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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 1 month 3 weeks ago

Addis Abeba: Die Quadratur des Kreises oder: Wie lässt sich Verantwortung in einer ungleichen Welt gemeinsam tragen

Mon, 20/07/2015 - 12:01
Bonn, Mexiko-Stadt, 20.07.2015. Die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba schloss mit einer Einigung in letzter Minute. Zu den umstrittensten Themen in Addis Abeba zählte die Frage: Wie ist die globale Verantwortung – auch die finanzielle – auf Industrie- und Entwicklungsländer zu verteilen? Vor allem die Rolle von Schwellenländern wie Brasilien, China, Indien, Mexiko oder der Türkei, die sich zunehmend in der Süd-Süd-Kooperation engagieren, wurde kontrovers diskutiert. Ein so breit angelegtes, ambitioniertes Programm wie die Post-2015-Agenda würde alle Länder zu starken Zusagen bewegen; so die Hoffnung. Am Ende jedoch verschlossen Industrie- und Schwellenländer die Augen – vor Verantwortung und Chancen.

Universelle Gültigkeit für eine Entwicklungsagenda – in alten Mustern und Rollen

2012 vereinbarten die UN-Mitgliedstaaten, die neue Agenda für nachhaltige Entwicklung am Grundsatz der „Universalität“ auszurichten. Universalität impliziert, dass sich Entwicklungs- wie Industrieländer ändern müssen. Sie zieht außerdem die klassische Nord-Süd-Dichotomie in Zweifel. Vor der Konferenz herrschte Einigkeit, dass in Addis Abeba auch die Finanzierung der neuen Nachhaltigkeitsagenda verhandelt werden sollte. So beharrte die EU darauf, eine universelle Agenda setze voraus, dass sich alle Akteure nach ihren Möglichkeiten beteiligen. Besonders die größeren Schwellenländer sollten mehr Verantwortung übernehmen und klare, messbare Zusagen machen.

Entwicklungs- und Schwellenländer sahen im Begriff „Lastenteilung“ jedoch einen rhetorischen Schachzug, der traditionellen Gebern einen Rückzieher aus ihren bisherigen Verpflichtungen ermöglichte. Für diese Interpretation sprach, dass viele Geber argumentieren, die Bedeutung von Entwicklungszusammenarbeit (EZ) schwinde und die Relevanz anderer Mittel, etwa Steuern, Rücküberweisungen und Beiträge des Privatsektors, nehme zu. Die jüngsten Kürzungen der Entwicklungsetats in einigen EU-Staaten untergruben zusätzlich die Glaubwürdigkeit der EU-Zusage, das 0,7 % Ziel bis 2030 zu erreichen.

Um sich nicht an einem, wie sie es nannten, „shameful burden sharing“ beteiligen zu müssen, präsentierten sich die großen Schwellenländer als typische Entwicklungsländer. Sie betonten, dass sie Teil der G 77 sind und die klassische Nord-Süd-Dichotomie noch greift. So konnten sie Industrieländer unter Druck setzen, Entwicklungsverpflichtungen zu erfüllen, ohne selbst Zusagen machen zu müssen. Schwellenländer bestehen zu Recht darauf, dass die Industrieländer ihre Verpflichtungen erfüllen. Doch sie haben sich unwillentlich einen Bärendienst erwiesen mit der Weigerung, ihre neue Rolle als aufstrebende Mächte anzunehmen und keinerlei Verpflichtungen zur Unterstützung ihrer ärmeren Nachbarn einzugehen.

Auf dem Weg zu einem Kompromiss

Einen Kompromiss zwischen den Positionen der G77 und der Industrieländer findet nur, wer anerkennt, dass das Konzept des Südens, das alle Entwicklungsländer umfasst, noch gilt: Alle Entwicklungsländer ringen mit Armut und anderen Entwicklungsproblemen. Ebenso ist jedoch anzuerkennen, dass zum Süden, anders als früher, auch eine Gruppe von Schwellenländern gehört, die wirtschaftlich stark genug sind, um gegenüber ärmeren Ländern differenzierte Verantwortung zu übernehmen. Dies meint Verpflichtungen je nach ihrem Leistungsvermögen, das nicht dem des Nordens gleicht.

Diesen Gedanken akzeptiert die G77 scheinbar und schlug vor, die „gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung“ (Common But Differentiated Responsibilities – CBDR) in das Ergebnisdokument von Addis Abeba aufzunehmen. Problematisch ist aber, dass mit CBDR für Entwicklungsländer – und damit auch für Schwellenländer – keine Pflichten verknüpft sind. Dieser politische Standpunkt wurde durch die doppelte Bedeutung von „responsibility“ gefördert: Responsibility kann „Verantwortung für Handlungen in der Vergangenheit“ und „Verpflichtung, zukünftig zu handeln“ bedeuten. Das jedoch birgt die Logik, wer sich für nicht verantwortlich in der Vergangenheit betrachtet, wird auch in der Zukunft keine Aufgaben übernehmen. So wurde der Begriff der CBDR in Klimaverhandlungen, wo er geprägt wurde, interpretiert. Industrieländer haben deshalb in Addis Abeba die Aufnahme von CBDR in Entwicklungszusammenarbeit blockiert.

Das Beharren auf der Nord-Süd-Trennung wird sich negativ auf die Weltgemeinschaft und die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) auswirken. Je länger die Schwellenländer die Übernahme globaler Verantwortung ablehnen und je mehr Industrieländer ihr Engagement reduzieren und Schwellenländer drängen, ihres hingegen zu erhöhen, umso unwahrscheinlicher wird die Verwirklichung der SDGs. Dass sich wichtige G7-Mitglieder deutlicher denn je vom 0,7 % Ziel distanzieren, hilft hier nicht.

Angesichts drängender globaler Entwicklungsprobleme, die niemanden verschonen, sollten alle Länder ein langfristiges Interesse daran haben, zusammenzuarbeiten. Falls CBDR jetzt politisch belastet ist, könnten sich Industrie- und Entwicklungsländer auf eine andere Formulierung einigen wie „differenzierte Verpflichtungen (oder Aufgaben?)“. Diesen Begriff akzeptierten 2011 alle Parteien des Busan-Gipfels zur Wirksamkeit der EZ.

Gerardo Bracho ist ein mexikanischer Diplomat. Ansichten von Herrn Bracho sind seine eigenen; sie sind nicht auf die mexikanische Regierung zurückzuführen.

Chinas Dilemma: Wie reformiert man das System von innen heraus?

Mon, 20/07/2015 - 10:14
Bonn, Würzburg, 20.07.2015. Man kann der im Januar 2015 angetretenen griechischen Regierung vorhalten, die Krise durch ihren Widerstand gegen weit gehende marktorientierte Reformen verschärft zu haben. Im Gegensatz dazu sind die jüngsten Turbulenzen an den chinesischen Aktienmärkten eher auf zu weit gehende Marktreformen zurückzuführen. In beiden Fällen werden wir die Folgen noch lange spüren. Seit Jahren betonen chinesische und ausländische Ökonomen, dass China ein neues Wachstumsmodell brauche, da das durch Export und Investitionen getriebene Modell nicht nachhaltig sei. Daher hofften viele Experten auf marktorientierte Reformen, zumal in der Ära von Wen Jiabao und Hu Jintao (2003-2013) der Staat in der Wirtschaft an Einfluss gewonnen hatte. Entsprechend genau wurden die personellen Entscheidungen analysiert, welche die Führung in Beijing auf dem 18. Parteikongress in 2012 und dem Nationalen Volkskongress in 2013 traf. Diese „Pekinologie“ war wichtig, um die wirtschaftspolitischen Intentionen der neuen Führung zu erahnen. Insgesamt deutete das neue Personaltableau auf ein Gleichgewicht zwischen marktorientierten Reformern und Staatskapitalisten hin, wobei nach Ansicht von Experten die Reformer – viele davon mit ausgewiesener Expertise und internationalem Ansehen – im Finanz- und Fiskalbereich dominierten. Daher wurde erwartet, dass hier mit ambitionierten Reformen zu rechnen sein würde. Diese Erwartung wurde bestätigt, als die Führung Ende 2013 eine umfangreiche Reformagenda beschloss, die Shanghaier Freihandelszone schuf, die Renminbi-Internationalisierung vorantrieb und später auch die Börsen von Shanghai und Shenzhen liberalisierte. Während andere Politikvorstöße nicht unbedingt mehr Markt versprachen (zum Beispiel die Zusammenlegung von Staatsunternehmen), war dies im Finanzsektor der Fall. Allerdings sahen sich die Reformer zwei Herausforderungen gegenüber: Erstens sank das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes. Xi Jinping führte deswegen das Mantra des „neuen Normalzustands“ ein. Dies besagt, dass die „Qualität“ des Wachstums wichtiger sei als die Quantität und dass niedrigeres Wachstum in Chinas aktueller Entwicklungsphase zu erwarten sei. Leider zweifelt die neue Führung selbst an diesem Mantra und verspricht seit Anfang 2015 sieben Prozent Wachstum. Dies zeigt, wie nervös sie angesichts des neuen Normalzustands ist. Zweitens wurden die Reformen von einer gnadenlosen Antikorruptionskampagne begleitet. Natürlich kann die Bekämpfung von Korruption ökonomische Reformen unterstützen. Da die Korruptionsbekämpfung aber durch die Partei organisiert wird, hat dies eher zu einer Lähmung der Wirtschaft geführt und sowohl Stimmung als auch Wachstum beeinträchtigt. In diesem Kontext haben die Marktreformer in der politischen Führung offenbar gehofft, dass expandierende Finanzmärkte gleich mehrere Probleme lindern könnten: die Verschuldung der Staatsunternehmen, die schwache Investitionsneigung der Privatunternehmen und die Schwäche der Konsumnachfrage. Um die Reformen voranzubringen, setzten die Reformer darauf, dass die Finanzmärkte die Wirtschaftsentwicklung ankurbeln könnten. Es ist anzunehmen, dass diese gewagte Wette von Anfang an auf einigen Widerstand stieß. Anfang 2015 deuteten sich die ersten Probleme an: Sobald die Börsenkurse stotterten, betonten Regierungs- und Parteimedien, dass der Aufwärtstrend anhalten werde. Diese Vorhersagen schienen den Finanzsektor zu unterstützen, gefährdeten aber tatsächlich die Marktreformen, da sie dazu anhielten, auf weitere – durch die Regierung gestützte – Kursgewinne zu setzen. Als die Aktienblase dann im Juni und Juli dieses Jahres platzte, verpuffte auch die Idee, dass marktorientierte Reformen über den Finanzsektor angestoßen werden könnten. Stattdessen griff die Regierung massiv in den Markt ein, um die Kurse an den Börsen zu stabilisieren. In der Folge ist vielfach auf die Verluste hingewiesen worden, die Kleinanleger durch diese Turbulenzen erlitten haben, und darauf, dass die Regierung das Vertrauen in Marktreformen erschüttert habe. Beides ist richtig, aber die eigentliche Tragödie liegt darin, dass die Marktreformer innerhalb der Regierungselite an Gesicht und Einfluss verloren haben. Sofern die Pekinologie in 2013 richtig lag und die Reformer innerhalb der neuen Führungsriege tatsächlich hofften, über den Finanzsektor weit reichende Marktreformen einzuleiten, so sind sie gründlich gescheitert, und zwar nicht nur aus Sicht der Kleinanleger oder internationalen Märkte, sondern insbesondere auch in den Augen ihrer Gegner in der chinesischen Regierung. Das wirft die Frage auf, wer noch in der Lage ist, das chinesische Wirtschaftssystem zu reformieren und ein neues Wachstumsmodell für China zu entwerfen. Die jüngsten Entwicklungen dürften leider jene Kräfte in der Regierung stärken, die am liebsten am bisherigen Modell festhalten wollen. Zumindest in naher Zukunft werden die Reformer in der Regierung Schwierigkeiten haben, weit reichende marktorientiere Reformen anzustoßen, egal ob innerhalb oder außerhalb des Finanzsektors.

Doris Fischer ist Professorin für China Business and Economics an der Universität Würzburg.

Addis Abeba: Die einmalige Gelegenheit

Mon, 13/07/2015 - 08:30
Bonn, 13.07.2015. Heute beginnt die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba. Sie bildet den Auftakt von drei Weltgipfeln zu Schlüsselfragen globaler nachhaltiger Entwicklung in nur sechs Monaten. Der Finanzierungsgipfel soll die Grundlage für die UN-Generalversammlung im September 2015 in New York legen, auf der die Weltgemeinschaft die neue Post-2015-Agenda mit universellen Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) beschließen wird. Gleichermaßen ist der erste Gipfel richtungsweisend für den Klimagipfel in Paris im Dezember, auf dem das Kyoto-Nachfolgeabkommen beschlossen werden soll, auch wenn die Klimafinanzierung offiziell nicht Thema der Addis-Konferenz ist. Es ist indes klar: ohne eine angemessene Finanzierung kann die Weltgemeinschaft weder die nachhaltigen Entwicklungsziele erreichen noch den Klimawandel bewältigen. Alle Akteure müssen Verantwortung übernehmen: private und öffentliche. Das heißt aber auch, dass sich alle Länder beteiligen. Einen großen Anteil müssen die Industrieländer bezahlen. Zum einen können die Entwicklungs- und Schwellenländer die SDGs nicht ohne ihre finanzielle Unterstützung erreichen. Zum anderen sind die Industrieländer die Hauptverursacher des Klimawandels. Daher müssen die Industrieländer wenigstens ihre bisher gemachten Zusagen einhalten. In Addis Abeba müssen sich die Industrieländer dazu bekennen, das bereits 1970 vereinbarte Ziel - 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungsleistungen (Official Development Assistance, ODA) auszugeben -, einzuhalten. Die bisherige Bilanz ist ernüchternd. Bisher haben nur fünf Länder dieses Ziel erreicht: Luxemburg, Dänemark, Norwegen, Schweden und Großbritannien. Damit sie ihre Glaubwürdigkeit herstellen können, ist es notwendig, einen realistischen Zeitplan für die Umsetzung des 0,7-Prozent-Ziels zu vereinbaren. Die Europäische Union hat erklärt, das 0,7-Prozent-Ziel bis 2030 zu erreichen. Aber es ist dringend notwendig, konkrete Zwischenziele zu benennen. Die Industrieländer könnten sich in Addis beispielsweise dazu verpflichten, den Abstand zwischen dem aktuellen Niveau der öffentlichen Entwicklungsgelder und dem 0,7-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 zu halbieren. Dies hat auch das Sustainable Development Solutions Network (SDSN) vorgeschlagen. Ohne konkrete Zeitpläne bleibt das 0,7-Prozent-Ziel ein leeres Versprechen. Darüber hinaus sollten die Schwellenländer in Zukunft auch mehr Verantwortung übernehmen und sich in Addis Abeba dazu verpflichten, ihre Entwicklungshilfe für arme Länder signifikant zu erhöhen. Auch dafür sollten sie ein konkretes Ziel und einen Stufenplan für dessen Erreichung vereinbaren. Die Verteilung der öffentlichen Entwicklungsleistungen muss sich ebenfalls zugunsten der ärmsten Länder ändern. Für diese Länder ist ODA die wichtigste externe Finanzierungsquelle, weil ihnen kaum private Finanzmittel zur Verfügung stehen. Im aktuellen Verhandlungsdokument für Addis Abeba vom 7. Juli wird ge-fordert, dass bis 2030 0,2 Prozent des Bruttonationaleinkommens an die ärmsten Länder fließt. Aber ist das ausreichend? Im Jahr 2009 hatten sich die Industrieländer in Kopenhagen verpflichtet, für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern öffentliche und private Finanzierungsmittel bis 2020 auf jährlich 100 Mrd. USD zu erhöhen. Dieses Ziel hat die G7 auf ihrem diesjährigen Gipfel in Elmau zwar bekräftigt. Nach wie vor ist aber offen, wie diese Summe zwischen den öffentlichen und privaten Akteuren aufgeteilt wird. Darüber hinaus ist nicht klar, in welchen Schritten die Finanzmittel bis 2020 auf 100 Mrd. USD erhöht werden. Das heißt, es gibt keine konkreten Verpflichtungen für die kommenden fünf Jahre. Gleichermaßen ist die Verteilung der Mittel zur zum Teil geklärt. Wenn die Regierungen der Industrieländer ihren Anteil nicht konkretisieren und sich nicht zu einem Fahrplan für ihre Verpflichtungen bekennen, dann wird das 100-Milliarden-Ziel nicht erreicht werden und die Folgen des Klimawandels werden Entwicklungserfolge in anderen Bereichen zunehmend torpedieren. Auch wenn Klimafinanzierung nicht das Kernthema in Addis sein wird, ist es wichtig, es bereits in Addis aufzugreifen und erste Entscheidungen mit Blick auf die Klimakonferenz in Paris vorzubereiten. Die Partnerländer selbst müssen auch Verantwortung für die Finanzierung übernehmen. Der Löwenanteil der Finanzierung wird über das inländische Steuersystem und das Wachstum des Finanzsektors mobilisiert. Die Partnerländer müssen daher notwendige Reformen in ihren Steuersystemen und -verwaltungen umsetzen. Sie müssen das Steuersystem transparent ausgestalten und die Governance-Strukturen verbessern. Die Industrie- und Schwellenländer können beim Aufbau von geeigneten Steuersystemen wertvolle technische Hilfe leisten. Die Weltgemeinschaft hat in dieser Woche in Addis Abeba die einmalige Chance, durch die Sicherstellung der Finanzierung eine neue positive Dynamik für globa-le nachhaltige Entwicklung zu erzeugen. Die Industrieländer haben hier eine Vorreiterolle. Wir sollten die Chance nutzen und zum Wohle der Menschheit und unseres einzigen Planeten unsere Hausaufgaben machen.

Verbunden, umstritten und komplex – Warum Europa eine globale Strategie braucht

Mon, 06/07/2015 - 08:30
European Think Tanks Group (ETTG)
Bonn, London, Maastricht, Madrid, Paris, 06.07.2015. Eines der wichtigsten, aber kaum beachteten, Ergebnisse des Europäischen Rates von vergangener Woche war der Auftrag an die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, eine „globale Strategie der EU für Außen- und Sicherheitspolitik“ zu erarbeiten. Zu sehr stehen die Griechenland-Krise, der Streit über Einwanderung und die Forderung des Vereinigten Königreichs, die Bedingungen seiner EU-Mitgliedschaft neu zu verhandeln, im medialen Vordergrund. Diese Ratsentscheidung gibt der früheren italienischen Außerministerin das Mandat, einen neuen Weg in der Außen- und Sicherheitspolitik zu beschreiten. Es ist jedoch ein mit Steinen übersäter Weg, den Frau Mogherini mit gemischten Gefühlen betrachten muss. In vielen Bereichen baut sich Druck auf – durch Russland im Osten, Instabilität im Nahen Osten, gescheiterte Staaten in Afrika und durch globale Bedrohungen wie den Klimawandel. Gleichzeitig wirken Europas unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten immer wieder als Hemmnis für gemeinsames Handeln. Die Migrationskrise bietet ein perfektes Beispiel. Einige Länder sind nicht bereit, mehr Einwanderer aufzunehmen. Andere Länder beklagen, dass illegale Einwanderung den Druck auf ihre Gesellschaft stärker erhöht als die aktuellen Flüchtlingsströme. Wieder andere sagen, dass das Problem durch Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe an der Wurzel angepackt werden muss. Bestenfalls kann gesagt werden, dass ein kleiner Schritt getan ist. Es braucht aber noch Zeit, bis eine gemeinsame Position entsteht, die diesen Namen verdient. Tatsache ist, dass der Europäische Rat sieben Jahre nach der EU-Finanzkrise immer noch in Uneinigkeit verharrt. Seine Position ist bei miteinander verknüpften Themen widersprüchlich. Er verdeutlicht damit einmal mehr, dass Europas Strategie für langfristige Sicherheit und Wohlstand eine konzertierte Aktion über das gesamte Spektrum der EU-Innen- und Außenpolitiken erfordert – von der Handels-, Finanz-, Energie-, Klima und Entwicklungspolitik bis zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die großen Herausforderungen, vor denen Europa steht, verlangen gemeinsames Handeln auf europäischer Ebene und regelmäßige Überprüfungen der Strategie. EU-Politik ist nicht immer so beschwerlich. Die EU hat vor Kurzem Sanktionen gegen Russland verhängt und bekräftigt. Sie hat in Gesprächen mit dem Iran gut zusammengearbeitet und sich auf eine einigermaßen ambitionierte Position zum Klimawandel verständigt. Man kann also etwas erreichen. Welche Lehren sollten die EU und ihre Mitgliedsstaaten ziehen? Erstens müssen sie sich klar sein, dass eine globale Strategie für Europa einen wirklich integrierten Ansatz erfordert. Zum Beispiel können die tieferen Ursachen von illegaler Einwanderung und Flüchtlingsströmen nicht allein mit einem sicherheitsorientierten Ansatz angegangen werden, der aus Mauern und Marineoperationen besteht. Ohne die richtige Mischung aus EU-Instrumenten und Partnerschaften wird Europa weiterhin Brandbekämpfung mit wenig Hoffnung auf Problemlösung betreiben. Als European Think Tanks Group haben wir in dem im September 2014 veröffentlichten Bericht ‚Unser gemeinsames Interesse’ erklärt, dass die neue europäische Globalstrategie in ihrem Streben und ihrer Sprache integriert und strategisch sein muss und daher die interne EU-Politik mit den Bereichen des äußeren Handelns verknüpft. Zweitens sollten sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten konsequent der Herausforderungen (und Möglichkeiten) annehmen, die eindeutig gemeinsames Handeln auf europäischer Ebene verlangen. Obwohl die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 versuchte, über einen sicherheitsorientierten Ansatz hinauszugehen, konzentrierte sie sich auf äußere Bedrohungen und zeigte wenig Gespür für die gemeinsame Verantwortung für die Welt, ihre Ressourcen und ihre Menschen. Europa ist in der Welt aufgrund seines integrierten, präventiven und langfristigen Werteansatzes bei globalen öffentlichen Gütern, seines geteilten Wohlstandes und seiner Prosperität weiterhin ein globaler Machtfaktor. Es sind diese Werte, von der die Zukunft der EU abhängt. Wir erwarten daher, dass die nächste EU-Strategie die Post-2015-Agenda mit ihren neuen, universellen Zielen nachhaltiger Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs), die voraussichtlich im September 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet werden, widerspiegelt. Die EU sollte gleichermaßen eine Bestandsaufnahme bei ihren internen Versäumnissen und jenen vor ihrer Haustür vornehmen. In ‚Unserem gemeinsamen Interesse‘ heben wir die Notwendigkeit für die EU hervor, zu einem Wachstumsmodell des 21. Jahrhunderts beizutragen, das verantwortlichen Handel und die Koordinierung der Finanzpolitik betont. Drittens wird es eine wesentliche Herausforderung für die globale EU-Strategie sein, Prioritäten zu setzen, indem eine handhabbare Zahl von Themen identifiziert wird, zu denen die EU Wesentliches beitragen kann. Erfolg in einigen Bereichen könnte die öffentliche Meinung und die politische Führung dazu bringen, die nächste Runde gemeinsamen EU-Handelns zu unterstützen. Zu diesen Prioritäten muss weiterhin die europäische Führungsrolle in der Klimapolitik gehören, legale Einwanderung muss erleichtert werden und die EU muss sich der schwachen, fragilen oder gescheiterten Staaten in ihrer Nachbarschaft annehmen. Die Europäische Union steht vor harten und folgenschweren Entscheidungen im In- und Ausland. Der Ausgang der schweren Krise in Griechenland wird weitreichende Folgen haben, auch auf der internationalen Bühne. Wir unterschätzen nicht die Schwerstarbeit, die von Federica Mogherini, den EU-Institutionen und den Mitgliedsstaaten geleistet werden muss, um einen Wandel zu erreichen. Doch wir fordern die politische Führung Europas auf, neue Entschlossenheit zu zeigen, um sich den Herausforderungen, vor denen Europa steht, in Umfang und Tragweite – gemeinsam – zu stellen. Ewald Wermuth, European Centre for Development Policy Management (ECDPM)
Giovanni Grevi, Fundacion para las Relaciones Internacionales y el Dialogo Exterior (FRIDE)
Dirk Messner, German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Teresa Ribera, Institute for Sustainable Development and International Relations (IDDRI)
Kevin Watkins, Overseas Development Institute (ODI) Dieser Artikel wurde erstmals am 03.07.2015 bei euractiv.com veröffentlicht. Über die European Think Tanks Group:
Die European Think Tanks Group (ETTG) vereint fünf führende europäische Think-Tanks, die sich mit internationaler Entwicklung befassen: das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), das Overseas Development Institute (ODI), das European Centre for Development Policy Management (ECDPM), Fundación para las Relaciones Internacionales y el Diálogo Exterior (FRIDE) und das Institute for Sustainable Development and International Relations (IDDRI).

Dekarbonisierung ist kein Selbstläufer

Mon, 29/06/2015 - 13:42
Bonn, 29.06.2015. Keine drei Wochen ist es her, dass der G7-Gipfel von Elmau sich unmissverständlich zu einer „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“ bekannte und sich Angela Merkel einmal mehr als Klimakanzlerin feiern lassen durfte. Nun ist aus dem Bundeswirtschaftsministerium zu vernehmen, die angekündigte Klimaabgabe für Kohlekraftwerke sei vom Tisch. Trifft dies zu, unterstreicht es, dass die angestrebte Dekarbonisierung noch lange kein Selbstläufer ist. Die Widerstände einer pro-fossilen Allianz aus Kraftwerksbetreibern und Gewerkschaften sowie den Partikularinteressen einzelner Bundesländer sind beträchtlich. Das kann nicht überraschen. Ist doch die Transformation ökonomischer und gesellschaftlicher Strukturen, wie sie das Ziel einer umfänglichen Dekarbonisierung zwangsläufig erfordert, zutiefst politisch. Natürlich – und darauf zielt das von Bundesminister Gabriel umgehend verbreitete Dementi, wonach „weiter mehrere Vorschläge auf dem Tisch [liegen], wie die CO2-Einsparungen erreicht werden können“ – kann Deutschland seine selbstgesteckten Emissionsminderungsziele von minus 40 % bis 2020 gegenüber 1990 wahrscheinlich auch ohne die Kraftwerksabgabe erreichen. Dennoch sprechen mindestens drei triftige Gründe gegen ein Einknicken vor der Kohlelobby, wie es der Verzicht auf die Abgabe innen- wie außenpolitisch nolens volens symbolisieren würde: Erstens wird es ohne die Klimaabgabe auf Kohlekraftwerke erheblicher zusätzlicher Anstrengungen in anderen Sektoren bedürfen, um die klimapolitische Zielmarke zu erreichen und es würde die gewünschte Lenkungswirkung pro Dekarbonisierung im Kraftwerkssektor verfehlt. Zweitens wäre es sehr wünschenswert die 40-Prozentige Reduzierung frühzeitig zu erreichen und im positiven Sinne über das Ziel hinauszuschießen. Das wird ohne verbindliche politische Vorgaben gegenüber den Kohlekraftwerksbetreibern kaum zu schaffen sein. Drittens und vor allem ist die Signalwirkung fatal! Zumal in den entscheidenden Monaten der Verhandlungen über ein neues globales Klimaabkommen, wie es im Dezember in Paris verabschiedet werden soll und um dessen Verbindlichkeit aktuell zäh gerungen wird. Der besondere klimapolitische Stellenwert der G7-Erklärung erklärt sich ja genau daraus. Verzichtet die Bundesregierung zu diesem kritischen Zeitpunkt nun auf die Klimaabgabe für Kohlekraftwerke wird der Rückenwind von Elmau zumindest den deutschen und europäischen Unterhändlern prompt wieder aus den Segeln genommen. Wie will man glaubhaft mit den großen Kohlefördernationen des Südens, wie insbesondere China, Indonesien, Südafrika und Kolumbien, aber auch innerhalb Europas – vor allem Polen – über die so dringend gebotene Dekarbonisierung ihrer Volkswirtschaften verhandeln, wenn man selbst als Energiewende-Vorzeigeland, den Vetospielern des fossilen Wirtschaftsmodells meint nachgeben zu müssen? Die Frage gilt umso mehr, als es in Deutschland vor allem um die Verfeuerung des klimafeindlichsten fossilen Energieträgers geht, nämlich Braunkohle. Hoffnungsfroh stimmt, dass die Zeichen der Zeit auch ohne die Klimaabgabe in den meisten Industrieländern klar auf das Ende der fossilen Ära hindeuten: In der Privatwirtschaft kündigen mehr und mehr Großkonzerne ambitionierte Emissionsminderungsinitiativen an. Institutionelle Investoren haben unter dem Stichwort „Divestment“ damit begonnen, ihre Anlagen aus fossilen Energieunternehmen abzuziehen und zugunsten klimaverträglicher Investitionen umzuleiten. Der IWF betonte unlängst die massiven indirekten Kosten der ohnehin schon in der Kritik stehenden Milliarden-Subventionen für fossile Energieträger, Weltbank und OECD arbeiten intensiv an der Operationalisierung von zero-carbon-economy-Konzepten. Und mit Papst Franziskus hat sich eine weltweit wirkungsmächtige moralische Instanz eindeutig zur Abkehr vom fossilen Wirtschaftsmodell positioniert. Selbst in den USA befinden sich die sogenannten Klimaskeptiker und die sie stützenden Lobbygruppen längst in der Defensive. Umso unverständlicher erschienen die nun im Raum stehenden Zugeständnisse gegenüber der deutschen Kohlelobby. Wer hierbei soziale Gerechtigkeit als Argument ins Feld führt, ignoriert nicht nur die profunden Ungerechtigkeiten des anthropogenen Klimawandels sondern leistet den Rückzugsgefechten fossiler Partikularinteressen kurzsichtige Schützenhilfe. Der Preis dafür ist beträchtlich: er kostet in hohem Maße Zeit, die klimapolitisch ohnehin äußerst knapp ist, und er kostet Glaubwürdigkeit, die für einen erfolgreichen Abschluss des Pariser Klimaabkommens und seiner Umsetzung essenziell ist. Zudem würde in Kauf genommen, dass die Mehrkosten der nun diskutierten Alternativen zur Klimaabgabe – etwa Braunkohlekraftwerke als Kapazitätsreserve zu erhalten – wahlweise dem Bundeshaushalt oder den Endverbrauchern aufgebürdet würden. Der ehemalige Bundesumweltminister und langjährige UN-Umweltchef Klaus Töpfer hat die Widerstände kommen sehen und speziell seinen Ministerkollegen Gabriel bezüglich des Vorschlags der Klimaabgabe – der „ökonomisch und ökologisch sinnvoll“ sei – noch im April 2015 explizit zum Durchhalten ermutigt. Es sieht aktuell nicht so aus, als reichten solche Appelle aus. Es bleibt zu hoffen, dass am Mittwoch, wenn es im Kabinett zum Schwur kommt, der Geist von Elmau einer klimapolitischen Entscheidung auf den Weg hilft, die kluge Signale in Richtung Paris aussendet.

Der Nukleardeal mit Iran: Brandbeschleuniger oder Friedenskatalysator im Nahen Osten?

Mon, 29/06/2015 - 09:00
Bonn, 29.06.2015. Das für Ende Juni 2015 anvisierte Atomabkommen ist die Voraussetzung, um die gegen den Iran gerichteten Sanktionen aufzuheben. Der Abschluss eines Abkommens mit Iran bietet langfristig mehr Chancen als Risiken. Scheitern dagegen die Verhandlungen oder die Umsetzung eines Abkommens, steigen die Risiken für die ohnehin fragile Region des arabischen Ostens von Libanon und Israel über Syrien, Irak bis zum Jemen. Das Abkommen wirkt sich zumindest auf zwei Ebenen aus: Erstens, auf der Ebene der Regionalpolitik im Nahen und Mittleren Osten (einschließlich Israels), weil Iran in den meisten der virulenten Konflikte eigene Interessen verfolgt. Eine dieser Interessen ist die Konkurrenz mit Saudi-Arabien um die regionale Vormacht. Zweitens wirkt ein Abkommen im Iran selbst nach. Dort haben die Sanktionsregime höchst intransparente und letztlich korrupte Strukturen in Politik und Wirtschaft gefördert, denen bei einem Abkommen die ökonomische Basis entzogen würde.
Risiken des Scheiterns In Iran nähme der wirtschaftliche Druck auf die Zivilbevölkerung wegen der Sanktionen weiter zu. Bei gleichbleibend niedrigen Ölpreisen würden die staatlichen Subventionen für Benzin und Nahrungsmittel gekürzt, soziale und politische Spannungen nähmen zu. Wie praktisch, dass der ‚Schuldige‘ für die wirtschaftliche Misere bereits fest steht: „der Westen“, der weiterhin allein Saudi-Arabien als Hauptpartner in der Region betrachtet. Ein Regime, das sich explizit nicht demokratisch, sondern aus der wahhabitischen Interpretation des Islam legitimiert. Seine puritanische Schari’a-Interpretation diente schon vielen Islamisten und heute insbesondere dem ‚Islamischen Staat‘ als religiös-politische Grundlage. Scheitert das Abkommen würde Teheran weiterhin, wenn nicht gar verstärkt, über seine Stellvertreter Hisbollah, Hamas oder das Assad-Regime Einfluss auf die regionalen Konflikte nehmen. Diese Einflussnahme zielt darauf ab, sich zumindest als effektive Schutzmacht bedrängter politischer Minderheiten zu etablieren. Dieser Status dient offensichtlich als Ersatz für die von der internationalen Gemeinschaft verweigerte politische Legitimität. Die Folge davon ist, dass auch weiterhin internationale Friedensverhandlung in Genf zu Syrien oder Jemen stattfinden, ohne eine Beteiligung Teherans. Nach Jahren der Leugnung hat immerhin die Hohe EU-Außenvertreterin Mogherini bereits vor Wochen zugegeben, dass zwischen den iranischen Atomgesprächen und dem Syrien-Konflikt ‚natürlich‘ eine Verbindung bestehe.
Die Chancen für ein  Abkommen und dessen überwachte Umsetzung
In der Vergangenheit entzog Teheran wichtige Teile seiner atomaren Forschungsaktivitäten der Überwachung durch die Internationale Atomenergiebehörde, IAEA. Das war der Hauptgrund für EU und Vereinte Nationen, die Sanktionen zu verhängen. Sanktionen, die nicht nur den Verkauf von Nukleartechnologie untersagt, sondern auch den Verkauf von Rohöl oder den Ankauf von Ersatzteilen für die Luftfahrt. Eine Einbindung Teherans – wie auch seines Gegenspielers Riad – in ihre jeweilige regionalpolitische Verantwortung reicht über die Frage der Nicht-Verbreitung von Atomwaffen hinaus. Weder im Jemen, noch in Syrien oder im Irak kann die Zentralregierung die rudimentären Bedürfnisse der Menschen nach Sicherheit, Basisversorgung und politischer Mitsprache gewährleisten. Teheran und Riad müssen gar nicht um Unterstützung dort werben. Im Gegenteil, auch losgelöst von der ‚sunnitischen‘ oder ‚schiitischen‘ Identität avancieren die regionalen Vormächte zu Schutzmächten bedrängter Bevölkerungsgruppen und Regierungen. In dieser Situation trägt ein Nuklearabkommen mit Teheran dazu bei, die Machtverhältnisse in der Region zu normalisieren bzw. Regeln zu unterwerfen: Schließlich konkurriert Iran nicht erst seit gestern mit Osmanen, Türken und arabischen (Nachfolge-)Staaten um die geostrategische Vormachtstellung. Es geht heute darum, diesen regionalen Machtkampf ‚einzuhegen‘. Dazu gehört, dass Teheran seinen derzeitigen Paria-Status überwindet. Dann kann Iran in die Bearbeitung der regionalen Konflikte einbezogen werden. Dabei betrachtet die arabische Seite jeden Zuwachs an politischer Statur Irans als Verlust eigenen Einflusses. Das gilt nicht nur für den Einfluss in der Region, sondern auch gegenüber dem Westen.
Deutschlands Rolle als Zivilmacht - vertrauenswürdiger Makler in der Region Bei einer Vertrauensbildung zwischen den Akteuren in der Region kann Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Berlin war schon bei den Nuklearverhandlungen mit Iran exponiert. Die von Deutschland in anderem Zusammenhang vorgeschlagene ‚Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten‘ ist nun mit Blick auf die Konflikte in Syrien, Irak und Jemen wenig zielführend ohne Teilnahme Irans: Eines Irans, der das Nuklearabkommen ebenso vertragstreu umsetzt, wie hoffentlich auch die Gegenseite. Eines Irans, der seine regionalpolitischen Ambitionen nicht mehr als Vetomacht und Konkurrent Riads ausübt; stattdessen, von Sanktionen befreit, im eigenen geostrategischen Interesse und von den Erwartungen der eigenen Bevölkerung zum wirtschaftlichen Erfolg getrieben, mäßigend auf die Region einwirkt. Dieser Beitrag wurde am 30.06. auch auf ZEIT online veröffentlicht.

G-7: Klimapolitische Trendwende oder Worthülsen?

Mon, 15/06/2015 - 10:32
Bonn, 15.06.2015. Der österreichische Dichter Johann Nestroy befand, der Fortschritt sei ein Scheinriese und habe es so an sich, „dass er viel größer ausschaut, als er wirklich ist“. Das entspricht in der Regel noch heute unserer Erfahrung. Große Visionen und Erwartungen, oft gefolgt von kleinen Resultaten. Frei nach Horaz, der Berg kreißt und gebiert eine Maus. Vielleicht war es beim G-7-Gipfel in den bayerischen Bergen aber ganz anders. Es könnte nämlich gut sein, dass die klimapolitischen Teile der Abschlusserklärung im Rückblick eher an Bedeutung gewinnen werden. Haben wir es mit einer Trendwende zu tun?

Alter Wein in neuen Schläuchen…
Natürlich sind viele Absichtserklärungen des Schlussdokuments ‘alte Bekannte’. Das globale Ziel eines auf 2 °C begrenzten weltweiten Temperaturanstiegs wird zwar in unverbindlicher Form bestätigt, geht aber schon auf die Kopenhagener Klimakonferenz 2009 zurück. Auch die Finanzierungszusagen für Klimamaßnahmen in Entwicklungsländern (100 Mrd. USD jährlich ab 2020) wurden bereits in Kopenhagen akkordiert. Sie beziehen sich zudem etwas nebulös auf eine „Vielzahl sowohl öffentlicher als auch privater Quellen”, sind also im Zweifelsfall nicht in vollem Umfang steuerbar.

…mit einem bemerkenswerten Unterschied
Der vielleicht entscheidende Passus der Abschlusserklärung erscheint en passant und enthält die Forderung nach einer „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe dieses Jahrhunderts“. Das mag man zwar leicht als hehres und sehr langfristiges Ziel abtun. Es ist aber in seiner Signalwirkung keinesfalls zu unterschätzen. Das Ende der fossilen Wirtschaftsweise ist damit eingeläutet und wird sich auf der globalen Agenda festsetzen. Die Katze ist aus dem Sack.

Dekarbonisierung: Steigender Druck
Das globale CO2-Budget (gemessen am 2 °C-Ziel) ist weitgehend aufgebraucht. Die bekannten Reserven fossiler Energieträger (davon zwei Drittel in Form von Kohle) übersteigen deren bis 2050 tolerierbare Nutzung um das Fünffache. Damit ist jede Klimapolitik, die nicht auf radikale Dekarbonisierung setzt, reine Makulatur. Das bedeutet freilich eine schon heute spürbare Entwertung von Vermögenswerten, die der überkommenen CO2-Ökonomie geschuldet sind. Was im Energiesektor bereits manifest ist – die allmähliche Abdankung der Öl- und Kohlebarone – wird andere Sektoren bald ebenfalls erreichen. Die traditionellen Automobilhersteller sind ‘next in line’.

Einige wichtige Trends kommen hier zusammen: Da ist zum einen der zunehmende Druck der Finanzmärkte. Aktienkurse fossiler Energiekonzerne brechen bereits in einigen Märkten ein; institutionelle Anleger, wie z. B. der staatliche norwegische Ölfonds, schichten ihre Portfolios um und ziehen sich bereits heute aus Kohleinvestitionen zurück. Hinzu kommt die steigende Konkurrenzfähigkeit erneuerbarer Energien. Pläne eines auf EU-Ebene integrierten Netzausbaus könnten hier eine weitere Schubwirkung entfalten. Gleichzeitig fließen mehr öffentliche Mittel in die Förderung innovativer, umweltverträglicher Technologien. Schon werden Forderungen laut nach einem internationalen ‚Apollo-Programm‘ mit dem Ziel, Kohle durch saubere Energien zu ersetzen.

Optimismus mit Schönheitsfehlern
Im Kontext solcher finanziellen und technologischen Faktoren, die zunehmend in Richtung einer grünen Transformation wirken, kann die Bedeutung des G-7-Bekenntnisses zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft kaum überschätzt werden. Das gibt Anlass zu verhaltenem Optimismus. Die Schlinge um die Zukunft fossiler Unternehmen und Profite wird enger. Die politische Botschaft ist eindeutig: Kohle und Öl waren gestern. Einerseits.

Andererseits sind zwei Schönheitsfehler nicht zu übersehen. Erstens sind Absichtserklärungen für den Rest des Jahrhunderts wohlfeil. Was davon in der politischen Realität ankommt, wird sich zeigen müssen. Zudem lässt sich der Anachronismus der G7 im Klimakontext leicht quantifizieren: Alle Mitglieder dieses illustren Klubs waren 2013 für einen CO2-Ausstoß von 8.900 Megatonnen verantwortlich. Das ist viel, zu viel, keine Frage. Es ist aber gleichzeitig weniger als in China alleine und entspricht nur etwa einem Viertel der weltweiten CO2-Emissionen. So gesehen müssen die klimapolitischen G-7-Beschlüsse stark relativiert werden. Sie sind nicht mehr, aber auch nicht weniger, als ein Aufgalopp für die internationale Klimakonferenz COP 21 in Paris.

Verantwortliches globales Handeln ist unabdingbar. Nicht nur Experten wissen, dass das 2 °C-Limit kaum einzuhalten ist. Prognosen der Internationalen Energieagentur sehen den unvermeidbaren Temperaturanstieg bei knapp 4 °C – wesentlich bestimmt durch fossile Energie-, Transport- und Gebäudekapazitäten, die in ihren Auswirkungen nur ebenso langsam zu bremsen sind wie der sprichwörtliche Tanker auf See (‘carbon lock-in’). Sich mit einer Erwärmung von 4 °C bis zum Ende dieses Jahrhunderts einfach abzufinden, hätte jedoch buchstäblich katastrophale Folgen. Die G-7-Signale kommen genau zur rechten Zeit. Es bleibt zu hoffen, dass den Visionen Taten folgen.

Migration nach Europa – Nordafrika als Grenzwächter Europas?

Mon, 08/06/2015 - 08:30
Bonn, 08.06.2015. Seit Anfang 2015 haben mehr als 1.800 Flüchtlinge ihr Leben im Mittelmeer verloren. Diese Zahl zeigt: viel früher schon hätte Europa geschlossen handeln müssen. Viele der Flüchtlinge, die sich auf den gefährlichen Weg nach Europa machen um Armut, Krieg oder Repression zu entfliehen, kommen aus Ländern in Subsahara-Afrika, wie z. B. Eritrea, Äthiopien oder Somalia. Der Anteil der Migranten aus den nordafrikanischen Ländern ist vergleichsweise gering. Häufig bleiben Migranten Monate oder sogar Jahre in Nordafrika, in der Hoffnung auf eine Gelegenheit, nach Europa weiterreisen zu können.   Die Transitländer leiden einerseits selbst erheblich unter sozio-ökonomischen Problemen, politischen Krisen oder Bürgerkrieg; andererseits schaffen sie – durch das Fehlen eigener konsequenter Asyl-, Immigrations- und Integrationspolitiken sowie ineffizientem polizeilichem Vorgehen – Betätigungsmöglichkeiten für Schlepperbanden. Die Situation in den einzelnen nordafrikanischen Ländern ist sehr unterschiedlich, ebenso deren Antworten auf die Herausforderung Migration. In Libyen zum Beispiel nehmen aufgrund der unübersichtlichen politischen Situation und der unkontrollierten Grenzen Menschenhandel und grausamer Umgang mit hilflosen Flüchtlingen zu. Aber auch in der Sahelzone und in anderen Teilen Nord- und Ostafrikas sind mangels anderer ökonomischer Aktivitäten „Fluchthilfe“ und Menschenhandel zu einem lukrativen Geschäft geworden. Besonders erschreckend ist, dass in den nordafrikanischen Transitländern Flüchtlinge und Opfer von Menschenhandel oft willkürlich und teilweise in Lagern oder Gefängnissen zusammen mit Schleppern und Kriminellen festgehalten werden. Auch erhalten sie meist keinen Zugang zu Asylverfahren. Medizinische Behandlung, psychologische Betreuung für Opfer oder rechtliche Beratung und Schutz, sind nur wenig oder gar nicht vorgesehen. Auch werden Flüchtlinge immer wieder in ihr nicht sicheres Herkunftsland abgeschoben, obwohl dies das Prinzip der Nicht-Zurückweisung (non refoulement) der Genfer Flüchtlingskonvention verletzt. Dieses Vorgehen wird durch die Externalisierung der EU-Einwanderungskontrolle (z. B. durch EU-Push-back-Operationen auf See oder an Land) noch verschärft. Besser wäre es, wenn die Polizei in den Transitländern für den Umgang mit Flüchtlingen sensibilisiert würde, intensiver kriminalistisch ermitteln und „smart sanctions“ gegen Schlepper verhängen würde. Gefragt sind auch breit angelegte Aufklärungskampagnen in den Herkunftsländern über die Gefahren der Migrationswege (Geldbetrug, Ertrinken, Menschenhandel, Versklavung, Folter in Gefangenenlagern), über die Lebensumstände von Immigranten in Europa, und über die (Un-)Möglichkeiten legaler Einreise. Viele Flüchtlinge haben weiterhin verzerrte Wahrnehmungen über und unrealistische Hoffnungen auf ein Leben in Europa. Europa muss vor allem den Ursachen von Migration (Armut, Krieg und Repression als zentrale Push-Faktoren) entgegen wirken, und nicht einer weiteren „Versicherheitlichung“ der Migrationspolitik Vorschub leisten. Dies wird durch Militäreinsätze wie die Operation EUNAVFOR Med, die im Juni 2015 unter italienischem Oberbefehl starten und kriminelle Schlepperbanden bekämpfen soll, jedoch getan. Ob sich Schlepper mit militärischen Mitteln bekämpfen lassen, ist ohnehin fraglich; der Einsatz ist aber auch deswegen bedenklich, weil er „Migration“ mit einer „militärischen Bedrohung“ gleichsetzt. Europa als Einwanderungskontinent des 21. Jahrhunderts sollte jedoch nicht zurückfallen in den Wiederaufbau EU-interner Grenzen oder in ein unwürdiges Quotengezerre um die Zahlen der aufzunehmenden Flüchtlinge, sondern vielmehr in die Zukunft denken und Migration als Chance verstehen – im Sinne einer Win-Win-Situation für die extrem jungen Bevölkerungen in den Herkunfts- und Transitländern einerseits und das alternde Europa andererseits. Migration findet immer ihre Wege. Je mehr Verbote und Abschottung, je größer die sozio-ökonomische Kluft zwischen Europa und Afrika, umso stärker wird die Anziehungskraft, die von Europa ausgeht, und umso intensiver die Entschlossenheit der Migranten, lebensgefährliche Risiken einzugehen, um die Zugangshürden zu überwinden. Die EU kann die Wahrung der Menschenrechte an ihren Außengrenzen nicht anderen überlassen. Eine humane und solidarischere EU-Aufnahmepolitik gegenüber Schutzsuchenden könnte z. B. durch eine Lockerung der Visabestimmungen umgesetzt werden sowie durch die Erleichterung der Familienzusammenführung. Auch humanitäre Visa für Flüchtlinge, die sich in einem Transitland befinden (z. B. Syrienflüchtlinge), wären ein Angebot, um ihnen einen sicheren und legalen Zugang in europäische Länder zu ermöglichen. Die EU könnte die Durchgangsländer auch intensiver bei der Gestaltung menschenfreundlicher Asyl-, Migrations- und Integrationspolitiken unterstützen. Denn die nordafrikanischen Transitländer tragen letztendlich die Hauptlast der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Folgen der Anziehungskraft Europas, die es durch seinen Wohlstand in Subsahara-Afrika verursacht.

Burundi – am Rande des Abgrunds?

Fri, 29/05/2015 - 15:20
Bonn, 01.06.2015. 100.000 Flüchtlinge, mindestens 20 Tote, ein gescheiterter Putschversuch und verschobene Parlamentswahlen – es ist selten ein gutes Zeichen, wenn ein kleines, geopolitisch unbedeutendes Land in deutschen Medien erwähnt wird. Bislang als Erfolgsgeschichte der Friedenskonsolidierung gefeiert, lässt die Situation in Burundi derzeit nichts Gutes erahnen. Obwohl der Putschversuch fehlschlug, kommt das zentralafrikanische Land nicht zur Ruhe – im Gegenteil: die Unruhen nehmen an Intensität zu. Die Proteste wurden von der Absicht Präsident Pierre Nkurunzizas ausgelöst, bei den für den 26. Juni angesetzten Präsidentschaftswahlen für eine dritte Amtszeit zu kandieren. Derzeit überschlagen sich besorgte Stimmen und Kritik von diplomatischen Missionen. Die finanzielle Wahlunterstützung wurde teilweise gestoppt; Belgien, Frankreich und die Niederlande haben ihre Kooperation im Sicherheitssektor eingestellt. Doch warum haben Burundis internationale Partner nicht früher entschiedener reagiert? Ein wichtiger Faktor war Priorisierung von Stabilität, die das internationale Engagement geprägt hat. Angesichts des verheerenden Bürgerkriegs und des beschwerlichen Friedensprozesses verständlich, waren sie mehr damit beschäftigt, das zu bewahren, was sie als Stabilität wahrnahmen – anstatt Mängel im Demokratisierungsprozess zu adressieren. Doch diese Strategie schwächte die junge Demokratie und ließ Pfadabhängigkeiten entstehen, die die Möglichkeiten weiterer Demokratisierung einschränken. Die aktuelle Krise zeigt, welche Wirkungen dies nicht nur für die Demokratie, sondern auch für die Stabilität selbst haben kann. Die Monopolisierung der Macht, die durch ein mögliches drittes Mandat von Pierre Nkurunziza deutlich wird, könnte das Land erneut in Gewalt abrutschen lassen. Es war für Burundi nicht einfach, seine gewalttätige Vergangenheit zu überwinden – über ein Jahrzehnt Bürgerkrieg mit über 300.000 Toten, der die Gesellschaft tief gespalten zurückließ. Doch verglichen mit anderen Bürgerkriegsländern hat Burundi im vergangenen Jahrzehnt bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Die Rebellengruppen sind demobilisiert und in die reformierten Sicherheitsdienste eingegliedert. Bis vor kurzem schien sich das Land erfolgreich stabilisiert zu haben. Parallel zum Friedensprozess begann 2005 die erneuerte Demokratisierung vielversprechend: die Bevölkerung billigte mittels Referendum eine neue Verfassung und eine Reihe von Wahlen wurden erfolgreich abgehalten. Die größte Rebellengruppe, CNDD-FDD, trat bei den Wahlen 2005 als politische Partei an, gewann eine klare Mehrheit und bildet seitdem die Regierung. Die Demokratisierung wurde jedoch bald von zunehmenden autoritären Tendenzen von Präsident Pierre Nkurunziza und seiner Regierungspartei überschattet, die die Macht zu monopolisieren versuchten und dabei auch auf Einschüchterung und Repression setzten. Die Wahlen von 2010 verschärften diese Tendenzen weiter. Obwohl sie auch von internationalen Beobachtern als überwiegend frei und fair bewertet wurden, stellten sie ironischerweise einen herben Rückschlag für die Demokratisierung dar. Als die wichtigsten Oppositionsparteien bei den Kommunalwahlen eine vernichtende Niederlage erlitten, erhoben sie Betrugsvorwürfe und boykottierten die folgenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Auf diese Weise bescherten sie der amtierenden Partei einen Erdrutschsieg, den diese zur weiteren Machtkonsolidierung und Zerschlagung der Oppositionsparteien nutzte. Die internationale Gemeinschaft hat in Burundis Friedensprozess eine Schlüsselrolle gespielt, jedoch versäumt, rechtzeitig auf diese autoritären Trends zu reagieren. Ihr diplomatisches Engagement war für den Abschluss jedes der zahlreichen Friedensabkommens maßgeblich. Sobald sich die Situation stabilisiert hatte, unterstützten die internationalen Partner den Friedens- und Demokratisierungsprozess auf allen Ebenen, nicht zuletzt indem sie 50 % des Staatshaushalts übernahmen. Doch sie haben ihre politischen Druckmittel nicht genutzt, um auf die undemokratischen Manöver der herrschenden Partei mit klaren und eindeutigen Signalen zu reagieren. Auf diese Weise haben sie nicht verhindert, dass sich das Land auf einen Weg begab, der schließlich zur aktuellen Situation führte, in der es einer demokratisch legitimierten, aber zunehmend autoritären Regierung gelang, die bereits schwächliche Opposition weiter zu schwächen. Durch den frühen Nachweis, dass autoritäre und repressive Tendenzen nicht akzeptiert werden, hätte die internationale Gemeinschaft (von deren finanziellen Beiträgen nahezu alle nationalen Politiken abhängen) verhindern können, dass die Entwicklung eine derart ungünstige Wendung nimmt. Für Burundi mag der Ruf für frühzeitiges Handeln zu spät kommen – doch in ähnlichen Fällen sollte die internationale Gemeinschaft berücksichtigen, dass die Priorisierung von Stabilität auf Kosten der Einhaltung demokratischer Normen nicht nur unmittelbar negative Wirkungen für die Demokratie hat, sondern langfristig auch die Stabilität gefährden kann. Daher müssen internationale Partner, die entsprechende Prozesse unterstützen wollen, Frieden und Demokratie schrittweise und parallel fördern – auch in einem instabilen Kontext.

INDCs: A silver bullet for the climate negotiations, or empty talk?

Tue, 26/05/2015 - 09:23
Bonn, 26 May 2015. Intended Nationally Determined Contributions (INDCs) were born with a big bang at the UN climate negotiations in 2013. Friends and foes soon considered them instrumental to reach a global climate agreement in Paris in December 2015. The INDCs break new ground because they are universal: all countries will formulate contributions to address climate change, not just the industrialised countries. INDCs are the talk of the day at climate workshops and conferences, and expectations are huge. Not just on the part of climate negotiators: we heard mayors proposing to include their city’s climate strategies in national INDCs, and businesses describing INDCs as a potential tool to mobilise private investment. We heard researchers analysing the alignment of INDCs with Sustainable Development Goals (SDGs), and the creation of global climate change adaptation goals through INDCs. Yet this might all prove to be empty talk and hope in vain, unless some critical issues are going to be solved in the coming months.

The United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) decided to invite all countries to prepare and communicate an INDC well in advance of the upcoming climate summit in Paris, in a clear and transparent way. This was a top-down decision that created a bottom-up process: national responsibilities to tackle climate change would be defined by countries themselves. In 2014 at the climate summit in Lima, it was decided that INDCs would focus on reducing emissions, but countries may also consider adaptation to climate change and their need for financial support, technology transfer and capacity building.

Unfortunately, the INDC ‘guidelines’ hardly got more detailed than this, meaning countries are flexible to include what they think their most important issues and opportunities are. But this has many drawbacks too. For example, a lack of clear metrics and methodologies is a challenge for countries with limited data and capacity, in particular to carry out adequate assessments as a basis for their INDCs. Furthermore, some countries might opt for an ambiguous or unambitious INDC for tactical reasons: They can first compare their contribution with other countries and leave some manoeuvring room to accommodate calls for more ambition. Other countries, however, face tough internal negotiations before setting contributions and already indicate that corrections after Paris are not possible. This locks in divergence from the start, as some countries will communicate a minimal contribution and others already their maximum.

Another risk is that some developing countries might make their contributions conditional to financial support from industrialised countries. But whose contribution is it, if Germany pays for emission reduction in, say, Thailand? And what happens if Germany does not provide finance? This risk directly undermines the INDCs as an innovative instrument.

Countries also face a lack of time, not just to legally anchor Intended Nationally Determined Contributions in domestic policy – but even to formulate INDCs. The lack of guidelines makes the formulation of an INDC even more complex. With only six months to ‘Paris’, only ten INDCs have been submitted so far. Only two of them are not from industrialised countries. Andorra and other negligible emitters have submitted an INDC, but major polluters like China and India have not done so yet. The submitted INDCs are not representative for what is still to come – the lack of guidelines means other countries can submit INDCs with different scopes and targets. Research by New Climate Institute expects only 79 INDCs until ‘Paris’ – how to build a universal climate agreement on this?

The UNFCCC secretariat will compile a review of the aggregate mitigation ambitions in INDCs before Paris. However, with so few INDCs being submitted, this review may not provide a clear picture of the overall ambition to prevent dangerous climate change. Also, there will be no formal review of individual INDCs as countries so far failed to agree on this. Yet research of SEI, the German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) and CICERO shows that Intended Nationally Determined Contributions must be subject to assessment and review (A&R) in order to give the Paris agreement some teeth, and decisions are needed on criteria for A&R, its timing and on what to assess and review.

There is a lot more to worry and criticize – but time is running out and it is better to focus on solutions now. The upcoming negotiations in Bonn, starting on the first of June, should ensure that INDCs do not become a failed instrument. The negotiations could for example clarify conditionality of contributions and develop the foundations for an A&R system. In absence of such a formal review, informal reviews should be organised to create trust, share best practices, increase ambition, and create further political momentum for Paris.

Ohne Moos nix los! Fehlende Mittel gefährden Biodiversität

Fri, 22/05/2015 - 09:00
Bonn, 22.05.2015. Das Jahr 2015 bietet eine einzigartige Gelegenheit, die weltweiten Bemühungen zum Erhalt der Biodiversität zu bündeln und ihnen neue Dynamik zu verleihen. In diesem Jahr werden im Rahmen der Vereinten Nationen neue globale Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) verhandelt. Ein Ziel wird sich voraussichtlich auf den Schutz von Biodiversität beziehen. Bislang wird der Schutz der Biodiversität vornehmlich in Umweltforen diskutiert, vor allem in der Konvention über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity – CBD). Dies wird der Bedeutung von Biodiversität jedoch nicht gerecht und führt dazu, dass zu wenig in ihren Schutz investiert wird.

Biodiversität oder biologische Vielfalt ist die Grundlage für nachhaltige Entwicklung. Auch der heute veröffentlichte Fortschrittsbericht der G7 zu Biodiversität (‚Biodiversity – A vital foundation for sustainable development ‘) zeigt: Biodiversität hat eine zentrale Bedeutung für menschliches Wohlergehen, die Reduzierung von Armut, Nahrungsmittelsicherheit, Wasserversorgung, menschliche Gesundheit, die Speicherung von Kohlenstoff in Pflanzen und für die Anpassung an den Klimawandel. Mehr als 40 % aller Krebsmedikamente basieren auf pflanzengenetischen Ressourcen. Angepasste lokale Sorten sichern die Ernährung vor Ort und liefern der internationalen Saatgutindustrie Ausgangsmaterial für die Entwicklung resistenter Pflanzen. Mangrovenwälder schützen Küstengebiete vor Überflutungen. Intakte Waldökosysteme tragen zur Speicherung und Filterung von Wasser bei. Die Liste lebenswichtiger Leistungen der Biodiversität ist lang.

Trotz vielfältiger Anstrengungen im Rahmen der Konvention über die biologische Vielfalt schreitet der Verlust der Biodiversität weltweit in einem alarmierenden Tempo fort. Die G7 hat in den letzten Jahren wiederholt bekräftigt, dem Verlust entgegenzutreten und in den Schutz der Biodiversität investiert. Doch nur in wenigen Bereichen konnten bisher Verbesserungen erzielt werden. Die Zahl der Schutzgebiete ist gestiegen, aber gleichzeitig hat die Zerstörung wertvoller Lebensräume zugenommen. Immer mehr Arten sind vom Aussterben bedroht. Biodiversität kommt größtenteils in Entwicklungs- und Schwellenländern vor. Die „Biodiversity Hotspots“ der Welt sind vor allem in den tropischen Regenwäldern zu finden. Arme Bevölkerungsschichten sind in besonderer Weise von dem Verlust von Biodiversität betroffen, denn sie bildet deren wirtschaftliche, soziale und kulturelle Lebensgrundlage.

Eine Ursache des bescheidenen Fortschritts bei der Erhaltung der Biodiversität ist, dass der Verlust von Artenvielfalt oft „nur“ als ein Umweltproblem wahrgenommen wird. Deshalb werden keine ausreichenden finanziellen Mittel bereitgestellt, um sie zu schützen. Auch bestehende Konsum- und Produktionsmuster fördern den Verlust von Biodiversität. Palmöl beispielsweise ist das weltweit meist angebaute Pflanzenöl und findet sich oft in Schokolade oder Kosmetikprodukten. Um Flächen für den Anbau zu gewinnen, wird tropischer Regenwald gerodet.

Biodiversität kann nur effektiv geschützt werden, wenn sie als ein zentraler Baustein nachhaltiger Entwicklung geschützt wird. Bisher sind 17 globale Nachhaltigkeitsziele als Nachfolge der Milleniumsentwicklungsziele vorgeschlagen worden, die für alle Länder gelten sollen. Ab nächster Woche werden sie wieder in New York verhandelt. Der vorgesehene Zielkatalog enthält neben einem Biodiversitätsziel Ziele zur Reduzierung von Armut, zur Verbesserung von Gesundheit, des Zugangs zu Energie, zu Veränderung von Konsum- und Produktionsmustern. Themen, die alle in direktem Zusammenhang mit Biodiversität stehen.
Ein Biodiversitätsziel, das nicht hinter die bestehenden Vereinbarungen zurückfällt und nun im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele verabschiedet wird, könnte die USA wieder mit ins Boot holen. Bisherige internationale Zielvereinbarungen zum Schutz der Biodiversität gelten nicht für die USA, da sie die Konvention über biologische Vielfalt nicht ratifiziert haben und dies auch in absehbarer Zeit nicht tun werden.

Aber: Die Lage ist so dramatisch, dass es nicht ausreichen wird, Biodiversität einen prominenten Platz im Zielkatalog einzuräumen. Es muss ein Plan entwickelt werden, wie der Weg zum Ziel finanziert werden kann. Laut dem European Report on Development 2015 existiert eine Finanzierungslücke. Insgesamt stehen jährlich schätzungsweise 53 Mrd. USD zur Verfügung, davon werden aber nur 21 Mrd. USD in Entwicklungsländern investiert. Der Größere Teil wird für Schutzprogramme in den Industrieländern verwendet, obwohl dort kaum noch Biodiversität vorhanden ist. Aber auch 53 Mrd. USD sind nicht genug. Es wird das Sechs- bis Achtfache an finanziellen Mitteln benötigt, um den Verlust der Biodiversität wirklich aufzuhalten.

Wenn es gelingt, Biodiversität mit all ihren Dimensionen in die neuen Nachhaltigkeitsziele zu integrieren und gleichzeitig finanzielle Ressourcen zu mobilisieren, wird dieses Jahr entscheidend sein, um den Schutz der biologischen Vielfalt voranzubringen.

Warum die Europäische Union eine neue Globale Strategie braucht

Wed, 20/05/2015 - 16:10
Bonn, 20.05.2015. Am Montag trafen sich die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel. Auf ihrer vollen Agenda stand auch eine Diskussion über die Veränderungen im Sicherheitsumfeld und welche Chancen und Risiken sich dadurch für die EU ergeben. Auf ihrem nächsten Gipfeltreffen im Juni werden die EU Staats- und Regierungschefs dann vermutlich Federica Mogherini, die Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission, mit dem Entwurf einer EU-Außenstrategie beauftragen. Zwei Szenarien sind denkbar: Die EU beschließt, die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 zu überarbeiten. Sie galt als Meilenstein einer klaren Ausrichtung und Zielformulierung der EU-Außenpolitik. Allerdings haben sich seit 2003 die EU und ihr Sicherheitsumfeld erheblich verändert. Die Strategie muss daher grundlegend überarbeitet werden. Alternativ könnte eine breit angelegte ‚globale Strategie‘ entwickelt werden, die den globalen Herausforderungen Rechnung trägt. Diese Strategie würde gemeinsame Grundsätze und Ziele festlegen. Sie würde außerdem definieren wie verschiedene Bereiche des auswärtigen Handelns der EU, etwa die Außen- und Sicherheits-, die Handels-, Klima- und Entwicklungspolitik, zur Lösung globaler Probleme beitragen können und sollten. In einem zweiten Schritt könnte die EU dann speziell für einzelne Politikfelder Strategien formulieren, und etwa die Sicherheitsstrategie von 2003 sowie den Europäischen Entwicklungskonsens von 2005 überarbeiten. Diese zweite Option ist, was die EU und die Welt unserer Meinung nach am dringendsten brauchen. Warum sollte die EU eine globale Strategie entwerfen? Zunehmende Multipolarität, globale Interdependenzen und Unsicherheiten stellen die EU vor andere Herausforderungen als noch vor 15 Jahren. Der Vertrag von Lissabon hat institutionelle Reformen angestoßen, die das Außenhandeln der EU effektiver und kohärenter machen sollen. Im November 2014 beauftragte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Mogherini, den Vorsitz der „Gruppe von Kommissaren für Außenhandeln“ zu übernehmen. Damit ist die EU institutionell gut aufgestellt, um ein kohärenterer und einflussreicherer globaler Akteur zu werden. Eine neue globale Strategie sollte nun festlegen, wie die EU ihre Werte und Interessen weltweit vertreten und durchsetzen und welche Instrumente sie dafür verwenden will. Kohärentes, aktives Außenhandeln liegt im Eigeninteresse der EU: Mehr Wohlstand und Gleichheit außerhalb Europas trägt zu inklusivem und nachhaltigem Wachstum auch in Europa bei. Europas Stabilität und Sicherheit sind nur gewährleistet, wenn auch in anderen Teilen der Welt inklusives Wachstum Frieden schafft und bewahrt. Die EU kann Ziele in der Migrations-, Asyl- und Sicherheitspolitik nur erreichen, wenn sie jenseits von Populismus das übergeordnete Ziel verfolgt, menschliche Mobilität zu fördern. Ökologische Nachhaltigkeit in Europa verlangt eine glaubwürdige Klimaaußenpolitik, die einen globalen Konsens befördert. Folglich müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten eine strategische Zukunftsvision entwerfen, die die Interessen Europas, seine globale Rolle und Verantwortung im 21. Jahrhundert neu definiert, den Einfluss Europas in der Welt sichert und seinen Beitrag zu globalen öffentlichen Gütern verbessert. Eine neue globale EU-Strategie muss daher über eine eng definierte Sicherheitsstrategie hinausgehen und diejenigen Außen- und Innenpolitikfelder der EU einbeziehen, die zur Bewältigung komplexer und zusammenhängender globaler Entwicklungsherausforderungen beitragen können. Eckpunkte für eine globale EU-Strategie Im Vertrag von Lissabon bekennt sich die EU zum Schutz der eigenen Bürger wie auch zu nachhaltiger Entwicklung, Armutsbekämpfung, freiem und fairem Handel, Demokratie und Menschenrechten. Diesen Verpflichtungen muss die neue EU-Strategie Rechnung tragen. Ihr internationaler Rahmen ergibt sich aus den aktuellen Verhandlungen über eine neue globale Entwicklungsagenda mit universellen Zielen für alle Länder der Erde. Daher verlangt die Umsetzung der Agenda in der EU neben einer globalen Außenstrategie eine entsprechend abgestimmte Binnenstrategie. Letztere könnte auf der bestehenden EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung oder einem substanziell überarbeiteten und erweiterten Katalog mit Zielen und Indikatoren der Strategie Europa 2020 aufbauen. Zu den wichtigsten Implikationen der neuen Agenda gehört, dass die EU-Entwicklungspolitik ein strategisches Politikfeld der EU-Außenbeziehungen wird. Das erfordert ihre optimale Integration und Förderung durch die EU-Außenpolitik. Die Erarbeitung einer globalen Strategie fördert Diskussionen und eine engere Zusammenarbeit der EU-Institutionen und -Mitgliedstaaten sowie aller Akteure der Innen- und Außenpolitik (einschließlich Sicherheit, Entwicklung, Klima und Handel). Eine globale EU-Strategie könnte auch künftig den Rahmen für institutionelle Reformen und eine Überarbeitung der EU-Instrumente für auswärtiges Handeln bilden, vor allem mit Blick auf die Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen und das Auslaufen des Cotonou Abkommens im Jahr 2020.

Why the European Union needs a New Global Strategy

Wed, 20/05/2015 - 16:10
Bonn, 20.05.2015. The EU's Foreign and Defense Ministers have met in Brussels on Monday. One point on their long agenda was the strategic review of the EU's security environment and the challenges and opportunities arising for the EU. During the next European Council in June, the EU's heads of state and government are expected to mandate the High Representative and Vice President of the Commission, Federica Mogherini, to launch the process of drafting an EU strategy for external relations. Two scenarios are possible: The EU decides to review the 2003 European Security Strategy. This strategy was widely regarded as a milestone in establishing a clear direction and ambition for the EU's foreign policy. However, both, the EU and the EU's security environment have changed fundamentally since then and the strategy certainly needs a fundamental update. The alternative to revising the Security Strategy is developing a broad, 'global strategy' that analyses the global challenges the EU faces. It defines how different areas of EU external action such as foreign and security policy, trade, climate and development policy can and as well as should contribute to tackle these global challenges, on the basis of guiding principles and common objectives for all these areas. In a second step, the EU could then develop specific strategies for individual policy fields, as for instance review the 2003 Security Strategy and the 2005 European Consensus on Development.
In our opinion this second option is what the EU and the world need most of all.

Why the EU should develop a global strategy Increasing multipolarity, global interdependence and insecurities pose different challenges to the EU than 15 years ago. The Lisbon treaty has initiated a number of institutional reforms to make the EU's external action more effective and coherent. In November 2014, the new European Commission President Jean-Claude Juncker has tasked Mogherini to revitalise and chair the Commissioner's Group of External Action. The EU thus has the institutional foundation to become a more coherent and effective global actor. A new global strategy has to define and prioritise how the EU wants to articulate and promote its values and interests in the world and which instruments it wants to deploy for this purpose. Coherent and pro-active external action in all areas mentioned above is in the EU's own interest: Greater prosperity and equality beyond Europeean borders also contribute to inclusive and sustainable growth in Europe. Stability and security in Europe will only be guaranteed if peace, based on inclusive development, can be maintained or strengthened in other parts of the world. EU migration, asylum and security objectives can only be assured when guided by an overarching objective of promoting human mobility that transcends populism and promotes the EU’s long-term interests. Environmental sustainability in Europe requires a credible and convincing external climate policy that secures a global consensus. The EU and its member states thus have to develop a strategic vision for the future that redefines Europe's interests, its global role and its global responsibilities in the twenty-first century, secures European influence in the world and guides its contribution to global public goods. A new strategic global direction for the EU therefore has to go beyond a narrowly defined security strategy and include the different interconnected external and domestic policy areas of the EU that are relevant to address inter-related and complex global development challenges. Key parameters for an EU global strategy The Lisbon Treaty states that the EU commits not only to the protection of its own citizens but also to sustainable development, the eradication of poverty, free and fair trade and democracy and human rights. The EU's new strategy has to do justice to these commitments.
The current negotiations for a new universal global development agenda and Europe’s own position set the international framework for this strategy as it aims to develop universal targets for all countries in the world. Implementing the agenda in the EU thus not only requires an external global strategy, but also an internal strategy (which could either build on the existing EU strategy for sustainable development or on a substantially revised and expanded set of goals and indicators of the EU2020 strategy), and both have to be coherent with each other. A main implication of the new agenda is that the EU’s development policy will definitively become a strategic part and parcel of EU public policy, thus requiring optimal integration and promotion through the EU’s foreign policy.

The development of a global strategy is an opportunity for a discussion and closer cooperation among EU institutions and EU member states and all actors related to external and domestic action (including Security, Development, Climate, Trade). An EU global strategy could then also guide future institutional reforms and review of the instruments of external action, in particular the negotiations for the next multi-annual financial framework and the expiry of the Cotonou Agreement in 2020.

Entwicklungspolitische Beiträge zu einer europäischen Flüchtlingspolitik

Tue, 05/05/2015 - 12:37
Bonn, 05.05.2015. Wie kann und sollte Europa auf die steigenden Flüchtlingszahlen und den Tod von Tausenden von Flüchtlingen im Mittelmeer reagieren? Entwicklungsminister Gerd Müller fordert zusätzlich zehn Mrd. Euro zur Fluchtursachenbekämpfung in den Herkunftsländern. Theo Sommer hat auf ZEIT Online in seinem Artikel „Kein Hilfsgeld für korrupte Kleptokraten“ dagegen argumentiert, dass zusätzliche Entwicklungsgelder wenig zur Lösung der Flüchtlingskrise beitrügen. Die Gelder würden eher in den Fängen korrupter Politiker der Entwicklungsländer versickern.

Fluchtursachen begegnen – auch und gerade in Staaten mit korrupten Regierungen
Die Konsequenz von Theo Sommers Argumentation wäre, dass sich Flüchtlingspolitik allein auf Grenzschutz und Seenotrettung beschränken würde. Es ist aber unwahrscheinlich, dass dadurch Flüchtlingszahlen kurz- bis mittelfristig zurückgehen. Es wäre außerdem mit einem erheblichen Ansehensverlust für Europa verbunden, wenn sich die Antwort auf die Flüchtlingskrise auf mehr Gelder für die ‚Operation Triton‘ beschränken würde.

Die Einhegung von Fluchtursachen in afrikanischen Gesellschaften bleibt alternativlos. Doch heißt das mehr Geld für korrupte Regierungen? Die von Theo Sommer formulierte Kritik geht an der entwicklungspolitischen Realität vorbei und tappt in die „Allzuständigkeitsfalle“. Verfehlte Entwicklungspolitik und Korruption können nicht für alle Entwicklungsprobleme verantwortlich gemacht werden.

Keineswegs verschwindet jeder Euro in den Taschen korrupter Kleptokraten. Stattdessen ist Korruptionsbekämpfung auch eine entwicklungspolitische Aufgabe. Europäische Steuergelder werden genutzt, um Rechnungshöfe aufzubauen oder Nichtregierungsorganisationen in Anti-Korruptionskampagnen zu unterstützen. Die Ergebnisse sind gemischt, zugegeben. Nichts spricht jedoch dafür, korrupte Machenschaften sich selbst zu überlassen.

Gleichzeitig dürfen die Möglichkeiten von Entwicklungspolitik nicht überschätzt werden. Deshalb muss auch die Forderung nach mehr Geld mit einer klaren Strategie verbunden sein, wo und wie dieses Geld einen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation von 1,1 Mrd. Afrikanern leisten kann.

Unterschiede erkennen
Die Gründe, warum Menschen aus Syrien, Eritrea, Somalia, Nigeria, Mali oder Senegal nach Europa fliehen, sind sehr unterschiedlich. Dementsprechend müssen auch die politischen Maßnahmen gegen Fluchtursachen an die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten einzelner Gesellschaften anknüpfen. In einigen Fällen kann und sollte Entwicklungspolitik eine noch wichtigere Rolle spielen. In anderen nicht.

In Syrien und dem Irak herrscht Bürgerkrieg. Eritrea ist eine der repressivsten Diktaturen weltweit. In Somalia gibt es quasi keine staatlichen Strukturen. Nigeria bleibt zwar die größte afrikanische Wirtschaftsmacht, doch ist die Regierung im Norden durch Boko Haram massiv unter Druck geraten. Senegal ist inzwischen ein Land mit mittlerem Einkommen, das politisch vergleichsweise offen ist. Entgegen des von Theo Sommer gezeichneten Chaosszenarios existieren im Süden von Mali, wo 94 % der Malier wohnen, staatliche Strukturen.

In Ländern wie Senegal oder Mali wird eine Grundvoraussetzung für entwicklungspolitischen Erfolg erfüllt: Die Bereitschaft politischer Eliten, sich mit Fragen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung auseinanderzusetzen. Die Beratung von Ministerien zur Verbesserung von Basisdienstleistungen wie den Ausbau und die Vernetzung lokaler Märkte können einen Unterschied für die wirtschaftliche Zukunft dieser Länder machen.

Schwieriger ist es in Fällen wie Eritrea oder Somalia. Eritrea ist seit Jahren international isoliert und erhält derzeit kaum Entwicklungsgelder. Hier bietet sich vor allem die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft an, auch wenn dies nur einen winzigen Beitrag zu einem Öffnungsprozess leisten kann. In Somalia und Somaliland sind die Möglichkeiten von Entwicklungspolitik zweifellos äußerst begrenzt. Die Länder sich selbst zu überlassen oder allein auf die Bekämpfung der Piraten zu fokussieren, ist allerdings keine Alternative.

Keine Angst vor politischer Strukturreform!
Fluchtursachen können nur durch strukturelle Staatsreformen in afrikanischen Ländern nachhaltig eingehegt werden. Ohne funktionierenden Staat und gutes Regieren werden beispielsweise keine Arbeitsplätze geschaffen oder Investitionen angelockt. Auch die von Bundesminister Müller geforderte Einbindung der Wirtschaft darf daher nicht fehlen. Doch die Forderungen nach kurzfristig angelegten Infrastrukturmaßnahmen oder Investitionen in Ausbildung reichen nicht aus. Es bedarf eines Staates, der Bildungssysteme entwickelt und Straßen in Stand hält. Daher kann und sollte Entwicklungspolitik auch Strukturreformen fördern.

Schließlich kann Entwicklungspolitik Fluchtursachen nicht im Alleingang begegnen. Gerade in der Flüchtlingspolitik müssen Entwicklungs-, Außen- und Innenpolitik sehr eng zusammenarbeiten und sich darüber hinaus als ‚Sicherheitspolitik für die Menschen‘ qualifizieren. Nur dann kann auch ein stärkeres entwicklungspolitisches Engagement einen nachhaltigen Beitrag zur Flüchtlingspolitik leisten.

Burundi: Von der Instabilität zur Eskalation

Tue, 28/04/2015 - 13:00
Bonn, 28.04.2015. Tausende Menschen fliehen zurzeit täglich aus dem zentralafrikanischen Burundi. Die dort anstehenden Wahlen – am 26. Mai wird für das neue Parlament abgestimmt, am 26. Juni für den Präsidenten – bieten erhebliches Konfliktpotential in einem der ohnehin ärmsten Länder der Welt, das im Human Development Index Platz 180 von 187 belegt. Nun hat sich im Vorfeld der Wahlen die politische Situation rapide verschlechtert, nachdem Präsident Pierre Nkurunziza von der Regierungspartei (CNDD-FDD, die die wichtigste Rebellengruppe während des bis 2005 anhaltenden Bürgerkriegs war) für eine dritte Amtszeit benannt wurde, obwohl die Verfassung auf eine Begrenzung von zwei Amtszeiten abzielt. Nach der offiziellen Nominierung am vergangenen Samstag fürchten die Menschen nun eine Welle der Gewalt.

Die vergangenen Wochen hatten bereits deutlich gemacht, dass große Teile der Bevölkerung eine solche Entscheidung nicht einfach hinnehmen würden. Diesen Protesten ist die Regierung nicht erst seit diesem Wochenende mit Polizeigewalt begegnet, bei denen es zu Todesopfern kam. Marodierende paramilitärische Jugendgruppen, die der Regierungspartei nahestehen, haben die Gewaltspirale wesentlich eskalieren lassen und das Land in eine erneute Krisensituation versetzt. Rund 3.000 Menschen, die täglich nach Ruanda fliehen, sind ein klarer und vor allem trauriger Indikator für die großen Befürchtungen in der burundischen Bevölkerung. Flüchtlinge werden von Sicherheitskräften daran gehindert, Burundi zu verlassen. Aus Angst, ihr Hab und Gut zu verlieren, bleiben Menschen teilweise in ihren Häusern, während sie ihre Kinder ins Ausland zu bringen versuchen.

Schon die vergangenen zehn Jahre waren immer wieder von Phasen der Instabilität geprägt. Drei große Probleme lassen sich erkennen. Erstens verliefen die ersten Wahlen nach dem 12-jährigen Bürgerkrieg 2005 zwar positiv, insgesamt aber schien das Land sich dem (damaligen) Demokratisierungstrend in verschiedenen Teilen Subsahara-Afrikas mit einiger Verspätung anzuschließen. Präsident und Regierungspartei versinnbildlichten allerdings immer wieder, dass es sich bei der burundischen Demokratie in vielen Bereichen bestenfalls um eine brüchige Fassade handelte. Politisch motivierte Gewalt und systematische Einschüchterung von Opposition und Zivilgesellschaft (die es immerhin gibt!) waren bereits in den vergangenen Jahren Teil der Politik Präsident Nkurunzizas.

Zweitens ist es dem Land bislang kaum gelungen, die ethnische Überlagerung der burundischen Politik zu überwinden: Die Regierungspartei gilt weiterhin als eine Hutu-Partei, unter den Flüchtlingen nach Ruanda sind vor allem Tutsi. Damit bestimmen Gruppenidentitäten wesentlich über Zugang zu politischer Teilhabe und Wohlstand. Der Fortbestand dieser Muster, die ethnische Prägung der Parteien und die mögliche ethnische Instrumentalisierung von politischen Konflikten zählen damit weiterhin zu den brisanten Kernproblemen des Landes.

Drittens hat es Burundi in den vergangenen zehn Jahren nicht vermocht, spürbare soziale und ökonomische Fortschritte zu erreichen. Das Land zählt weiterhin zu den ärmsten der Welt. Die geringe Entwicklungsorientierung der Regierung, weit verbreitete Korruption der Elite und ein Präsident, der weniger durch überzeugende politische Konzepte, sondern vor allem wegen seines ausgeprägten Fußballhobbys von sich reden macht, haben dazu beigetragen, dass das Land rund 10 Jahre letztlich vor sich hin dümpelte.

Entwicklungszusammenarbeit, die weiterhin wichtig für das Funktionieren des Landes ist, stand und steht in diesem Land vor einem Dilemma. Einerseits sollte nach dem Ende des Bürgerkriegs alles getan werden, um ein erneutes Abgleiten in das Bürgerkriegschaos zu verhindern. Insofern war (und ist) der internationalen Gemeinschaft daran gelegen, eine „Friedensdividende" für das Land spürbar zu machen und allen Gruppierungen im Land einen Anreiz zu bieten, in die Überwindung der Konfliktstrukturen zu investieren. Andererseits haben diese Hilfeleistungen dazu beigetragen, die herrschende Elite von ihrer Verantwortung zu entbinden, die Entwicklung des Landes selbst voran zu bringen. Zudem haben die klaren Hinweise der Gebergemeinschaft, eine nicht verfassungsgemäße dritte Amtszeit des Präsidenten werde nicht unterstützt, trotz der Abhängigkeit Burundis von ausländischen Gebern wenig Wirkung gezeigt. Auch die Regierung weiß um dieses Geberdilemma und vertraut letztlich darauf, dass sich die internationale Gemeinschaft mit den Realitäten im Land arrangiert.

Mit diesem Dilemma werden die Geber in den nächsten Wochen und Monate weiter umgehen müssen. Vorerst geht es um Schadensbegrenzung: Wenn Präsident Nkurunziza schon für eine dritte Amtszeit kandidiert, dann möge er doch zumindest sicherstellen, dass die staatlich organisierte und tolerierte Gewalt gegen die Opposition aufhört und die Wahlen frei und fair verlaufen.

Finanzmarktregulierung muss auch Flüchtlingen und Migranten helfen

Mon, 13/04/2015 - 08:00
Bonn, 13.04.2015. Flucht und Vertreibung bleiben ein dominierendes Thema der öffentlichen Wahrnehmung und des politischen Diskurses in Deutschland und Europa. Das äußert sich unter anderem im andauernden Streit zwischen Bund und Ländern über vermeintlich unrealistische Flüchtlingszahl-Prognosen, der Fremdenhass-Debatte nach dem Brandanschlag auf eine designierte Flüchtlingsunterkunft in Sachsen-Anhalt oder in der Drohung des griechischen Verteidigungsministers, Flüchtlinge nach Deutschland „weiterzuleiten“. Auf den ersten Blick hat dies nur wenig mit den Bemühungen der Europäischen Union (EU) zu tun, die Finanzmärkte neu zu regulieren. Aktuell berät der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss über eine Neufassung und Erweiterung der Richtlinie zu Zahlungsdiensten und der Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen (Payment Settlements Directive II). Diese betrifft auch Rücküberweisungen, also Bargeldtransfers von Migranten und Flüchtlingen an ihre Familien in den jeweiligen Herkunftsländern. Eine Neufassung dieser Richtlinie, welche die teilweise sehr hohen Gebühren für Rücküberweisungen senken würde, könnte einen großen entwicklungspolitischen Beitrag leisten. Gerade Deutschland sollte hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Das Volumen von Rücküberweisungen in Entwicklungsländer wird 2015 geschätzte 450 Mrd. USD erreichen und übertrifft damit bei Weitem die internationale Entwicklungshilfe. Auch Flüchtlinge selbst tragen zu diesen Geldflüssen bei, indem sie Rücküberweisungen tätigen und ihre Verwandten sowohl in den Herkunftsländern als auch in Asyl gewährenden Nachbarländern unterstützen. Der Libanon, Jordanien und auch Syrien selbst weisen seit 2011 stark gestiegene Rücküberweisungen aufgrund des Bürgerkrieges in Syrien auf. Rücküberweisungen werden dabei nicht nur für den Erwerb von Lebensmitteln verwendet. Sie werden auch für Gesundheits- und Bildungsausgaben sowie für die Kompensation von Schäden und Verlusten, die durch Konflikte aber auch Wirtschaftskrisen oder Umweltkatastrophen entstanden sind, genutzt. Rücküberweisungen sind in der Regel antizyklisch: Sie steigen in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Krisen, da Migranten gerade dann ihre Familien in den Herkunftsländern verstärkt unterstützen. In dauerhaft instabilen Ländern sind Rücküberweisungen geradezu überlebenswichtig. Wenn die rechtliche Situation oder die Arbeits- und Lebensbedingungen von Migranten und Flüchtlingen prekär sind, fällt es ihnen allerdings schwer, die Entwicklung in ihren Herkunftsländern mithilfe von Rücküberweisungen zu unterstützen. Die positiven Effekte von Rücküberweisungen werden aber auch sehr durch hohe Transaktionskosten beeinträchtigt. In Deutschland liegen diese Kosten im Durchschnitt bei 9 %, was nur leicht über dem Mittelwert aller G20-Länder von etwa 8 % liegt. Allerdings sind die Gebühren für den Geldtransfer in bestimmte Länder deutlich höher. Für den Transfer von 140 € von Deutschland in den Libanon mussten beispielsweise Ende 2014 im Schnitt – gemessen an den Angeboten der verschiedenen Finanzdienstleister –rund 23 € an Gebühren ausgeben werden. Die oft ohnehin schon relativ niedrigen Bargeldtransfers werden so stark geschmälert. Ein Großteil der Rücküberweisungen wird von Anbietern von Bargeldtransfers wie zum Beispiel Western Union durchgeführt. Zur Abwicklung der Zahlung müssen diese Institutionen Zugang zum inländischen Zahlungssystem haben. Dieser erfolgt entweder direkt oder indirekt über ein Konto bei einer Bank, die dem Zahlungssystem angehört. Daher könnten ein verbesserter Zugang der Anbieter von Bargeldtransfers zu den Zahlungssystemen, eine konsistente Regulierung aller Zahlungsdienstleister und ein damit verbundener stärkerer Wettbewerb zu einer weiteren Reduzierung der Kosten für Rücküberweisungen führen. Eine entsprechende Neufassung der ‚Zahlungsdiensterichtlinie‘ hätte hier enormes Potential und auch eine weltweite Signalwirkung. Deutschland sollte dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Denn Deutschland steht in der Liste der Länder, aus denen laut Angaben der Weltbank weltweit die meisten Gelder von Migranten in ihre Herkunftsländer fließen, auf einem beachtlichen fünften Platz mit über 20 Mrd. USD. Das beantwortet – ein weiteres Mal – die seit Jahren diskutierte Frage, ob Deutschland denn ein Einwanderungsland sei, mit einem eindeutigen „ja“. Es zeigt aber auch, dass Zuwanderung ebenfalls eine enorme Bedeutung für die Herkunftsländer der Migranten und Flüchtlinge hat. Leider neigen gerade die Deutschen dazu, die Auswirkungen von Migration und Flucht auf die eigene Gesellschaft und Volkswirtschaft zu reduzieren. Die Transaktionskosten für Rücküberweisungen zu senken, wäre ein wichtiges entwicklungspolitisches Signal. Es würde unterstreichen, dass Deutschland sein Streben nach mehr globaler Verantwortung nicht nur militärisch interpretieren möchte. Und für Europa wäre es ein Schritt, der wegführt von einer Flüchtlingspolitik, die nur auf Abschreckung setzt.

Die globale Entwicklungsagenda und die Hausaufgaben der G7

Tue, 07/04/2015 - 10:01
Bonn, 07.04.2015. Drei zukunftsweisende Gipfel der Vereinten Nationen (UN) in diesem Jahr sollen die globale Agenda bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts prägen. Der erste Gipfel findet im Juli in Addis Abeba statt und beschließt, wie die globale Entwicklungsagenda von der internationalen Gemeinschaft finanziert und durch Technologietransfer und andere Mittel umgesetzt werden soll. Während der UN-Generalversammlung im September in New York wird die globale Post-2015-Agenda mit voraussichtlich 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) konkretisiert, die für alle Länder bis 2030 gelten sollen. Im Dezember steht in Paris schließlich die UN-Klimakonferenz an, auf der die Staaten einen neuen, allgemein gültigen Klimavertrag verabschieden wollen.
Da diese multilateralen Großereignisse die ganze Welt betreffen, müssen die G7 ihren Teil zum Gelingen beitragen. Die deutsche Präsidentschaft des G7-Gipfels im Juni auf Schloss Elmau muss dazu genutzt werden, die neue globale Agenda und die vorgesehenen Ziele für nachhaltige Entwicklung auf drei Ebenen zu unterstützen – in den G7-Staaten selbst, in Entwicklungsländern und auf globaler Ebene. Vor der eigenen Haustür kehren
Erstens sollten die G7 Veränderungen anregen, die bedeutende globale Auswirkungen haben. Während die Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) nahezu ausschließlich Veränderungen in Ländern geringen und mittleren Einkommens betrafen, sollen die neuen Ziele für nachhaltige Entwicklung eine globale Transformation bewirken. Das bedeutet, alle Regierungen, auch die der G7, müssen zu Hause handeln und ihre nationale Politik auf die neue globale Agenda für nachhaltige Entwicklung abstimmen. Deshalb sind nationale SDG-Umsetzungspläne notwendig, um über den Stand der Umsetzung Rechenschaft abzulegen. Gerade die wohlhabenden Industrienationen müssen im Rahmen der G7 stärkere Verantwortung für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster übernehmen, indem sie beispielsweise Unternehmen für die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards zur Rechenschaft ziehen und die Ressourceneffizienz deutlich verbessern. Außerdem sind die G7-Staaten aufgefordert, ihre nationalen Beiträge zur Eindämmung der Erderwärmung auf maximal 2°C zeitlich und inhaltlich zu konkretisieren. In armen Ländern: Entwicklung fördern
Zweitens muss die G7 ihre Bereitschaft erklären, nachhaltige Entwicklung in Entwicklungsländern stärker zu fördern. Die G7-Länder sollten sich dazu bekennen, ihre Beiträge zu öffentlichen Entwicklungsleistungen (Official Development Assistance, ODA) substantiell zu erhöhen. Wie vom deutschen Sustainable Development Solutions Network (SDSN Germany) vorgeschlagen, sollte insbesondere die jährliche ODA der G7-Staaten an die ärmsten Länder bis 2020 verdoppelt werden und auf mehr als 50 Mrd. USD ansteigen. Gleichermaßen müssen die G7 ihre finanziellen Versprechen zur Klimafinanzierung einhalten und mit Leben füllen. SDSN Germany schlägt vor, dass die G7 von 2020 an zunächst für fünf Jahre je 50 Mrd. USD zusätzlich für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zur Verfügung stellen, damit der Klimawandel gemindert und seine Auswirkungen abgefedert werden können. Die G7 sollten zudem den Technologietransfer in ärmere Länder vorantreiben. In diesem Zusammenhang sollten sich die G7 für die geplante UN-Technologiebank einsetzen, die beispielsweise den Zugang der Entwicklungsländer zu neuen Technologien unterstützen soll. Angesichts der Ebola-Krise in Westafrika, auf die die internationale Gemeinschaft nicht schnell und schlagkräftig genug geantwortet hat, gilt es außerdem, nationale Gesundheitssysteme in ärmeren Ländern zu stärken und Vorsorge für weitere Krisen zu fördern. Dafür sollten die G7 substantielle Zusagen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und für den neu geplanten Gesundheitsnotfallfonds machen. Auf globaler Ebene: Gerechte Global Governance fördern
Drittens müssen die G7-Staaten auf globaler Ebene ihre Unterstützung für effektivere und legitimere Institutionen bekennen. Hierzu zählt die Umsetzung der vereinbarten Governance-Reformen bei den multilateralen Institutionen, wie zum Beispiel die Reform der Stimmrechte beim Internationalen Währungsfonds (IWF), die die aktuelle ökonomische Bedeutung des Südens besser widerspiegelt. Die Bereitschaft, sich für ein fair ausgestaltetes internationales Handels- und Investitionssystem einzusetzen, wäre ein weiteres starkes Signal. Konkret dürfen Abkommen zwischen den Industrieländern, wie zum Beispiel die Transatlantische Handels- und Investiti-onspartnerschaft (TTIP), Entwicklungsländer nicht marginalisieren. Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter der globalen Güter und globaler Systemrisiken – ebenso wie das beispielloser globaler Entwicklungschancen. Die Einbindung der G7-Staaten in die Umsetzung der globalen Entwicklungsagenda ist daher eine sine qua non für die weltweite Sicherung des Wohlstandes im Rahmen der planetarischen Leitplanken.

Paradigmenwechsel in der Syrien- und Nahostpolitik?

Tue, 31/03/2015 - 15:13
Bonn, 31.03.2015. Syriens Machthaber Assad hat sich kürzlich in einem CBS-Fernsehinterview erneut dem Westen als politischer Partner angeboten. In den Wochen zuvor hatten der amerikanische und der deutsche Außenminister bereits angedeutet, dass das Regime wieder stärker in die Lösungsversuche einbezogen werden müsste. Doch kann das Assad-Regime deshalb wieder Partner des Westens sein? Alle politischen Verhandlungen mit dem Assad-Regime im Rahmen der Vereinten Nationen scheiterten bislang. An bereits erreichte Vereinbarungen (‚Genf I‘) sah Assad sich in der Folge nicht mehr gebunden. Weitere internationale Lösungsversuche (‚Genf II‘, Moskau I‘) scheiterten, weil minimale Erfolgsaussichten für eine politische Lösung nicht gegeben waren. Die jetzt in die politische Öffentlichkeit lancierte Aufwertung des Regimes zum zwar unartigen, aber vielleicht durchsetzungsfähigen ‚Ordnungshüter‘ würde indes nicht einmal die fortwährende Brutalisierung des Konflikts oder auch nur die Ausbreitung des selbst ernannten ‚Islamischen Staates‘ (IS) stoppen. Leider geschähe das Gegenteil: Der militärisch schon überraschend starke ’IS‘ würde erst durch die westliche Wiederannäherung an Assad zusätzlich zur politischen Großmacht aufgewertet. Mehr Reputation und weitere Gefolgschaft kann ‚IS‘ sich gar nicht selbst verschaffen: Nämlich die Position seiner faktischen Unabhängigkeit von politischer Patronage und Unabhängigkeit von massiver finanzieller Zuwendung von außen demonstrieren zu können. Darüber verfügen in der Region gerade einmal noch die Ordnungsmächte Saudi-Arabien, Türkei, Katar und Iran. Die ‚islamisch‘ als ‚Kalifat‘ behauptete Souveränität von ‚IS‘ kommt vor der Abhängigkeit des Assad-Regimes von äußerer Anerkennung noch besser zum Tragen. Schon jetzt ist das politisch gescheiterte Regime in Damaskus abhängig von der Waffenhilfe Russlands sowie von direkter paramilitärischer Unterstützung aus dem Iran und durch die libanesischen Hisbollah-Milizen. Dabei ist Souveränität das politische Alleinstellungsmerkmal in der Region – nicht nur in den Augen der Kämpfer für den vermeintlichen ‚Heiligen Krieg/Jihad‘. Aus Sicht der Jihadisten tritt dagegen in den Hintergrund, dass ‚IS‘ der Aufstieg nur aufgrund der vorherigen Schwächung der Gesellschaften wegen des Bürgerkriegs in Syrien und der US-Intervention im Irak gelang. Und, nicht zu vergessen: Weil Assad die späteren Anführer des ‚IS‘ aus seinen eigenen Kerkern entlassen hatte. Kaum abschreckend, und offenbar eher attraktiv, wirkt im Kreis der ‚IS‘-Sympathisanten dessen gewaltökonomisches Geschäftsmodell: von politischer Repression und Verfolgung von Minderheiten, Raub, Schutz- und Lösegelderpressung sowie Ressourcendiebstahl und Verkauf antiker Kulturgüter. Die Politik in Europa und den USA sollte nicht mehr bereit sein, sich von Machthabern und einzelnen Gewaltunternehmern erneut das bekannte nahöstliche Theaterstück aufführen zu lassen. Das Stück von der ‚islami(st)ischen Gefahr‘ oder gar der vermeintlichen ‚Demokratie-Unfähigkeit der Araber/Muslime‘. Der arabische Frühling 2011 hat das Stück als hohle Kulissenschieberei entlarvt. Tunesien ist ein zwar sehr gefährdetes, aber politisch eindrucksvolles Gegenbeispiel – trotz des jüngsten Anschlages auf das Nationalmuseum von Bardo. Unbestreitbar geht eine reale Gefahr von Akteuren wie ‚IS‘, diversen al-Qa’eda-Ablegern, Jihadisten – vielleicht sogar von Muslimbrüdern selbst aus. Im gleichen Maß aber auch davon, dass ihre Existenz den Autokraten in der Region im Westen zu politischem Ansehen und gar wirtschaftlicher Unterstützung verhilft. Das wäre verhängnisvoll. Denn diese Strategie verdeckt abermals, wie seinerzeit vor dem arabischen Frühling, die Ursachen der Konflikte und mögliche Lösungswege aufzeigen zu können. Auch werden die Kosten kurzsichtiger Politik zuerst von Menschen in der Region getragen. Von denen, die trotz politischer Repression, terroristischer Bedrohung durch das eigene Regime, durch Gewaltunternehmer und durch ausländische Kämpfer den Mut aufbringen, für eine Vision des friedlichen Wandels und des Zusammenlebens aller einzutreten. Westliche Sicherheits-, Außen- und Entwicklungspolitik muss an der Seite dieser Menschen stehen. Die Konflikte selbst kann der Westen nicht lösen. Im Kleinen müssen wir (Über-)leben und Perspektiven sichern für die Flüchtlinge, für die aufnehmenden Gemeinden und die Nachbarländer. Die heutige Ankündigung von Bundesminister Gerd Müller, 155 Mio. € für die syrische Flüchtlingskrise zur Verfügung zu stellen, ist hierzu ein wichtiger Beitrag. Im Großen heißt das, auch den widerstreitenden Interessen von Großmächten in der Region den Weg zum Verhandlungstisch zu bahnen. Längst ist keine der syrischen Konfliktparteien mehr souverän genug, auch nur, den Kernkonflikt um den Wiederaufbau der Gesellschaft und die Neudefinition von Politik zu lösen. Es geht dabei besonders um die Verwobenheit von innergesellschaftlichen mit zwischenstaatlichen Interessengegensätzen und Konflikten. Das gilt auch für die aktuellen Krisen im Irak, im Jemen und in Israel/Palästina. Jetzt ist die Zeit gekommen, die alte und doch aktuelle Vision einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im gesamten Nahen und Mittleren Osten wieder aufzunehmen und fortzuentwickeln.

Ägypten: Die Herausforderungen des Wandels bewältigen

Fri, 27/03/2015 - 12:32
Bonn, Kairo, 30.03.2015. Vom 13.-15. März 2015 organisierte die ägyptische Regierung eine internationale Großveranstaltung, die „Egypt Economic Development Conference“. Ziel war es, das Land auf der Agenda der Investoren neu zu positionieren und so die Wirtschaft zu stabilisieren. Die Ergebnisse dieser Konferenz sind ermutigend, zeigen aber auch, wie wichtig es für Ägypten ist, für eine Agenda des Wandels das notwendige Engagement unter Beweis zu stellen. Ägyptens Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklungsökonomie könnte zu einer notwendigen Bedingung für seine wirtschaftliche und politische Stabilität werden. Die Bevölkerung hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten mehr als verdoppelt; sie lebt auf weniger als sieben Prozent des Staatsgebiets. Die Herausforderungen sind gewaltig: ein bescheidenes Pro-Kopf-Einkommen, 40 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze und die Jugendarbeitslosigkeit ist höher als je zuvor. Die Probleme werden durch abnehmende Wettbewerbsfähigkeit, schwindende Energie-, Wasser- und Ernährungssicherheit, geringe Investitionen und einen geschwächten Industriesektor noch verschärft. Die Last historisch hoher und wenig zielgenauer Subventionen für fossile Brennstoffe hat die Energiekrise weiter zugespitzt. Ausgaben für soziale und wirtschaftliche Zwecke werden verhindert und Investitionen in saubere Energietechnologien gehemmt. Der Wandel muss mitten in einer politischen Übergangsphase und in einer prekären Wirtschaftslage stattfinden, die durch anhaltende politische Unruhen noch verstärkt wird.  Das Ziel der Konferenz, neues Licht auf Ägyptens großes Entwicklungspotenzial zu werfen und Investitionen in Großprojekte anzuziehen, scheint erreicht. Die ägyptische Regierung hat erste Schritte zur Stabilisierung der Wirtschaft vorgestellt, darunter Subventions- und Steuerreformen sowie Pläne für große Infrastrukturprojekte. Am Ende der dreitägigen Veranstaltung wurden Abkommen und Absichtserklärungen mit internationalen Unternehmen unterzeichnet, die auf 150-170 Mrd. USD geschätzt werden. Die meisten Projekte betreffen die Sektoren Energie, Immobilien, Nahrungsmittel und Infrastruktur. Die Veranstaltung zeigte das Interesse von Investoren am ägyptischen Markt und läutete eine neue Entwicklungsphase ein, die die Probleme der Vergangenheit angehen soll. Doch tut die ägyptische Regierung genug für nachhaltige Entwicklung? Beispiel Energiesektor: obwohl einige Investitionen in saubere Energien vereinbart wurden, gibt es mehr Projekte für konventionelle Energien – entsprechend der Energiemix-Strategie der Regierung, die auf geringe Kosten abzielt. Ein großes Projekt der Landgewinnung und die diskutierte Entwicklung der Suezkanal-Region scheinen sich des Problems der Bevölkerungsverteilung anzunehmen. Doch es ist fraglich, ob diese kapitalintensiven Investitionen auch die Arbeitslosigkeit verringern können. Die neuen Immobilienprojekte, welche die urbane Bevölkerungsdichte regulieren sollen, sind ebenso umstritten, z. B. die neue Verwaltungshauptstadt. Der ägyptischen Regierung scheint bewusst zu sein, dass die Konferenz nicht der einzige Anstoß sein kann. So wurde parallel ein Programm zur Unterstützung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) aufgelegt. Allerdings müssen die Verbindungen zwischen den verschiedenen Aktionslinien und ihre gegenseitige Verstärkung deutlicher werden. Eine langfristige Strategie nachhaltiger Entwicklung muss noch erarbeitet werden. Einmal entwickelt, hängt ihr Erfolg entscheidend von der Umsetzung ab. Der beabsichtigte Wandel erfordert das Handeln eines starken und leistungsfähigen Staates, der in der Lage ist, unvermeidbare Ungleichgewichte und für Übergangsphasen typische Engpässe vorherzusehen und mit ihnen umzugehen. Der Staat muss fähig sein, frühere Fehler zu reflektieren, systematisches Lernen in seinen Entscheidungsfindungsprozess zu integrieren und eine langfristige Perspektive zu verfolgen. Um stark und leistungsfähig zu sein, sollte er auf inklusive Lösungen abzielen und auf den Widerstand von Gruppen eingestellt sein, die an der Aufrechterhaltung des Status quo interessiert sind. Sein Handeln sollte sich nicht an der derzeit vorherrschenden Denkschule orientieren, nach der die ungleiche Verteilung von Reichtum zu einer unvermeidbaren Phase gehört, die schließlich zu einem ‚Durchsickern‘ führt. Der Erfolg der Konferenz bei der Mobilisierung von Investitionen lässt daher einige wichtige Fragen offen: Wie kann der Wandel zu nachhaltiger Entwicklung sowohl die Probleme der Vergangenheit bewältigen als auch eine Zukunftsperspektive eröffnen? Wie können Investoren, die im Allgemeinen auf niedriges Risiko und hohen kurzfristigen Profit aus sind, in den Prozess eingebunden werden? Wie können solche Investitionen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und soziale Integration ausgerichtet werden? Wie kann die Regierung Fragen der Energiesicherheit angehen und dabei vermeiden, auf konventionelle Brennstoffe zu setzen? Allgemeiner gefragt, welche Schritte sollten Regierungen unternehmen, um staatliche Kapazität aufzubauen und sicherzustellen, dass künftiges Wachstum auf inklusiver Governance beruht?

The Declaration of Principles on Ethiopia’s Renaissance Dam: A breakthrough or another unfair deal?

Wed, 25/03/2015 - 14:06
Bonn, 25 March 2015. The Declaration of Principles on the Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) signed by the three Eastern Nile countries (Egypt, Ethiopia and Sudan) on 23 March 2015 in Khartoum has sparked much controversy among experts and commentators in Egypt. Some consider it a breakthrough between Egypt and Ethiopia after four years of tensions. Others opine that Egypt is bound to lose from this declaration, because it does not include a clear reference to Egypt’s historical rights in the Nile waters and does not ensure any reduction of the huge storage capacity of the GERD. The declaration is a positive step towards reaching a compromise on the largest dam project in an upstream Nile country. However, only the translation of this declaration into balanced technical agreements can build the missing trust between Egypt and Ethiopia and pave the way for sharing the dam’s benefits and reducing its potential negative impacts on downstream countries. A realistic compromise on a complex dilemma The Declaration cannot be evaluated without taking into account the current political context and the historical relations in the Nile basin. During the last decade the balance of power in the Nile basin has been changing in favor of Ethiopia. After decades of Egyptian domination, Ethiopia has managed to combine the hydrological advantage of its position as an upstream country that controls 86 % of the Nile waters and the economic advantage of sustained economic growth. This comes at a time when Egypt, which depends on the Nile for more than 90 % of its water needs, is struggling to sustain its economy after four years of instability. Trapped by its domestic political instability and economic challenges, Egypt was forced to accept the GERD as a fact on the ground. Although the International Panel of Experts that examined the dam recommended conducting more comprehensive studies on the impact of the project on downstream countries, Ethiopia has rejected freezing the construction of the dam until these studies are finalized. Historical mistrust and threats of using force by both sides have raised tensions and brought a halt to technical negotiations. In this context, the Declaration is a realistic compromise on a complex historical dilemma and a true reflection of the current balance of power. On its positive side, the declaration states that the three countries will cooperate to implement the recommendations of the International Panel of Experts, and to reach an agreement on the guidelines of filling and operating the dam. It sets a timeframe of 15 fifteen months from the start of preparing the required studies on the dam for the conclusion of this agreement. Ethiopia is committed, according to the declaration, to take the necessary steps to avoid causing a significant harm to Egypt and Sudan, to mitigate this harm in case it happens, and to discuss compensation “whenever convenient”. However, the Declaration includes no reference to historical agreements or to Egypt’s acquired share in the Nile waters. Furthermore, it did not commit Ethiopia to reconsider the size of the dam and the 74  billion cubic meters storage capacity of the reservoir, a size that several experts considered as technically unnecessary and economically irrational.
What next Much effort and good will is needed to build trust between the three Eastern Nile countries, in particular between Egypt and Ethiopia. The implementation of the recommendations of the international consultancy firm, which will conduct the required studies on the dam, and the resulting technical agreements that will be reached in light of the Declaration will be a necessary step in this direction. Any financial support for the project by international donors and organizations should remain conditional on this implementation. Only these technical agreements and the political will to implement them will determine if the GERD will provide a new example of win-win projects on shared rivers or a quest for development in one riparian state at the expense of others.

Rawia Tawfik is currently Guest Researcher at the German Development Institut / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) and Lecturer at Cairo University.

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