DIW-Studie untersucht auf Basis von SOEP-Daten die Entwicklung der Privatschulnutzung in West- und Ostdeutschland – Im Osten spielt neben der Bildung auch das Einkommen der Eltern eine immer größere Rolle – Private und öffentliche Schulen sollten für alle Kinder gleichermaßen attraktiv sein
Der Anteil von Kindern in Deutschland, die eine Privatschule besuchen, hat sich seit den 1990er Jahren in etwa verdoppelt: Mittlerweile gehen gut neun Prozent und damit fast jedes zehnte Kind hierzulande auf eine private und nicht auf eine öffentliche Schule. Ostdeutschland hat in dieser Hinsicht mit etwas mehr als zehn Prozent PrivatschülerInnen die westdeutschen Bundesländer inzwischen leicht überholt. Auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) haben Katja Görlitz, C. Katharina Spieß und Elena Ziege aus der Abteilung Bildung und Familie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) unter anderem herausgefunden, dass PrivatschülerInnen immer häufiger aus Akademikerhaushalten kommen. In den ostdeutschen Bundesländern hängt der Besuch einer Privatschule zudem zunehmend vom Einkommen der Eltern ab. „Die soziale Segregation zwischen privaten und öffentlichen Schulen hat in den vergangenen 20 Jahren deutlich zugenommen“, so Spieß.
Bundestag und Bundesrat haben heute das „Gute-KiTa-Gesetz“ beschlossen. Im Fall der geplanten Grundgesetzänderung im Bildungsbereich wurde hingegen der Vermittlungsausschuss angerufen. Zu den Entwicklungen äußert sich C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:
Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass der Bund mit dem „Gute-KiTa-Gesetz“ endlich ein Gesetz auf den Weg gebracht hat, das die Qualität in der Kindertagesbetreuung verbessern soll. Doch leider ist er dabei auf halbem Wege stehen geblieben. Denn ob die Qualität tatsächlich überall steigt, bleibt abzuwarten. Der Bund muss auf die Selbstverpflichtung der Länder vertrauen, geeignete Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung zu treffen. Damit werden sich die großen Qualitätsunterschiede zwischen den Ländern aber nicht zwingend verringern – zumal nicht auszuschließen ist, dass manche die Bundesmittel eher für beitragsfreie Kitas nutzen werden statt in pädagogische Fachkräfte und deren Qualifizierung zu investieren. Warum der Bund nicht direkt in Personal und Fortbildung investieren darf, bleibt rätselhaft. Beim „Digitalpakt Schule“, der derzeit wegen des Streits zwischen Bund und Ländern über die Grundgesetzänderung in der Warteschlange steckt, soll das schließlich gehen können, wenn er dann in Kraft tritt. In dieser Hinsicht sollte zwischen Schulen und dem Bereich der frühen Bildung, die nicht weniger wichtig ist, aber kein Unterschied gemacht werden. Wenn das Projekt „Bildungsrepublik Deutschland“ irgendwann das Ziel erreichen soll, muss endlich Schluss sein mit dem Flickenteppich. Umfang und Qualität der Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche dürfen nicht länger von deren Wohnort abhängen. Alles andere wäre halbherzig.Zu den Ergebnissen der heutigen Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) äußert sich DIW-Präsident Marcel Fratzscher wie folgt:
Die EZB ist an einem historischen Wendepunkt angekommen und wird ihr Anleihenkaufprogramm nun beenden. Die EZB war bisher sehr erfolgreich dabei, die geldpolitische Wende einzuleiten und dabei Verwerfungen an den Finanzmärkten zu vermeiden - anders als etwa die US-Notenbank. Die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für die EZB und gegen die deutschen Euro-Kritiker ist eine Bestätigung für den geldpolitischen Kurs der EZB und verschafft ihr einen wichtigen Rückenwind. Die Geldpolitik in der Eurozone wird auf lange Zeit expansiv bleiben. Die EZB hat ignalisiert, dass sie einen Konflikt um den Kapitalschlüssel bei den Anlagen in ihrer Bilanz vermeiden will und diese Anlagen recht mechanisch reinvestieren wird. Die EZB hat ihre Prognose geändert und gesteht ein, dass die Risiken für eine wirtschaftliche Abkühlung deutlich zugenommen haben. Ich befürchte, dass die EZB noch immer zu optimistisch ist, was ihre Fähigkeit betrifft, bald ihr Mandat der Preisstabilität zu erreichen. Sie hat angedeutet, dass die Zinsen frühestens 2020 wieder steigen werden und auch dann nur sehr langsam. Ich erwarte ein neues Kreditprogramm für den kommenden Sommer, um die Kreditvergabe an Banken weiterhin zu stützen.DIW Berlin korrigiert Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft nach unten – Ende der Hochkonjunktur nach Periode des überdurchschnittlichen Wachstums, unter dem Strich steht deutsche Wirtschaft aber nach wie vor vergleichsweise gut da – Große Unsicherheit über Fortgang des Brexit, ungeregelter EU-Austritt aber unwahrscheinlich
Die Zeiten der Hochkonjunktur in Deutschland sind vorbei: Nach einer bis in das Frühjahr 2018 anhaltenden außerordentlich starken Entwicklung normalisiert sich die Wachstumsdynamik der deutschen Wirtschaft. Sie wird in diesem und in den kommenden beiden Jahren aber weiter spürbar wachsen und sich der Normalauslastung nähern. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) korrigiert seine Prognose für das Wachstum der hiesigen Wirtschaftsleistung nach unten: auf 1,5 Prozent für dieses Jahr (0,3 Prozentpunkte weniger im Vergleich zur Herbstprognose) und 1,6 Prozent für das kommende Jahr (0,1 Prozentpunkte weniger als im Herbst). „Obwohl das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal dieses Jahres sogar erstmals seit langer Zeit gesunken war, ist die Gefahr einer Rezession gering“, sagt DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. „Denn der Rückschlag im Sommer hatte seine Ursache vor allem in der Automobilindustrie.“ Wegen Problemen bei der Zertifizierung nach den neuen Abgas- und Verbrauchsnormen der EU konnten die Hersteller nicht so viele Autos wie gedacht absetzen und drosselten daraufhin ihre Produktion. Das setzte auch die Investitionen unter Druck. Die Produktionsausfälle dürften jedoch im Winter zumindest teilweise nachgeholt werden.
Herr Michelsen, nach Jahren überdurchschnittlichen Wachstums hat sich die deutsche Wirtschaft zuletzt weniger kräftig entwickelt. Steht der deutschen Wirtschaft ein Abschwung bevor?
Tatsächlich hat sich die deutsche Wirtschaft gerade in den Sommermonaten sogar zurück entwickelt, sie ist im dritten Quartal nämlich geschrumpft. Wir haben aber bereits in unserer Sommer-Prognose davon gesprochen, dass die deutsche Wirtschaft sich abkühlen und auf einen Abschwung einschwenken wird. Das findet jetzt tatsächlich statt. Allerdings ist das in erster Linie das Ergebnis einer Sonderkonjunktur in der Automobilwirtschaft, die große Probleme hatte, ihre Autos nach neuen Prüfstandards zu zertifizieren. [...]
Der Bundestag hat mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung gestimmt, derzufolge der Bund im Bildungsbereich künftig nicht nur in Gebäude investieren darf, sondern auch in Personal und Fortbildung. Dabei soll er nicht wie bisher nur finanzschwachen Kommunen unter die Arme greifen können, sondern allen Städten und Gemeinden. Zwar ist das Ganze vorerst ins Stocken geraten, weil die Bundesländer im Bundesrat den Vermittlungsausschuss angerufen haben und nachverhandeln wollen. Doch letztlich wird und muss es einen Kompromiss geben, denn klar ist: Eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes ist mehr als überfällig – und zwar nicht nur, um den „Digitalpakt Schule“ endlich umsetzen. [...]
DIW-Präsident Marcel Fratzscher kommentiert die Unruhen in Frankreich und die jüngsten Ankündigungen von Präsident Emmanuel Macron wie folgt:
Die Reaktion der französischen Regierung auf die Unruhen ist ein Schnellschuss, der wirtschaftlich nur begrenzt sinnvoll ist und die Unzufriedenheit im Land kaum lindern wird. Präsident Macron hat in den letzten 18 Monaten viele wichtige Reformen umgesetzt, hat dabei jedoch zu häufig die Sorgen und Ängste der Mittelschicht und der Einkommensschwächsten nicht berücksichtigt. Sein größter Fehler war die Abschaffung der Vermögensteuer, was sich als ein fatales Signal erwiesen hat. Wir sollten uns in Deutschland nicht zu sicher sein, dass es hier nicht zu einem ähnlichen Widerstand kommen kann. Denn auch die Bundesregierung betreibt zu viel Klientelpolitik, wie man bei der Diskussion um die Abschaffung des Soli und bei der Rentenpolitik sieht. Die internen Konflikte in Frankreich nagen an Präsident Macrons Handlungsfähigkeit auf der europäischen Bühne. Ich befürchte, dass er in Zukunft sein politisches Kapital innenpolitisch und weniger für die Reformen Europas wird aufbringen müssen. Trotzdem sehe ich Macrons Glaubwürdigkeit in Europa nicht als geschwächt. Ganz im Gegenteil: Mit den weiter eskalierenden Konflikten mit US-Präsident Trump und einem chaotischen Brexit-Prozess zeigt sich überdeutlich, dass Europa sich einigen und enger zusammenwachsen muss. Auch Deutschland und die Bundesregierung haben ein starkes Interesse an einem stabilen Frankreich und Erfolg von Macrons Reformen.Der Solidaritätszuschlag steht Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung politisch und verfassungsrechtlich unter Druck. Seine Abschaffung würde allerdings fast nur Besser- und Hochverdienenden zugutekommen. Diese wurden seit den 1990er Jahren bereits steuerlich entlastet. Zugleich sind deren Einkommen überdurchschnittlich gestiegen, während Geringverdienende und Mittelschichten in diesem Zeitraum nur geringe Einkommenszuwächse hatten, die zudem durch höhere indirekte Steuern belastet wurden. Steuer- und Abgabenentlastungen sollten daher prioritär auf Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen konzentriert werden. Dazu könnten der Solidaritätszuschlag bei hohen Einkommen in den Einkommensteuertarif integriert und lediglich die vier Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen belastet werden, die nach den Plänen der Großen Koalition den Solidaritätszuschlag ab 2021 weiterhin bezahlen sollen. Die damit verbundenen Steuereinnahmen in Höhe von sechs bis acht Milliarden Euro könnten dazu verwendet werden, Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen durch eine Senkung der Sozialbeiträge oder der Mehrwertsteuer zu entlasten.
Tendenz zum überproportionalen Investieren in Staatsanleihen des Heimatlandes – Absicherung durch Eigenkapital würde vor allem spanische und italienische Banken treffen und die Staatsschuldenfinanzierung erschweren
Europäische Großbanken haben in den vergangenen Jahren verstärkt in heimische Staatsanleihen investiert. Insbesondere bei den italienischen und spanischen Banken ist diese Tendenz sehr ausgeprägt. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Müssten Banken – wie vielfach gefordert – EU-Staatsanleihen genauso wie andere Wertpapiere mit Eigenkapital unterlegen, so müssten die hier betrachteten italienischen und spanischen Banken zusätzliches Eigenkapital in Höhe von zusammen mehr als 20 Milliarden Euro aufbringen“, sagt DIW-Finanzmarktexpertin Dorothea Schäfer. Dies würde die Finanzierung der Staatsschulden insbesondere Italiens deutlich erschweren. Eine Risikogewichtung für Staatsanleihen empfiehlt sich erst dann, wenn sich die öffentlichen Haushalte im Euroraum stabilisiert haben. Gleichzeitig sollten Maßnahmen eingeführt werden, die es den Banken erleichtern, ihr Staatsanleiheportfolio besser zu diversifizieren.
Studie simuliert Effekte der neuen US-Sanktionen gegenüber dem Iran auf den Ölpreis – Preiseffekte sind in den meisten Szenarien moderat, selbst bei voller Wirksamkeit der Sanktionen liegt der Anstieg unter 20 US-Dollar pro Fass – Auf Angebots- und Nachfragseite herrscht auf dem Ölmarkt beträchtliche Unsicherheit
Am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) wurde untersucht, wie sich die Anfang November in Kraft getretenen neuen US-Sanktionen gegenüber dem Iran im Jahr 2019 auf den globalen Ölpreis auswirken könnten. Es ergeben sich dabei je nach untersuchtem Szenario Preissteigerungen zwischen null und 16 US-Dollar pro Fass.
Frau Schäfer, das EU-Staatsanleihen-Privileg erlaubt ein Risikogewicht von null für EU-Staatsanleihen. Über die Aufhebung dieses Privilegs wird seit langem gestritten. Wie ist die aktuelle Situation in dieser Frage?
Bei den Mitgliedsländern des Basler Ausschusses kam für eine positive Risikogewichtung keine Einigung zustande. Das heißt, es bleibt bei der Null-Risikogewichtung. Wenn also Banken EU-Staatsanleihen in ihre Bücher aufnehmen, ist dafür kein zusätzliches Eigenkapital notwendig. Man muss allerdings dazu sagen, dass es gleichzeitig ein Diskussionspapier des Basler Ausschusses zu der Frage gibt, wie man prinzipiell mit der positiven Risikogewichtung für Staatsanleihen verfährt. Dieser Streit ist also nach wie vor virulent. [...]
Die Erbschaftswelle rollt. In Deutschland werden jährlich 250 bis 300 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt, mit steigender Tendenz. Denn das Vermögen der deutschen Privathaushalte ist auf mehr als 10000 Milliarden Euro gestiegen. Allerdings ist es sehr ungleich verteilt: Die reichsten zehn Prozent der Haushalte besitzen knapp zwei Drittel des Volksvermögens, das reichste Prozent ein Drittel. Allein die reichsten 0,1 Prozent verfügen über 17 Prozent des Vermögens – das sind 41000 Haushalte, die durchschnittlich 40 Millionen Euro auf der hohen Kante haben. [...]
Die Finanzminister der Euroländer haben sich auf Reformen für die Währungsunion geeinigt. Dazu eine Einschätzung von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
Die vereinbarten Reformen für den Euroraum sind ein enttäuschender Kompromiss. Sie bringen Europa nicht voran, sondern bedeuten, dass es offenbar erst wieder eine ernste Krise geben muss, bevor die Regierungen ihre nationalen Egoismen aufgeben. Der kleinste gemeinsame Nenner bei den Verhandlungen war so klein, dass sich wohl kaum etwas verändern wird. Der verhandelte Kompromiss zur Bankenunion ist so vage, dass ich bezweifle, dass eine baldige Umsetzung realistisch sein wird. Was völlig fehlt, sind konkrete Vereinbarungen zur Kapitalmarktunion und solche, die die Integration beim Binnenmarkt für Dienstleistungen voranbringen. Es fehlt ein makroökonomisches Stabilisierungsinstrument, das Ländern in schwierigen Lagen hilft, eine Rezession zu vermeiden. Es fehlen außerdem grundlegende fiskalpolitische Reformen, um einerseits einen Schuldenabbau herbeizuführen und andererseits Regierungen den notwendigen Spielraum zu Krisenbekämpfung zu geben. Sowohl Deutschland als auch Frankreich sind die Verlierer dieses Kompromisses. Weder werden durch diese Reformen Risiken abgebaut, noch werden Risiken effizient in Europa geteilt. Ich befürchte, dass diese Reformen das Wachstum und die Stabilität in Europa nicht fördern werden, sondern Länder wieder auf sich alleine stellen. Das wird den Populismus und den Nationalismus in Europa nicht stoppen.DIW-Präsident Marcel Fratzscher äußert sich zum Auftakt des G20-Treffens in Buenos Aires:
Wir sollten keine zu großen Hoffnungen auf das G20-Treffen setzen. Die G20 ist ein großer und häufig chaotischer Club, der nur in großen Krisen handlungsfähig war. Das bestmögliche Ergebnis des G20 Treffens wäre eine klare Willensbekundung aller, die Handelskonflikte nicht weiter eskalieren zu lassen. Donald Trump ist politisch angeschlagen und die amerikanische Wirtschaft fängt an zu schwächeln. Daher erwarte ich keine weitere Eskalation des Handelskonflikts. Jedoch kann dieser auch nicht auf dem G20 Treffen gelöst werden. Eine Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China würde auch die deutsche Wirtschaft empfindlich treffen, denn viele deutsche Unternehmen wären davon direkt oder indirekt betroffen. Meine größte Sorge ist, dass Donald Trump sich Deutschland und Europa als nächsten Gegner im Handelskonflikt vornehmen wird. Denn Europa ist zunehmend politisch gespalten und ich befürchte, dass Trump diese Schwäche ausnutzt. Deshalb ist es dringend an der Zeit, dass die Bundesregierung die Reformen Europas und des Euroraums vorantreibt und Europa eint. Deutschland hat mit am meisten durch die globalen Handelskonflikte zu verlieren, denn unsere Volkswirtschaft ist ungewöhnlich stark von offenen Grenzen und der Globalisierung abhängig. Die größte Herausforderung für die deutsche Automobilbranche ist jedoch nicht der Handelskonflikt mit den USA, sondern ihre ungelösten Probleme im Dieselskandal und ihr fehlender Wille sich zu modernisieren und auf Elektromobilität umzustellen.Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) signalisiert für das Schlussquartal mit einem Indexstand von 102 Punkten ein überdurchschnittliches Wachstum: Nachdem das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal sogar gesunken war, dürfte die deutsche Wirtschaft zum Jahresausklang wieder spürbar um 0,4 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Quartal zulegen. „Die deutsche Konjunktur kühlt insgesamt zwar etwas ab, eine Rezession steht aber nicht bevor“, sagt DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. Die Wachstumsrate für das gesamte Jahr 2018 dürfte letztlich zwischen 1,4 und 1,6 Prozent liegen – genaueren Aufschluss werden noch ausstehende Produktionszahlen aus der deutschen Industrie liefern, die derzeit für ungewöhnliche Unklarheit sorgen. „Unter dem Strich wird aber so oder so eine ordentliche Wachstumsrate stehen, auch wenn wir zu Beginn des Jahres noch von einer höheren ausgegangen waren“, so Michelsen.
von Pio Baake, Jana Friedrichsen, Helene Naegele
Fairtrade-Siegel sollen die Einkommen und Lebensbedingungen von ProduzentInnen erhöhen und so zu mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel führen. Ökonomische Überlegungen und empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass dieses Ziel bei Kaffee nur eingeschränkt erreicht wird: Das Fairtrade-Siegel führt bestenfalls zu geringen Einkommenserhöhungen für die Kaffeebäuerinnen und -bauern. Auch hinsichtlich der Vorteile durch geringere Einkommensschwankungen, Zahlungen, die an die Umsetzung sozialer Projekte gebunden sind, sowie einem besseren Zugang zu Krediten sind die Ergebnisse gemischt. Für die Röstereien und Einzelhandelsunternehmen ist Fairtrade ein weiteres Mittel zur Marktsegmentierung.
Frau Naegele, Sie haben soziale Nachhaltigkeitssiegel am Beispiel von Fairtrade-Kaffee unter die Lupe genommen. Welche Frage stand dabei im Fokus Ihrer Untersuchung?
Wir haben uns angeschaut, wie die Röstereien dieses Siegel benutzen, um Produkte auf dem Kaffeemarkt zu differenzieren. Das heißt, wir haben analysiert, unter welchen Bedingungen die Kaffeemarken eine Produktkonstellation wie in Deutschland herbeiführen: In Deutschland bieten alle großen Kaffeeproduzenten sowohl Fairtrade-zertifizierten als auch nicht zertifizierten und häufig auch noch Rainforest Alliance- oder UTZ-zertifizierten Kaffee an, während es andere Länder gibt, wo der Markt sehr viel mehr segmentiert ist. Dort bieten Kaffeeanbieter nicht beides auf einmal an. Das hat erst einmal mit den Bauern nichts zu tun, sondern eher mit den Röstereien. [...]
Der Grünen-Chef Robert Habeck hat jüngst dafür plädiert, eine existenzsichernde und sanktionsfreie „Garantiesicherung“ einzuführen: Zahlungen an Langzeitarbeitslose sollen in diesem Modell bedingungslos erfolgen, wenngleich sie auch weiterhin bedarfsgeprüft blieben. Dies wäre ein konsequenter Bruch mit dem bislang geltenden normativen Prinzip, das hinter dem Grundsatz des „Forderns“ im Sozialgesetzbuch steckt. Es wäre letztlich der Einstieg in die Utopie eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle Bürgerinnen und Bürger Deutschlands. [...]