stehen hauptsächlich durch Lockdown-Maßnahmen (LD-M) zur Bekämpfung der Ansteckung und beeinträchtigen schon jetzt über viele Wirkungsketten alle vier Säulen der Ernährungssicherheit: Der Zugang zu Nahrungsmitteln wird sich bei abnehmenden Einkommen und schwindender Kaufkraft massiv verschlechtern, die Verfügbarkeit durch Input-, Ernte-, Handels- und Transportausfälle wahrscheinlich ebenfalls. Die neue Instabilität kann sich leicht auf andere Bereiche wie Migration, Sicherheit und Staatlichkeit ausdehnen. Insbesondere Frauen und oft auch Kinder sind gefährdet.
Dabei sind verschiedene Haushaltstypen ganz unterschiedlich betroffen. Folgenschwer wird diese Krise zunächst für die nicht landwirtschaftlich orientierten Haushalte, meist städtische Arme. Sofern sie Bezüge zur Landwirtschaft haben, können sie von Nahrungsmitteltransfers profitieren oder zurück-/ teilmigrieren. Subsistenzorientierte kleinbäuerliche Haushalte, die den Großteil der Ärmsten stellen, werden von den Ernährungskonsequenzen dieser Krise (anders als bei naturbedingten Krisen) zumindest kurzfristig weniger betroffen sein. Größere landwirtschaftliche Betriebe, die verlässlich Nahrungsmittel für den Markt produzieren können, dürften sich als eine Stabilitätssäule in und nach der Krise erweisen, sofern für sie relevante Märkte nicht massiv einbrechen.
Insgesamt werden die Auswirkungen der Corona-Krise auf Ernährung, neben der Ausgestaltung der LD-M, insbesondere davon abhängen, wieweit die Wirtschaft sowie die Entflechtung der Landwirtschaft vom Rest der Wirtschaft entwickelt ist und wieweit Staat und wohlhabendere Schichten die Möglichkeit haben und behalten, Transfers zu leisten. In ärmeren Ländern gilt, dass bei der Abwägung von Corona-Bekämpfung und Wirtschaft letztere einen höheren Stellenwert haben muss als in reicheren Ländern: Die LD-M bedrohen in armen Ländern Leben und Gesundheit. Ausdrücklich wird hier betont, dass es bei „Wirtschaft“ um die komplexen Wirkungsketten Richtung Ernährungssicherheit geht, nicht nur um Wachstum und Jobs.
Für die Länder des armen Südens sollten Corona-Strategien daher anders aussehen als im globalen Norden und in Schwellenländern. Für die Entwicklungszusammenarbeit heißt dies zunächst, die Entwicklung spezifischer lokaler Strategien zu unterstützen. Beiträge müssen kurzfristig und flexibel v.a. Aufklärung, Gesundheit und Hygiene adressieren und ggf. Geld- und Nahrungsmitteltransfers sowie Beschäftigungsprogramme umfassen. Dabei sollten Wirtschaftsstrukturen und -akteure geschützt und gestützt werden. Die Resilienz gegenüber der Corona-Epidemie und anderen Epidemien kann mittelfristig insbesondere durch die Förderung nachhaltiger Landwirtschafts- und Ernährungssysteme gestärkt werden.
Dabei darf die Resilienz gegenüber anderen Krisentypen nicht vernachlässigt werden, bei denen teilweise andere Wirkungsketten aktiv und damit Maßnahmen nötig sind. So schädigen klimabedingte Krisen oft die lokale Landwirtschaft; der Zugang zum Weltagrarmarkt ist dann ein wichtiger Schutz. Die Forschung lehrt, dass umfassende Resilienz am besten über eine Mischung aus wirtschaftlicher Diversität, Rücklagenbildung, offenen Agrarmärkten, Versicherungen und sozia-len Sicherungssystemen erzielt werden kann.

The political economy of automotive industry development policy in middle income countries: a comparative analysis of Egypt, India, South Africa and Turkey

Wed, 05/20/2020 - 00:19

This paper examines the political economy of development policy through the prism of four country case studies (Egypt, India, South Africa and Turkey) of the automotive industry. The objective is not simply to examine the developmental impact of automotive policy, but to illustrate how the policy regime has been the outcome of a contested process. Early growth in the auto sector in the four case countries was enabled by rents from protected markets. The emergence of competitive firms is critically dependent on the nature of state–business relationships and the net outcome of the rent-seeking process in the sector. This hinges on the bargaining power of business, foreign or domestic, vis à vis the government. If firms capture subsidies in return for support to weak and vulnerable ruling coalitions, the auto sector in that country can become the classic case of an infant industry remaining stunted. Where the distribution of power is such that ruling coalitions are able to discipline firms in the auto sector, so that they become globally competitive, developmental outcomes have been positive.

How earmarking has become self-perpetuating in UN development co-operation

Tue, 05/19/2020 - 08:46

The share of earmarked funding to the UN’s development pillar has risen to a record level of 79% (2018) of its total revenue/spending. This poses severe implications for the organizational efficiency, aid effectiveness, and multilateralism of the UN. Reforms have not been able to stem the trend towards earmarked funding, raising the question of what explains the continued rise of earmarking in the UNDS. This article aims to add a new perspective on earmarking, specifically in the UN. It tries to explain not the root causes of earmarking, but the dynamics of the significant rise over the last decade. The argument is that earmarking has been driven by three vicious circles: by the rational factors associated with a collective action breakdown, a change in norms of appropriateness, and institutional fragmentation. The article draws on funding data from the UN, on 65 interviews with UN staff and donor representatives conducted in the context of a recent research project, and on document analysis. Special attention is given to two donors, Sweden and Germany, dedicated multilateralists that have increased their earmarked resources in recent years. The findings put a question mark behind the premises that have so far guided practical efforts by the UN and member states to reduce the share of earmarked funding. They suggest that more fundamental changes to rules and incentives are required to rebalance the UN’s funding towards core contributions. Four specific recommendations are derived from the analysis.

Die Natur kann uns nicht retten, wenn wir ihr weiter Schaden zufügen

Mon, 05/18/2020 - 10:52

Der 22. Mai ist der Internationale Tag der biologischen Vielfalt. Das diesjährige Motto lautet: „Unsere Lösungen liegen in der Natur“. Es soll die Bedeutung der Biodiversität im Vorfeld der Verhandlungen über einen neuen strategischen Rahmen für globale und nationale Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität für den Zeitraum bis 2050 (Post-2020 Global Biodiversity Framework) unterstreichen. Das Motto suggeriert, dass die Natur und die so genannten naturbasierten Lösungen (englisch: nature-based solutions, NbS) in den Bemühungen um den Erhalt der biologischen Vielfalt eine Schlüsselrolle spielen, um soziale und ökologische Herausforderungen wie Ernährungssicherheit, Klimawandel, Wassersicherheit, menschliche Gesundheit oder Katastrophenrisiken anzugehen. NbS können jedoch nur einen Teil der Lösung für diese Probleme darstellen.

Wir stehen kurz vor dem sechsten Massensterben. Es ist durch eine globale Aussterberate gekennzeichnet, die den Durchschnitt der letzten 10 Millionen Jahre um mehr als das Hundertfache übersteigt. Die jüngste globale Bewertung des Weltbiodiversitätsrats (Intergovernmental Science Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, IPBES) zählt viele besorgniserregende Konsequenzen auf: Über 40 Prozent der globalen Landfläche wird heute landwirtschaftlich oder als urbaner Raum genutzt, was einer drastischen Verdrängung von Lebensräumen mit biologischer Vielfalt gleichkommt. Der Verlust der biologischen Vielfalt hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse. So verringert zum Beispiel in einigen Regionen das Aussterben bestäubender Insekten schon jetzt die natürliche Verfügbarkeit pflanzlicher Nahrungsmittel. Die Entwaldung führt dazu, dass für viele Menschen im globalen Süden wichtige Quellen für Nahrungsmittel, Brennstoffe und natürliche Heilmittel immer weiter versiegen. Die Coronavirus-Pandemie ist auch eine Folge der Zerstörung von Lebensräumen und des Handels mit Wildtieren, die  die Wahrscheinlichkeit von Virusausbrüchen deutlich erhöhen.

Als Antwort auf diese Herausforderungen gewinnen NbS bei Umweltorganisationen und Entwicklungsagenturen an Popularität. NbS ist ein Oberbegriff für konkrete, handhabbare Maßnahmen, die sich statt technischer Lösungen natürlicher Prozesse bedienen, um Nutzen für die Umwelt und das menschliche Wohlergehen zu erzielen. So würde das NbS-Konzept zum Beispiel vielfach der Pflanzung von Mangrovenwäldern als Hochwasserschutz den Vorrang gegenüber dem Bau künstlicher Deiche geben. Weitere NbS sind beispielsweise der Schutz der Wälder als Kohlenstoffsenken, die Förderung städtischer Grünflächen zur Verringerung von Hitzestress oder die Schaffung oder Ausweitung von marinen oder terrestrischen Naturschutzgebieten.

Das Problem an einer starken Fokussierung auf NbS ist jedoch, dass sie die zugrundliegenden direkten und indirekten Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt außer Acht lassen. Direkte Ursachen üben unmittelbar Druck auf die Umwelt aus. Dazu gehören die Zerstörung von Lebensräumen, der Klimawandel, die Umweltverschmutzung, die Übernutzung und die Einschleppung invasiver Arten. Dieser direkte Druck wird verstärkt durch indirekte Faktoren, die die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen bestimmen, wie demographische Trends, Produktions- und Konsummuster oder internationaler Handel. Angesichts der Größenordnungen dieser sozialen und ökologischen Herausforderungen können NbS mit ihrem Schwerpunkt auf projektartigen Interventionen ihrem Lösungsanspruch nur teilweise gerecht werden. So können Schutzgebiete zwar den Verlust von Lebensräumen verlangsamen, doch setzt sich jenseits ihrer Grenzen die Zerstörung der Biodiversität fort, vor allem in landwirtschaftlichen Monokulturen, Waldplantagen und Bergbaugebieten. Aufforstung kann die biologische Vielfalt nicht vollständig schützen, wenn wir weiterhin fossile Brennstoffe fördern und verbrennen, die den Planeten immer mehr erhitzen und dadurch empfindliche Arten gefährden. NbS können sogar „Greenwashing“ unterstützen, wenn Investitionen in NbS es großen Ölgesellschaften ermöglichen, sich als kohlenstoffneutral zu bezeichnen, obwohl sie durch die Förderung fossiler Brennstoffe weiterhin den Klimawandel verschärfen.

Obwohl also das Motto „unsere Lösungen liegen in der Natur“ in Zeiten durchaus attraktiv klingt, in denen den Menschen ihre Abhängigkeit von der Natur immer stärker bewusst wird, können wir nicht die Natur allein für die Lösung unserer drängenden Probleme verantwortlich machen. Vielmehr müssen wir der Natur helfen, uns zu helfen, indem wir uns ein neues wirtschaftliches Paradigma aneignen – eines das anerkennt, dass der Kapitalismus nicht nachhaltig ist, denn ein unendliches Wirtschaftswachstum ist auf einer Erde mit begrenzten (biologischen) Ressourcen nicht möglich. Dringende erste Maßnahmen beinhalten etwa, fossile Brennstoffe im Boden zu belassen, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft zu beschleunigen, und eine stärker diversifizierte und nachhaltigere Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft zu fördern.

Assessing trends in multidimensional poverty during the MDGs

Sun, 05/17/2020 - 10:06

While we have extensive information on the trends in income poverty, little is known about the trends in multidimensional poverty. This paper tries to fill this gap by assessing the changes in multidimensional poverty in 55 countries since 2000. The analysis relies on two individual-based indices, the G-CSPI and the G-M0, which combine three dimensions-education, health and employment-derived through the Constitutional Approach. The G-CSPI is a distribution-sensitive index, while the G-M0 allows decomposition by dimension. The results reveal that more than 80% of the countries assessed have reduced multidimensional poverty. However, progress has been very limited in Sub-Saharan Africa. Different decomposition analyses indicate that poverty alleviation has mainly been triggered by a reduction in health deprivations and by improvements in rural areas. A comparison with changes in income poverty suggests that the correlation is not strong, and that multidimensional poverty has decreased significantly less than income poverty.

The Role of preferences for pro-environmental behaviour among urban middle class households in Peru

Fri, 05/15/2020 - 11:38

Pro-environmental behaviour (PEB) is known to reflect people’s social preferences, time preferences and risk preferences. Previous research has tended to consider these in isolation, which means they may proxy for omitted ones, leading to biased estimates. Moreover, it has not considered ambiguity preferences, which for some PEBs is conceptually more relevant than risk preferences. Using a survey module from the Global Preference Survey (GPS), we investigate the role of a large range of preferences for PEB in a sample of 900 middle class households in Lima, Peru. The PEBs we consider are habitually saving energy, avoiding the use of plastics, and limiting expenditures on electricity. We find that social preferences matter mainly for saving-energy behaviour; time, risk and ambiguity preferences matter mainly for the consumption of plastics; and time and ambiguity preferences matter for expenditures on electricity. The insight that particular preferences matter for particular PEBs has important policy implications.

How Germany and France could play a leading role in international donor coordination

Fri, 05/15/2020 - 09:15

The future shape of European trade policy and the right stance to take in security and climate matters are currently the subject of fierce Franco-German debate. These issues are also relevant to development policy in the context of the overarching 2030 Agenda for Sustainable Development. Despite the opportunities afforded to them as strong donor countries to pursue joint approaches, Germany and France often tend to cooperate on an ad hoc basis rather than as part of a strategy (Krüger & Vaillé, 2019). Signed on 22 January 2019, the Aachen Treaty serves to renew the cooperation on Franco-German development cooperation (DC) formalised in the Élysée Treaty and offers the two countries a way to overcome differences and contribute jointly to global sustainable development (Aachen Treaty, Chapter 2, Article 7). Against this backdrop, this paper discusses challenges and opportunities for Franco-German DC based on two case studies in Cameroon and Morocco, which illustrate how differing mandates and methods being applied by the implementing organisations are preventing closer cooperation on the ground. Diverging political priorities, including within the national donor administrations, are also making it harder to engage in dialogue with the partner countries, especially if these have only limited capacity for donor coordination. If Germany and France succeed in overcoming their current differences, they will be able to attract other donors, particularly EU actors, for joint initiatives. Four policy recommendations can be derived from this:
Improving coherence between DC systems:
Even if the donor countries continue to maintain different political structures, the functional cooperation between the relevant actors will need to be supported at upper political levels. Coherence within the German and French DC systems should also be increased.
2.    Germany and France should make it easier to launch joint projects:
Programming cycles need to be better coordinated in the interests of the political dialogue on DC. At the same time, the mutual recognition of procedures that form part of both countries’ technical cooperation (TC) and financial cooperation (FC) should be afforded greater political support.
3.    Selecting partner countries and sectors strategically:
Focusing on common priorities and sectors is advisable, especially in partner countries with limited capacity for coordination. Franco-German cooperation with middle-income countries should also be strengthened strategically in order to support projects requiring substantial financing in sectors such as renewable energy.
4.    Structuring Franco-German cooperation so as to be open to other partners:
Germany and France should commit to a common Europe-wide implementation approach and promote its application in partner countries through pilot projects. Franco-German DC should also be structured so as to be open to other actors and should campaign for the preservation of global public goods in international organisations in which both donors play an active part (e.g. in the Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria).

Mit Anreizen und Regelungen zu Fairen Lieferketten

Thu, 05/14/2020 - 11:21

Der World Fair Trade Day am 9. Mai stellte die Fortschritte der Mitgliederorganisationen der World Fair Trade Organization (WFTO) heraus. Er erinnerte aber auch an die sozialen Missstände, die in vielen globalen Lieferketten bestehen, das heißt bei Akteuren, die an der Herstellung eines Produkts beteiligt sind, von der Rohstoffgewinnung bis zu dessen eigentlicher Produktion und dem Vertrieb. In vielen Lieferketten kommt es zu Verletzungen von Arbeits- und Sozialstandards, etwa in Form von Kinderarbeit, mangelhafter Arbeitssicherheit oder fehlender Vereinigungsfreiheit. Die COVID-19 Pandemie lässt diese Missstände deutlich zutage treten und verstärkt sie: Die negativen Folgen des Nachfragerückgangs sowie Fabrikschließungen in Folge von Stilllegungen treffen die Arbeiter*innen in den Produktionsländern des Globalen Südens besonders hart. Arbeitsrechtsorganisationen und Gewerkschaften aus dem Bekleidungssektor in Bangladesch berichten von Massenentlassungen und Fabrikschließungen. Der Verband der Bekleidungshersteller in Indien geht davon aus, dass 2,5 Millionen Menschen ihren Job während des Lockdowns verlieren und die Asian Floor Wage Alliance berichtet, dass Arbeiter*innen ihre Löhne vorenthalten werden. Für Menschen ohne finanzielle Rücklagen sind diese Umstände existenzbedrohend.

Aktuell verstärkt die Coronakrise soziale Missstände in vielen globalen Lieferketten. Kurzfristig gilt es, besonders betroffenen Ländern den Zugang zu Krediten zu erleichtern und Geldtransfers an bedürftige Bevölkerungsgruppen sicherzustellen. Wie aber können mittel- und langfristig angelegte politische Maßnahmen aussehen, die nicht nur die Symptome mildern, sondern auch ihre Ursachen angehen und somit Lieferketten, auch mit Blick auf künftige Krisen, fairer und widerstandsfähiger machen?

Alle Unternehmen entlang globaler Lieferketten müssen Verantwortung für die soziale Situation der Arbeiter*innen übernehmen. Diese Verantwortung darf nicht an nationalen Grenzen enden. Dass dies keineswegs selbstverständlich ist, zeigt der Versuch von vielen Bekleidungsmarken, darunter Burton Menswear in Europa oder das große australische Modeunternehmen Mosaic Brands, bereits produzierte Waren nicht mehr abzunehmen, Zahlungen zu verzögern und Rabatte für bereits laufende Aufträge auszuhandeln. Regierungen des Globalen Nordens sind dazu aufgerufen zu einem verantwortlichen Handeln von Unternehmen beizutragen. Sowohl durch Anreize, wie einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, als auch durch Verpflichtungen, wie die rechtliche Verankerung unternehmerischer Sorgfaltspflichten.

Eine Anpassung der öffentlichen Beschaffung, die in Europa rund 14 Prozent des BIP generiert, kann entscheidende Anreize für einen nachhaltigen und sozialverantwortlichen Wiederaufbau globaler Lieferketten setzen. Eine strategisch ausgerichtete öffentliche Beschaffung ist die Voraussetzung für ein tieferes Verständnis von Lieferketten und Warenströmen auf Seiten der öffentlichen Beschaffer*innen und somit für ein sicheres und verantwortliches öffentliches Beschaffungswesen. Der Aufbau eines strategischen öffentlichen Beschaffungsmanagements wird seit längerem von der Europäischen Kommission und der OECD gefordert. Es beinhaltet erstens organisatorische Komponenten, wie die Stärkung von Vergabestellen durch strategische Einkäufer*innen. Zweitens gilt es, strategische Beschaffungsziele wie die Förderung innovativer oder nachhaltiger Produkte festzulegen. Die aktuelle Debatte bietet öffentlichen Einrichtungen in Deutschland und Europa die Möglichkeit, ihr Beschaffungswesen krisenfester zu machen, sowohl mit Blick auf eine sichere Versorgung als auch hinsichtlich einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern.

Diese gibt es in verschiedener Form bereits in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden. In Deutschland wurde eine gesetzliche Regelung von der freiwilligen Verpflichtung zu unternehmerischer Sorgfalt abhängig gemacht. Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass eine breite Umsetzung erfolgt ist. Eine gesetzliche Regelung könnte dazu beitragen, auf allen Stufen der Lieferkette soziale und ökologische Mindeststandards zu garantieren, gerade auch bei Zulieferern in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Vielzahl der Unternehmen die jetzt oder bereits schon seit Jahren Verantwortung zeigen, würden durch die Schaffung gleicher Bedingungen für alle Marktteilnehmer gestärkt. Eine Verpflichtung müsste eine Balance zwischen Verantwortung und Umsetzbarkeit finden. Unternehmen sollen nicht für jede Arbeitsrechtsverletzung zur Verantwortung gezogen werden, aber grundsätzlich soziale Risiken in ihren Lieferketten identifizieren und bewerten, um gegebenenfalls Verbesserungen zu erwirken. Eine so gestärkte Reform des Lieferkettenmanagements würde zu größerer Verantwortlichkeit und Krisenfestigkeit in Lieferketten beitragen.

Angesichts der COVID-19 Pandemie versuchen Regierungen aktuell, in erster Linie lebenswichtige nationale Bedarfe sicherzustellen. Mit der Entspannung der gesundheitlichen Krise, gilt es den Fokus anzupassen: Ein Wiedererstarken der Weltwirtschaft sollte mit mehr Verantwortung für faire Bedingungen entlang globaler Lieferketten einhergehen.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

Marginalisierte Menschen als schwächstes Glied in Pandemien

Mon, 05/11/2020 - 11:36

Epidemien geben Aufschluss darüber, wie Gesellschaften mit marginalisierten Gruppen umgehen. Ganz besonders deutlich zeigt es sich in der größten Hafenstadt Ecuadors, in Guayaquil. Das Corona-Virus überfordert das Gesundheitssystem dort offenbar gänzlich. Viele Menschen können nicht mehr behandelt werden. Hunderte von Opfern konnten zeitweilig nicht mehr bestattet werden. Es kursieren Zahlen von tausenden von Toten in den Medien. Verlässliche Informationen fehlen aber bisher. Guayaquil ist eine Warnung: Die Marginalisierung einzelner Gruppen kann eine gesamte Gesellschaft zu Fall bringen. Es gibt aber auch eine Lösungsrichtung vor: Mehr Zugang zu Ressourcen.

Epidemien mit vielen Opfern gibt es in Guayaquil seit Jahrhunderten immer wieder. Die ungleichen Besitzverhältnisse und eine andauernde Marginalisierung großer Bevölkerungsgruppen spielen dabei eine zentrale Rolle. Um sie nicht nur, aber auch in medizinischen Notsituationen besser schützen zu können, müssen Ressourcen gerechter verteilt, Zugänge zu Grundversorgungen garantiert und Machtstrukturen überdacht werden.

Guayaquil wurde jahrhundertelang durch wenige einflussreiche Familien regiert. Oft dachten diese eher an ihren eigenen Vorteil als an ein gesellschaftliches Gemeinwohl. In den letzten Jahrzehnten gab es zwar durchaus erfolgreiche Projekte, etwa im Kampf gegen Kriminalität oder in der Verbesserung der urbanen Infrastruktur. Dennoch bleibt der Zugang zu ökonomischen Ressourcen, zur Basisversorgung und zum urbanen Raum sehr ungleich verteilt. Bereits in der Kolonialzeit regte sich in Guayaquil dagegen passiver Widerstand. Viele Jahrhunderte lang galt die Hafenstadt als Schmuggler-Hochburg. Früher wurde Kakao geschmuggelt, heute Lebensmittel, Treibstoff, Hehlerware und Drogen. Man spricht in Guayaquil stolz von der „viveza criolla“, einer vermeintlichen Anpassungsstrategie in Lateinamerika. Sie steht für das „Zurechtkommen“ in Phasen des Mangels, in politischen oder ökonomischen Krisen. Man weiß sich zu helfen, auch auf Kosten anderer, weil es oft nicht genug für alle gibt. Dies ist eine Einstellung, die sich interessanterweise durch alle Bevölkerungsschichten zieht. Die „Anderen“ sind in Guayaquil etwa die herrschenden Eliten, die politischen Machthaber, aber auch immer wieder die Bürokraten in der Hauptstadt Quito. So wird lokal gedacht, in Konkurrenz zueinander. Und selbst eine Notlage wie die Corona-Pandemie wird politisch in Szene gesetzt und zum eigenen Vorteil genutzt.

In Guayaquil lebt der weitaus größte Teil der knapp 3 Millionen Einwohner*innen beengt in den städtischen Randgebieten. Dort sind die Gesundheitseinrichtungen spärlich und überlaufen, es gibt oft nur ungenügende Abwasserversorgung, keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser. Die Luftverschmutzung ist hoch. Seit einigen Jahren gibt es Metrobuslinien, die die Randgebiete mit dem Zentrum verbinden, aber die Busse sind überfüllt. Viele Bewohner*innen der Randgebiete arbeiten im Zentrum, in der Service-Infrastruktur der reicheren Stadtteile oder im informellen Sektor. Die fehlenden finanziellen Rücklagen und der mangelnde Raum in den Vorstädten erlauben es nicht zu Hause zu bleiben – trotz Ausgangssperren. Soziale Distanzierung ist kaum möglich. Staatlich-getragene Sozialabsicherung existiert nicht. Diese Notlage verschärft sich seit Jahren, auch durch unkontrollierte Zuwanderung aus dem benachbarten Venezuela. Ganze Viertel sind in Guayaquil durch Schmugglerbanden und Kriminalität gezeichnet. Die Polizei und andere Behörden sind nicht selten in illegale Machenschaften verwickelt oder gänzlich machtlos. Die Bevölkerung hat kein Vertrauen in die Institutionen oder kann die Regeln schlicht nicht befolgen. So können Maßnahmen zur Viruseindämmung nicht zügig und zielgerichtet getroffen werden. Testkapazitäten sind nicht vorhanden. Und auch Kontrollen und Sanktionen sind nicht umsetzbar.

Der Fall Guayaquil führt uns vor Augen, dass die Marginalisierung großer Teile der Gesellschaft eben diese Gesellschaft als Einheit destabilisiert. Marginalisierte Menschen stecken sich mit größerer Wahrscheinlichkeit an. Durch gesundheitliche Belastungen wie Umweltverschmutzung oder Vorerkrankungen sind schwere Krankheitsverläufe häufiger. Durch die Überlastung des Gesundheitssystems sterben Patienten nicht nur am Virus, sondern auch an der medizinischen Unterversorgung. Epidemien sind viel schwerer beherrschbar.

Starre Machtstrukturen verhindern bisher ein Überdenken des Status quo. In Guayaquil sehnt man sich in lokalen Medien nach einem „starken Mann“ wie Vicente Rocafuerte. Der machte sich 1842 als Gouverneur durch sein beherztes Eingreifen in der Gelbfieber-Epidemie in Guayaquil einen Namen an den man sich gerade heute wieder erinnert. Genau das Gegenteil wird aber wohl langfristig erfolgreich sein. Die ungleiche Verteilung von Ressourcen in Guayaquil spiegelt Jahrhunderte globaler, einseitiger Wirtschaftsstrategien wider. Vereinzelte entwicklungspolitische Projekte und Kredite werden die so entstandenen Abhängigkeiten kaum lösen. Ein tiefgreifendes Umdenken hin zu gesellschaftlichem Gemeinwohl und ausgeglichenerem Zugang zu Ressourcen könnte der globalen Staatengemeinschaft aber trotzdem nützen. So ist jede Gemeinschaft nur so stark, wie ihr schwächstes Mitglied. Dies verdeutlicht Guayaquil und formuliert es als Anspruch an unsere Weltgesellschaft.

Anne-Katrin Broocks ist Doktorandin am Leibniz Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen und ist vor wenigen Wochen von ihrer 8-monatigen Feldforschung aus Guayaquil, Ecuador, zurückgekehrt. Sie beschäftigt sich aus wissenssoziologischer Perspektive mit der Frage, wie Mangroven im Golf von Guayaquil vom 19. Jahrhundert bis heute Bedeutung zugeschrieben wurde, und wie dadurch die Nutzung von Mangrovengebieten beeinflusst wird. In ihrer Arbeit wird sie von Anna-Katharina Hornidge betreut.

Anna-Katharina Hornidge ist Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) und zugleich Professorin für Globale Nachhaltige Entwicklung an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

The French response to the Corona Crisis: semi-presidentialism par excellence

Thu, 05/07/2020 - 07:28

This blog post analyses the response of the French government to the Coronavirus pandemic. The piece highlights how the semi-presidential system in France facilitates centralized decisions to manage the crisis. From a political-institutional perspective, it is considered that there were no major challenges to the use of unilateral powers by the Executive to address the health crisis, although the de-confinement phase and socio-economic consequences opens the possibility for more conflictual and opposing reactions. At first, approvals of the president and prime minister raised, but the strict confinement and the reopening measures can be challenging in one of the European countries with the highest number of deaths, where massive street protests, incarnated by the Yellow vests movement, have recently shaken the political scene.

Die Entwicklungsforschung muss die Arbeitsbedingungen für lokale Partner verbessern

Wed, 05/06/2020 - 10:40

Mit Nachdruck wird nach politischen Lösungen für die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung im globalen Süden gesucht. Ironischerweise bauen die damit verbundenen Forschungsprojekte häufig auf existierenden Machtgefällen auf, die unsichere Arbeitsbedingungen begünstigen können und somit selbst gegen das Ziel „menschenwürdige Arbeit“ (SDG 8) verstoßen.

Die globale Architektur von Entwicklungsforschungsprojekten bewegt sich häufig auf drei Ebenen: Forscher im globalen Norden, Eliten im globalen Süden und lokale Wissenschaftler. Forschungsinstitute aus dem globalen Norden stellen dabei häufig die Mittel bereit und arbeiten mit den lokalen Eliten aus dem globalen Süden zusammen. Diese wiederum beauftragen lokales Personal mit der Durchführung der eigentlichen Datenerhebung oder Forschungsarbeit. Zwischen den drei Ebenen wird ein erhebliches Machtgefälle deutlich, wenn man den Beitrag zum Forschungsdesign einerseits und die aktive Beteiligung an der Feldforschung andererseits betrachtet. Statt sich auf das Wissen und die Erfahrungen der lokalen Wissenschaftler*innen zu stützen, werden diese häufig in die Rolle von Forschungsassistent*innen gedrängt und bei den endgültigen Forschungsergebnissen kaum gewürdigt. Da die Mitglieder der oberen zwei Forschungsebenen im Feld häufig nicht physisch zugegen sind, besteht die Gefahr, dass ihre Studiendesigns lokale Realitäten nur unzureichend berücksichtigen. Daraus resultiert, dass die entwicklungsorientierte Forschung zu unangemessenen Arbeitsbedingungen der lokalen Forschungsteams beiträgt und so die Grundsätze von SDG 8 untergräbt.

Menschenwürdige Arbeit und ihre Auswirkungen auf das Wohlergehen des Forschungsteams

Menschenwürdige Arbeit impliziert, dass am Arbeitsplatz Freiheit, Gleichheit, Sicherheit und Menschenwürde gefördert, geschützt und menschenwürdige und produktive Arbeitsbedingungen geboten werden. In der Realität sind die Arbeitsbedingungen des Forschungspersonals im globalen Süden davon häufig weit entfernt. Da die Entwicklungsforschung zunehmend aus dem Entwicklungshilfehaushalt finanziert wird, wächst der Druck auf die Forschung, möglichst schnell Ergebnisse zu liefern. Doch die engen Zeitpläne entsprechen manchmal nicht der lokalen Wirklichkeit. Um Termine einzuhalten, wird also nicht selten weit über die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus gearbeitet. Lange Arbeitstage bergen jedoch ein erhöhtes Risiko, vor allem wenn Befragungen in prekären Wohngebieten durchgeführt und teure Geräte zur Datensammlung mitgeführt werden.

Um knappen Budgets und der Kurzfristigkeit vieler Projekte Rechnung zu tragen, werden lokale Interviewer und Dolmetscher häufig nur befristet und ohne Sozialversicherung beschäftigt. Dies ist besonders in der aktuellen COVID-19-Situation problematisch. Forschungsmitarbeiter*innen müssen sich gewissermaßen zwischen mehreren Monaten Arbeitslosigkeit wegen verzögerter oder ganz abgesagter Feldforschung und Datenerhebungsaufträgen mit erhöhtem Risiko entscheiden. Auch in formellen Anstellungsverhältnissen reicht das Gehalt der lokalen Kräfte häufig gerade aus, um die Kosten der Grundversorgung zu decken. Durch die Komplexität des Forschungskontextes vor Ort kommt es jedoch häufig zu unvorhergesehenen Problemen, beispielsweise wenn schlechte Straßen längere Reisezeiten verursachen. Noch schlimmer ist, dass unsichere Transportmittel und Infektionsgefahren die Belastung für das lokale Forschungspersonal erhöhen.

Bei Untersuchungen zu sensiblen Themen wie rassistisch motivierter oder geschlechterbasierter Gewalt bringt unzureichende Vorbereitung das lokale Forschungspersonal in erhebliche Gefahr. So ist zum Beispiel das Risiko geschlechterbasierter Gewalt für weibliche Forscherinnen aufgrund der patriarchalen Strukturen in manchen Ländern größer. Trotz solcher Gefahren sind Kurzzeiteinsätze für lokale Forschungsmitarbeitende attraktiv, weil daraus neue Kontakte entstehen können, man etwas lernen kann, und nicht zuletzt, weil es nur begrenzt Alternativen gibt.

Wir können das besser

Die Entwicklungsforschung selbst verstärkt die unangemessenen Arbeitsbedingungen, die das Wohlergehen der lokalen Forscherinnen und Forscher beeinträchtigen. Aufgrund der bestehenden hierarchischen Struktur müssen die beiden oberen Ebenen die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Arbeitsbedingungen verbessert und der wertvolle Beitrag der lokalen Forschenden angemessen honoriert wird. Im Hinblick auf die Strukturierung von Forschungsprozessen besteht also mittelfristig ein Bedarf an einem Paradigmenwechsel. Die Finanzierungsträger und die Forschungspolitik müssen mehr Unterstützung für die Überwindung dieser tief verankerten Hierarchien bereitstellen. Hierunter fällt, einen weiteren beiderseitigen Kapazitätsaustausch und die Leitung von Forschungsvorhaben durch Wissenschaftler*innen aus dem globalen Süden zu einer Priorität zu machen. Darüber hinaus sollten bei Forschungsanträgen strengere Kriterien für die Arbeitsbedingungen gelten. Auf diese Weise könnten menschenwürdige Arbeitsbedingungen im Sinne von SDG 8 für alle gewährleistet werden. Andernfalls läuft die Entwicklungsforschung Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Ananya Chakraborty ist Postdoktorandin und forscht zu den Themen SDGs, Migration und Geschlechtergleichheit am Tata Institute of Social Sciences. Im Jahr 2019 war sie Teilnehmerin der Managing Global Governance Akademie des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE).

Lennart Kaplan ist Assoziierter Wissenschaftler am DIE. Gemeinsam mit Jana Kuhnt (DIE) und Janina Steinert (TUM München) arbeitet er an einem Projekt zur Ethik in der Entwicklungsforschung, das die ethischen Herausforderungen untersucht, mit denen sich lokale und internationale Forschungsmitarbeiter bei der Durchführung von Untersuchungen im Zielland konfrontiert sehen.

Universal basic income: social transfers stabilise aggregate demand

Wed, 05/06/2020 - 00:12

The Covid-19 crisis is a good opportunity to test models of a universal basic income (UBI). They can prevent poverty and stimulate recession-hit economies at the same time.

Asegurar el acceso equitativo a las vacunas y tratamientos de COVID-19

Mon, 05/04/2020 - 15:41

El mundo espera con impaciencia una vacuna y los tratamientos necesarios para contener las consecuencias humanas, sociales y económicas de la pandemia COVID-19. Pero, ¿cómo se puede garantizar un acceso asequible a las innovaciones médicas, una vez que se encuentren soluciones eficaces y seguras? ¿Y cómo podemos evitar que los gobiernos poderosos aseguren vacunas y medicamentos para sus propios ciudadanos, mientras que los países más pobres quedan al margen? El Gobierno de Costa Rica ha propuesto a la OMS que encabece un esfuerzo mundial para aunar los derechos intelectuales sobre las tecnologías para la detección, prevención, control y tratamiento del Covid-19. La propia Costa Rica está trabajando en soluciones para el tratamiento de Covid-19, basado en el uso de plasma sanguíneo.

El derecho a la salud (artículo 25 de la Declaración Universal de Derechos Humanos) da derecho a las personas a recibir los bienes y servicios necesarios para asegurar un nivel decente de atención médica y sanitaria. En la actualidad se refiere al acceso a vacunas, medicamentos, dispositivos (máscaras protectoras) y equipo de tratamiento (ventiladores) en el context de COVID-19. Sin embargo, el gasto sanitario per cápita varía mucho entre los países. En 2017, era de más de 5.000 dólares en Alemania, pero sólo de 69 dólares en la India, 31 dólares en Malí y 25 dólares en Etiopía. Es evidente que muchos Estados no están en condiciones financieras de hacer efectivo el derecho a la salud, pero necesitan apoyo internacional para hacerlo.

Existe una clara tensión entre el derecho humano a la salud y la lógica de la innovación médica, sobre todo, si la última es producto de importantes inversiones en investigación y desarrollo. En principio, cualquier pequeño laboratorio financiado con fondos públicos en cualquier parte del mundo podría hacer un descubrimiento, que conduciría a una innovación crucial. Los inventores se verían entonces recompensados principalmente por su reputación académica, y su innovación podría ser fácilmente llevada al dominio público mundial. Las compañías farmacéuticas de todo el mundo podrían entonces producir vacunas y medicamentos en las cantidades requeridas. Sin embargo, es más probable que las invenciones se produzcan en laboratorios privados del Norte global, ya que sigue habiendo una división muy pronunciada entre el Norte y el Sur en materia de investigación para la salud. En 2009 (últimos datos disponibles), agentes públicos y privados invirtieron globalmente 240.000 millones de dólares en investigación en salud, el 89% en países de altos ingresos. Los países de la OCDE reunen las tres cuartas partes de todos los ensayos clínicos en medicamentos. El sector privado representa el 60% de la investigación en salud.

Podemos debatir la dimensión ética de la obtención de ganacias en el area de la salud, pero la  investigación indica claramente que las perspectivas de obtener beneficios aceleran la innovación. La competencia entre las empresas de tecnología médica puede reducir los costos siempre que se eviten los monopolios. El desarrollo de medicamentos es -en condiciones normales- un negocio a largo plazo (10-15 años) y arriesgado: Según el tipo de medicamento y el proceso de aprobación, sólo entre el 7 y el 45% de todos los medicamentos que entran en la fase de ensayo clínico reciben la aprobación para su comercialización. Por lo tanto, el principal desafío es mantener los incentivos para la investigacaión médica privada, sin dejar a nadie atrás, una vez que se hayan encontrado soluciones eficaces y seguras.

Abogados de la salud e investigadores de todo el mundo elogan la iniciativa de Costa Rica. Puede permitir a los fabricantes de medicamentos genéricos fabricar y vender sus productos a precios mucho más bajos que los que podrían cobrarse en la actual crisis médica mundial. Medicines Patent Pool (MPP), fundado en 2010 por UNITAID, puede servir de modelo para la propuesta. Titulares públicas y privadas de patentes asignaron 18 licencias de medicamentos de alto impacto a MPP, quién a la vez concedió sublicencias a 24 fabricantes (por ejemplo, en la India y Sudáfrica) para que produjeran y distribuyeran versiones genéricas de bajo costo de los medicamentos en 136 países.

Un modelo similar puede funcionar para la vacuna y tratamientos contra COVID-19. Las grandes empresas podrían estar dispuestas a conceder voluntariamente licencias de sus patentes a MPP o UNITAID, teniendo en cuenta el sufrimiento humano y las pérdidas económicas debidas a la pandemia. La compañía israelí Medtronic recientemente puso al dominio público global las especificaciones de diseño completas y los códigos de software de su ventilador portátil. Si otras empresas dudan en seguir este ejemplo, arriesgarían su reputation. Incluso si hubiera que pagar por la licencia de los farmacéuticos, esto podría ocurrir a un precio razonable, si se negocia a gran escala y a nivel multilateral.

Andreas Stamm, German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Jeffrey Orozco, Centro Internacional de Política Económica para el Desarrollo Sostenible

Versión alemana

Versión inglesa

Für einen gerechten Zugang zu Impfstoffen und Therapien gegen COVID-19

Mon, 05/04/2020 - 12:28

Die Welt wartet ungeduldig auf einen Impfstoff und Therapien, die die Folgen der COVID-19-Pandemie eindämmen können. Doch wie lässt sich ein bezahlbarer Zugang zu medizinischen Innovationen sicherstellen, wenn erst einmal wirksame und sichere Lösungen gefunden sind? Und wie können wir verhindern, dass sich starke Regierungen Impfstoffe und Medikamente für ihre Bürgerinnen und Bürger sichern, während ärmere Länder leer ausgehen? Die costa-ricanische Regierung hat der WHO vorgeschlagen, eine globale Initiative zu starten, um die Urheberrechte an den Technologien zu bündeln, die für die Erkennung, Prävention, Kontrolle und Behandlung von COVID-19 geeignet sind. Costa Rica selbst forscht an Therapieansätzen, basierend auf der Nutzung von Blutplasma.

Das Recht auf Gesundheit - Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte - gibt dem Einzelnen das Recht, die Leistungen vom Staat zu erhalten, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Standards bei der medizinischen Versorgung erforderlich sind. Dies gilt aktuell für den Zugang zu Impfstoffen, Medikamenten, Hilfsmitteln (Schutzmasken) und Ausrüstungen (Beatmungsgeräte) zur Bekämpfung von COVID-19. Jedoch sind die jährlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf der Bevölkerung von Land zu Land sehr unterschiedlich. Im Jahr 2017 betrugen sie in Deutschland mehr als 5.000 US-Dollar, aber nur 69 US-Dollar in Indien, 31 US-Dollar in Mali und 25 US-Dollar in Äthiopien. Es ist also offensichtlich, dass viele Staaten finanziell nicht in der Lage sind, das Recht auf Gesundheit zu gewährleisten, sondern dafür internationale Unterstützung benötigen.

Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Menschenrecht auf Gesundheit und der Logik medizinischer Innovation, insbesondere, wenn diese auf bedeutenden Investitionen in Forschung und Entwicklung basieren. Im Prinzip könnte jedes kleine öffentlich finanzierte Labor irgendwo auf der Welt eine Entdeckung machen, die zu einer entscheidenden Innovation führt. Die Erfinder würden dann vor allem durch akademische Reputation belohnt, und ihre Innovation könnte global öffentlich zugänglich werden. Pharmaunternehmen auf der ganzen Welt könnten dann Impfstoffe und Medikamente in erforderlichen Mengen herstellen. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass Erfindungen in privaten Labors im Globalen Norden gemacht werden, da es im Bereich der Gesundheitsforschung und -entwicklung immer noch ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle gibt. Im Jahr 2009 (jüngste verfügbare Daten) investierten öffentliche und private Akteure weltweit 240 Milliarden US-Dollar in die Gesundheitsforschung; 89 Prozent davon in Ländern mit hohem Einkommen. Drei Viertel aller klinischen Studien zu Arzneimitteln finden in OECD-Ländern statt. Auf den privaten Sektor entfallen 60 Prozent der weltweiten Gesundheitsforschung und -entwicklung. Wir mögen über die ethische Dimension von Profitstreben im Gesundheitssektor diskutieren, aber die Forschung zeigt, dass Gewinnaussichten Innovationen beschleunigen. Wettbewerb zwischen Unternehmen kann Kosten senken, solange Monopole vermieden werden. Die Entwicklung von Arzneimitteln ist – unter normalen Bedingungen – ein langfristiges (10-15 Jahre) und risikoreiches Geschäft: Je nach Art des Medikaments und des Zulassungsverfahrens erhalten nur zwischen 7 Prozent und 45 Prozent aller Medikamente, die in die klinische Erprobungsphase eintreten, eine Marktzulassung. Die Herausforderung besteht also darin, Anreize für private medizinische Forschung und Entwicklung beizubehalten und zugleich niemanden auszuschließen, wenn wirksame und sichere Lösungen gefunden worden sind.

Gesundheitsjuristen und Forscher aus der ganzen Welt haben die Initiative Costa Ricas begrüßt. Sie könnte Generikahersteller in die Lage versetzen, ihre Produkte zu wesentlich niedrigeren Preisen herzustellen und zu verkaufen, als in der gegenwärtigen globalen Gesundheitskrise verlangt werden könnten. Der 2010 von UNITAID gegründete Medicines Patent Pool (MPP) kann als Vorbild für den Vorschlag dienen. Öffentliche und private Patentinhaber haben 18 Lizenzen für hochwirksame Medikamente an den MPP vergeben. Dieser hat 24 Herstellern (z.B. in Indien und Südafrika) Unterlizenzen für die Produktion und den Vertrieb von kostengünstigen Generika in 136 Ländern erteilt.

Ein ähnliches Modell kann für COVID-19-Impfstoffe und Medikamente funktionieren. Angesichts des menschlichen Leids und der wirtschaftlichen Verluste durch die Pandemie könnten Unternehmen bereit sein, ihre Patente dem MPP oder UNITAID unentgeltlich zu überlassen. Die israelische Firma Medtronic hat kürzlich die vollständigen Konstruktionsspezifikationen und Software-Codes ihres tragbaren Beatmungsgeräts für jedermann zugänglich gemacht. Sollten andere Unternehmen zögern, diesem Beispiel zu folgen, riskierten sie ihre internationale Reputation. Selbst, wenn für die Lizenzierung von entsprechenden Innovationen bezahlt werden müsste, könnte dies zu einem vernünftigen Preis geschehen, wenn auf multilateraler Ebene verhandelt wird.

Andreas Stamm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsprogramms "Transformation der Wirtschafts- und Sozialsysteme" am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE ).

Jeffrey Orozco ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centro Internacional de Política Económica para el Desarrollo Sostenible (CINPE).

Dieser Text ist Teil einer Sonderreihe unseres Formats Die aktuelle Kolumne, die die Folgen der Corona-Krise entwicklungspolitisch und sozioökonomisch einordnet. Sie finden die weiteren Texte hier auf unserer Überblicksseite.

International (development) cooperation in a post-COVID-19 world: a new way of interaction or super-accelerator?

Mon, 05/04/2020 - 10:49

The outbreak of COVID-19 as a global health emergency and the resulting socio-economic crisis is testing global structures of cooperation. The challenges give rise to new forms and expressions of transnational solidarity. The UN Secretary-General titled one of his articles on COVID-19 “We will come through this together” – reminding us that no country can tackle this issue alone and cooperation is crucial for addressing existing challenges. In April 2020, UNDP Seoul Policy Centre held a series of webinar discussions where representatives from think tanks around the world presented their views on what to expect in the area of international (development) cooperation after the pandemic. This blog post, while not intending to represent the views either of our panellists or of UNDP, is informed by the discussion at those webinars.

With or without you: how the G20 could advance global action toward climate-friendly sustainable development

Sat, 05/02/2020 - 10:00

With a collective responsibility for 80% of global greenhouse gas emissions, while representing 80% of global wealth, it is imperative that the countries of the G20 throw their weight behind the implementation of both the Paris Climate Agree-ment and the 2030 Agenda for Sustainable Development. In the past, the G20 has demonstrated that it can do that. The G20 Summit in November 2015 in Antalya, Turkey, provided strong support for the climate agreement signed a month later at the UN Climate Change Conference (COP21) in Paris. In 2016 in Hangzhou, China, the G20 adopted an Action Plan on the 2030 Agenda for Sustainable Development and committed to “further align its work” with the 2030 Agenda. Even though both agendas have emerged in the multilateral context of the United Nations system, the G20 is expected to exert strong political leadership to address global climate change and to achieve sustainable development.
Yet, since 2017 the G20 has struggled to provide such leadership, as support for multilateral commitments, especially those involving ambitious climate actions, appears to be fading. Crucially, opposition to strong multilateral climate policy in the US and Brazil resorts to outright climate denialism at the highest levels of government. These developments are challenging the G20, and BRICS and the G7 for that matter, to sustain support for multilateral commitments on climate and sustainable development. The rise of populist and unilaterally minded parties in European club members may further the risk of side-lining climate and sustainability-related issues in the G20 process. This does not bode well at a time when the G20’s support could be a vital ingredient for the success of the United Nations’ summits on climate action and sustainable development, both scheduled to convene in New York in September 2019 – less than three months after the Osaka G20 Summit in Japan.
Following our analysis, we identify four ways forward that should be conducive to harnessing the G20’s economic weight and political clout to push more ambitious global action towards climate-friendly sustainable development, in spite of apparent discrepancies between domestic agendas and global understandings:

Strive for strong political declarations in support of the multilateral commitments on climate and sustainable development. Yet, focus at the same time on advancing specific issue-centred initiatives that are palatable to domestic audiences and compatible with the objectives of the Paris Agreement and 2030 Agenda, without framing them as “climate policy” or “sustainability policy”.

Embrace non-state and subnational actors as strategic partners to safeguard continuity in times of antagonistic member governments and volatile policies, as well as to build capacities and strengthen implementation of pertinent policies. The so-called G20 Engagement Groups representing business, labour, civil society, women and think tanks are key partners in this respect.

G20 workstreams should strive to co-produce specific climate- and sustainability-related initiatives across G20 workstreams as a means to overcome policy silos and to increase ownership and uptake beyond the “usual suspects”.
The Think20 (T20) should concentrate – rather than further expand – pertinent expertise and policy advice to leverage crosscutting action by G20 workstreams. Furthermore, detaching its working approach from the official G20 calendar could improve its ability to inform strategic agenda setting.

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