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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 1 month 1 week ago

Zu viel Wirbel um Chinas neue Entwicklungsbank

Mon, 23/03/2015 - 10:47
Bonn, 23.03.2015. In der vergangenen Woche haben mehrere europäische Länder bekannt gegeben, dass sie sich an der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) beteiligen werden. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und andere Länder werden sich an einer Entwicklungsbank beteiligen, deren größter Anteilseigner China sein wird und deren Hauptsitz Peking ist. Das ist ein – wenngleich zunächst symbolischer – Schritt zu einer veränderten Struktur des multilateralen Finanzsystems. Aus der Verschiebung des weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Gewichts in Richtung Asien ergeben sich nun auch institutionelle Konsequenzen. Mit der Gründung dieser Bank sowie der New Development Bank (BRICS-Bank) in Shanghai setzt China Zeichen, dass es seine wirtschaftliche Stärke auch mit einer Führungsrolle in regionalen und plurilateralen Institutionen zum Ausdruck bringen will.

Die US-Regierung hat seit Monaten versucht, hinter den Kulissen Einfluss auf Ihre Verbündeten zu nehmen, um dies zu verhindern. Bei der Gründungszeremonie in Peking im Oktober 2014 traten jedoch bereits 21 asiatische Länder der Bank bei (nicht dabei: Japan, Südkorea und Australien). Die Zahl der Gründungsmitglieder wird sich durch die Beteiligung der Europäer jetzt rasch erhöhen und möglicherweise bald die Größenordnung der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) erreichen, die mit 67 Mitgliedsländern (davon 19 von außerhalb Asiens) und 162 Mrd. USD gezeichnetem Kapital Projekte in einer Größenordnung von jährlich 20 Mrd. USD finanziert. China hat zunächst ein gezeichnetes Kapital von 100 Mrd. USD für die AIIB vorgeschlagen. Da davon nur ein kleiner Teil – vielleicht nur 10 % – eingezahlt werden muss, kann sich dieser Betrag durch die Beteiligung der Europäer durchaus noch erhöhen. Die Gründung einer Entwicklungsbank ist einfach und nicht besonders teuer.

Man kann die Gründung der AIIB als Signal für das Ende der US-Hegemonie im internationalen System der Entwicklungsbanken interpretieren. Man kann diese Bankengründung allerdings auch als einen Schritt zur Normalisierung verstehen, nämlich hin zu einer stärkeren Regionalisierung der Entwicklungsfinanzierung. Auch Europa hat zwei plurilaterale Entwicklungsbanken: die Europäische Investitionsbank (EIB) in Luxemburg (28 Mitgliedsländer, 243 Mrd. € gezeichnetes Kapital, 70 Mrd. € jährliche Ausleihungen) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in London (64 Mitglieder, 30 Mrd. € gezeichnetes Kapital, 8,5 Mrd. € jährliche Ausleihungen). Die EBRD ist offen für nicht-europäische Mitglieder. Die USA, Japan, Südkorea halten Minderheitsanteile. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch China Anteile an der EBRD erwirbt, wie bereits bei der Afrikanischen und Interamerikanischen Entwicklungsbank geschehen. Die Regionalisierung ist also verbunden mit einer Offenheit gegenüber nicht-regionalen Mitgliedsländern, die ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen durch den Erwerb von Minderheitsanteilen zum Ausdruck bringen. Ein ganz normaler Vorgang also.

Die Regionalisierung bezieht sich dabei allerdings im Wesentlichen auf die Governance der Banken: Die Mehrheitsanteile und damit auch die entscheidenden Führungspositionen werden von regionalen Mitgliedern gehalten. Wer von Anfang an dabei ist, kann sich einen höheren Anteil sichern. Nicht-regionale Minderheitseigentümer sind in den Gremien vertreten und können versuchen, durch Bildung von Koalitionen und mit guten Argumenten Einfluss zu nehmen. Das Kapital für die Refinanzierung von Krediten kommt von den internationalen Kapitalmärkten. Da schon jetzt und in Zukunft noch mehr Kapitalüberschüsse in Asien erzeugt werden, liegt es auf der Hand, dass die Asiaten dies nicht nur in New York, London und Luxemburg investieren wollen.

Viel diskutiert wird die Frage der Standards für Kredite der AIIB. Vor allem die Europäer haben sich beeilt zu versichern, dass sie als Gründungsmitglieder auf hohe Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards bei den Projekten hinwirken werden, die von der AIIB finanziert werden. Wünschenswert wäre, dass die AIIB die Standards der Weltbankgruppe übernimmt, die schließlich von allen Mitgliedern der Weltbank, einschließlich Chinas, mitgetragen werden. Es wäre fatal, wenn die internationalen Entwicklungsbanken in diesem Bereich gegeneinander konkurrieren würden. Der nächste G20-Gipfel in der Türkei sollte hierzu ein klares Bekenntnis abgeben.
Die neue Bank wird aber aller Voraussicht nach die Umsetzung der Standards gegenüber der bestehenden Praxis der internationalen Entwicklungsbanken vereinfachen. Durch den Druck von Mitgliedsländern und von zivilgesellschaftlichen Organisationen sind die Kontrollverfahren der Entwicklungsbanken inzwischen so teuer und zeitaufwändig geworden, dass die Kredite zu langsam bewilligt werden und zu spät abfließen. Hier ist ohnehin eine Verlagerung von Kontrollen auf die Empfängerländer notwendig, wo durch öffentliche Einrichtungen und die Zivilgesellschaft die Umsetzung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards bei großen Investitionsprojekten eingefordert werden muss. Auch dies wäre ein Schritt zur Normalisierung, zu dem die AIIB beitragen kann.

Wasser und Entwicklung an grenzüberschreitenden Flüssen: Nachhaltige Entwicklung für alle Länder

Thu, 19/03/2015 - 09:30
Bonn, 19.03.2015. Den diesjährigen Weltwassertag am 22. März haben die Vereinten Nationen unter das Motto „Water and Sustainable Development – Wasser und nachhaltige Entwicklung“ gestellt. Der Weltwassertag soll daran erinnern, dass eine menschliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklung ohne Wasser nicht möglich ist – sei es für die Gesundheits- und Sanitärversorgung, die Nahrungsmittel- und Energieerzeugung oder die Industrialisierung. Grenzüberschreitende Flüsse und Entwicklung: Chancen nutzen Liegen mehrere Länder an einem Fluss, dürfen die Entwicklung und vor allem die Armutsbekämpfung eines Landes nicht auf Kosten der Nachbarländer gehen, die dieselbe Ressource nutzen. Anrainerstaaten müssen kooperieren und die Vorteile aus der Wassernutzung aufteilen. Nicht allen Anrainerstaaten gelingt es in gleicher Weise, die Ressource so zu nutzen, dass sie den Wohlstand ihrer Bevölkerung steigert. Ein Paradebeispiel ist der Nil, der längste Fluss der Welt. Er fließt durch elf Länder: Tansania, Ruanda, Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Uganda, Kenia, Äthiopien, Eritrea, Südsudan, Sudan und Ägypten. Die meisten stromaufwärts gelegenen Nil-Anrainerstaaten sind Länder mit einem niedrigen Entwicklungsgrad. So reicht der Bevölkerungsanteil ohne Zugang zu Elektrizität von 77% in Äthiopien bis 92% in Uganda. Nahezu 72% der äthiopischen Bevölkerung leben auf degradiertem Land, in Kenia sind es 31%, in Uganda 23%. Um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und die Nahrungsmittel- und Energieerzeugung zu steigern, haben vor allem Äthiopien, Sudan und Uganda in jüngster Vergangenheit Wasserkraft- und Bewässerungsprojekte im Nilbecken angeschoben. Derzeit sind in Äthiopien, aus dem 86% des Nilwassers stammen, 17 Staudämme in Planung oder im Bau, in der Mehrzahl an grenzüberschreitenden Flüssen. Der größte dieser Dämme ist der Grand Ethiopian Renaissance Dam am Blauen Nil. Bei seiner Fertigstellung 2017 wird er eine Kapazität von 6.000 Megawatt und eine Speicherkapazität von 74 Mrd. Kubikmetern haben. Äthiopien will mit diesen Projekten eine Vision verwirklichen: 2020-2023 will es zu den Ländern mit mittlerem Einkommen gehören. Doch die unilaterale Planung und Umsetzung von Projekten an grenzüberschreitenden Flüssen kann unerwünschte Folgen für die Unterlieger-Staaten haben. So kam ein internationales Expertengremium nach Prüfung des äthiopischen Vorhabens zu dem Schluss, dass der Damm, wenn der Stausee in der Trockenzeit gefüllt ist, die Wasserversorgung Ägyptens und die Stromerzeugung am Assuan-Staudamm beeinträchtigt. Das alarmierte die ägyptischen Behörden: Ägypten ist abhängig vom Nil, der mehr als 90% des Wasserbedarfs des Landes deckt. Hinzu kommen geplante städtische Umsiedlungsprojekte und die Erschließung neuer Ländereien, mit denen das Land seiner Wirtschaft nach vier Jahren der Instabilität wieder auf die Beine helfen will. Es bleibt abzuwarten, ob das Abkommen, das am kommenden Montag zwischen Ägypten, Sudan und Äthiopien zu GERD unterzeichnet wird - Einzelheiten wurden noch nicht veröffentlicht -, die negativen Auswirkungen des Projekts reduziert. Aber auch Ägypten, das jetzt Äthiopien wegen der einseitigen Planung von Staudämmen kritisiert, hat in der Vergangenheit Projekte und Bewässerungssysteme durchgeführt, ohne sich mit den anderen Anrainerstaaten abzustimmen. Wenn man daraus ein Fazit ziehen will, dann dieses: Die Staaten müssen kooperieren und das Potenzial gemeinsam ausschöpfen, wenn man die Entwicklung aller Beteiligten sicherstellen will. Nachhaltige Entwicklung für alle Eine Kooperation von Anrainerstaaten ist nicht nur wichtig, damit alle Länder in einem Einzugsgebiet ihre Entwicklungsziele erreichen können. Sie können so auch gemeinsamen Herausforderungen begegnen. Hochrechnungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zufolge wird das Nilbecken bis 2025 immer mehr unter Trockenzeiten leiden, wobei die pro Person und Jahr zur Verfügung stehende Wassermenge unter 1.700 Kubikmeter fallen dürfte. Außerdem wird der Klimawandel den jährlichen Wasserdurchfluss des Nils zunehmend unkalkulierbar machen, was alle Sektoren betrifft, die auf sein Wasser angewiesen sind. Angesichts dieser Perspektiven empfiehlt es sich, gemeinsam geeignete Anpassungsmaßnahmen zu diskutieren und verstärkt umzusetzen. Internationale Geber und Organisationen wiederum sollten durch technische und finanzielle Unterstützung Anreize für Gemeinschaftsprojekte schaffen, die zur langfristigen Entwicklung beitragen – von Flüssen und Anrainerstaaten.
Rawia Tawfik ist derzeit Gastwissenschaftlerin am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

Die SDGs und Schuldentragfähigkeit: Ein inhaltsloses Versprechen?

Mon, 16/03/2015 - 08:00
Die Verhandlungspartner arbeiten daran, auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen Ende September 2015 eine neue Post-2015-Agenda mit universellen Zielen nachhaltiger Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs), zu verabschieden. Eine intergouvernementale Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen hat einen umfassenden Vorschlag von 17 Zielen und 169 Unterzielen für nachhaltige Entwicklung vorgelegt.
Bonn, 16.03.2015. Laut Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) sind aktuell ein Viertel der ärmsten Länder so hoch verschuldet, dass für sie ein erhöhtes Risiko einer Schuldenkrise besteht. Im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Landes gelten ihre Schulden als nicht „tragfähig“. Gemäß dem von der Open Working Group (OWG) der Vereinten Nationen vorgeschlagenen Unterziel 17.4 soll die internationale Gemeinschaft zukünftig, „mit einer koordinierten Politik im Bereich der Schuldenumstrukturierung die Entwicklungsländer dabei unterstützen, langfristig Schuldentragfähigkeit zu erreichen…“. Damit knüpft dieses Unterziel des 17. SDGs (Stärkung der Umsetzungsmittel und Wiederbelebung der globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung) an die von den Vereinten Nationen durchgeführten Initiativen zur Umstrukturierung von Staatsschulden sowie zur verantwortlichen Kreditvergabe und Kreditaufnahme an. In der Vergangenheit hat sich eine mangelnde Schuldentragfähigkeit als zentrales Entwicklungshemmnis erwiesen. Stark verschuldete Länder haben beispielsweise ihre Sozialausgaben und Investitionen in Infrastruktur wegen der hohen Schuldendienstzahlungen oft drastisch kürzen müssen. Bisherige ad-hoc-Entschuldungsinitiativen für Entwicklungsländer in den letzten zwei Dekaden haben die Verschuldung zwar erheblich gesenkt, aber die Schuldenproblematik nicht grundsätzlich gelöst. Ein aktuelles Beispiel hierfür aus den Reihen der Industrieländer stellt Griechenland dar, wo die Sozialausgaben massiv zugunsten der Schuldendienste gestrichen wurden. Allerdings benennt die Open Working Group keine Instrumente zur Vermeidung und Bewältigung von Schuldenkrisen. Als Antwort auf den OWG-Vorschlag legte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im September 2014 einen Synthesebericht vor. Darin wurde er hinsichtlich der Reform der Instrumente des Global-Debt-Governance-Systems etwas spezifischer. Der Generalsekretär hat ein informelles Forum für die Schulden souveräner Staaten vorgeschlagen. Aber hier bleibt auch der Generalsekretär sehr vage. Was heißt informelles Forum? Welche Aufgaben soll dieses Forum übernehmen? Nach dem derzeit bekanntesten Vorschlag von zwei Ökonomen des amerikanischen Think Tanks Centre for International Governance Innovation soll ein informelles „Sovereign Debt Forum“ als Beratungs- und Analyseplattform für Gläubiger und Schuldner dienen. Aber ist ein informelles Forum zur Behandlung von Schulden souveräner Staaten wirklich ausreichend, um Verschuldungskrisen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu verhindern und zu bewältigen? Nein, das hat auch die Griechenlandkrise gezeigt. Die Verschuldungskrise im Land der Akropolis hätte mit einem informellen Forum weder verhindert noch bewältigt werden können. Es fehlen also weitere Instrumente, um langfristig Schuldentragfähigkeit zu erreichen. Insbesondere sollte die Chance, nachhaltige Entwicklungsziele zu formulieren, dazu genutzt werden, die Prinzipien der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) für die verantwortliche staatliche Kreditvergabe und -aufnahme sowie die Idee eines Insolvenzverfahrens für Staaten zu fördern. Die UNCTAD-Prinzipien beinhalten eine freiwillige Selbstverpflichtung zur verantwortlichen Kreditvergabe an Staaten und Kreditaufnahme durch Staaten. Die Prinzipien sind allerdings rechtlich nicht bindend und es bleibt unklar, inwieweit ihre Umsetzung überprüft wird. Dagegen könnte ein Staateninsolvenzverfahren international verbindliche Regeln zur Bewältigung von Schuldenkrisen für alle Gläubiger schaffen. Die Notwendigkeit dafür haben die Klagen verschiedener Geier- und Hedgefonds in Sub-Sahara Afrika und Lateinamerika bewiesen. Diese Investoren kaufen die Wertpapiere zu einem sehr niedrigen Preis und klagen ihren höheren Nennwert dann ein. Beispielsweise hat der Rechtsstreit zwischen dem Hedgefonds NML Capital und dem argentinischen Staat im September 2014 die geordnete und gerechte Umstrukturierung der argentinischen Schulden verhindert. Vor diesem Hintergrund verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, auf deren Grundlage bis Ende 2015 ein rechtlicher Rahmen für die Restrukturierung von Staatsschulden ausgearbeitet werden soll. Die politische Umsetzbarkeit eines solchen Staateninsolvenzverfahrens erscheint derzeit begrenzt. Während insbesondere die G77-Staaten die UN-Resolution befürworteten, stimmten einflussreiche Länder wie die USA, Großbritannien und Deutschland dagegen. Dies könnte ein Grund dafür sein, weshalb der UN-Generalsekretär in seinem Synthesebericht zur Post-2015-Agenda lediglich ein informelles Forum vorschlägt. Zur Sicherstellung von Schuldentragfähigkeit ist es allerdings notwendig, konkrete Instrumente zur Vermeidung und Bewältigung von Verschuldungskrisen in den SDGs zu etablieren und zu überprüfen. Ansonsten bleibt dieses Unterziel ein inhaltsloses Versprechen.

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