This article proposes a framework for studying the social contract along the four parameters (4Ps) of protection, provision, participation and the production of hegemony. To appreciate the differentiated experience of how these parameters are lived, this framework is applied to schools as arenas that uniquely capture the dynamics of power and legitimacy in society. The education sector reflects broader transformations in the state bureaucracy, in social policy and in the lived experience of key elements of the social contract from the rule of law and gendered violence to formal and informal privatization, everyday forms of participation and the narratives and practices around nationalism and neoliberalism that legitimize these changes. Applying this approach to the case study of Egypt updates earlier propositions about an Arab social contract and nuances the notion of a tradeoff between provision and participation rights in understanding regime legitimacy. It underlines the critical changes to protection and legitimation over the past decades and the implications of the outsourcing of various elements of the social contract to market, charitable and religious forces. Drawing on rare research inside schools catering to different social classes before and after the 2011 uprising, the article describes how their realities reflect the transformations of lived citizenship in this historical juncture. Egyptian schools reveal a ‘lived social contract’ that is underpinned by selective retraction of protection, a collapse of provision, impoverishment and Islamization of participation and a resulting disengagement from the production of hegemony.
This article proposes a framework for studying the social contract along the four parameters (4Ps) of protection, provision, participation and the production of hegemony. To appreciate the differentiated experience of how these parameters are lived, this framework is applied to schools as arenas that uniquely capture the dynamics of power and legitimacy in society. The education sector reflects broader transformations in the state bureaucracy, in social policy and in the lived experience of key elements of the social contract from the rule of law and gendered violence to formal and informal privatization, everyday forms of participation and the narratives and practices around nationalism and neoliberalism that legitimize these changes. Applying this approach to the case study of Egypt updates earlier propositions about an Arab social contract and nuances the notion of a tradeoff between provision and participation rights in understanding regime legitimacy. It underlines the critical changes to protection and legitimation over the past decades and the implications of the outsourcing of various elements of the social contract to market, charitable and religious forces. Drawing on rare research inside schools catering to different social classes before and after the 2011 uprising, the article describes how their realities reflect the transformations of lived citizenship in this historical juncture. Egyptian schools reveal a ‘lived social contract’ that is underpinned by selective retraction of protection, a collapse of provision, impoverishment and Islamization of participation and a resulting disengagement from the production of hegemony.
Klimaschutz priorisieren, eine nachhaltige Lebensmittelproduktion fördern, Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit erhöhen und ein Nachhaltigkeitsministerium einsetzen: So lauten vier von 32 Vorschlägen des Bürger*innenrats „Deutschlands Rolle in der Welt“. Am 19. März nimmt der Bundestag das Gutachten auf Basis der Empfehlungen von 154 zufällig ausgewählten Bürger*innen entgegen. Der Bürger*innenrat ist ein Instrument innovativer Bürger*innenbeteiligung, das bereits in vielen Ländern und auf verschiedenen politischen Ebenen zum Einsatz gekommen ist.
Bürger*innenräte versprechen, Politikverdrossenheit abzubauen und mutige Lösungsansätze für gesellschaftlich umstrittene Themen zu fördern. Der Clou: Es kommen per Los bestimmte Menschen zusammen, die idealerweise die sozioökonomische Zusammensetzung der Gesellschaft „in Klein“ abbilden. Das Gremium ist somit inklusiv und viel diverser als beispielsweise der Bundestag. Außerdem haben die Rät*innen weder Wähler*innen noch eine Parteilinie oder Lobbyinteressen im Nacken. Dadurch können sie unbefangener und auf Augenhöhe über eine politische Fragestellung diskutieren. Neben dem gemeinsamen Lernen kann dabei ein wertschätzender, persönlicher und dennoch sachorientierter Austausch nach dem Prinzip der „Deliberation“ stattfinden: Am Ende soll das beste Argument im Sinne des Gemeinwohls überzeugen und nicht die lauteste Stimme oder das bestorganisierte Interesse. Allein deshalb sind Bürger*innenräte eine sinnvolle Ergänzung unserer Demokratie. Konkret können Bürger*innenräte wertvolle inhaltliche Impulse setzen, wie die Empfehlungen des Bürger*innenrats „Deutschlands Rolle in der Welt“ zum Thema Nachhaltigkeit zeigen.
Das breite außenpolitische Thema haben die Bürger*innen aus fünf Perspektiven in Arbeitsgruppen beleuchtet: nachhaltige Entwicklung, Frieden und Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaat, Wirtschaft und Handel sowie EU. Die Themen wurden vorab mittels eines Beteiligungsprozesses ausgewählt und es ist allein schon erfreulich, dass nachhaltige Entwicklung dabei als sehr wichtig angesehen wurde. Ein kleiner Wermutstropfen ist es jedoch, dass nachhaltige Entwicklung nicht der Natur der Sache entsprechend als themenübergreifendes Grundprinzip überall mitgedacht wurde. Aber sei’s drum, denn sowohl die Leitlinien als auch die konkreten Empfehlungen der Gruppe nachhaltige Entwicklung zeigen, dass die gelosten Bürger*innen es ernst damit meinen, Nachhaltigkeit als übergeordnetes Leitprinzip in der deutschen Politik verankern zu wollen. So einigten sie sich in ihrer Abschlusssitzung am 20. Februar zum Beispiel darauf, dass Deutschland sich „global für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Wahrung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Sicherheit“ einsetzen soll. Sie schlagen die Verankerung von Nachhaltigkeit im Grundgesetz vor und sprechen sich für die Einrichtung eines „Nachhaltigkeitsministeriums“ aus, „welches die Koordination, Kontrolle und Überwachung über andere Ministerien innehat und für Transparenz sorgt“. Deutliche Worte finden sie auch dafür, dass „Klimaschutz priorisiert“ werden und Deutschland „Mut zur Gemeinwohlorientierung und zum Ende des kontinuierlichen Wachstumsparadigmas“ zeigen soll. Darüber hinaus sollen Gelder für die „Entwicklungshilfe“ auf 2 % des Bruttonationaleinkommens erhöht werden (aktuell liegt die Rate bei 0,6 %). Zudem soll die Nahrungsmittelproduktion weltweit nachhaltig werden – „auch wenn die Lebensmittelpreise dadurch in Deutschland steigen.“
Wenn wir an die internationalen Zielvereinbarungen wie das Pariser Klimaabkommen und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung denken, die auch Deutschland unterzeichnet hat, sind Nachhaltigkeit und die Reduzierung von Treibhausgasen als zentrale und übergreifende politische Ziele nicht gerade neu. Neu und ermutigend ist aber, dass die bestehenden Ziele der internationalen Gemeinschaft und die Konsequenzen für uns in Deutschland offenbar einen Rückhalt in der breiten Bevölkerung genießen, zumindest, wenn Bürger*innen die Möglichkeit bekommen, informiert darüber zu diskutieren. Damit könnten sich sowohl der Druck auf die Politik für die ambitionierte Umsetzung dieser Ziele als auch die gesellschaftliche Legitimation von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Deutschland erhöhen. Bei aller Euphorie bleiben allerdings Fragen zum Instrument Bürger*innenrat offen, zum Beispiel zur Stärkung ihres politischen Gewichts und nach einer breiteren öffentlichen Aufmerksamkeit.
Der Bürger*innenrat „Deutschlands Rolle in der Welt“ zeigt, welches Potenzial für die Suche nach gemeinwohlorientierten Lösungen in dem Instrument steckt – sowohl auf nationaler als auch globaler Ebene. Damit ist das Format auch unmittelbar relevant für die internationale (Entwicklungs-) Zusammenarbeit. Die Institutionalisierung von Bürger*innenräten in Deutschland, insbesondere zu Nachhaltigkeitsfragen, wäre daher ein vielversprechender Ansatz, um Druck für die Umsetzung der internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele auszuüben. Das ist übrigens auch eine Empfehlung des gelosten Gremiums selbst: „Deutschland soll (…) bürgernahe, politische Foren (z.B. Bürgerräte) dauerhaft nutzen und berücksichtigen“. Der nächste Bürger*innenrat, der sich für das globale Gemeinwohl einsetzen könnte, steht schon in den Startlöchern – das Thema: Klima.
Klimaschutz priorisieren, eine nachhaltige Lebensmittelproduktion fördern, Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit erhöhen und ein Nachhaltigkeitsministerium einsetzen: So lauten vier von 32 Vorschlägen des Bürger*innenrats „Deutschlands Rolle in der Welt“. Am 19. März nimmt der Bundestag das Gutachten auf Basis der Empfehlungen von 154 zufällig ausgewählten Bürger*innen entgegen. Der Bürger*innenrat ist ein Instrument innovativer Bürger*innenbeteiligung, das bereits in vielen Ländern und auf verschiedenen politischen Ebenen zum Einsatz gekommen ist.
Bürger*innenräte versprechen, Politikverdrossenheit abzubauen und mutige Lösungsansätze für gesellschaftlich umstrittene Themen zu fördern. Der Clou: Es kommen per Los bestimmte Menschen zusammen, die idealerweise die sozioökonomische Zusammensetzung der Gesellschaft „in Klein“ abbilden. Das Gremium ist somit inklusiv und viel diverser als beispielsweise der Bundestag. Außerdem haben die Rät*innen weder Wähler*innen noch eine Parteilinie oder Lobbyinteressen im Nacken. Dadurch können sie unbefangener und auf Augenhöhe über eine politische Fragestellung diskutieren. Neben dem gemeinsamen Lernen kann dabei ein wertschätzender, persönlicher und dennoch sachorientierter Austausch nach dem Prinzip der „Deliberation“ stattfinden: Am Ende soll das beste Argument im Sinne des Gemeinwohls überzeugen und nicht die lauteste Stimme oder das bestorganisierte Interesse. Allein deshalb sind Bürger*innenräte eine sinnvolle Ergänzung unserer Demokratie. Konkret können Bürger*innenräte wertvolle inhaltliche Impulse setzen, wie die Empfehlungen des Bürger*innenrats „Deutschlands Rolle in der Welt“ zum Thema Nachhaltigkeit zeigen.
Das breite außenpolitische Thema haben die Bürger*innen aus fünf Perspektiven in Arbeitsgruppen beleuchtet: nachhaltige Entwicklung, Frieden und Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaat, Wirtschaft und Handel sowie EU. Die Themen wurden vorab mittels eines Beteiligungsprozesses ausgewählt und es ist allein schon erfreulich, dass nachhaltige Entwicklung dabei als sehr wichtig angesehen wurde. Ein kleiner Wermutstropfen ist es jedoch, dass nachhaltige Entwicklung nicht der Natur der Sache entsprechend als themenübergreifendes Grundprinzip überall mitgedacht wurde. Aber sei’s drum, denn sowohl die Leitlinien als auch die konkreten Empfehlungen der Gruppe nachhaltige Entwicklung zeigen, dass die gelosten Bürger*innen es ernst damit meinen, Nachhaltigkeit als übergeordnetes Leitprinzip in der deutschen Politik verankern zu wollen. So einigten sie sich in ihrer Abschlusssitzung am 20. Februar zum Beispiel darauf, dass Deutschland sich „global für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Wahrung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Sicherheit“ einsetzen soll. Sie schlagen die Verankerung von Nachhaltigkeit im Grundgesetz vor und sprechen sich für die Einrichtung eines „Nachhaltigkeitsministeriums“ aus, „welches die Koordination, Kontrolle und Überwachung über andere Ministerien innehat und für Transparenz sorgt“. Deutliche Worte finden sie auch dafür, dass „Klimaschutz priorisiert“ werden und Deutschland „Mut zur Gemeinwohlorientierung und zum Ende des kontinuierlichen Wachstumsparadigmas“ zeigen soll. Darüber hinaus sollen Gelder für die „Entwicklungshilfe“ auf 2 % des Bruttonationaleinkommens erhöht werden (aktuell liegt die Rate bei 0,6 %). Zudem soll die Nahrungsmittelproduktion weltweit nachhaltig werden – „auch wenn die Lebensmittelpreise dadurch in Deutschland steigen.“
Wenn wir an die internationalen Zielvereinbarungen wie das Pariser Klimaabkommen und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung denken, die auch Deutschland unterzeichnet hat, sind Nachhaltigkeit und die Reduzierung von Treibhausgasen als zentrale und übergreifende politische Ziele nicht gerade neu. Neu und ermutigend ist aber, dass die bestehenden Ziele der internationalen Gemeinschaft und die Konsequenzen für uns in Deutschland offenbar einen Rückhalt in der breiten Bevölkerung genießen, zumindest, wenn Bürger*innen die Möglichkeit bekommen, informiert darüber zu diskutieren. Damit könnten sich sowohl der Druck auf die Politik für die ambitionierte Umsetzung dieser Ziele als auch die gesellschaftliche Legitimation von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Deutschland erhöhen. Bei aller Euphorie bleiben allerdings Fragen zum Instrument Bürger*innenrat offen, zum Beispiel zur Stärkung ihres politischen Gewichts und nach einer breiteren öffentlichen Aufmerksamkeit.
Der Bürger*innenrat „Deutschlands Rolle in der Welt“ zeigt, welches Potenzial für die Suche nach gemeinwohlorientierten Lösungen in dem Instrument steckt – sowohl auf nationaler als auch globaler Ebene. Damit ist das Format auch unmittelbar relevant für die internationale (Entwicklungs-) Zusammenarbeit. Die Institutionalisierung von Bürger*innenräten in Deutschland, insbesondere zu Nachhaltigkeitsfragen, wäre daher ein vielversprechender Ansatz, um Druck für die Umsetzung der internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele auszuüben. Das ist übrigens auch eine Empfehlung des gelosten Gremiums selbst: „Deutschland soll (…) bürgernahe, politische Foren (z.B. Bürgerräte) dauerhaft nutzen und berücksichtigen“. Der nächste Bürger*innenrat, der sich für das globale Gemeinwohl einsetzen könnte, steht schon in den Startlöchern – das Thema: Klima.
Klimaschutz priorisieren, eine nachhaltige Lebensmittelproduktion fördern, Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit erhöhen und ein Nachhaltigkeitsministerium einsetzen: So lauten vier von 32 Vorschlägen des Bürger*innenrats „Deutschlands Rolle in der Welt“. Am 19. März nimmt der Bundestag das Gutachten auf Basis der Empfehlungen von 154 zufällig ausgewählten Bürger*innen entgegen. Der Bürger*innenrat ist ein Instrument innovativer Bürger*innenbeteiligung, das bereits in vielen Ländern und auf verschiedenen politischen Ebenen zum Einsatz gekommen ist.
Bürger*innenräte versprechen, Politikverdrossenheit abzubauen und mutige Lösungsansätze für gesellschaftlich umstrittene Themen zu fördern. Der Clou: Es kommen per Los bestimmte Menschen zusammen, die idealerweise die sozioökonomische Zusammensetzung der Gesellschaft „in Klein“ abbilden. Das Gremium ist somit inklusiv und viel diverser als beispielsweise der Bundestag. Außerdem haben die Rät*innen weder Wähler*innen noch eine Parteilinie oder Lobbyinteressen im Nacken. Dadurch können sie unbefangener und auf Augenhöhe über eine politische Fragestellung diskutieren. Neben dem gemeinsamen Lernen kann dabei ein wertschätzender, persönlicher und dennoch sachorientierter Austausch nach dem Prinzip der „Deliberation“ stattfinden: Am Ende soll das beste Argument im Sinne des Gemeinwohls überzeugen und nicht die lauteste Stimme oder das bestorganisierte Interesse. Allein deshalb sind Bürger*innenräte eine sinnvolle Ergänzung unserer Demokratie. Konkret können Bürger*innenräte wertvolle inhaltliche Impulse setzen, wie die Empfehlungen des Bürger*innenrats „Deutschlands Rolle in der Welt“ zum Thema Nachhaltigkeit zeigen.
Das breite außenpolitische Thema haben die Bürger*innen aus fünf Perspektiven in Arbeitsgruppen beleuchtet: nachhaltige Entwicklung, Frieden und Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaat, Wirtschaft und Handel sowie EU. Die Themen wurden vorab mittels eines Beteiligungsprozesses ausgewählt und es ist allein schon erfreulich, dass nachhaltige Entwicklung dabei als sehr wichtig angesehen wurde. Ein kleiner Wermutstropfen ist es jedoch, dass nachhaltige Entwicklung nicht der Natur der Sache entsprechend als themenübergreifendes Grundprinzip überall mitgedacht wurde. Aber sei’s drum, denn sowohl die Leitlinien als auch die konkreten Empfehlungen der Gruppe nachhaltige Entwicklung zeigen, dass die gelosten Bürger*innen es ernst damit meinen, Nachhaltigkeit als übergeordnetes Leitprinzip in der deutschen Politik verankern zu wollen. So einigten sie sich in ihrer Abschlusssitzung am 20. Februar zum Beispiel darauf, dass Deutschland sich „global für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Wahrung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Sicherheit“ einsetzen soll. Sie schlagen die Verankerung von Nachhaltigkeit im Grundgesetz vor und sprechen sich für die Einrichtung eines „Nachhaltigkeitsministeriums“ aus, „welches die Koordination, Kontrolle und Überwachung über andere Ministerien innehat und für Transparenz sorgt“. Deutliche Worte finden sie auch dafür, dass „Klimaschutz priorisiert“ werden und Deutschland „Mut zur Gemeinwohlorientierung und zum Ende des kontinuierlichen Wachstumsparadigmas“ zeigen soll. Darüber hinaus sollen Gelder für die „Entwicklungshilfe“ auf 2 % des Bruttonationaleinkommens erhöht werden (aktuell liegt die Rate bei 0,6 %). Zudem soll die Nahrungsmittelproduktion weltweit nachhaltig werden – „auch wenn die Lebensmittelpreise dadurch in Deutschland steigen.“
Wenn wir an die internationalen Zielvereinbarungen wie das Pariser Klimaabkommen und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung denken, die auch Deutschland unterzeichnet hat, sind Nachhaltigkeit und die Reduzierung von Treibhausgasen als zentrale und übergreifende politische Ziele nicht gerade neu. Neu und ermutigend ist aber, dass die bestehenden Ziele der internationalen Gemeinschaft und die Konsequenzen für uns in Deutschland offenbar einen Rückhalt in der breiten Bevölkerung genießen, zumindest, wenn Bürger*innen die Möglichkeit bekommen, informiert darüber zu diskutieren. Damit könnten sich sowohl der Druck auf die Politik für die ambitionierte Umsetzung dieser Ziele als auch die gesellschaftliche Legitimation von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Deutschland erhöhen. Bei aller Euphorie bleiben allerdings Fragen zum Instrument Bürger*innenrat offen, zum Beispiel zur Stärkung ihres politischen Gewichts und nach einer breiteren öffentlichen Aufmerksamkeit.
Der Bürger*innenrat „Deutschlands Rolle in der Welt“ zeigt, welches Potenzial für die Suche nach gemeinwohlorientierten Lösungen in dem Instrument steckt – sowohl auf nationaler als auch globaler Ebene. Damit ist das Format auch unmittelbar relevant für die internationale (Entwicklungs-) Zusammenarbeit. Die Institutionalisierung von Bürger*innenräten in Deutschland, insbesondere zu Nachhaltigkeitsfragen, wäre daher ein vielversprechender Ansatz, um Druck für die Umsetzung der internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele auszuüben. Das ist übrigens auch eine Empfehlung des gelosten Gremiums selbst: „Deutschland soll (…) bürgernahe, politische Foren (z.B. Bürgerräte) dauerhaft nutzen und berücksichtigen“. Der nächste Bürger*innenrat, der sich für das globale Gemeinwohl einsetzen könnte, steht schon in den Startlöchern – das Thema: Klima.
DIW-Ökonomin Claudia Kemfert kommentiert die heute von Bundesumweltministerin Svenja Schulze vorgestellte Klimabilanz für 2020 wie folgt:
Deutschland erfüllt die selbst gesteckten Klimaziele, dies ist grundsätzlich eine erfreuliche Nachricht. Doch der Schein trügt. Denn die Erfolge gehen leider nicht ausschließlich auf aktive Klimaschutzpolitik zurück, sondern sind in erheblichem Umfang der Wirtschaftskrise durch die Pandemie geschuldet. Etwa die Hälfte der Emissionsrückgänge sind coronabedingt. Dies ist vor allem im Verkehrs- und Industriesektor der Fall. Es wurden deutlich weniger Langstrecken mit dem Fahrzeug zurückgelegt, ebenso ging der der Lieferverkehr deutlich zurück. Im Industriebereich gab es wirtschaftliche Einbrüche, die zur Emissionsminderung beigetragen haben. Auch in der Energiewirtschaft sind die coronabedingten Effekte ablesbar.
Die aktuelle Corona-Pandemie hebt die Relevanz eines interdisziplinären Verständnisses von Krisenphänomenen hervor. Die Förderung eines solchen Verständnisses ist das Ziel des Forschungsverbunds, der 24 Leibniz-Institute aus vier Sektionen zusammenbringt und themenübergreifend sozial-, geistes- und naturwissenschaftliche Expertise in der Krisenforschung bündelt.
Um die Arbeit und die Gesichter des Verbundes einer breiteren Öffentlichkeit sichtbar zu machen, wurden die Crisis Interviews ins Leben gerufen. 12 Gespräche, die in den Jahren 2018 bis 2020 mit Forscher*innen des Verbunds geführt wurden, zeigen die Vielfalt der Krisenforschung auf. Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge spricht in ihrem Interview über ökologische Krisen, wie dem Meeresspiegelanstieg als potentielle zukünftige Krise, sowie über weitere "Tipping Points" und das Verständnis des Krisenbegriffs an sich.
Die aktuelle Corona-Pandemie hebt die Relevanz eines interdisziplinären Verständnisses von Krisenphänomenen hervor. Die Förderung eines solchen Verständnisses ist das Ziel des Forschungsverbunds, der 24 Leibniz-Institute aus vier Sektionen zusammenbringt und themenübergreifend sozial-, geistes- und naturwissenschaftliche Expertise in der Krisenforschung bündelt.
Um die Arbeit und die Gesichter des Verbundes einer breiteren Öffentlichkeit sichtbar zu machen, wurden die Crisis Interviews ins Leben gerufen. 12 Gespräche, die in den Jahren 2018 bis 2020 mit Forscher*innen des Verbunds geführt wurden, zeigen die Vielfalt der Krisenforschung auf. Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge spricht in ihrem Interview über ökologische Krisen, wie dem Meeresspiegelanstieg als potentielle zukünftige Krise, sowie über weitere "Tipping Points" und das Verständnis des Krisenbegriffs an sich.
Die aktuelle Corona-Pandemie hebt die Relevanz eines interdisziplinären Verständnisses von Krisenphänomenen hervor. Die Förderung eines solchen Verständnisses ist das Ziel des Forschungsverbunds, der 24 Leibniz-Institute aus vier Sektionen zusammenbringt und themenübergreifend sozial-, geistes- und naturwissenschaftliche Expertise in der Krisenforschung bündelt.
Um die Arbeit und die Gesichter des Verbundes einer breiteren Öffentlichkeit sichtbar zu machen, wurden die Crisis Interviews ins Leben gerufen. 12 Gespräche, die in den Jahren 2018 bis 2020 mit Forscher*innen des Verbunds geführt wurden, zeigen die Vielfalt der Krisenforschung auf. Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge spricht in ihrem Interview über ökologische Krisen, wie dem Meeresspiegelanstieg als potentielle zukünftige Krise, sowie über weitere "Tipping Points" und das Verständnis des Krisenbegriffs an sich.
Rural-urban migration constitutes the principal pattern of internal and cross-border migration in West Africa. In alignment with environmental and health agendas, its drivers and effects need to be explicitly accounted for in migration and urbanization policies. For example, that households use rural-urban migration as a risk-diversification and livelihood strategy is a key consideration. Highly vulnerable migrant populations such as children, women, the elderly, or the forcibly displaced should receive particular attention.
Rural-urban migration constitutes the principal pattern of internal and cross-border migration in West Africa. In alignment with environmental and health agendas, its drivers and effects need to be explicitly accounted for in migration and urbanization policies. For example, that households use rural-urban migration as a risk-diversification and livelihood strategy is a key consideration. Highly vulnerable migrant populations such as children, women, the elderly, or the forcibly displaced should receive particular attention.
Rural-urban migration constitutes the principal pattern of internal and cross-border migration in West Africa. In alignment with environmental and health agendas, its drivers and effects need to be explicitly accounted for in migration and urbanization policies. For example, that households use rural-urban migration as a risk-diversification and livelihood strategy is a key consideration. Highly vulnerable migrant populations such as children, women, the elderly, or the forcibly displaced should receive particular attention.
Bangladesh Ambassador to Bahrain Dr. Md. Nazrul Islam, joined by speakers from the Organisation of Islamic Cooperation (OIC) and the Bangladesh Institute of Development Studies (BIDS), launched an urgent appeal to the international community for a lasting solution to the Rohingya crisis, and urged the multilateral system to facilitate the voluntary, safe and sustained repatriation of the refugees back to Myanmar.
During an IPI MENA’s virtual Ambassadorial Conference Series on “The Culture of Peace and the Forcibly Displaced Rohingya People” on March 15, IPI MENA Director Nejib Friji opened the event by stressing the importance of a culture of peace in areas such as the promotion of human rights, women and youth, economic integration and regional integration. “In a global environment that has seen heightened rhetoric of hate, intolerance and acts of violence, the practice of the culture of peace is especially pertinent,” he stated.
Highlighting Bangladesh’s policies to integrate and put to practice a culture of peace, Dr. Nazrul Islam emphasized that inclusive growth-led policies, namely empowering women, change lives through development. He pointed to Bangladesh Prime Minister, Sheikh Hasina, a woman at the helm of a Muslim-majority country, as a role model through her policies towards aiding the 1.2 million Rohingya refugees hosted in Bangladesh.
Dr. Nazrul Islam elaborated on Bangladesh’s efforts within the multilateral system to facilitate the voluntary, safe and sustained repatriation of the Rohingyas back to their homeland in Myanmar, stressing, “By ensuring justice and accountability, reaching the culture of peace becomes linked to eliminating the culture of impunity.”
A Senior Research Fellow at BIDS, discussant Dr. Nazneen Ahmed noted BIDS independence as a think-tank that conducts policy research on socio-economic development issues within Bangladesh. She acknowledged that while 20% of the country’s 160 million people still live under the poverty line, Bangladesh’s decision to invest in women and children’s education will decrease disparity, and put the country’s projected “developed” status by 2041 within reach.
She regretted Bangladesh’s limited resources and called for support from the international community, stating, “non-financial means of support such as regional integration agreements, are equally crucial to maintaining and achieving peace.”
Mr. Marghoob Saleem Butt, Executive Director of the OIC Independent Permanent Human Rights Commission (IPHRC), noted that Bangladesh, a member of the OIC since 1974 with a vast Muslim population, holds strong values in line with the culture of peace and underlined OIC’s similar commitments to advocating human rights and peace.
Mr. Butt stated that “adopting a Culture of Peace, starting with the overhaul of the education system and aligning policies within a human rights framework, are keys to successful development.” He stressed that an all-inclusive approach involving broader civil society and political leadership in Myanmar must pave the way for peaceful coexistence.
German Ambassador to Bahrain, Kai Boeckmann, questioned the role of the UN in enabling a voluntary, dignified, and safe return of the Rohingyas, to which Dr. Islam reiterated Bangladesh’s engagement with the relevant UN agencies, such as the UN Human Rights Council and the General Assembly. Mr. Butt suggested the UN Security Council (UNSC) impose concrete measures to bring the refugees back through a phased program.
United States Charge D’Affaires to Bahrain, Margaret Nardi, expressed the US’ continued support to Bangladesh regarding the Rohingya crisis as a partner within the UNSC. She referred to US sanctions on Myanmar’s military officials and the freezing of over $1 billion in funds in the country as a means to put pressure towards a democratic process.
UN Educational, Scientific & Cultural Organization (UNESCO) Advisor and Bahrain Authority for Culture and Antiquities (BACA), Mounir Bouchenaki expressed concern over the loss of cultural heritage, intangible and tangible, during times of crises to which Dr. Islam replied urging the international community’s support in initiating projects that will assess and take necessary steps to preserve cultural heritage at risk of being removed.
Indian Ambassador to Bahrain, Piyush Srivastava, commented on India’s shared interests of working with Bangladesh to resolve the crisis and expressed hope in the international community’s cooperation towards aiding the Rohingya people.
Moderating the panel, Mr. Friji pointed to the recent concerns regarding Bangladesh’s relocation of the Rohingyas to Bhasan Char island. Dr. Islam emphasized that the temporary facilities and measures were put in place after appropriate assessments of the island, assuring that no efforts are being spared to help protect the Rohingya, and pointed to Bangladesh’s recent vaccination campaigns against COVID-19 to the Rohingya refugees in his country.
Participants of the webinar included representatives of the diplomatic corps, government, civil society, private sector, as well as the media.
Am 15. März 2011 begannen im südsyrischen Deraa friedliche Demonstrationen gegen das Assad-Regime, welches die Proteste blutig niederschlug. Dies markierte den Beginn des syrischen Bürgerkriegs. Innerhalb eines Jahrzehnts wurden große Teile des Landes zerstört, die Auswirkungen auf die Nachbarländer sind wegen der hohen Flüchtlingszahlen immens. Mittlerweile gilt die herrschende Assad-Clique als militärisch siegreich, dennoch steht rund ein Drittel des syrischen Staatsgebiets außerhalb ihrer Kontrolle. Die wirtschaftliche und humanitäre Lage spitzt sich durch eine galoppierende Inflation und COVID-19 immer weiter zu. Rund 90 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Es kommt wieder zu offenen Protesten gegen das Regime. Syriens ursprünglicher, von jeher ungleicher Gesellschaftsvertrag ist durch den Krieg implodiert. Assad verschärft die Situation, indem er auf einen „Eliten-Vertrag“ setzt, der ausschließlich Loyalisten und Kriegsgewinnler einschließt. Allen anderen Syrer*innen entzog er sukzessive staatlichen Schutz und Daseinsvorsorge. Politische Teilhabe hatte es ohnehin nie gegeben. Während die internationale Gemeinschaft mit der Agenda 2030 darum ringt, niemanden zurückzulassen, betreibt Syriens Machthaber die Exklusion aller (vermeintlich) Andersdenkenden.
Am problematischsten für den zukünftigen Wiederaufbau ist der fehlende Schutz von Grundbesitz. Das Eigentumsgesetz von 2018 bereitet den Boden für Enteignungen und treibt dadurch die Entrechtung „unerwünschter” Bevölkerungsteile voran. Nur ein Bruchteil der Geflüchteten führt gültige Identifikations- oder Eigentumsnachweise mit sich. Letztere gab es in informellen Siedlungen ohnehin oft nicht. Doch nur mit entsprechenden Dokumenten können Betroffene innerhalb eng gesetzter Fristen Eigentumsansprüche geltend machen. Damit orientiert sich staatliche Wiederaufbauhilfe vornehmlich an der Loyalität der Betroffenen gegenüber Assad, nicht am Grad der Zerstörung eines Stadtviertels. Mitunter werden ganze Bezirke, meist ehemalige Rebellenhochburgen, zugunsten von Luxuswohnraum abgerissen.
Zudem macht sich die fehlende staatliche Schutzfunktion ausgerechnet bei sogenannten „Aussöhnungsabkommen“ in zurückeroberten Gebieten und am Rechtsstatus ehemaliger Kämpfer*innen bemerkbar: Beides wird vom Regime diktiert – wer den Bedingungen nicht zustimmte, wurde in die Region Idlib, jetzt ein Sammelbecken für Oppositionelle, umgesiedelt – und dient weniger der Konfliktbeilegung als der staatlichen Machtdemonstration. Denn auch gültige Aussöhnungspapiere bieten keinen Schutz; nachweislich werden immer wieder vermeintlich rehabilitierte Personen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, inhaftiert und gefoltert, zwangsrekrutiert oder ermordet. Dokumente, die während des Krieges etwa durch den Islamischen Staat (IS) oder die Syrische Übergangsregierung ausgestellt wurden, werden von der Assad-Regierung nicht anerkannt. Sie bieten keine juristisch garantierte Wiedereingliederung in den syrischen Gesellschaftsvertrag.
Auch viele Personen, die ununterbrochen auf syrischem Staatsgebiet und im politisch „richtigen“ Lager lebten, spielen in Assads Syrien allenfalls noch eine nachgeordnete Rolle: Das Regime ist finanziell und politisch von wenig verlässlichen ausländischen Partnern und einer Handvoll Wirtschaftsmagnaten – Kriegsprofiteure mit guten Kontakten in die Politik – abhängig. Assads Fokus auf finanzstarke Stakeholder liegt an Syriens klammen Kassen: ein Jahrzehnt horrender Militärausgaben, Zerstörung produktiver Infrastruktur sowie der Verlust wichtiger Rohstoffvorkommen haben ein tiefes finanzielles Loch gerissen. Ob Immobilien, Agrarflächen, Rohstoff-Förderung oder Pachtverträge für Marine- und Luftwaffenbasen: Syriens Regime verkauft offensichtlich das Tafelsilber, um langjährige Getreue und Bündnispartner zu entlohnen.
Dies treibt die westliche Staatengemeinschaft in eine Zwickmühle: Dringend benötigte Hilfen für die notleidende Zivilbevölkerung werden zuweilen vom regimenahen Organisationen abgeschöpft. So können bereits begonnene Rehabilitationsmaßnahmen städtischer Infrastruktur Assads hochexklusiven Gesellschaftsvertrag sogar noch zementieren, nicht zuletzt da die syrische Bauwirtschaft von Assads Protegés dominiert wird.
Dennoch müssen Geber weiterhin versuchen, Bedürftige auf allen Seiten zu erreichen. Eben wegen ihrer beschränkten Einflussmöglichkeiten sollten sie ihr gesamtes außenpolitisches Handeln (Diplomatie, Zusammenarbeit, Migrationspolitik) eng und möglichst widerspruchsfrei koordinieren. Sie müssen im Blick behalten, welche staatlichen Dienstleistungen bereits abgebaut wurden und welche Gesellschaftsgruppen derzeit außen vor bleiben. In Anbetracht der Machtverhältnisse vor Ort sollten Geber über humanitäre Hilfe hinaus zunächst sozialen – statt physischen – Wiederaufbau forcieren. Kleinteilige, flexible Maßnahmen auf lokaler Ebene, die auf vulnerable Gruppen abzielen und sozialen Zusammenhalt befördern, sind zu priorisieren. Die internationale Gemeinschaft muss die Folgen ihres Tuns abschätzen und im Verlauf monitoren, um einen in Grundzügen inklusiven Gesellschaftsvertrag zu ermöglichen oder diesem zumindest nicht entgegenzuwirken. Im Zweifelsfall darf selbst bei begonnenen Projekten der Mut zu einem ‚take it or leave it‘ nicht fehlen.
Tina Zintl ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programm „Transformation der Wirtschafts- und Sozialsysteme“ am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
Yannick Sudermann (Humangeograph) forscht zu Stadtentwicklung und sozialer Ungleichheit in Syrien. Zuletzt beschäftigte er sich im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Universität Tübingen mit der institutionellen Diskriminierung Geflüchteter im deutschen Bildungssystem.
Am 15. März 2011 begannen im südsyrischen Deraa friedliche Demonstrationen gegen das Assad-Regime, welches die Proteste blutig niederschlug. Dies markierte den Beginn des syrischen Bürgerkriegs. Innerhalb eines Jahrzehnts wurden große Teile des Landes zerstört, die Auswirkungen auf die Nachbarländer sind wegen der hohen Flüchtlingszahlen immens. Mittlerweile gilt die herrschende Assad-Clique als militärisch siegreich, dennoch steht rund ein Drittel des syrischen Staatsgebiets außerhalb ihrer Kontrolle. Die wirtschaftliche und humanitäre Lage spitzt sich durch eine galoppierende Inflation und COVID-19 immer weiter zu. Rund 90 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Es kommt wieder zu offenen Protesten gegen das Regime. Syriens ursprünglicher, von jeher ungleicher Gesellschaftsvertrag ist durch den Krieg implodiert. Assad verschärft die Situation, indem er auf einen „Eliten-Vertrag“ setzt, der ausschließlich Loyalisten und Kriegsgewinnler einschließt. Allen anderen Syrer*innen entzog er sukzessive staatlichen Schutz und Daseinsvorsorge. Politische Teilhabe hatte es ohnehin nie gegeben. Während die internationale Gemeinschaft mit der Agenda 2030 darum ringt, niemanden zurückzulassen, betreibt Syriens Machthaber die Exklusion aller (vermeintlich) Andersdenkenden.
Am problematischsten für den zukünftigen Wiederaufbau ist der fehlende Schutz von Grundbesitz. Das Eigentumsgesetz von 2018 bereitet den Boden für Enteignungen und treibt dadurch die Entrechtung „unerwünschter” Bevölkerungsteile voran. Nur ein Bruchteil der Geflüchteten führt gültige Identifikations- oder Eigentumsnachweise mit sich. Letztere gab es in informellen Siedlungen ohnehin oft nicht. Doch nur mit entsprechenden Dokumenten können Betroffene innerhalb eng gesetzter Fristen Eigentumsansprüche geltend machen. Damit orientiert sich staatliche Wiederaufbauhilfe vornehmlich an der Loyalität der Betroffenen gegenüber Assad, nicht am Grad der Zerstörung eines Stadtviertels. Mitunter werden ganze Bezirke, meist ehemalige Rebellenhochburgen, zugunsten von Luxuswohnraum abgerissen.
Zudem macht sich die fehlende staatliche Schutzfunktion ausgerechnet bei sogenannten „Aussöhnungsabkommen“ in zurückeroberten Gebieten und am Rechtsstatus ehemaliger Kämpfer*innen bemerkbar: Beides wird vom Regime diktiert – wer den Bedingungen nicht zustimmte, wurde in die Region Idlib, jetzt ein Sammelbecken für Oppositionelle, umgesiedelt – und dient weniger der Konfliktbeilegung als der staatlichen Machtdemonstration. Denn auch gültige Aussöhnungspapiere bieten keinen Schutz; nachweislich werden immer wieder vermeintlich rehabilitierte Personen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, inhaftiert und gefoltert, zwangsrekrutiert oder ermordet. Dokumente, die während des Krieges etwa durch den Islamischen Staat (IS) oder die Syrische Übergangsregierung ausgestellt wurden, werden von der Assad-Regierung nicht anerkannt. Sie bieten keine juristisch garantierte Wiedereingliederung in den syrischen Gesellschaftsvertrag.
Auch viele Personen, die ununterbrochen auf syrischem Staatsgebiet und im politisch „richtigen“ Lager lebten, spielen in Assads Syrien allenfalls noch eine nachgeordnete Rolle: Das Regime ist finanziell und politisch von wenig verlässlichen ausländischen Partnern und einer Handvoll Wirtschaftsmagnaten – Kriegsprofiteure mit guten Kontakten in die Politik – abhängig. Assads Fokus auf finanzstarke Stakeholder liegt an Syriens klammen Kassen: ein Jahrzehnt horrender Militärausgaben, Zerstörung produktiver Infrastruktur sowie der Verlust wichtiger Rohstoffvorkommen haben ein tiefes finanzielles Loch gerissen. Ob Immobilien, Agrarflächen, Rohstoff-Förderung oder Pachtverträge für Marine- und Luftwaffenbasen: Syriens Regime verkauft offensichtlich das Tafelsilber, um langjährige Getreue und Bündnispartner zu entlohnen.
Dies treibt die westliche Staatengemeinschaft in eine Zwickmühle: Dringend benötigte Hilfen für die notleidende Zivilbevölkerung werden zuweilen vom regimenahen Organisationen abgeschöpft. So können bereits begonnene Rehabilitationsmaßnahmen städtischer Infrastruktur Assads hochexklusiven Gesellschaftsvertrag sogar noch zementieren, nicht zuletzt da die syrische Bauwirtschaft von Assads Protegés dominiert wird.
Dennoch müssen Geber weiterhin versuchen, Bedürftige auf allen Seiten zu erreichen. Eben wegen ihrer beschränkten Einflussmöglichkeiten sollten sie ihr gesamtes außenpolitisches Handeln (Diplomatie, Zusammenarbeit, Migrationspolitik) eng und möglichst widerspruchsfrei koordinieren. Sie müssen im Blick behalten, welche staatlichen Dienstleistungen bereits abgebaut wurden und welche Gesellschaftsgruppen derzeit außen vor bleiben. In Anbetracht der Machtverhältnisse vor Ort sollten Geber über humanitäre Hilfe hinaus zunächst sozialen – statt physischen – Wiederaufbau forcieren. Kleinteilige, flexible Maßnahmen auf lokaler Ebene, die auf vulnerable Gruppen abzielen und sozialen Zusammenhalt befördern, sind zu priorisieren. Die internationale Gemeinschaft muss die Folgen ihres Tuns abschätzen und im Verlauf monitoren, um einen in Grundzügen inklusiven Gesellschaftsvertrag zu ermöglichen oder diesem zumindest nicht entgegenzuwirken. Im Zweifelsfall darf selbst bei begonnenen Projekten der Mut zu einem ‚take it or leave it‘ nicht fehlen.
Tina Zintl ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programm „Transformation der Wirtschafts- und Sozialsysteme“ am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
Yannick Sudermann (Humangeograph) forscht zu Stadtentwicklung und sozialer Ungleichheit in Syrien. Zuletzt beschäftigte er sich im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Universität Tübingen mit der institutionellen Diskriminierung Geflüchteter im deutschen Bildungssystem.
Am 15. März 2011 begannen im südsyrischen Deraa friedliche Demonstrationen gegen das Assad-Regime, welches die Proteste blutig niederschlug. Dies markierte den Beginn des syrischen Bürgerkriegs. Innerhalb eines Jahrzehnts wurden große Teile des Landes zerstört, die Auswirkungen auf die Nachbarländer sind wegen der hohen Flüchtlingszahlen immens. Mittlerweile gilt die herrschende Assad-Clique als militärisch siegreich, dennoch steht rund ein Drittel des syrischen Staatsgebiets außerhalb ihrer Kontrolle. Die wirtschaftliche und humanitäre Lage spitzt sich durch eine galoppierende Inflation und COVID-19 immer weiter zu. Rund 90 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Es kommt wieder zu offenen Protesten gegen das Regime. Syriens ursprünglicher, von jeher ungleicher Gesellschaftsvertrag ist durch den Krieg implodiert. Assad verschärft die Situation, indem er auf einen „Eliten-Vertrag“ setzt, der ausschließlich Loyalisten und Kriegsgewinnler einschließt. Allen anderen Syrer*innen entzog er sukzessive staatlichen Schutz und Daseinsvorsorge. Politische Teilhabe hatte es ohnehin nie gegeben. Während die internationale Gemeinschaft mit der Agenda 2030 darum ringt, niemanden zurückzulassen, betreibt Syriens Machthaber die Exklusion aller (vermeintlich) Andersdenkenden.
Am problematischsten für den zukünftigen Wiederaufbau ist der fehlende Schutz von Grundbesitz. Das Eigentumsgesetz von 2018 bereitet den Boden für Enteignungen und treibt dadurch die Entrechtung „unerwünschter” Bevölkerungsteile voran. Nur ein Bruchteil der Geflüchteten führt gültige Identifikations- oder Eigentumsnachweise mit sich. Letztere gab es in informellen Siedlungen ohnehin oft nicht. Doch nur mit entsprechenden Dokumenten können Betroffene innerhalb eng gesetzter Fristen Eigentumsansprüche geltend machen. Damit orientiert sich staatliche Wiederaufbauhilfe vornehmlich an der Loyalität der Betroffenen gegenüber Assad, nicht am Grad der Zerstörung eines Stadtviertels. Mitunter werden ganze Bezirke, meist ehemalige Rebellenhochburgen, zugunsten von Luxuswohnraum abgerissen.
Zudem macht sich die fehlende staatliche Schutzfunktion ausgerechnet bei sogenannten „Aussöhnungsabkommen“ in zurückeroberten Gebieten und am Rechtsstatus ehemaliger Kämpfer*innen bemerkbar: Beides wird vom Regime diktiert – wer den Bedingungen nicht zustimmte, wurde in die Region Idlib, jetzt ein Sammelbecken für Oppositionelle, umgesiedelt – und dient weniger der Konfliktbeilegung als der staatlichen Machtdemonstration. Denn auch gültige Aussöhnungspapiere bieten keinen Schutz; nachweislich werden immer wieder vermeintlich rehabilitierte Personen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, inhaftiert und gefoltert, zwangsrekrutiert oder ermordet. Dokumente, die während des Krieges etwa durch den Islamischen Staat (IS) oder die Syrische Übergangsregierung ausgestellt wurden, werden von der Assad-Regierung nicht anerkannt. Sie bieten keine juristisch garantierte Wiedereingliederung in den syrischen Gesellschaftsvertrag.
Auch viele Personen, die ununterbrochen auf syrischem Staatsgebiet und im politisch „richtigen“ Lager lebten, spielen in Assads Syrien allenfalls noch eine nachgeordnete Rolle: Das Regime ist finanziell und politisch von wenig verlässlichen ausländischen Partnern und einer Handvoll Wirtschaftsmagnaten – Kriegsprofiteure mit guten Kontakten in die Politik – abhängig. Assads Fokus auf finanzstarke Stakeholder liegt an Syriens klammen Kassen: ein Jahrzehnt horrender Militärausgaben, Zerstörung produktiver Infrastruktur sowie der Verlust wichtiger Rohstoffvorkommen haben ein tiefes finanzielles Loch gerissen. Ob Immobilien, Agrarflächen, Rohstoff-Förderung oder Pachtverträge für Marine- und Luftwaffenbasen: Syriens Regime verkauft offensichtlich das Tafelsilber, um langjährige Getreue und Bündnispartner zu entlohnen.
Dies treibt die westliche Staatengemeinschaft in eine Zwickmühle: Dringend benötigte Hilfen für die notleidende Zivilbevölkerung werden zuweilen vom regimenahen Organisationen abgeschöpft. So können bereits begonnene Rehabilitationsmaßnahmen städtischer Infrastruktur Assads hochexklusiven Gesellschaftsvertrag sogar noch zementieren, nicht zuletzt da die syrische Bauwirtschaft von Assads Protegés dominiert wird.
Dennoch müssen Geber weiterhin versuchen, Bedürftige auf allen Seiten zu erreichen. Eben wegen ihrer beschränkten Einflussmöglichkeiten sollten sie ihr gesamtes außenpolitisches Handeln (Diplomatie, Zusammenarbeit, Migrationspolitik) eng und möglichst widerspruchsfrei koordinieren. Sie müssen im Blick behalten, welche staatlichen Dienstleistungen bereits abgebaut wurden und welche Gesellschaftsgruppen derzeit außen vor bleiben. In Anbetracht der Machtverhältnisse vor Ort sollten Geber über humanitäre Hilfe hinaus zunächst sozialen – statt physischen – Wiederaufbau forcieren. Kleinteilige, flexible Maßnahmen auf lokaler Ebene, die auf vulnerable Gruppen abzielen und sozialen Zusammenhalt befördern, sind zu priorisieren. Die internationale Gemeinschaft muss die Folgen ihres Tuns abschätzen und im Verlauf monitoren, um einen in Grundzügen inklusiven Gesellschaftsvertrag zu ermöglichen oder diesem zumindest nicht entgegenzuwirken. Im Zweifelsfall darf selbst bei begonnenen Projekten der Mut zu einem ‚take it or leave it‘ nicht fehlen.
Tina Zintl ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programm „Transformation der Wirtschafts- und Sozialsysteme“ am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
Yannick Sudermann (Humangeograph) forscht zu Stadtentwicklung und sozialer Ungleichheit in Syrien. Zuletzt beschäftigte er sich im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Universität Tübingen mit der institutionellen Diskriminierung Geflüchteter im deutschen Bildungssystem.
Die Stellungnahme des DIE zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) 2021 (Dialogfassung) fokussiert auf das Zusammenspiel innen- und außenpolitischee Maßnahmen und auf SDGs 13, 14, 15 und 16. Zusammenfassend wurden folgende zentrale Empfehlungen ausgesprochen:
• Die internationale Dimension der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sollte über EZ hinaus das gesamte deutsche und europäische Innen- und Außenhandeln mit einbeziehen
• Deutsche und europäische Initiativen (z.B. der Green Deal) müssen besser ineinandergreifen und abgestimmt werden.
• Synergien und Zielkonflikte zwischen den SDGs sollten stärker berücksichtigt werden, um einen produktiven Umgang mit ihnen zu finden.
• Um der Vision von Nachhaltigkeit als "Gemeinschaftswerk" näher zu kommen, sollten in der DNS konkrete Ansätze für eine bessere und inklusive Beteiligung der Bürger*Innen benannt werden.
• Im Kontext von SDG 13 sollte die DNS im Sinne globaler Verantwortung und Glaubwürdigkeit reflektierter und selbstkritischer mit den aktuellen Minderungszielen Deutschlands und der EU umgehen sowie konkrete Schritte ins Auge fassen, wie die Ambitionen in kürzester Zeit in Einklang mit den Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen gebracht werden können.
• Die Ausführungen der DNS zum Schutz natürlicher Ressourcen sind in weiten Teilen wenig zukunftsgerichtet. Als handlungsleitendes Strategiedokument sollte sie klare und ambitionierte Ziele für das Handeln der Bundesregierung mit Blick auf SDGs 14 und 15 über 2020 hinaus formulieren.
• Die Zielsetzungen der DNS zu SDG 16 beziehen sich überwiegend auf die Ausgestaltung der deutschen EZ. Ohne eine deutlich ambitioniertere innenpolitische Zielformulierung zur Verbesserung der guten Regierungsführung wird die DNS in der internationalen Zusammenarbeit nur schwerlich einen Vorbildcharakter entwickeln können.
• Die Bundesregierung sollte die Rolle des Bundesrechnungshofes (BRH) als Organ horizontaler Rechenschaftslegung im SDG-Umsetzungsprozess stärken, indem sie darlegt, wie sie die vom BRH 2019 unterbreiteten Vorschläge zu den Themenbereichen Kohärenz, Erfolgskontrolle, und Kommunikation adressieren wird.
Die Stellungnahme des DIE zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) 2021 (Dialogfassung) fokussiert auf das Zusammenspiel innen- und außenpolitischee Maßnahmen und auf SDGs 13, 14, 15 und 16. Zusammenfassend wurden folgende zentrale Empfehlungen ausgesprochen:
• Die internationale Dimension der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sollte über EZ hinaus das gesamte deutsche und europäische Innen- und Außenhandeln mit einbeziehen
• Deutsche und europäische Initiativen (z.B. der Green Deal) müssen besser ineinandergreifen und abgestimmt werden.
• Synergien und Zielkonflikte zwischen den SDGs sollten stärker berücksichtigt werden, um einen produktiven Umgang mit ihnen zu finden.
• Um der Vision von Nachhaltigkeit als "Gemeinschaftswerk" näher zu kommen, sollten in der DNS konkrete Ansätze für eine bessere und inklusive Beteiligung der Bürger*Innen benannt werden.
• Im Kontext von SDG 13 sollte die DNS im Sinne globaler Verantwortung und Glaubwürdigkeit reflektierter und selbstkritischer mit den aktuellen Minderungszielen Deutschlands und der EU umgehen sowie konkrete Schritte ins Auge fassen, wie die Ambitionen in kürzester Zeit in Einklang mit den Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen gebracht werden können.
• Die Ausführungen der DNS zum Schutz natürlicher Ressourcen sind in weiten Teilen wenig zukunftsgerichtet. Als handlungsleitendes Strategiedokument sollte sie klare und ambitionierte Ziele für das Handeln der Bundesregierung mit Blick auf SDGs 14 und 15 über 2020 hinaus formulieren.
• Die Zielsetzungen der DNS zu SDG 16 beziehen sich überwiegend auf die Ausgestaltung der deutschen EZ. Ohne eine deutlich ambitioniertere innenpolitische Zielformulierung zur Verbesserung der guten Regierungsführung wird die DNS in der internationalen Zusammenarbeit nur schwerlich einen Vorbildcharakter entwickeln können.
• Die Bundesregierung sollte die Rolle des Bundesrechnungshofes (BRH) als Organ horizontaler Rechenschaftslegung im SDG-Umsetzungsprozess stärken, indem sie darlegt, wie sie die vom BRH 2019 unterbreiteten Vorschläge zu den Themenbereichen Kohärenz, Erfolgskontrolle, und Kommunikation adressieren wird.