In den Jahren 2010 bis 2022 gehörten Rüstungsexporte in Länder außerhalb von EU und Nato wesentlich zur deutschen Sicherheitspolitik. Die Frage nach dem politischen Kalkül, das zahlreiche Bundesregierungen dazu bewogen hat, solche Waffenlieferungen an sogenannte Drittländer zu genehmigen, blieb oftmals unbeantwortet. Rückwirkend lassen sich aus öffentlichen Quellen vier damit verbundene Ziele identifizieren: Export von Stabilität, Einflussnahme auf Partnerstaaten, Förderung der heimischen Industrie und Unterstützung der europäischen Rüstungskooperation. Dabei fallen die Ergebnisse dieser Politik aus Sicht der Forschung durchwachsen aus; inwieweit Rüstungsexporte diese Ziele befördert haben, lässt sich oft nicht nachvollziehen. Deutlich wird aber, dass zwei Kontextfaktoren den Erfolg begünstigen: Berechenbarkeit der Beteiligten und Machtasymmetrie zwischen Geber und Empfänger. Im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben sich die Vorzeichen der deutschen Rüstungsexportpolitik verändert: Politische Argumente könnten in Zukunft ökonomische Erwägungen in den Hintergrund drängen. Die Bundesregierung sollte in Zukunft die Ziele ihrer Rüstungsexportpolitik klarer als bisher formulieren, die Auswahl möglicher Partner für Rüstungsexporte systematisieren und sich ein Instrumentarium zulegen, mit dem sich die Wirkung ihrer Politik überprüfen lässt.
Since Russia’s full-scale invasion of Ukraine on 24 February 2022, a process of securitisation of the European Union’s (EU) external action can be observed. From an institutional perspective, the Common Foreign and Security Policy (CFSP) increasingly overlaps with the Common Security and Defence Policy (CSDP). However, this does not solve the problem of a lack of capacity to act in foreign and security policy. On the contrary, the trend towards the securitisation of EU foreign policy is a distraction from the long overdue reform of Europe’s capacity to act in foreign and security policy. There are two options to finally improve this: a) a Europeanisation of the European pillar in NATO, and b) a communitarisation of the CFSP and CSDP.
Die Diversifizierung der Versorgung mit mineralischen Rohstoffen ist eine strategische Notwendigkeit. Dabei spielen rohstoffreiche Länder des Globalen Südens eine entscheidende Rolle. Sambia, ein wichtiger weltweiter Kupferexporteur mit weiteren kritischen Rohstoffen, sucht langfristige Allianzen, die Investitionen mobilisieren und lokale Wertschöpfung fördern. Die EU hat mit der strategischen Rohstoffpartnerschaft erste Grundlagen für die Kooperation geschaffen. Doch um im geopolitischen Wettbewerb zu bestehen, bedarf es stärkerer industriepolitischer Unterfütterung. Dazu gehören eine kohärente Außenpolitik im Sinne des »Team Europe«-Ansatzes und gezielte Finanzierungsinstrumente für industrielle Kooperationen.
Nach Einschätzung der US-Regierung arbeitet Russland daran, einzelne seiner Satelliten mit einem nuklearen Sprengkopf zu bewaffnen. Erlangte der Kreml diese Fähigkeit, könnte er durch die Zündung einer einzigen solchen Kernwaffe im erdnahen Orbit zentrale Teile der zivilen Satelliteninfrastruktur zerstören. Weil sich im Weltraum zudem wichtige Militärsatelliten der USA befinden, könnte ein Einsatz russischer Atomwaffen im All das US-Militär empfindlich schwächen – und aufgrund dieses Potentials eine militärische Eskalation auf der Erde auslösen. Bereits die Stationierung eines Atomsprengkopfs im All würde den internationalen Weltraumvertrag verletzen. Diese Fähigkeit zu erarbeiten passt in die russische Strategie, durch die Beschädigung der internationalen Ordnung sowie drastisches und riskantes Verhalten westliche Zugeständnisse zu erreichen, vor allem beim Thema Ukraine. Auch mit nichtnuklearen Antisatellitenwaffen versucht der Kreml, den zunehmend militarisierten Weltraum in dieses Vorgehen einzubinden. Gegen diese dauerhaft bestehende Herausforderung sollte sich Europa wappnen.
Whether and when the Gaza Strip will be rebuilt is uncertain in view of the renewed fighting between Israel and Hamas. Should this happen, the reconstruction plan presented by Egypt is likely to provide the blueprint. A network of economic and security actors centred around Ibrahim al-Argani – an entrepreneur with close ties to President Abdel Fattah al-Sisi, who has previously profited from the precarious situation in Gaza – stands to benefit in particular. Germany and its European partners who support the Egyptian plan should therefore insist on maximum transparency and accountability. Otherwise, there is a risk not only of disregarding Palestinian interests and incurring excessive costs, but also of further entrenching Egypt’s authoritarian system of governance.
Turkish migration to Western Europe, particularly Germany, has been driven by economic aspirations and socio-political conflicts. Since 2013, a new wave of highly skilled young Turks has migrated to Western states due to political instability. At the same time, a concerning trend emerging in Türkiye’s marginalised urban areas is the co-radicalisation of Turkish citizens and refugees fuelled by political and socio-economic tensions. This process, exacerbated by political actors exploiting cultural and civilizational divisions, could lead to a new wave of conflict-induced migration to Europe. To prevent this, proactive policies fostering dialogue and inclusive social programmes are needed, with adjusted support schemes to address root causes before they escalate.
Die Türkei droht, in die Autokratie abzugleiten – auch wenn der Widerstand der Oppositionspartei CHP infolge der Verhaftung Ekrem İmamoğlus vorerst verhindert hat, dass die Partei einem Treuhänder unterstellt und die Großstadtkommune İstanbul unter Zwangsverwaltung gestellt wird. Eine vollständige Autokratisierung der Türkei kann nur dann verhindert werden, wenn der Widerstand der Opposition auf breite und beständige Unterstützung in der Bevölkerung trifft, politische Instabilität das Wirtschaftswachstum gefährdet und die Europäische Union (EU) geschlossen reagiert. Es liegt nicht im Interesse der EU und Deutschlands, dass die Türkei durch weitere Autokratisierung politisch-wirtschaftlich in Schieflage gerät; denn dann könnte sie ihre regionalen Aufgaben – Eindämmung von Migrationsbewegungen, Abschreckung Russlands, Stabilisierung Syriens – nicht effektiv wahrnehmen. Die EU kann konstruktiv auf die Türkei einwirken, indem sie ihr Gespräche über die Modernisierung der Zollunion und über Visaerleichterungen in Aussicht stellt und ihr eine größere Mitsprache in der europäischen Sicherheitsarchitektur anbietet – geknüpft an die Bedingung, dass die Regierung die Spielregeln der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einhält.
Südostasien genießt schon lange außenpolitische Priorität in Japan, doch seit etwa 2012 hat Tokio sein Engagement intensiviert – sowohl gegenüber der ASEAN-Gemeinschaft als auch gegenüber einzelnen Mitgliedstaaten. Tokio betrachtet Chinas wachsenden Einfluss in Südostasien als zentrale außenpolitische Herausforderung. Es will verhindern, dass dort eine auf Machtasymmetrien beruhende hierarchische Ordnung um China herum entsteht. Mit der Region verbindet Japan wirtschaftliche ebenso wie außen- und sicherheitspolitische Interessen. Tokios Engagement in Südostasien zielt darauf, die regelbasierte, multilaterale Ordnung unter Einbeziehung der USA aufrechtzuerhalten. Bemerkenswert ist Tokios Engagement für geteilte Regeln, Prinzipien und Normen, etwa in den Bereichen Freihandel, Infrastrukturförderung oder maritime Sicherheit. Kontinuität und Wandel prägen Japans Südostasien-Ansatz seit 2012. Neu ist, dass Japan eine umfassendere sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit der Region sucht, etwa durch Dialoge, Übungen der Streitkräfte oder Ertüchtigungsprogramme. Von Bedeutung für Japan ist die ASEAN-Gemeinschaft als Dreh- und Angelpunkt regionaler Kooperationsformate. Tokio unterstützt die Gemeinschaft in ihrer institutionellen Weiterentwicklung und hilft, sozioökonomische Unterschiede zwischen Mitgliedstaaten auszugleichen. Japan intensiviert seine Beziehungen sowohl mit Ländern, die China eher kritisch gegenüberstehen – wie die Philippinen –, als auch mit Ländern, die eher als China zugewandt gelten – wie Kambodscha. Dies schließt auch die Sicherheitspolitik ein. Mit Kooperationsangeboten präsentiert Japan südostasiatischen Ländern Alternativen zu chinesischen Initiativen und verhindert so, dass China eine monopolartige Stellung in der Region einnimmt. Japan und Europa teilen das Interesse an einer stabilen, multilateralen Ordnung in Südostasien. Beide Seiten sollten sich daher zur Region stärker austauschen und durch komplementäre oder gemeinsame Initiativen ihre Einflussmöglichkeiten auf die dortigen geopolitischen Dynamiken ausschöpfen.