Die heutige Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) und die getroffenen geldpolitischen Beschlüsse kommentiert DIW-Präsident Marcel Fratzscher wie folgt:
Christine Lagarde hat ihre erste Pressekonferenz als EZB-Präsidentin mit Bravour gemeistert. Sie zeigt Führungsstärke und eine klare Vision für die kommenden Jahre. Sie hat eine Evaluierung der geldpolitischen Strategie der EZB angekündigt und fordert einige der Kritiker der EZB heraus. Ihre Ankündigung, Klimaschutz und Ungleichheit explizit als Zentralbank mit zu berücksichtigen, hat ihr auch Widerspruch eingebracht. Ihre größte Herausforderung wird sein, den zerstrittenen EZB-Rat wieder zu einen und eine gemeinsame Kommunikation der geldpolitischen Entscheidungen zu ermöglichen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Mitglieder des EZB-Rates nun disziplinierter verhalten und die Notwendigkeit der expansiven Geldpolitik geeint in die Öffentlichkeit tragen. Das Festhalten am bisherigen geldpolitischen Kurs war zu erwarten und ist richtig. Die europäische Wirtschaft befindet sich nach wie vor in einer außergewöhnlich schwierigen Lage. Die Risiken durch Handelskonflikte, Brexit und hausgemachte Probleme in den einzelnen Mitgliedsländern haben zur Folge, dass der wirtschaftliche Ausblick für 2020 und 2021 enorm unsicher bleibt. Gerade für Deutschland sind die wirtschaftlichen Risiken besonders groß. Der wirtschaftliche Ausblick hängt stark von einer gemeinsamen Reaktion Europas auf die globalen Herausforderungen ab. Die EZB verfehlt nach wie vor ihr Ziel der Preisstabilität und hat klar signalisiert, dass sie auf längere Zeit an dem geldpolitischen Kurs festhalten wird. Ich erwarte, dass wir frühestens in zwei bis drei Jahren einen Anstieg der Leitzinsen sehen werden.Schwächephase in der Industrie hält an – Konsum der privaten Haushalte stützt Wirtschaft – Langfristiges Investitionsprogramm der öffentlichen Hand notwendig, um Standort Deutschland attraktiver zu machen und den Folgen des demografischen Wandels zu begegnen
Die deutsche Wirtschaft steht weiterhin auf wackeligen Füßen. Die Produktion der Industrieunternehmen ist bis zuletzt deutlich gesunken. Der nach wie vor unklare Verlauf des Brexit und die nicht gelösten weltweiten Handelskonflikte sorgen für Verunsicherung. Die Ursachen für den stotternden Konjunkturmotor sind allerdings nicht nur extern, sondern zumindest teilweise auch hausgemacht: Die für die deutsche Wirtschaft wichtige Automobilindustrie steht vor großen Umbrüchen – neben dem Wandel hin zur Elektromobilität sind viele Hersteller auch mit der Frage konfrontiert, wie wettbewerbsfähig der Produktionsstandort Deutschland noch ist. Dessen Qualität hat in den vergangenen Jahren auch darunter gelitten, dass der Staat nicht ausreichend investiert hat.
Zwar steckt die öffentliche Hand bis zum Jahr 2021 wohl zusätzlich rund 18 Milliarden Euro unter anderem in Infrastruktur und Bildung – allerdings fehlt es nach wie vor an einem länger angelegten Investitionsprogramm, das Kontinuität verspricht und das Wachstumspotential der deutschen Wirtschaft nachhaltig erhöht. Kurzfristig sind es vor allem die privaten Haushalte, die die deutsche Wirtschaft zumindest einigermaßen am Laufen halten. Die Löhne nehmen zu, die Inflation ist moderat und die Schwäche der Industrie hat bisher keine tiefen Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Deshalb hält das DIW Berlin für das laufende Jahr an seiner Wachstumsprognose vom Herbst in Höhe von 0,5 Prozent fest.
Am 5. Dezember 2019 ehrte das DIW Berlin die diesjährigen AbsolventInnen des Graduate Centers, des BDPEMS und die Promovierten am DIW. In einer Feierstunde gratulierte DIW-Präsident Marcel Fratzscher allen frisch gebackenen Promovierten und GC Vize-Dekan Carsten Schröder überreichte die Urkunden. Umrahmt wurde das Programm von Benedikt Bindewald (Violine) und Tabea Schrenk (Violoncello).
Hintere Reihe (v.l.n.r.): Vera Zipperer, Tatsiana Kliatskova, Jakob Miethe, Martin Bruns, Dawud Ansari und Kerstin Bernoth, Marcel Fratzscher und Carsten Schröder;
Vordere Reihe (v.l.n.r.): Sophia Schmitz, Cortnie Shupe, Mila Staneva, Olga Spiridonova, Pauline Affeldt mit zwei Betreuern, Helmut Lütkepohl und Klaus Eisenack.
Foto: Florian Schuh/DIW Berlin
Herzliche Gratulationen gehen auch an alle AbsolventInnen, die nicht in Berlin teilnehmen konnten: Daniel Bierbaumer, Khalid ElFayoumi, Stefan Etgeton, Thore Schlaak, Julia Schmieder, Ulrich Schneider, Maria Metzing, Helke Seitz