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Deutsches Institut für Entwicklungspolitik / Analysen

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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 6 hours 48 min ago

What Uganda reveals about the benefits and drawbacks of foreign direct investment

Wed, 09/27/2023 - 08:50

There is no consensus about the benefits and drawbacks in foreign direct investments. In the aggregate, is there an economic logic to attracting it? Kasper Vrolijk studies the case of Uganda and finds both positive technology spillovers and negative market competition, with the latter occurring mostly through domestic buyer-supplier linkages. The Ugandan case shows that policies that curb some of the negative effects may be needed.

Reforming the WTO through inclusive and development-friendly approaches: how to make plurilateral initiatives work for all

Mon, 09/25/2023 - 14:40

To address the dynamic challenges confronting modern trade relations it is imperative to update the rules of the World Trade Organization (WTO). Plurilateral agreements are a viable option for responding to trade issues on which multilateral consensus is difficult. They should follow an inclusive and development-focused framework for participation.
– In their current form, WTO rules do not adequately address pressing global challenges such as food security, pandemic responses, and climate change. Plurilateral agreements can be a viable option for reform.
– Effective plurilateral agreements feature a layered architecture of rights and obligations – similar to that of the Trade Facilitation Agreement (TFA) – and encompass capacity-building measures.
– WTO Members should initiate plurilaterals on topics that are of particular concern to developing countries and Least-Developed Countries (LDCs) and that can help achieve the UN’s Sustainable Development Goals (SDGs).

China’s International investment agreement policy: from rule-taker to rule-maker?

Mon, 09/25/2023 - 14:35

This chapter investigates whether China assumes the role of a rule-taker, acts as a rule-maker or even breaks with the system governing foreign investment. Given its significant foreign investment flows and economic and political clout, a better understanding of China’s ideas for and potential role in the ongoing reform of global investment governance is highly relevant. An analysis of China’s international investment agreements shows that China acted as a rule-taker by broadly accepting the templates of its treaty partners, while clinging to a number of defensive positions. The most recent and significant international investment agreement negotiated by China, the Comprehensive Agreement on Investment, signed in principle with the EU, seems to be following a template that largely reflects the preferences of the EU. China is also a supporter of the World Trade Organization negotiations on investment facilitation. China’s role in the Investment Facilitation for Development (IFD) Agreement negotiations should be characterized not so much as a thought-leader but as a key promoter of dialogue and negotiations.

Deutschland und die EU werben um aufstrebende Schwellenländer

Mon, 09/25/2023 - 09:52

Bonn, 25. September 2023. Globale Partnerschaften dürfen nicht nur einem engen Verständnis von Eigeninteresse dienen. Für eine faire und funktionale Ausgestaltung zum gegenseitigen Nutzen sind transnationale Wissensnetzwerke unverzichtbar.

Globale Herausforderungen verstärken das Interesse Deutschlands an neuen Formen der Zusammenarbeit mit aufstrebenden Schwellenländern, darunter Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko und Südafrika. Ausdruck der gesteigerten Aufmerksamkeit sind die rege Reiseaktivität von Bundeskanzler Olaf Scholz und zahlreicher Bundesminister*innen in diese Länder, das Wiederaufleben der Bemühungen um das EU-Mercosur Freihandelsabkommen, die Errichtung eines EU-Indien Handels- und Technologierats, sowie der während des G20-Gipfels angekündigte ambitionierte Transport- und Wirtschaftskorridor zwischen Indien, der EU und weiteren Partnerländern. Bei der Ausgestaltung der Beziehungen zu umfassenden Partnerschaften sollten transnationale Wissens- und Kooperationsnetzwerke eine wichtige Rolle spielen.

Das wachsende Interesse an der Kooperation mit dieser Ländergruppe steht im Einklang mit dem deutschen und europäischen Bestreben, durch Diversifizierung und „De-Risking“ regionale oder sektorale Abhängigkeiten zu verringern. Sie dient u.a. der Beendigung der energiepolitischen Abhängigkeit von Russland, einem erklärten Ziel der deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie. Machtverschiebungen im internationalen System machen vielfältige, vertiefte Partnerschaften noch relevanter: China, „Partner, Wettbewerber und strategischer Rivale“ und die erweiterte BRICS-Gruppe versuchen, die „westliche Dominanz“ in der internationalen Ordnung zu ändern. Vier aufeinanderfolgende G20-Präsidentschaften aufstrebender Mächte setzen weitere Themen des „Globalen Südens“ auf die internationale Agenda.

Das Bestreben Deutschlands und der EU, die Kooperation mit dieser Ländergruppe nun umfassend zu vertiefen, kommt spät; ist aber der richtige Schritt – und sollte über Eigeninteressen hinausgehen. Die globalen Herausforderungen der Weltgemeinschaft erfordern tiefgreifende Transformationen, insbesondere innerhalb der Industriestaaten und der aufstrebenden Schwellenländer. Ohne Zusammenarbeit ist die Umsetzung globaler Abkommen, allen voran das Pariser Klimaabkommen und die Agenda 2030, nicht zu erreichen. Die Rahmenbedingungen für echte Partnerschaften sind schwierig: Nicht alle der genannten Schwellenländer teilen eine freiheitlich-demokratische Grundordnung und ihre Positionierungen zu grundlegenden Nachhaltigkeitsfragen sind uneinheitlich. Zugleich können die Industriestaaten keine gute Bilanz von eingelösten Versprechen und Kooperation auf Augenhöhe vorweisen.

Wenn es vor diesem Hintergrund darum geht, globale Transformationsprozesse – vom Klimaschutz bis zur Reform multilateraler Organisationen – fair und partnerschaftlich auszugestalten, können transnationale Wissens- und Kooperationsnetzwerke eine wichtige Rolle übernehmen. In ihren Austausch- und Kooperationsstrukturen können Individuen und Partnereinrichtungen gemeinsame Verständnisse von globalen Herausforderungen und Lösungsansätzen herstellen. Ihr Dialog kann nationale Perspektiven und Interessen einbeziehen und gleichzeitig zur gemeinschaftlichen Definition von Gemeinwohl beitragen. Unter schwierigen politischen Rahmenbedingungen sind vertrauensvolle, persönliche Kontakte oft die entscheidende Ebene, auf der partnerschaftliche Zusammenarbeit angebahnt und umgesetzt wird. Systemisch können Netzwerke gemeinsames Wissen zwischen Sektoren (wie Forschung und Politik, aber auch Zivilgesellschaft und Privatsektor) teilen und in nationale politische und gesellschaftliche Diskurse speisen.

Bei der Vertiefung der Partnerschaft kann auf entwickelte transnationale Strukturen wie das Managing Global Governance (MGG)-Netzwerk aufgebaut werden, wie zahlreiche Beispiele in seiner über fünfzehnjährigen Entwicklung zeigen: Netzwerkmitglieder übernehmen Schlüsselpositionen im Think Tank-Prozess der G20 (Think20) und im Austausch über freiwillige Nachhaltigkeitsstandards auf UN-Ebene. Sie bringen Agenda-2030-Fortbildung für den öffentlichen Dienst als Thema in den mexikanischen Senat und helfen als Reflektionsgruppe bei der Entwicklung des BMZ-Positionspapiers „Globale Partner“ Kooperationsansätze und Schlüsselterminologie für die strategische Zusammenarbeit zu schärfen. Die gemeinsame Entwicklung von Wissen und Transformationskompetenzen, Forschungskooperation und politische Dialogformate dienen dabei auch der Entwicklung einer dauerhaften Kooperationsinfrastruktur, in der Kommunikationskanäle aufrecht erhalten und erweitert werden, und in der sich Netzwerkmitglieder bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen unterstützen können.

Es liegt im aufgeklärten Eigeninteresse Deutschlands und Europas, die Kooperation mit aufstrebenden Schwellenländern nicht nur im Sinne des „De-Risking“ zu vertiefen, sondern umfassende Partnerschaften für global gerechte Nachhaltigkeitstransformationen anzustreben. Bei ihrer Entwicklung sollten langfristig angelegte, gut gepflegte transnationale Wissens- und Kooperationsnetzwerke zentraler Baustein sein, um faire und funktionale Partnerschaften zu gestalten, in denen alle Akteur*innen ihrer Bedeutung und Verantwortung gerecht werden können.

Nachhaltiger Wiederaufbau braucht Zivilgesellschaft

Fri, 09/22/2023 - 13:36

Die Erde hat gebebt in Marokko, und erschüttert wurden nicht nur Häuser und Gemüter, sondern auch der teilweise fragile Gesellschaftsvertrag. Nahezu 3.000 Menschen haben ihr Leben verloren, ganze Dörfer in den Bergen des Atlas wurden verschüttet, viele Straßen in Richtung der betroffenen Dörfer waren tagelang nicht befahrbar. Das Beben traf eine ohnehin stark marginalisierte und verarmte Region, und hat die eklatanten Entwicklungsunterschiede im Land erneut hervorgehoben. Die nur zögerliche Kommunikation der politischen Führung in den ersten 20 Stunden nach dem Beben wurde kritisiert.


Doch trotz aller berechtigten Kritik an den Hilfsmaßnahmen: Armee, Polizei und weitere Staatsorgane haben schnell reagiert und ihre Kräfte gebündelt, um möglichst rasch Feldkrankenhäuser aufzubauen, Straßen frei zu räumen und besonders vulnerable Gruppen, wie Waisenkinder, zu schützen. Wie auch in der ersten Reaktion auf die Corona-Pandemie hat der Staat auf Anweisung des Königs schnell gehandelt. Doch gelingt es ihm, die Legitimität auch über die aktuelle Phase der Nothilfe hinweg zu sichern?


Wir wissen aus unserer Forschung,  dass drei Kernfunktionen des Staates für seine Legitimität bei der Bevölkerung wichtig sind :  der Staat sollte die Bürger*innen schützen (protection), ihnen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und Infrastruktur ermöglichen (provision), aber auch Teilhabe durch politische Mitbestimmung (participation). Das Erdbeben stellt diesen Gesellschaftsvertrag vor große Herausforderungen in all diesen Bereichen – und das in einer Region, wo der Staat seine Fürsorgepflicht bereits zuvor trotz erheblicher Fortschritte bei der Wasser- und Stromversorgung nur unzureichend erfüllt hat.


Das Erdbeben ist eine Katastrophe, zuallererst für die betroffenen Menschen, aber auch für die Wirtschaft des Landes und voraussichtlich für den wichtigen Tourismus im Atlas-Gebirge und in Marrakesch. Der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur wird Jahre dauern, die Kosten werden derzeit auf 8% des BIP geschätzt, und es wird für viele Menschen immer ein Vorher und ein Nachher geben. Aber das Beben hat auch das enorme Potenzial der Bevölkerung gezeigt, im entscheidenden Moment zusammenzuhalten und anzupacken, um über alle Unterschiede hinweg Not zu lindern. Die Zivilgesellschaft hat schnell und effizient auf lokale Bedürfnisse reagiert und eine Brücke zwischen Menschen und Institutionen gebildet. Dabei können sich nichtstaatliche Organisationen, wie der MIPA Trust Index 2023 zeigt, im Gegensatz zu Politiker*innen und Abgeordneten, auch auf hohes Vertrauen der Bevölkerung stützen. Diese Dynamik kann ein Motor für den Wandel des Gesellschaftsvertrags sein, wenn es gelingt, ihr einen angemessenen Platz im Wiederaufbau zu geben.


Nach einem überraschenden Erfolg bei der Fußball-WM ist das nationale Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt, noch immer werden die Trikots mit Stolz überall getragen. Die Industriepolitik ‚made in Morocco‘ und das erste Elektroauto ‚cent pourcent marocain‘ sind auch im Ausland sichtbare Labels der selbstbewussten Identität, und die neue Wasserstoffpolitik betont die nationale Souveränität. Diese Symbole treffen jedoch häufig auf eine bittere Realität, in der Armut und Korruption noch immer den Alltag vieler Menschen prägen; sie treffen auf die seit langem brennenden Probleme in der Bildungs- und der Gesundheitspolitik und auf alarmierende Wasserknappheit im Land. Und doch, in diesem entscheidenden Moment, da das Erdbeben das Land erschüttert, schafft es auch eine Einheit zwischen all den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen: Zwischen der Zigarette-rauchenden Grafikdesignerin im stylischen Café und den alten Männern mit ihrem Minztee, zwischen Anzugträgern in geschäftigen Städten, Straßenverkäufer*innen, Hausfrauen und Schafhirten. Die bei Wertevorstellungen häufig gespaltene Gesellschaft packt an und zusätzlich zu den staatlichen Maßnahmen und den Hilfsaktionen der Armee setzt sich eine nie gesehene Solidaritätswelle mit den Opfern in Gang. Organisationen der Zivilgesellschaft, durch jahrelange Arbeit auch in den entlegensten Gebieten präsent, haben schnell und effektiv Hilfsgüter organisiert, koordiniert und verteilt. Auch im Ausland mobilisiert sich jenseits der Debatten um staatliche Hilfe starke Unterstützung aus der Welt des Profifußballs, der Filmindustrie, von Vereinen und individuellen Freund*innen des Landes.


Nun gilt es, diesen beeindruckenden Moment über die Zeit der Nothilfe und des Wiederaufbaus aufrecht zu erhalten, das WIR weiter in den Fokus zu stellen. Dabei handeln Organisationen der Zivilgesellschaft komplementär zu den staatlichen Initiativen, wie auch Karim Tazi, der mit seiner Organisation ‚Banque Alimentaire‘ in kürzester Zeit tonnenweise Nahrungsmittelhilfe verteilt hat, betont.


Doch Legitimität der Regierung im Wiederaufbau wird nicht nur davon abhängen, ob sie im Sinne des Gesellschaftsvertrags die Menschen auch in den entlegenen, vernachlässigten Gebieten schützen und ihnen Zugang zu öffentlicher Infrastruktur geben kann. Vielmehr steckt gerade im dritten Pfeiler des Vertrags, der Beteiligung, viel Potenzial: mehr Raum für das Knowhow, die Dynamik und die Solidarität der (Zivil)Gesellschaft im Wiederaufbau und in politischen Entscheidungsprozessen des Landes kann einen inklusiveren und nachhaltigeren Gesellschaftsvertrag ermöglichen. Und auch die Zusammenarbeit Deutschlands und Europas mit Marokko kann hierbei unterstützen, indem sie nicht nur für den Aufbau der Infrastruktur Gelder mobilisiert, sondern auch governance-Kapazitäten stärkt und die Beteiligung der Zivilgesellschaft fördert.

Wie China seine Macht in der UN ausbaut

Fri, 09/22/2023 - 09:51

Bei den Vereinten Nationen nimmt China eine immer wichtigere Position ein. Manche reden sogar von einer Unterwanderung der UN. Dabei unterscheidet sich das chinesische Vorgehen kaum von dem des Westens – mit einer Ausnahme.

Global Development Governance 2.0: Fractured accountabilities in a divided governance complex

Thu, 09/21/2023 - 14:10

The proliferation of state and non-state actors, along with increasing institutional complexity, has led to a qualitative shift in Global Development Governance (GDG) towards what we term ‘GDG 2.0’. Realising accountability in this context presents challenges due to growing actor diversity, institutional plurality and a lack of formalised accountability structures. Building on the introduction to this special section, we explore the potential of ‘forward-looking’ approaches to ac-countability, notably collective deliberation, learning and competition. Despite the importance of these mechanisms for GDG processes, conceptualising them as accountability tools may have limited gains and indeed reinforce the preferences of established actors, dilute useful monitoring approaches and divert attention from longstanding agendas. We argue that prioritising enabling environments for more circumscribed ‘backward-looking’ accountability—with a focus on standard-setting and monitoring—may be more feasible and effective towards holding decision-makers to account within the GDG 2.0 context.

How to streamline Sámi rights into Policy-Making in the European Union?

Tue, 09/19/2023 - 16:22

Due to the climate crisis, reducing greenhouse gas emissions is more urgent than ever, and Russia’s war against Ukraine is putting even more pressure on the energy market. The green transition is on everyone’s lips and often framed as the solution for tackling planetary crises. The EU’s Green Deal as a growth and decarbonisation strategy aims to make Europe the first climate-neutral continent. However, the shift to renewable energies and green technology depends on access to land and resources. Where are these resources coming from, and where are the land areas needed for these developments? To push for domestic production, these resources partly come from Sápmi, the homeland of the Sámi people spanning across parts of Finland, Norway, Sweden and Russia. The recent developments illustrated by the cases of Fovsen (Fosen Peninsula, Norwegian side of Sápmi) and Giron (Kiruna, Swedish side of Sápmi) show how an EU agenda shapes local conditions and challenges the rights of the Sámi people, the only Indigenous People within the EU. Currently, there is no EU internal Indigenous Peoples Policy that addresses the rightsholder perspective in EU policy-making. Particularly due to the influence of the Green Deal and its policies, we see an increased need to investigate in more detail how Indigenous Peoples’ rights can be better ensured in an EU internal setting to prevent unjust and, thus, unsustainable policies.

Ein Jahrzehnt chinesisch-pakistanischer Entwicklungspartnerschaft: Erfolge und Ausblick

Tue, 09/19/2023 - 08:00

Bonn, 18. September 2023. Keine andere Initiative stand seit ihrem Start 2013 derart im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit wie Präsident Xi Jinpings „Belt and Road Initiative“ (BRI). Weltweit haben sich kaum ein politischer Thinktank oder eine wissenschaftliche Einrichtung nicht mit diesem Vorhaben auseinandergesetzt.


Eine der Hauptadern dieser Neuen Seidenstraße bildet der China-Pakistan-Wirtschaftskorridor (CPEC) mit Investitionen im Wert von 62 Milliarden USD für die Errichtung von Kraftwerken, Infrastrukturen und Sonderwirtschaftszonen (SWZ). Die pakistanische Staatsführung bezeichnete das Projekt angesichts des beispiellosen Umfangs der Investitionen und Zusagen aus China als „Game Changer“ und „Fate Changer“ und erhoffte sich im Zuge einer verstärkten regionalen Vernetzung einen Wandel in der allgemeinen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Doch diese Einschätzung ist offenbar zu optimistisch, denn sie lässt außer Acht, dass mit den aktuellen geopolitischen Spannungen in der Region das Ziel einer regionalen Konnektivität und eines wirtschaftlichen Wandels über eine von China finanzierte Infrastruktur in weite Ferne gerückt ist.


Von den sechs Wirtschaftskorridoren der BRI weist der CPEC einige Besonderheiten auf. Erstens ist er der einzige Korridor, an dem der Landgürtel und die Meeresstraße in Gwadar aufeinandertreffen. Die Hafenstadt liegt strategisch günstig nahe des iranischen Hafens Tschahbahar und der Straße von Hormus – weltweit eine der strategisch wichtigsten Meerengen, über die täglich 30 Prozent der internationalen Seetransporte von Rohöl abgewickelt werden (S&P Global Commodity Insights, 2018). Zweitens ist der CPEC im Unterschied zu anderen BRI-Korridoren ein „Ein-Land-Korridor“, auf dem alle Infrastrukturprojekte ohne Drittstaatenbeteiligung durch Pakistan verlaufen. Drittens wurden auf dem Korridor mit dem Abschluss mehrerer Projekte bereits zahlreiche Zwischenziele erreicht.


Für 2023 haben die beiden Regierungen Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen des CPEC geplant. Chinas stellvertretender Ministerpräsident He Lifeng stattete Pakistan anlässlich der Gedenkzeremonie im Juli 2023 einen Besuch ab. In den vergangenen zehn Jahren konnten bedeutende Fortschritte erzielt werden: Insgesamt 26 Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 17 Milliarden USD sind bereits abgeschlossen. Aktuell laufen 30 Projekte im Wert von 8,5 Milliarden USD, weitere 36 Projekte im Wert von 28,4 Milliarden USD sind geplant. Bislang wurden mit CPEC-Projekten in Pakistan direkt oder indirekt 200 000 Arbeitsplätze geschaffen, mehr als 6 000 MW zusätzlich in das nationale Netz eingespeist, etwa 809 km Straßeninfrastruktur errichtet und 886 km Stromtrassen installiert. Mit zahlreichen abgeschlossenen Projekten, darunter auch der Bau der ersten U-Bahn-Linie in der zweitgrößten Stadt des Landes, Lahore, ist der CPEC in Pakistan also ein gutes Stück vorangekommen.


Während das Land bei der Energieerzeugung und beim Bau von Straßeninfrastrukturen wesentliche Fortschritte erzielen konnte, ist die Entwicklung der neun innerhalb des CPEC priorisierten SWZ nur langsam vorangeschritten. Auch bei den geplanten Eisenbahnprojekten gab es keine nennenswerten Fortschritte. So ist beispielsweise der Bau der als Main Line-1 (ML-1) bekannten Eisenbahnlinie zwischen Peschawar und Karatschi ins Stocken geraten. Nach Fertigstellung der ML-1 können die Züge auf der Strecke deutlich schneller verkehren, wodurch sich die Fahrzeit zwischen Karatschi und Peschawar um die Hälfte verkürzt. Außerdem würde die neue Bahnlinie laut einer Veröffentlichung der pakistanischen Regierung von 2021 mehr als 170 000 neue direkte Arbeitsplätze schaffen. Nach ihrer Inbetriebnahme wird mit einem Anstieg der Frachtmengen um das Fünffache, von 5 Millionen auf 25 Millionen Tonnen jährlich, und mit einer Zunahme der Passagierzahlen von 55 auf 88 Millionen pro Jahr gerechnet. Verzögerungen und Nachverhandlungen haben die Kosten für die ML-1 auf 9,9 Millionen USD ansteigen lassen, was einem Zuwachs um mehr als 3 Milliarden USD oder knapp 45 Prozent gegenüber der ursprünglichen Kalkulation entspricht. Bei der Entwicklung des Eisenbahnsektors im Rahmen des CPEC konnte Pakistan also keine spürbaren Fortschritte erzielen.


Was das Ziel der regionalen Vernetzung anbelangt, bietet Pakistan mit seiner Lage am Schnittpunkt zwischen Zentral-, Süd- und Westasien den idealen Standort als Handels- und Logistik-Drehscheibe. Auch die Weltbank hat dies bereits anerkannt. Das Land selbst hat in mehreren Strategiedokumenten die Absicht verkündet, sein Potenzial als regionale Handels- und Logistik-Drehscheibe zu nutzen. Die geplante Ausweitung des CPEC auf den Binnenstaat Afghanistan könnte durch eine verstärkte Konnektivität einen wesentlichen Beitrag zu dieser Zielsetzung leisten. Mit der Aufnahme Afghanistans käme Pakistan seinem langgehegten Wunsch nach einer Ausweitung seiner Handels  und Wirtschaftsbeziehungen mit Staaten in Zentralasien näher. Darüber hinaus könnten zentralasiatische Binnenstaaten den pakistanischen Hafen von Gwadar nutzen. Pakistan bietet den Staaten Zentralasiens die kürzeste Landverbindung zu warmen Gewässern – die pakistanische Küste ist über Afghanistan etwa 2 600 km, über den Iran oder die Türkei dagegen 4 500 bzw. 5 000 km entfernt. Außerdem wollen China und Pakistan mit der Aufnahme Afghanistans in den CPEC die Stabilität in der Region sichern und ihre Wirtschaftsinteressen durchsetzen. Allerdings liegt noch kein konkreter Zeitplan vor, obwohl bereits alle drei Ländern dem Vorschlag zugestimmt haben.


Auch von der Aufnahme Indiens könnte ein Multiplikatoreffekt für die Initiative ausgehen. Dafür müsste Pakistan allerdings Indien einen Landzugang zu den Märkten in Afghanistan und Zentralasien gewähren. Sollte Indien einem Beitritt zum CPEC/BRI zustimmen, könnte dies auch eine Wiederbelebung von Initiativen wie der Gaspipeline zwischen Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien (TAPI) und dem Zentralasien-Südasien-Energieprojekt (CASA) mit Kirgistan, Tadschikistan, Afghanistan und Pakistan zur Folge haben. Die Verbindung zwischen energiereichen Staaten in Zentralasien und Staaten mit hohem Energiebedarf in Südasien bietet ein hohes Potenzial, und China verfügt über die entsprechenden Mittel, um derartige Initiativen zu fördern. Allerdings sind die Erfolgsaussichten sehr gering, da sich Indien bisher offiziell von der BRI ferngehalten hat. Neu-Delhi lehnt den CPEC ab, weil es die wachsende Rolle Chinas in seiner Nachbarschaft als Sicherheitsgefahr für die indische Vorherrschaft in der Region betrachtet. Vor diesem Hintergrund bleibt die geopolitische Lage, nicht nur zwischen Pakistan und Indien, sondern auch zwischen Peking und Neu-Delhi, weiterhin kritisch. Die aktuellen geopolitischen Spannungen in Südasien, die sich durch den Machtzuwachs Chinas in der Region weiter verschärfen, schaffen erschwerte Bedingungen für eine Stärkung der regionalen Konnektivität und des gemeinsamen Wohlstands.

Murad Ali ist ehemaliger Gastwissenschaftler im Forschungsprogramm "Inter- und transnationale Zusammenarbeit". Er ist Leiter des Department of Political Science der University of Malakand, Pakistan. Sie können ihn unter muradali.uom@gmail.com erreichen.

Water crises – water opportunities promoting water cooperation in the Middle East

Mon, 09/18/2023 - 17:23

Climate change exacerbates the pronounced water scarcity in the Middle East and also acts as a threat multiplier, for instance in the areas of health, food security and livelihoods. Increasing competition over water and the failure to address related challenges intensify tensions and conflicts within and between countries. Water cooperation is necessary to address the enormous challenges in the region, but traditional intergovernmental water agreements are politically complex and, in many cases, not very promising. This study presents an alternative approach to boost inter-state water cooperation in the region. Looking into five prominent water-related action areas at national and local levels uncovers entry points for inter-state cooperation. These action areas are: (1) the water-energy-food-ecosystems (WEFE) nexus; (2) water-related ecosystems; (3) water knowledge through data collection, citizen science, awareness raising and social science expertise; (4) water-related disaster risk management at transboundary level; and (5) water cooperation in the context of displacement, migration and reconstruction. These action areas allow water cooperation to be reimagined and pursued via thematic entry points of both national and regional interests. This places emphasis on individual and shared benefits for the countries from measures implemented in a multi-level approach: at local level (sometimes in border regions), at national level (not least in dialogue with other states in the region) and at regional level.

Why the EU should embrace GPI

Mon, 09/18/2023 - 10:07

As the European Union (EU) is repositioning itself as a global actor in a multipolar world it should embrace Global Public Investment to underline its ambition of promoting effective multilateralism.

Climate (im)mobility in urban contexts: From recognition to action

Fri, 09/15/2023 - 09:03

There is an increased recognition of human mobility responses to climate change among policy-makers and stakeholders. At the global level, the Global Compact for Safe, Regular and Orderly Migration (GCM) highlights this intersection of climate change and migration. In addition, follow-up processes to the Paris Agreement highlight human mobility outcomes from climate impacts. This policy brief argues that while there is a recognition of climate migration at the international and national levels, implementation at the sub-national level where pertinent migration is happening, is far from adequate. At the national level, Ghana and Senegal have signed on and engaged in follow-up processes of the GCM and the Paris Agreement. Furthermore, they have in different ways highlighted climate migration as a key policy area. For Senegal, there is a mandate to include climate change and migration along with three other priority areas for all development plans in the country. On the other hand, Ghana’s national migration policy identifies climate change as a key area for policy attention. These reflect recognition of climate change and human mobility as a policy issue at the national level. However, there appear to be gaps in the implementation of these mandates and policy frameworks locally. Hence, there is a need to further investigate the patterns, weaknesses and strengths of climate (im)mobility strategy implementation at the sub-national level. This policy brief presents insights based on case studies of two West African cities, Accra and Dakar, which are relevant to urban climate (im)mobility governance because human mobility patterns are well established internally and from countries in the West African region, as are the influences of climate change on these mobility patterns. Because cities attract migrants, they offer insights into sub-national climate (im)mobility governance. It is, however, important to note the difficulty of isolating climate change as a driver of human mobility since it interacts with several other drivers (Black, Bennett, Thomas, & Beddington, 2011; Ekoh, Teron, & Ajibade, 2023). Regardless of the drivers of human mobility, city authorities have a responsibility to support their resident populations, and with increasing climate threats, they have a duty to support climate adapta-tion and resilience building within the city. This policy brief outlines three major challenges associated with addressing the human mobility dimension of climate change locally, under existing frameworks and agreements:
(1) City authorities have limited competencies in governing migration, including climate-induced migration.
(2) Cities have limited resources and capacity to adapt to climate change and the associated (im)mobility dimensions.
(3) At the local level, human mobility and climate change are mostly treated as separate issues in the absence of an integrated policy framework on climate (im)mobility.
The recommendations in this policy brief are addressed to national governments, local authorities and donors; they highlight how to move from global and national recognition to action so that cities/local authorities are better prepared to support migrants:
• A whole-of-government approach is necessary at all levels to address the crosscutting issue of climate change and human mobility. This should be part of a new or updated national migration policy that gives local authorities/cities a clear role to play in human mobility and climate change.
• National governments and donors need to support local authorities and non-state actors, such as non-governmental organisations and civil society organi-sations, with funding and investment in capacity building towards the design and implementation of climate (im)mobility strategies.
• Urban action plans should clearly reflect climate (im)mobility strategies given current trends and projections of increased mobility towards cities like Accra and Dakar.

Financing sustainable development: insights from Ghana, Indonesia, Mexico, and Senegal

Fri, 09/15/2023 - 07:00

With a view to better analysing concrete challenges to address SDG financing in developing economies, this Study coordinated by IDDRI and prepared in cooperation with the Stockholm Environment Institute (SEI) and the German Institute of Development and Sustainability (IDOS) focuses on the global picture and examines the state of play, recent initiatives, and prospects for financing the SDGs in Ghana, Indonesia, Mexico, and Senegal. It seeks to answer the following question: how and under what conditions can partner countries further align their development plans and policies with the 2030 Agenda and the SDGs to better finance their objectives? Key Messages: Alignment and effective SDG financing are possible when four main conditions are met:
- Avoiding SDG-incompatible finance. For many countries–notably OECD and BRICS countries– achieving the 2030 Agenda is just as much about financing more as it is about financing less and in a more sustainable way. Examples include less financing for approaches that compromise specific SDGs (e.g., fossil fuel subsidies) and making difficult policy decisions that require short-term costs to achieve long-term sustainability gains.
- Combining long-term financing with longterm planning. Development financing strategies provide public and private investors with clarity and predictability, and make it possible for those key actors to better grasp the sequence of investments across relief, recovery, and long-term structural transformation. Planning efforts should also seek to avoid lock-in situations and path dependencies where short-term recovery expenditure could hamper long-term goals of reducing inequalities or advancing environmental protection, and even increase vulnerabilities.
- Better understanding the cost and benefits of SDG financing at country level. A clear understanding of allocation and spending on public services and public investments that contribute to the SDGs can help identify funding shortfalls. Double-counting investment needs in particular should be avoided while synergies between different types of investment should be prioritized.
- Aligning SDG financing instruments with countries’ needs and priorities. SDG budgeting tools can be the cornerstone of strengthening financing for the SDGs in countries and establish more coherent links between the SDGs and development strategies, as well as their implementation. However, as case studies in Africa, Asia and Central America, these tools only prove relevant if they do not add complexity to the administration but are well integrated into and supportive of existing national or local processes and strategies. And international partners should fully align with such national strategies.

Global stocktake and the SDG mid-term review as opportunities for integration

Thu, 09/14/2023 - 11:58

In 2015, the world embarked on an ambitious climate and development agenda with the adoption of the Paris Agreement (PA) and the 2030 Agenda for Sustainable Development. Now, eight years later, both processes are at important milestones assessing the progress achieved so far. In December 2023, the UN climate conference in Dubai will conclude the first Global Stocktake (GST), a process for assessing collective progress towards the PA objectives. In September, the midterm review of the implementation of the Sustainable Development Goals (SDGs) will take place at the SDG Summit in New York. Still, no pleasant surprises are to be expected. It is already clear that progress to achieve the goals of the Paris Agreement is way off track, as countries’ NDCs are far too weak to achieve the objectives of the Agreement. Similarly, at the mid-point to achieve the Agenda for Sustainable Development by 2030, no country is on track. Progress on the 17 SDGs has stalled over the past three years. On some Goals, the world has been backsliding, raising questions both about political will and about suitable options for changing course. Despite this disturbing state of affairs, calls for urgency have not resonated with policy makers. In the climate realm, the messages from the IPCC have become ever more alarming, UN Secretary-General Guterres has been exhorting countries to act, and the previous climate conferences in Glasgow and Sharm el-Sheik called on countries to enhance their NDCs – but very few actually did so. But how can we still make progress if all calls for urgency are in vain? It has long been argued that integration of the climate and sustainable development agendas is necessary to achieve both objectives. We argue that it is, in fact, indispensable and our only hope to close the ambition and implementation gaps.

Which agreements boost agricultural trade in Africa?

Wed, 09/13/2023 - 12:28

One of the main features of today’s global trade system is the proliferation of regional trade agreements (RTAs). The proliferation of RTAs in recent years has been coupled with broader and deeper coverage under these agreements. Broader coverage increasingly includes more policy areas that may be trade-related (tariffs and nontariff measures) or non trade-related (behind-the-border policies, intellectual property rights, movement of capital and people, competition policy, and others). In this regard, the scope of RTAs has been expanded by WTO members and signatories of RTAs from just 8 policy areas in the 1950s to 17 policy areas today. Deeper agreements include an increasing number of commitments within each policy area. They are also increasingly accompanied by legal requirements, such as stronger transparency and enforcement mechanisms. This chapter assesses the role of RTAs in boosting agricultural trade in Africa. Our analysis extends beyond estimating the overall impact of agreements on African trade to assess the relative importance of the detailed  agreements’ provisions, including both broader and deeper coverage, in boosting agricultural trade.

Geopolitics, the Global South and Development Policy

Wed, 09/13/2023 - 08:50

This policy brief discusses the new geopolitical and geo-economic context and its significance for the Global South and the development policies of Western actors. The systemic confrontation between China and the USA, the Russian invasion of Ukraine, but also the seizure of power through a military putsch in Niger, among other places, show: The environment for global cooperation efforts has become much more difficult. Actors in the Global South are no longer just participants on the sidelines of geopolitical conflicts, but are taking an active role. Western countries and Russia make strong efforts to woo them. At the same time, China and India in particular aspire to leadership roles as leaders for the Global South. The following points are of particular importance:
(1) The changes in the international system have given the Global South as a group (despite the enormous differences between the actors in this group) a new impetus of identity – similar to the West. It is noteworthy that this North/South bloc formation makes other possible commonalities less pronounced. This applies above all to the attempt – which has been less success-ful so far – to strengthen the identification of open democratic systems as a mark of belonging. For many debates and alliances, the identification “Global North/South” is formative. Formation of North and South camps is not helpful for finding international solutions. Approaches to counteract entrenched bloc formations and to create effective formats for exchange and understanding are therefore important.
(2) From the perspective of Southern actors, the existing international order is a deeply unjust system that primarily protects the interests of the West, and especially those of the USA. Political offers from the West that do not really lead to structural changes are unlikely to arouse interest in the Global South, and will instead favour counter-designs – be they from China with its claim to leadership for the Global South or Russia.
(3) In principle, the development policy of OECD actors has important potential to help shape the realignment of relations with the Global South. The policy field is, on the one hand, a proof of international credibility (among other things, fulfilment of international obligations) and, on the other hand, an approach that makes it possible to work with operational means on international problems in the first place.
(4) Western development policy is likely to face further difficult situations with risks of escalation and failure (such as Niger and Afghanistan) in the face of multiple tensions in developing regions. Development policy should reflect the geopolitical context even more consciously in strategy and action. The defining geo-political context harbours the danger that the original development policy task – sustainable development of the partner countries – will be overshadowed.
(5) Overall, it should be an important concern to rethink how international burden-sharing for development and climate finance agendas is organised. Here, it is important to consider both the actors from the Global North and those from the Global South.

Kein Ausverkauf der Demokratie

Tue, 09/12/2023 - 11:27

Bonn, 12. September 2023. Der G20 Gipfel führte vor, wie Demokratien und Autokratien kooperieren. „Für Demokratie einstehen und mit Autokraten kooperieren - geht das?“ fragt die Autorin der heutigen Aktuellen Kolumne.

In der G20 Gipfelerklärung vom Wochenende kommt das Wort Demokratie nicht einmal vor. In der aktuellen Situation ist das gut so. Zweckbündnisse sind zwar notwendig, um globale Herausforderungen zu bewältigen. Wertegeleitete Politik muss aber trotzdem für Demokratie einstehen. Gerade in der aktuellen Weltlage ist das notwendig. Als die Vereinten Nationen den Internationalen Tag der Demokratie (15.9.) vor 16 Jahren einführten, war es um die Demokratie noch besser bestellt. Es gab zwar erste Anzeichen für das, was heute als „dritte globale Autokratisierungswelle“ bezeichnet wird, doch die Hälfte der Menschen lebte weltweit noch in Demokratien. Das ist jetzt anders. Im Jahr 2022 lebten 72% der Weltbevölkerung in Regimen mit autokratischen Merkmalen. Beispielsweise beschneidet Indien, der aktuelle G20-Vorsitz und einst größte Demokratie der Welt, Grundfreiheiten einzelner Gruppen. Auch die jüngsten Militärputsche in Niger und Gabun stehen für ein neues Erstarken autokratischer Herrschaft.

Doch ist es nicht nur um die Verfasstheit einzelner Demokratien schlecht bestellt. Demokratie ist auch wieder zum wenig hilfreichen Kampfbegriff in der globalen Politik geworden. Die EU, Deutschland und die USA sprechen von „systemischer Rivalität“ zwischen Autokratien und Demokratien. Die Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung bekennt sich zu einer wertegeleiteten Politik. 76 Treffer bringt die Suche nach dem Demokratiebegriff in dem Dokument, so häufig wie in keiner anderen Sicherheitsstrategie westlicher Mächte. Da hat sich Deutschland eine sehr hohe Messlatte gelegt. Doch was heißt es wirklich, für Demokratie einzustehen in einer multipolaren Welt voller Herausforderungen?

Demokratiepolitik und gemeinwohlorientierte Kooperation mit Autokraten sind deutsches Interesse

Demokratiepolitik nach Außen – wie nach Innen –  ist im Interesse Deutschlands. Für eine Volkswirtschaft, deren Wohlstand sich vornehmlich aus Exporten finanziert, sind stabile Beziehungen mit anderen Staaten zentral. Demokratien bieten nicht nur nachhaltigere Entwicklung, sondern auch höhere Erwartungssicherheit und auf Dauer stabilere Kooperationen. Dennoch kommt Deutschland nicht umhin, seine Interessen durch die Kooperation mit Autokratien zu verfolgen. Das kann auch ohne einen Ausverkauf der Demokratie gelingen, wenn gemeinwohlorientierte Zweckbündnisse geschmiedet werden. Beispielsweise braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung von Demokratien und Autokratien, um den Klimawandel einzudämmen. Eine Reform des Welthandelssystems funktioniert nicht, wenn sich nur der Club der Demokratien zusammentut. Und auch das Eintreten gegen Putschisten in Westafrika wäre gemeinsam mit strategisch relevanten Autokratien wie China sicherlich effektiver. Doch wird da nicht die wertegeleitete Außen- und Entwicklungspolitik verraten? Nicht, wenn der Kooperationszweck gemeinwohlorientiert ist und der Demokratiebegriff außen vor bleibt. Schaden für die Demokratie entstünde, wenn Autokratien vorgeben würden, sich für Demokratie einzusetzen. So würden noch mehr demokratische Fassaden aufgebaut und demokratische Prinzipien weiter ausgehöhlt. Würden Demokratien das durch gemeinsame Stellungnahmen wie beim G20 Gipfel unterstützen, gewännen autokratische Regime weiter an Legitimität.

Deutsche Beiträge zum schleichenden Tod der Demokratie?: „Do no democratic harm“

Nicht nur bei Zweckbündnissen entstehen Gefahren für die Demokratie. Die meisten Demokratien sterben schleichend. Gewählte Amtsinhaber wie Orban in Ungarn, Bolsonaro in Brasilien oder Talon in Benin höhlen demokratische Institutionen aus. Als zweitgrößter Geber von internationalen Entwicklungsgeldern hat Deutschland eine besondere Verantwortung, solche Autokratisierungsprozesse zumindest nicht zu verstärken. Der Autokratisierung mit aktiver Politik von außen entgegenzuwirken ist nur erfolgreich, wenn sie pro-demokratische Kräfte vor Ort verstärken kann. Alleine kann kein Staat interne Dynamiken eines Landes umkehren. Das gilt umgekehrt auch für Autokratisierung. Für entwicklungspolitische Kooperationen wurde mehrfach nachgewiesen, dass sie Autokratien indirekt stabilisieren und Autokratisierungstrends verstärken können, wenn sie nicht umsichtig gestaltet werden. Beispielsweise können die unbedachte Unterstützung von Verwaltungsreformen oder Investitionen im öffentlichen Sektor den politischen Spielraum für Autokraten erweitern. Zwar fördert Deutschland durch Projekte und politische Stiftungen pro-aktiv Demokratie, doch ist unwahrscheinlich, dass diese relativ geringen Mittel die nicht intendierten Wirkungen von Entwicklungspolitik in autokratischen Kontexten aufwiegen können. Erste Schritte, um Demokratie weltweit zu schützen – auch bei der Umsetzung der Nationalen Sicherheitsstrategie – wäre ein „Do no harm to democracy“-Prinzip zu entwickeln. Das bedeutet Kooperationen daraufhin zu prüfen, was für potenzielle Wirkungen sie auf die politische Verfasstheit eines Staates haben, aber auch, ob die Zahlung von Entwicklungsgeldern in strategisch weniger relevanten Ländern (z.B. Ruanda) nicht besser eingestellt werden sollte.

COVCLIM: Nachhaltige Klimapolitik finanzieren

Mon, 09/11/2023 - 17:36

Die Auswirkungen von COVID-19 und der Klimakrise bestimmen grundlegend die Aussichten für einen gerechten Übergang zu kohlenstoffneutralen Gesellschaften. Das T-AP-Projekt COVCLIM integriert Wirtschafts-, Politik- und Sozialwissenschaften, um die Rolle von einer Kohlenstoffsteuer zur Finanzierung der sozialen Sicherung in diesem Übergang zu beleuchten. Dabei analysiert es Konzepte für Steuerreformen, die Armut und Ungleichheit verringern und die zugrundeliegenden politischen und wirtschaftlichen Prozesse.

Just transitions and resilience in contexts of conflict and fragility: the need for a transformative approach

Mon, 09/11/2023 - 12:46

Countries affected by conflict and fragility are disproportionately affected by climate crises that are not of their making. Calls for Just Transitions (JTs) to post-carbon societies are accelerating, with scholarly attention to these contexts. This article critically reviews literature on JTs and environmental peacebuilding for insights and evidence to build a foundation for more informed analysis and action. We argue that durable transition pathways in such contexts require a transformative, political economy lens. Such a lens goes beyond a focus on adaptation, seeking solutions that address the root causes across crises, supporting accountability and financial responsibility for climate crisis consequences, and framing action around measures that build transformative resilience at multiple scales.

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