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Diplomacy & Defense Think Tank News

Wann kommt es zur Emanzipation arabischer Gewerkschaften?

Bonn, 30.04.2018. Sicherlich wird in diesem Jahr der Tag der Arbeit auch in arabischen Ländern gefeiert werden – mit viel Prunk und Fanfaren, offiziellen Umzügen und möglicherweise der feierlichen Verkündung einer Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst. Doch einmal abgesehen von der vielerorts noch anhaltenden Begeisterung für den Arabischen Sozialismus: Es gibt nicht viel zu feiern auf den Arbeitsmärkten in Nordafrika und dem Nahen Osten. Ein wichtiger Grund hierfür ist das Fehlen handlungsfähiger Gewerkschaften, die ihrer arbeitsmarktpolitischen Rolle gerecht werden. Die Arbeitslosigkeit in Nordafrika und dem Nahen Osten, insbesondere unter Universitätsabsolventen und Jugendlichen, ist alarmierend hoch. Und dies, obwohl die Erwerbsquote von Frauen im internationalen Vergleich das Schlusslicht darstellt. Das heißt, viele Frauen (und darüber hinaus die im informellen Sektor Beschäftigten) tauchen in der Arbeitslosenstatistik gar nicht erst auf. Der nun bereits sieben Jahre zurückliegende Arabische Frühling entzündete sich an der prekären sozioökonomischen Lage und am Fehlen von glaubwürdigen Institutionen, die hier Abhilfe leisten können. Seitdem hat sich die Wirtschaftslage in den meisten Ländern der Region eher noch verschlechtert als verbessert. Laut Umfragen werden, neben innerer Sicherheit, Beschäftigung und das Erwirtschaften von Einkommen von großen Teilen der Bevölkerung in arabischen Ländern als dringlichste Probleme gesehen. Selbst der Klassenprimus in Punkto politische Öffnung, Tunesien, kämpft mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten – und dies obwohl die Gewerkschaft UGTT und der Arbeitgeberverband UTICA als Verhandlungsführer im sogenannten Tunesischen Quartett maßgeblich zum nationalen Dialog und zur Schaffung einer neuen, freieren politischen Ordnung beitrugen und hierfür sogar den Friedensnobelpreis erhielten. Arabische Gewerkschaften haben einen äußerst schwierigen Stand: Einerseits ist da das korporatistische Erbe aus Zeiten des arabischen Sozialismus, in dem Gewerkschaften weitgehend gleichgeschaltete Massenorganisationen im Dienste autokratischer Herrscher waren. Andererseits ist das Thema Gewerkschaften im arabischen Raum ein hochpolitisches: In einem Kontext, der von westlicher Parteiendemokratie weit entfernt ist, bieten Gewerkschaften einen legalen Rahmen, sich politisch zu organisieren – auch trotz Ausnahmezustand, Versammlungsverboten oder beschnittener Pressefreiheit. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass arabische Potentaten in Gewerkschaften mögliche oppositionelle Rädelsführer vermuten und versuchen, ihren Einfluss – notfalls mit Gewalt – einzuschränken. Selbst der italienische Forscher Giulio Regeni, der zur ägyptischen Gewerkschaftsbewegung forschte, fiel der Repression zum Opfer. Dementsprechend vorsichtig und verhalten ist der Umgang nicht nur der deutschen Entwicklungspolitik mit dem Thema Gewerkschaften. EZ-Projekte im Bereich Beschäftigung befassen sich vorwiegend mit der Bekämpfung von Jugend- und Frauenarbeitslosigkeit durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, oder mit Unternehmensförderung, zum Beispiel durch die Bereitstellung von Mikrokrediten. Maßnahmen, die direkt auf die Organisation des Arbeitsmarkts abzielen, wie die zur Unterstützung des tunesischen Sozialpakts, sind eher selten, entwicklungspolitisch aber umso wichtiger.  Die Funktion von Gewerkschaften ist es in erster Linie, Arbeitnehmerinteressen zu vertreten und der Arbeiterschaft erzielte Verhandlungsergebnisse zu vermitteln, um so zu einem funktionierenden Arbeitsmarkt beizutragen. In Nahost und Nordafrika ist beides unabdingbar, um den überfälligen neuen Gesellschaftsvertrag aus der Taufe zu heben: Arbeitgeber und staatliche Akteure müssen Arbeitnehmer mehr mitbestimmen lassen, arabische Arbeitnehmer im Gegenzug Verhandlungsergebnisse anerkennen und realistische Erwartungen hinsichtlich verfügbarer Jobs im öffentlichen Dienst oder möglicher Sozialleistungen entwickeln. Nicht nur staatliche Repression, sondern auch Seilschaften und rücksichtslose Durchsetzung von Partikularinteressen gefährden arbeitsmarktpolitische Errungenschaften. Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder in einem Arbeitgeberverband wird bislang häufig nur als Investition in das eigene wasta (arabisch für „Vitamin B“) gedeutet. Diese Vetternwirtschaft oder gegenseitige Schuldzuweisungen an der Misere des lokalen Arbeitsmarkts sind kontraproduktiv. Vielmehr muss die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen, Arbeitgeberverbänden und eben auch Gewerkschaften stärker in den Mittelpunkt rücken und sich, frei von politischen Vorurteilen, den Problemen auf dem Arbeitsmarkt widmen. Mit etwas Mut und Fingerspitzengefühl kann die deutsche Entwicklungspolitik arabischen Partnern das deutsche Modell der Sozialpartnerschaft nahebringen und so zur inklusiveren Wirtschaftsentwicklung beitragen. Zum Tag der Arbeit heißt es: Es gibt noch viel zu tun, für die arabische Welt und für ihre entwicklungspolitischen Unterstützer!

Nachhaltiger öffentlicher Einkauf als Beitrag zu besserem Arbeitsschutz

Bonn, 23.04.2018. Vor fünf Jahren, am 24. April 2013 stürzte in Rana Plaza, Bangladesch ein Fabrikgebäude ein, in dem tausende Menschen an Kleidungsstücken für den Export arbeiteten. Bei dem Einsturz, der auf die Missachtung von Bauvorschriften und Vorgaben zur Arbeitssicherheit zurückzuführen ist, kamen 1.138 Menschen ums Leben. Damals lenkte die Katastrophe die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Menschen- und Arbeitsrechte entlang globaler Wertschöpfungsketten. Doch was wurde aus der berechtigten Empörung der Weltgemeinschaft und werden Staaten ihrer Verantwortung heute gerecht? Rana Plaza war eines der schwersten Unglücke in der Bekleidungsindustrie in Bangladesch. Als mediales Ereignis hat diese Katastrophe die Öffentlichkeit über unzumutbare und mitunter lebensgefährliche Arbeitsbedingungen in Bangladesch und im gesamten Globalen Süden sensibilisiert. Einer der aussagekräftigsten Indikatoren dafür sind die Versprechungen großer Marken nicht nur höhere Standards bei ihren Zulieferern einzufordern, sondern diese auch zu kontrollieren. Verantwortungsvolle Nachfrage stärken Die Arbeitsgesetzgebung in Bangladesch ist durchaus fortschrittlich, nur mangelt es wie in vielen Produzentenländern des Globalen Südens an deren Durchsetzung. Der Fabrikeinsturz in Rana Plaza hat in Bangladesch und darüber hinaus Bemühungen um sicherere und bessere Arbeitsbedingungen verstärkt. Viele Probleme bestehen aber weiterhin. Es zeigt sich, dass breitenwirksame Regelungen zu fairen Produktionsbedingungen, beispielsweise in Gestalt der UN-Leitprinzipien zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen, kaum Auswirkungen haben. Gleichzeitig hat die Reaktion von Unternehmen und der Politik auf das Unglück von Rana Plaza die Notwendigkeit zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen deutlich gemacht. Vielversprechender ist es daher, auf der Nachfrageseite Druck auf Unternehmen auszuüben und ihre Verantwortung für soziale und ökologische Folgen ihrer Produktion zu unterstreichen. Öffentliche Beschaffung als Hebel für nachhaltigen Wandel Weltweit macht die öffentliche Nachfrage 15-20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus und kann somit, wie auch der private Konsum, maßgeblichen Einfluss auf Produktionsbedingungen ausüben. Alleine in Deutschland beträgt das Einkaufsvolumen der öffentlichen Hand ungefähr 460 Mrd. Euro jährlich. Damit verfügt die öffentliche Nachfrage über eine enorme Hebelwirkung gegenüber Händlern und Herstellern. So wird nachhaltige öffentliche Beschaffung auch als zentrales Instrument zur Umsetzung des Agenda 2030-Ziele der Vereinten Nationen aufgeführt. Dank Reformen des Vergaberechts auf EU- und Bundesebene kann diese Hebelwirkung theoretisch auch für die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards bei der öffentlichen Vergabe genutzt werden. In der Praxis jedoch gibt es aber nur wenige öffentliche Auftraggeber, die entsprechende Kriterien berücksichtigen. Insbesondere bei den Kommunen, die ungefähr zwei Drittel des bundesdeutschen Einkaufsvolumens verwalten, gibt es nur einzelne Vorreiter. Auch Landesgesetzgebungen haben daran bisher nur wenig geändert. Genauso stellen faire Beschaffungsprojekte in Kommunen anderer EU-Staaten bislang eher die Ausnahme denn die Regel dar. Es handelt sich stets um positive Leuchtturmprojekte, eine flächendeckende Umsetzung durch Kommunen und andere öffentliche Konsumenten gibt es nicht. Die mögliche Hebelwirkung der öffentlichen Beschaffung für eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit wird kaum genutzt. Veränderungen in der öffentlichen Verwaltung anstoßen Erste Erkenntnisse legen nahe, dass die Eröffnung eines regulativen Möglichkeitsraums zur Verfolgung sozialer und ökologischer Ziele in der öffentlichen Beschaffung nur ein Bereich darstellt um Veränderungen anzustoßen. So werden im Zuge eines aktuellen Forschungsprojekts am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) zwei weitere, mindestens ebenso wichtige Bausteine zur Umsetzung fairer Beschaffung in Kommunen analysiert – die Verwaltungsstrukturen sowie die Rolle von engagierten Einzelpersonen. Praxisnahe Leitfäden zu nachhaltiger öffentlicher Beschaffung liegen seit Jahren vor, an Erkenntnisse zu Wandlungsprozesse innerhalb kommunaler Verwaltungen zu deren Umsetzung fehlt es jedoch. Genau diese Forschungslücke wird das Projekt mit Bezug auf kommunale Akteure in Europa, Lateinamerika und Sub-Sahara Afrika adressieren und dazu Stakeholder aus der Praxis einbinden. Die öffentliche Hand hat mit ihren Beschaffungsentscheidungen und deren Ausgestaltung ein machtvolles Instrument zur Verfügung, Marktversagen in sozialen und ökologischen Belangen zu korrigieren und Wirtschaftsakteure zu beeinflussen. Hierzu müssen jedoch institutionelle Veränderungsprozesse angestoßen werden, durch Weiterbildung, Change-Management und die Unterstützung überzeugter Individuen. Falls die öffentliche Hand es auf dieser Grundlage schafft große Teile ihrer Beschaffung nachhaltig zu gestalten, kann sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich Ereignisse wie das Unglück von Rana Plaza nicht wiederholen.

Eine Europäische Friedensfazilität könnte einen pragmatischen Beitrag zur Friedensförderung weltweit leisten

Die Frage, wie die EU Friedensförderung in Entwicklungsländern finanzieren soll, beschäftigt Politiker und Experten seit Jahren. Einerseits betrifft dies formelle und rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit Haushaltsressourcen und Finanzierungsvorschriften. Andererseits berührt das Thema aber auch die viel tiefer greifenden politischen und sogar moralischen Fragen, ob die EU Entwicklungshilfegelder zur Finanzierung von Sicherheitsmaßnahmen nutzen sollte, wie sie am besten auf die berechtigten Bedürfnisse von Partnern in von Konflikten betroffenen Ländern reagieren kann und welche Art von zivilen und/oder militärischen Maßnahmen die EU im Rahmen ihrer auswärtigen Beziehungen unterstützen kann. Auch in den EU-internen Verhandlungen für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für 2021-2027 sind diese Fragen von größter Bedeutung. Dieses Mal liegt ein interessanter Vorschlag auf dem Tisch, der zumindest eine Zeit lang eine pragmatische und umsetzbare Lösung bieten könnte. Im Dezember 2017 forderte der Europäische Rat den Rat für Auswärtige Angelegenheiten auf, bis Frühjahr 2018 eine Empfehlung zu einem eigenständigen Instrument zum Kapazitätsaufbau zur Förderung von Sicherheit und Entwicklung (CBSD) zu verabschieden. Vor diesem Hintergrund hat die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, vorgeschlagen, die EU solle eine Europäische Friedensfazilität (EPF) einrichten. Die Grundidee besteht darin, die EPF als außerbudgetären Fonds zu führen und damit Friedensförderung und Kapazitätsaufbau in den Sicherheitssektoren der Partnerländer zu finanzieren. Dass Mogherinis Vorschlag einem anderen EU-Friedensförderungsinstrument, der Afrikanischen Friedensfazilität (APF), ähnelt, ist kein Zufall. Durch die APF unterstützt die EU die Afrikanische Union in der Finanzierung ihrer Aktivitäten zur Friedensförderung und ihrer Friedensmissionen. Ein Grundproblem ist dabei, eine stabile, vorhersagbare Finanzierung zur Verfügung zu stellen. Dies hat sich aufgrund der rechtlichen Beschränkungen bei der Finanzierung von Militäraktivitäten aus dem EU-Haushalt als schwie­rig erwiesen. Dieses Dilemma lässt sich nur mit einem außerbudgetären Instrument wie der EPF lösen, das die legitime Anforderung erfüllt, Friedensmissionen zu unterstützen und gleichzeitig eines der Grundprinzipien der EU einhält. Das vielversprechendste Modell besteht darin, die EPF in Form eines Treuhandfonds zu errichten, in den Direktzahlungen seitens der Mitgliedsstaaten einfließen. Der Vorteil bestünde hierbei in der Flexibilität bezüglich der EU-Haushaltsvorschriften, dem Zusätzlichkeitsprinzip (es könnte ein Mix aus ODA- und Nicht-ODA-Ausgaben finanziert werden) und der Sichtbarkeit, da die EPF ein globales Instrument wäre, das auf der bewährten Logik der APF basiert. Dieses Modell birgt aber auch das Risiko, dass ein solches Instrument aufgrund starken politischen Drucks primär zur Abwehr von Bedrohungen wie Terrorismus und irregulärer Migration eingesetzt werden könnte. Mitgliedsstaaten und die Kommission könnten versuchen, eine Kontrolle durch das Europäische Parlament zu verhindern. Das institutionelle Design der EPF wird jedoch entscheidend sein, wenn es seine Mission erfüllen und die Bemühungen der Entwicklungsländer unterstützen soll, eine sichere Entwicklungsbasis zu bieten.

Die Nexus-Perspektive: Für eine integrierte Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele

Bonn / Chapel Hill, 16.04.2018. Wollen wir weltweite nachhaltige Entwicklung erreichen, dann müssen wir unsere wirtschaftlichen Aktivitäten gezielter steuern. Einerseits müssen die ökologischen Grenzen des Planeten respektiert werden. Andererseits darf niemand zurückgelassen und es muss die Ungleichheit innerhalb und über Länder hinweg minimiert werden. Diese komplexe Vision einer gemeinsamen Zukunft wurde in der Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) im Jahr 2015 von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen gemeinsam verabschiedet. Seither treffen sich jeden Juli die UN-Mitgliedsstaaten in New York, um den Stand dieser 17 Ziele im Rahmen des Hochrangigen Politischen Forums (HLPF) zu diskutieren. Doch zwei Wochen zwischenstaatlicher Berichterstattung sind ein enges Zeitfenster, um der inhaltlichen Komplexität dieser Vision gerecht zu werden. Insbesondere aber fehlt es an einer vernetzten Betrachtung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeitszielen. Die Nexus-Perspektive erlaubt es, sowohl die systemische Verbundenheit der SDGs herauszuarbeiten, sowie gleichzeitig Zielkonflikte systematisch in den Blick zu nehmen. Der Prozess um das HLPF herum gewinnt zunehmend an Bedeutung. So finden im Vorfeld des HLPF zahlreiche Expertentreffen statt. Darüber hinaus sensibilisieren wissenschaftliche Sonderhefte, Schattenberichte und Konferenzerklärungen der Zivilgesellschaft, Wissenschaft und des Privatsektors zunehmend diesen gesamten Prozess und speisen so vernachlässigte Themen und Erfolgsbeispiele in den Berichterstattungsprozess ein. Diese Prozesse sollen die Abstimmung vor dem HLPF und das Lernen zwischen den Ländern und unterschiedlichen Stakeholdergruppen fördern. Dies alles ist wichtig. Jedoch befördert die bislang getrennt geführte Berichterstattung über die jeweiligen Ziele es nicht, die Wechselwirkungen zwischen den ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen zu berücksichtigen. Eine Nexus-Perspektive hingegen fördert ein systemisches Verständnis und erörtert übersektorale Governance-Ansätze. So befasst sich die Debatte um den Wasser-Energie-Nahrungs-Nexus mit der Frage, wie konkurrierende Nachfrage nach den natürlichen Ressourcen Wasser (SDG 6), Boden und Biodiversität (SDG 15), mit den Anstrengungen zur Erreichung von Wasser- (SDG 6), Energie- (SDG 7) und Ernährungssicherheit (SDG 2) und dem Schutz des Klimas (SDG 13) in Einklang gebracht werden kann. In einer Analyse des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) und des Stockholm Environment Institute (SEI) wurden die Beiträge aller im Rahmen des Pariser Klimaabkommens eingereichten Selbstverpflichtungen (NDCs) den 17 Nachhaltigkeitszielen zugordnet und in einem Online Tool visualisiert. Ein Ergebnis der Untersuchung war, dass Synergien fester Bestandteil politischer Dokumente sind, Zielkonflikte hingegen nicht adressiert werden. Das könnte aber möglicherweise dazu führen, dass die Klimaziele auf Kosten des Erhalts der Biodiversität oder des Sicherstellens von Wasser- oder Ernährungssicherheit erreicht werden. Im Vorfeld des diesjährigen HLPF findet diese Woche in Chapel Hill, North Carolina zum zweiten Mal die vom Water Institute initiierte Nexus-Konferenz statt. Es ist ein Stakeholdertreffen, das wissenschaftliche, zivilgesellschaftliche und politische Akteure gleichermaßen vereint und sich mit übersektoralen Ansätzen zur integrierten Umsetzung der Agenda 2030 befasst. Die erste Nexus-Konferenz leistete im Jahr 2014 einen bedeutenden inhaltlichen Beitrag zur Anerkennung der Verbundenheit der 17 Nachhaltigkeitsziele. Was können wir nun also von der diesjährigen, zweiten Nexus-Konferenz erwarten? Als eine Plattform, die den Dialog zwischen unterschiedlichen Stakeholdern befördert, ermöglicht sie den Wissensaustausch zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Politikgestaltung. Zudem verdeutlicht der diesjährige Fokus auf die Urbanisierung den Querschnittscharakter der SDGs. Die konkurrierende Nachfrage nach natürlichen Ressourcen und die Herausforderung soziale Ziele zu erreichen schlagen sich drastisch in den stark wachsenden urbanen Räumen nieder. Um eine integrierte Umsetzung aller SDGs im urbanen und dem damit eng verknüpften ländlichen Raum zu erreichen, ist es sinnvoll übersektorale Ansätze für kritische Zielkonflikte zu diskutieren, um Interdependenzen innerhalb der Agenda 2030 frühzeitig zu adressieren. Hier kann die diesjährige Nexus-Konferenz wegweisend sein, indem kritische Zielkonflikte im ausgewählten Themenspektrum thematisiert werden und das Ergebnisdokument der Nexus-Konferenz Schlüsselfaktoren für eine integrierte Umsetzung der Agenda 2030 betont. Dabei bietet die Konferenz eine geeignete Plattform, den Umgang mit Zielkonflikten kritisch zu reflektieren. Dies beinhaltet prozedurale Fragen, wie mit Zielkonflikten umgegangen werden soll, Fragen der Legitimität, nämlich wer Entscheidungen in Hinblick auf Zielkonflikte entscheiden darf und möglicherweise ethische und praktische Fragen, wer Anspruch auf Kompensationen hat. Diskussionen um mögliche Lösungspfade können wiederum im Rahmen thematischer Reviews vor dem HLPF Eingang in nationale Umsetzungsprozesse und politischen Agenden finden.

PUBLIC EVENT: “Religion and Secularism: does the Court go too far – or not far enough?”

ELIAMEP - Fri, 04/13/2018 - 15:19

The Grassrootsmobilise Research Programme funded by the European Research Council (ERC) and hosted at the Hellenic Foundation for European and Foreign Policy (ELIAMEP) invites you to a discussion on:

“Religion and Secularism: does the Court go too far – or not far enough?”

on Thursday 3rd May 2018 at 17.30, at the Amphitheatre of the Acropolis Museum.

 

Participants:

Professor Eva Brems, Professor of Human Rights Law, Ghent University

Judge Ann Power-Forde, Former Judge at the European Court of Human Rights

Judge Christos Rozakis, Professor Emeritus of Public International Law at the National and Kapodistrian University of Athens; Former Judge and Vice-President of the European Court of Human Rights

Professor Joseph H. H. Weiler, Joseph Straus Professor of Law, European Union Jean Monnet Chaired Professor, New York University (NYU)

 

Chair:  Effie Fokas, Senior Research Fellow, Hellenic Foundation for European and Foreign Policy (ELIAMEP)

The event will be held in English with simultaneous interpretation into Greek.

Certificates of participation will be available upon request.

The Public Event will be followed by a Conference on:

 “Between state and citizen: Religion at the ECtHR”

 on Friday 4th May 2018 at 09.30-19.00, at Aigli Zappeiou.

 

REGISTRATION required for conference participation by 27 April 2018.

FULL PROGRAMME

Vom Krisenmanagement zu nachhaltiger Entwicklung: Die europäische Entwicklungspolitik im nächsten EU-Budget

Die EU gehört zu den führenden weltweiten Akteuren in den Bereichen internationale Entwicklung, Handel, Frieden und Sicherheit. Deshalb ist ein wesentlicher Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für das auswärtige Handeln der EU reserviert. Der entsprechende Teil des Budgets heißt Globales Europa bzw. Rubrik IV. Im Rahmen des derzeitigen Budgets für den Zeitraum 2014 bis 2020 stehen einschließlich des Europäischen Entwicklungsfonds (EDF) über 90 Mrd. EUR für Maßnahmen außerhalb der EU zur Verfügung. Ein Großteil davon ist für die Entwicklungszusammenarbeit reserviert. In den letzten Jahren musste die EU auf neue Herausforderungen in ihrem Außenhandeln reagieren, die hauptsächlich durch spezifische Initiativen und neue Finanzierungsinstrumente angegangen wurden. Zu Beginn der Verhandlungen über den nächsten MFR erscheint die Rubrik IV im Vergleich zu anderen Rubriken daher komplex und fragmentiert. Neben der Vielzahl an unterschiedlichen Instrumenten hat die EU auch damit zu kämpfen, dass ihr eine klare strategische Richtung fehlt. Die jüngsten EU-Strategien vermitteln den Eindruck, fast alles habe Priorität. Dies übersteigt sowohl die finanziellen als auch die Handlungskapazitäten der EU. Aufgrund dieser fehlenden Ausrichtung konnten die Regierungen der Mitgliedsländer ihre eigenen strategischen Interessen (größtenteils migrations- und sicherheitsbezogen) verfolgen. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation der EU muss für Rubrik IV eine klare Richtung vorgegeben werden, die hilft, Engpässe und Zielkonflikte zu beseitigen. Diese beziehen sich auf (i) den Gesamtumfang, (ii) thematische Prioritäten, (iii) die Empfänger von EU-Mitteln und (vi) den Aufbau von Rubrik IV. Den Spielraum für Entwicklungspolitik werden die anderen, größeren Haushaltsrubriken wie die Agrar- oder Kohäsionspolitik bestimmen. Trotz Diskussionen über eine Erhöhung der Mitgliedsstaatenbeiträge wird durch den Brexit wohl ein geringeres Gesamtbudget zur Verfügung stehen. Neue politische Prioritäten (wie Migration und Sicherheit) werden den Etat für nachhaltige Entwicklung weiter einschränken. Deshalb müssen thematische und geografische Schwerpunkte gesetzt werden. Bei den thematischen Entscheidungen muss ein kurzfristiger Beitrag zur Krisenbewältigung von einer klaren Strategie begleitet werden, wie man mit Blick auf die Agenda 2030 und die SDGs mit verschiedenen Partnern zusammenarbeiten will. Dieses Engagement sollte von den SDG-Strategien der Partner und dem von der EU erzielten Mehrwert geleitet werden. Geografisch muss die EU ein Gleichgewicht zwischen der Zusammenarbeit mit Ländern mit mittlerem Einkommen (MICs) und der Ausrichtung auf die ärmsten Länder der Welt herstellen. Dies ist nur möglich, wenn die Gelder geografisch gesehen auf die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs), die Nachbarländer und Subsahara-Afrika verteilt werden, während man in anderen Regionen im Rahmen thematischer Programme mit MICs zusammenarbeitet. Rubrik IV muss zudem hinsichtlich verfügbarer Instrumente und Initiativen, aber auch bezüglich der Vorschriften über deren Einsatz deutlich rationalisiert werden. Eine wesentliche Voraussetzung in dieser Hinsicht – auch für den Vorschlag eines einheitlichen Instruments für Rubrik IV – wäre die Einbeziehung des EDF in den Haushalt.

Do trade deals encourage environmental cooperation?

Trade agreements have mixed effects on the environment. On the one hand, trade generates additional pollution by raising production levels. Trade rules can also restrict the capacity of governments to adopt environmental regulations. On the other hand, trade agreements can favour the diffusion of green technologies, make production more efficient and foster environmental cooperation. Whether the overall effect is positive or negative partly depends on the content of the trade agreement itself. Recent studies have found that trade agreements with detailed environmental provisions, in contrast to agreements without such provisions, are associated with reduced levels of CO2 emission and suspended particulate matter (Baghdadi et al., 2013; Zhou, 2017). It remains unclear, however, which specific provisions have a positive environmental impact and how they are actually implemented. This briefing paper discusses how provisions on environmental cooperation in trade agreements can contribute to better environmental outcomes. It is frequently assumed that the more enforceable environmental commitments are, the more likely governments are to take action to protect the environment (Jinnah & Lindsay, 2016). This assumption leads several experts to argue in favour of strong sanction-based mechanisms of dispute settlement in order to ensure the implementation of trade agreements’ environmental provisions. Nevertheless, there is evidence to suggest that softer provisions can result in increased environmental cooperation, which can in turn favour domestic environmental protection (Yoo & Kim, 2016; Bastiaens & Postnikov, 2017). The European Union privileges this more cooperative approach in its trade agreements, and a recent European non-paper (2018) stresses that a sanction-based approach is a disincentive for ambitious environmental commitments and can result in a political backlash. To shed light on this debate, this paper examines the design and the implementation of cooperative environmental provisions of trade agreements. Our analysis is based on three main data sources. First, we make use of the TRade & ENvironment Dataset (TREND) which provides information on 285 types of environmental provisions included in 688 trade agreements signed since 1947 (Morin et al., 2018; see also www.TRENDanalytics.info for an online visualisation tool for the data). Second, we draw on official documents to better understand how these provisions are implemented domestically. Third, we fill the gaps using information provided by 12 interviewees who work for 7 different governments. This briefing paper is organised in four parts. We first provide an overview of some general trends in treaty design. In sections 2 to 4, we then take a closer look at selected types of provisions that prove particularly relevant due to their prevalence: (a) general commitments to cooperate on environmental issues; (b) clauses creating international environmental institutions; (c) provisions on technical and financial assistance from one party to another. We find that both the implementation of these provisions and their contribution to environmental protection vary depending on the degree of legal precision, the budgeting of financial resources and governments’ political commitment. Based on these findings, we suggest that trade negotiators should i) lay out precise clauses with specific targets and clear time frames, (ii) specify in the trade agreement where the funding for cooperation activities will be sourced and (iii) create forums where civil society actors can engage in a dialogue with policy-makers on the implementation of trade agreements.

Working Paper No 91, April 2018

ELIAMEP - Thu, 04/05/2018 - 14:32

The recent finalization of Basel III completes, theoretically, the regulatory framework introduced after the 2007/8 crisis. According to the official declarations, the Agreement aims to strengthen the financial sector’ stability. However, its regulations and the levels of capital requirements it sets are not a radical change compared to the pre-crisis status quo. The previous two Agreements were more imbalanced, placing more emphasis either on the protection of the competitive advantage of (mainly) the American banks (Basel I) or on financial stability, but in the form of market self-regulation (Basel II). Basel III can be described as an effort to balance the need for stability on the one hand and protect the competitive advantage of the banking sector on the other.

Please find the Working Paper here.

Dürreanpassung und Resilienz in Entwicklungsländern

Dürren sind eine massive Bedrohung von Mensch und Natur. Verschiedene Studien bewerten Dürre als wichtigste Naturgefahr in Bezug auf Todesopfer, die Vernichtung von Existenzgrundlagen, wirtschaftliche Verluste sowie negative soziale und ökologische Auswirkungen. Dürren sind häufig ein wichtiger Faktor bei lokalen Konflikten sowie internationaler und Binnenmigration. Die negativen Folgen können noch lange fortbestehen, nachdem die Niederschläge wieder normales Niveau erreicht haben. Dürren hat es schon immer gegeben, allerdings erhöhen sich durch den Klimawandel Schwere, Häufigkeit, Dauer und räumliche Ausdehnung. Die Auswirkungen von Dürren verschärfen sich durch menschliche Aktivitäten, wie die Abholzung von Wäldern, Überweidung, Verschlechterung der Bodenqualität durch falschen Ackerbau und unsachgemäße Wasserbewirtschaftung. Die negativen Folgen dieser Tätigkeiten werden wiederum ebenfalls durch Dürren verstärkt. Dies führt zu einem Teufelskreis aus ökologischer Degradation und menschlichem Elend. In vielen Ländern wird im Hinblick auf Dürren noch immer ein reaktiver Ansatz verfolgt. Dabei sind Notfallfinanzierungen teuer und wenig effektiv und können die langfristigen Ursachen der Vulnerabilität gegenüber Dürren und der mangelnden Nachhaltigkeit nicht lösen. Ein Paradigmenwechsel vom reaktiven „Krisen-“ hin zum „Risikomanagement“ ist notwendig, d. h. zu einem proaktiven Ansatz auf der Grundlage von Risikoreduzierung und -vermeidung. Zur Erhöhung der Dürreresilienz existieren eine Reihe von Maßnahmen. Neben Überwachungs- und Frühwarnsystemen bilden die Risikoabschätzung besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen und Regionen sowie Investitionen in risikomindernde Maßnahmen die erste Verteidigungslinie. Diese Maßnahmen müssen ein wesentlicher Bestandteil nationaler Dürrepolitiken sein. Überdies sollte der vollständige Dürrezyklus bei Dürremanagementplänen berücksichtigt werden, um alle Vorsorgemaßnahmen zu nutzen. Dabei müssen alle „dürrerelevanten“ Sektoren, einschließlich Landwirtschaft, Nahrungsmittelsicherheit, Umwelt, Meteorologie, Wasser, Energie und Tourismus, in die Entwicklung der Dürrepolitiken sowie der Vorsorgepläne aufgenommen werden. Dürrepolitiken sollten die folgenden Aspekte enthalten: •      Zur Verbesserung des Informationsaustauschs, der Koordinierung, der Kooperation sowie des Wissensmanagements zwischen verschiedenen Regierungsebenen, Sektoren und der Gesellschaft ist ein starkes und umfassendes Regelwerk von grundlegender Bedeutung. •      Dürrerisikomanagement muss in Entwicklungsmaßnahmen und in humanitäre Hilfe aufgenommen werden. •      Zur Sicherung der Effizienz der umzusetzenden Maßnahmen ist eine Kombination von Top-down-Ansätzen (Gesamt­dürrepolitik, institutionelle Organisation, Finanzierung, modernes Know-how) mit Bottom-up-Maßnahmen (traditionelles Wissen, lokale Systeme von Produktion, Existenzgrundlagen und Entscheidungen) erforderlich. •      Auf Dürrefrühwarnungen müssen rasch erste Maßnahmen folgen. •      Finanzierungsflexibilität (Notfallplanung) muss ein Bestandteil von Entwicklungshaushalten werden. •      Die Umsetzung von Dürrepolitiken erfordert den Aufbau lokaler Kapazitäten zur Sicherung einer effektiven Interaktion zwischen den betroffenen Parteien. Durch die Umsetzung dieser Ansätze können Dürren als „Bindeglied“ zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen zahlreichen Sektoren, Ebenen und Akteuren genutzt werden.

Der Wald in Subsahara Afrika braucht umfassende Strategien für Energie aus Biomasse!

Bonn, 28.03.2018. Am 21. März wird der internationale Tag des Waldes gefeiert, obwohl vielen Waldschützern nicht zum Feiern zumute ist. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO hatte bereits in den 1970er Jahren einen solchen Gedenktag ins Leben gerufen. Seitdem sind insbesondere in den Tropen viele Millionen Hektar Wald verloren gegangen, was durch die Zunahme der Waldfläche in den gemäßigten Breiten nicht kompensiert werden konnte. Ein wichtiger Grund für den Waldverlust und für den Verlust seiner ökologischen Qualität ist die (übermäßige) Entnahme von Holz für den Energiebedarf. Zum Tag des Waldes 2017 (Motto „Wald und Energie“) sammelte die FAO  dazu beeindruckende Zahlen: 2,4 Milliarden Menschen sind auf Holzenergie angewiesen zum Kochen und Heizen. Mehr als die Hälfte des eingeschlagenen Holzes weltweit wird zur Energienutzung verwendet. Holzenergie stellt 40 Prozent der gesamten erneuerbaren Energie - mehr als Solar-, Hydro- und Windenergie zusammen. 900 Millionen Menschen sind im Holzenergiesektor beschäftigt, 3/4 davon Frauen. Besonders abhängig von Holzenergie ist Subsahara Afrika, in Tansania etwa sind es 90 Prozent des gesamten Energieverbrauchs. Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass zumindest bis 2040 die Produktion von Energie aus Biomasse global noch ansteigen wird. Für Afrika geht die Agentur für erneuerbare Energien IRENA selbst unter optimistischen Annahme davon aus, dass der Biomasse-Verbrauch nur geringfügig sinkt –  er könnte aber auch deutlich ansteigen. Sind das gute oder schlechte Nachrichten für den Wald? Interessanterweise gibt es dazu ganz unterschiedliche Antworten: In vielen Industrieländern wird die Ausdehnung der Holzenergienutzung aktiv betrieben. Das betrifft die (wiederentdeckte) Nutzung von Scheitholz, aber noch viel mehr von Holzpellets. Der entsprechende Handel wächst exponentiell. Grund für den Boom sind die Eigenschaften von Biomasse: Sie ist vielseitig, leicht lager- und transportierbar und gut mit bisherigen Energiesystemen kompatibel. Die Politik unterstützt allgemein diese Nutzungstendenz. In Entwicklungsländern ist die Situation anders: Holz wird häufig als altmodisch angesehen und mit negativen Attributen bedacht (Emissionen, Unfälle und eben Entwaldung). Viele Länder versuch(t)en sich an Substitutionsprogrammen z.B. durch Flüssiggas. Dies hat(te) zwar in Schwellenländern durchaus Erfolg, sprach in den ärmeren Ländern Subsahara Afrikas aber häufig nur städtische und einkommensstärkere Haushalte an. Zum Teil wurde die Holzkohleproduktion schlicht verboten, was allerdings mangels Alternativen nur zur Förderung von Schwarzmärkten und Preis führte, aber kaum zur Reduzierung des Verbrauchs. In den meisten Ländern wird allenfalls an Teilproblemen gearbeitet, wie etwa der Verbreitung verbesserter Öfen oder Aufforstungen im Rahmen von Klimaschutz-Programmen. Rar dagegen sind Ansätze, die die Angebotssteigerung von nachhaltig erzeugter Biomasse fördern, und noch rarer wirklich integrierte Ansätze, die die gesamte Energieholz-Wertschöpfungskette von der Produktion über die Vermarktung und Verarbeitung bis zum Konsum adressieren. Ein unrealistisches oder kein Engagement zur Holzenergie löst allerdings keine Probleme, sondern verlagert und verschärft diese nur. Denn gerade die arme Bevölkerung in Subsahara Afrika hat kaum Alternativen zu Holz. Substitutionsprogramme, die meist auf fossiler Energie beruhen, können dies allenfalls sehr langfristig ändern. Wenn die bis 2100 auf bis zu 4 Milliarden Menschen geschätzte Bevölkerung Afrikas Energie nachhaltig konsumieren soll, muss nachhaltige Holzenergiewirtschaft berücksichtigt werden. Dieses Holz kann aus Waldwirtschaft (zusammenhängende Baumbestände) sowie Agro-Forstwirtschaft (Bäume integriert in Landwirtschaft) stammen. Für diese Holzenergiestrategien braucht es ein Bündel von Maßnahmen: abgestimmte Rechte an Boden, Bäumen und Wäldern, forstwirtschaftliche und verarbeitungstechnologische Verbesserungen, insbesondere bei der Waldbewirtschaftung, den agroforstlichen Anbausystemen und der Holzkohle-/Meilertechnologie, Verteuerung von nicht-nachhaltiger Produktion, Reformen zur Abstimmung zwischen den beteiligten Sektoren ((Land)Wirtschaft, Energie, Forst) sowie zwischen den verschiedenen administrativen Ebenen vom einzelnen Land/Forstwirt bis zu Ministerien.  Da Holzenergie in Afrika faktisch aus atomisierten Wertschöpfungsketten besteht, sind dezentrale Ansätze mit dem Ausgangspunkt im ländlichen Raum unabdingbar. Trotzdem ist, wegen der Gefahr des Raubbaus, eine zentrale Überwachung ebenso wichtig. Die Geber sollten sich vor diesem Sektor nicht scheuen, auch wenn er hochkomplex ist - und die Gefahr von Rückschlägen und Negativ-Schlagzeilen nicht gering: Nicht-Beachtung ist schlimmer und gefährlicher. Die positive Einstellung zur Biomasse in den Industrieländern und deren jahrhundertealter Waldschutz unter/durch Nutzung sollte deswegen weitergetragen werden. Mit konsequentem Engagement kann so aus der Holzenergie eine positive Kraft für den Wald entstehen, ohne aber wird das Gegenteil passieren.

Daten für Entwicklung: eine Agenda für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit

Daten sind eine zentrale, aber unterschätzte Voraussetzung für die Umsetzung der Agenda 2030. Obwohl technische Innovationen, etwa Smartphones oder das Internet der Dinge, in den vergangenen Jahren zu einer Explosion an Daten geführt haben, gibt es insbesondere in Entwicklungländern und in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) noch erhebliche Lücken in der Verfügbarkeit und Nutzung von Daten. Zu der Mehrzahl der 230 Indikatoren der Sustainable Development Goals (SDGs) kann bisher nicht regelmäßig berichtet werden.
Eine unabhängige Expertengruppe hat daher schon 2014 in ihrem Bericht an den UN-Generalsekretär A World that Counts nicht weniger als eine Datenrevolution gefordert, um die Umsetzung der SDGs zu unterstützen. Daten sind eine der wichtigsten Grundlagen für die Planung, Steuerung und Evaluierung von Projekten und Entwicklungsstrategien. Bei der Datenrevolution für nachhaltige Entwicklung geht es darum 1) Datenlücken unter Zuhilfenahme neuer Technologien und zusätzlicher Ressourcen zu schließen, 2) Data literacy global zu stärken, Datennutzung zu fördern und einen gleichberechtigten Zugang zu ermöglichen, 3) ein „Datenökosystem“, das globalen Standards folgt, zu schaffen, um die Datenqualität zu verbessern, Datenaggregation zu ermöglichen und -missbrauch zu verhindern.
Die Datenrevolution für nachhaltige Entwicklung ist eine Herausforderung für alle Länder. Sowohl in den Partnerländern als auch in allen deutschen Politikbereichen gibt es großen Nachholbedarf. In diesem Papier liegt der Fokus auf der deutschen EZ.
Insgesamt ist das Thema Daten in den Organisationen der deutschen EZ und ihren Vorhaben bisher wenig präsent und die Forderung nach evidenzbasierter und datenbasierter Arbeit wird oft auf die Evaluierung verengt. Es gibt keinen results framework für die deutsche EZ um die Portfoliosteuerung zu unterstützen. Das Monitoring auf Projektebene ist oft unzureichend, da die Datenqualität vielfach schwach ist und Kapazitäten fehlen. In den Partnerländern richten die Durchführungsorganisationen (DOs) häufig parallele Strukturen für Monitoring und Evaluierung (M&E) ein, um den Fortschritt der von ihnen durchgeführten Maßnahmen zu überwachen, statt so weit wie möglich nationale statistische Systeme zu nutzen und zu stärken. Erhobene Daten und Projektfortschrittsberichte werden in der Regel nicht veröffentlicht.
Aus der Analyse lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:
  • Die deutsche EZ sollte sich auf gemeinsame Datenstandards und Grundprinzipien in der Datennutzung einigen, wie z.B. Open Data by Default. Gleichzeitig sollten Persönlichkeitsrechte gewährleistet werden.
  • Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) sollte mit allen Akteuren der deutschen EZ (andere Ministerien, DOs, nichtstaatliche Akteure) eine Datenstrategie entwickeln, die die unterschiedlichen Datenquellen und -typen berücksichtigt, auf gemeinsamen Standards und Grundprinzipien aufbaut und darauf ausgerichtet ist, eine Datenkultur in allen Arbeitsbereichen der deutschen EZ zu fördern.
  • Auf internationaler Ebene sollte sich die Bundesregierung aktiv in die Umsetzung und Weiterentwicklung des Cape Town Global Action Plan for Sustainable Development Data einbringen
  • Deutschland sollte den finanziellen Beitrag zur Daten- und Statistikentwicklung in Partnerländern steigern, mittelfristig die Nutzung paralleler M&E-Systeme abschaffen und die Unterstützung nationaler statistischer Systeme in allen EZ-Maßnahmen fördern.


From damage control to sustainable development: European development policy under the next EU budget

The EU is one of the leading global players in international development, trade, peace and security. Therefore, a key part of the EU’s Multiannual Financial Framework (MFF) is the one reserved for action beyond EU’s borders. This budget heading is called ‘Global Europe’ (also referred to as Heading IV). Under the current budget for the period of 2014 to 2020, including the inter-governmental European Development Fund (EDF), over 90 billion euros are available for the EU’s external action. The lion’s share of this is reserved for development cooperation. In previous years, the EU has dealt with new challenges in external action mostly by creating specific initiatives and new financial instruments. At the start of the negotiations on the next MFF, Heading IV thus appears to be rather complex and fragmented compared to other headings.
In addition to the fragmentation of the instruments, the EU has also failed to make clear strategy level choices. Recent EU strategies create an impression that nearly everything is a priority, overstretching the EU’s financial as well as implementation capacity. This lack of a clear direction has allowed member states’ governments to put forward their own strategic interests (mostly related to migration and sec¬urity). Given the tight budget situation of the EU, a clear direction for Heading IV needs to be developed that helps to address a number of bottlenecks and trade-offs. These relate to (i) the overall volume, (ii) the thematic choices, (iii) the re¬cipients of EU funding and (iv) the architecture of Heading IV.
Concerning volume, it is important to acknowledge that the other, larger budget headings will determine the budgetary space for EU development policy. Despite discussions on increasing member state contributions, Brexit is likely to result in a smaller overall budget. New political priorities (such as migration and security) are expected to further squeeze funding for sustainable development. Choices thus need to be made in terms of issues and geographic focus.
As for the thematic choices, the short-term involvement in crisis response needs to be combined with a clear strategy for engaging with partners on the 2030 Agenda and SDGs through geographic and thematic programmes. The partners’ SDG strategies and the EU’s added value should guide this engagement.
Geographically, the EU needs to strike a balance between the cooperation with middle-income countries (MICs) and a focus on the poorest countries. This can only be achieved by focusing geographic allocations to LDCs, neighbouring countries and sub-Saharan Africa, while engaging with MICs in other regions through thematic programmes.
In addition, Heading IV needs to be strongly rationalised, both in terms of the number of instruments and initiatives and of the rules for managing these. A key prerequisite in this regard – also for the proposal of a single instrument in Heading IV – would be the ‘budgetisation’ of the inter¬governmental EDF, which would allow for a truly European development policy.


A European peace facility could make a pragmatic contribution to peacebuilding around the world

The question of how the EU should finance peacebuilding in developing countries has challenged policy-makers and pundits for many years. At one level this is a technical and legal issue of budget lines and financing rules. It nevertheless touches on the much deeper political and even moral issues of whether the EU should use development aid to finance security provision, how best the EU can respond to the legitimate needs of partners in conflict-affected countries and what kind of civil and/or military engagements the EU can support as part of its external relations. The question has come to resemble the proverbial can being kicked along the road by successive European Commissioners, Council working groups and parliamentary committees. It has come to a head again because intra-EU negotiations for the next Multiannual Financial Framework for 2021-2027 are starting in earnest. This time, a sensible proposal is on the table which can potentially provide a pragmatic and workable solution, at least for a while.
In December 2017, the European Council requested the Foreign Affairs Council to adopt a recommendation on a dedicated instrument for Capacity Building in Support of Security and Development (CBSD) for the post-2020 EU budget by the spring of 2018. In this context, the High Representative (HR) of the EU for Foreign and Security Affairs, Federica Mogherini, proposed that the EU create a European Peace Facility (EPF). While she did not provide any details, the general idea is that the EPF would be an ‘off-budget’ fund to finance peace support operations and the capacity building of partner countries’ security sectors.
The fact that HR Mogherini’s proposal sounds similar to another EU peacebuilding instrument – the African Peace Facility (APF) – is no accident. It is precisely due to problems experienced by the APF that the EPF is needed. Chief among these is the need to be able to provide stable, predictable funding to the African Union’s peacebuilding activities and peacekeeping missions. This has proved more difficult than it should have been because of a second problem: the legal restrictions on financing military activities from the EU’s budget. Overcoming this dilemma is only possible through an off-budget instrument which can meet the legitimate requirement of financing peace support operations while respecting one of the EU’s core principles.
The design of such an instrument presents political, legal and technical challenges for the EU’s decision-makers. The most promising model for the EPF is to set it up as a multi-donor trust fund, open for direct contributions from member states. This model has the advantages of flexibility regarding EU budget rules, additionality (it could finance a mixture of Official Development Assistance (ODA) and non-ODA eligible expenses, rather than diverting aid to security activities) and visibility, since the EPF can be a global instrument based on the proven logic of the APF.
The model has disadvantages as well, particularly that in the current crisis-driven climate there is strong pressure to use this kind of instrument for protecting Europe against real or perceived threats, such as terrorism or irregular migration. Some member states, and even parts of the Commission and EEAS, are highly likely to try to exempt the EPF from oversight by the European Parliament. The governance of the instrument is crucial, if it is to fulfil its mission of supporting developing countries’ efforts to provide a secure basis for development.


US-Zollerhöhungen: Welche Auswirkungen haben sie für Entwicklungsländer?

Bonn, 23.03.2018. An diesem Freitag treten die von den USA beschlossenen Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte in Kraft. Die amerikanische Handelspolitik war im ersten Jahr der Präsidentschaft von Donald Trump von einer aggressiven Rhetorik geprägt, der allerdings erst einmal kaum Taten folgten. Einzig der Austritt der USA aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) am ersten Amtstag von Donald Trump und die erzwungene Nachverhandlung der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) sorgten für Aufregung. Die massiven Zollerhöhungen auf Stahl- und Aluminium und die gestern angekündigten Maßnahmen gegen China haben das Potenzial eine protektionistische Eskalation in Gang zu setzen. Welche Auswirkungen dies auf Entwicklungsländer haben wird, hängt maßgeblich von den Reaktionen der anderen Handelsmächte, vor allem der Europäischen Union (EU) und dem Schwellenland China, ab. Die kurzfristigen Auswirkungen der Zollerhöhungen auf Entwicklungsländer – sieht man von den großen Schwellenländern ab – dürften gering sein. Die USA erhöhen die Zölle zwar auf alle Stahl- und Aluminiumimporte, allerdings sind Entwicklungsländer hiervon kaum betroffen, weil ihr Anteil am weltweiten Stahlhandel gering ist. Es sind vor allem die Industrie- und Schwellenländer, die von den Zollerhöhungen der USA betroffen sind. Daher war es auch folgerichtig, dass die G20-Finanzminister das Thema bereits auf dem G20-Gipfel in Hamburg und diese Woche in Argentinien diskutiert haben – gleichwohl mit mäßigem Erfolg. Eigentlich wäre die G20 der richtige Rahmen für Verhandlungen. Denn die Handelsproblematik steht im Zusammenhang mit Überkapazitäten (vor allem in China) und makroökonomischen Politiken (vor allem den massiven deutschen Leistungsbilanzüberschüssen). Diese Situation erfordert Zugeständnisse auf allen Seiten, wenn ein offenes Handelssystem auf kooperativer Grundlage erhalten werden soll. Besorgniserregender für Entwicklungsländer sind jedoch die mittel- bis langfristigen Auswirkungen der US-Zollerhöhungen. Entwicklungsländer sind tief in die globalen Wertschöpfungsketten eingebunden, an deren Spitzen Unternehmen aus Industrie- und zunehmend auch Schwellenländern stehen. Mit dem Ziel günstiger und effizienter produzieren zu können, spalten große und mittlere Unternehmen seit den 1990er Jahren Produktionsprozesse zunehmend auf. Um am Welthandel teilnehmen zu können, müssen sich Unternehmen aus Entwicklungsländern auf einzelne Aufgaben in globalen Wertschöpfungsketten spezialisieren, anstatt zu versuchen das gesamte Produkt selbst herzustellen. Eine Zollspirale, die sich zwischen den USA, der EU und China nach oben schraubt, hätte demnach auch negative Auswirkungen auf Entwicklungsländer, die durch die Wertschöpfungsketten übertragen werden. Denn in den Produkten europäischer und chinesischer Unternehmen, die nicht mehr auf dem amerikanischen Markt abgesetzt werden können, stecken auch Zwischenprodukte aus Entwicklungsländern. Vergleicht man die Wirkung von Zöllen auf globale Wertschöpfungsketten mit einem fahrenden Zug, so ist jeder Aufprall an der Spitze des Zuges auch im letzten Waggon noch zu spüren. Entwicklungsländer würden auch von der Schwächung des multilateralen Handelssystems betroffen sein. Sowohl Brüssel als auch Peking haben angekündigt gegen die Zollerhöhungen Washingtons in der Welthandelsorganisation (WTO) vorzugehen. Grundsätzlich ist es richtig, Handelskonflikte im Rahmen eines unabhängigen und regelbasierten Systems auszutragen. Allerdings ist der Ausgang des internationalen Schiedsverfahrens offen. Dies liegt vor allem an der Begründung von Präsident Trump: Zollerhöhungen auf Stahl- und Aluminiumimporte sind notwendig, weil ansonsten die nationale Sicherheit der USA bedroht ist. Gerade der Ausnahmetatbestand der nationalen Sicherheit ist allerdings im WTO-Regelwerk nur schwammig definiert. Sollte diese Begründung in einem WTO-Verfahren Erfolg haben, dürften sich auch Unternehmen aus anderen Sektoren und Ländern ermuntert sehen, auf Zollschranken im nationalen Sicherheitsinteresse zu drängen. Dieser legalisierte Protektionismus würde auch Sektoren treffen, die für Entwicklungsländer wichtig sind. Sollten die USA in den Schiedsverfahren unterliegen, dürfte Washington dies zum Anlass nehmen, auch den letzten Nagel in den Sarg zu schlagen, in dem die WTO zu Grabe getragen wird. Seit seinem Amtsantritt hat Präsident Trump mit seiner Abneigung gegenüber der WTO nicht hinterm Berg gehalten und blockiert aktuell die Besetzung zentraler Richterstellen beim Berufungsgericht der WTO. Eine weitere Schwächung der WTO wäre vor allem für Entwicklungsländer fatal, denn gerade die Schwachen im Welthandelssystem sind auf eine Institution angewiesen, in der Regeln maßgeblich sind und nicht der Wille des Mächtigen. Die Situation scheint verfahren. Mit welcher Härte die Trumpschen Schutzzölle auf das Handelssystem durchschlagen, hängt davon ab, wie die anderen großen Handelsmächte reagieren. Direkte Gegenmaßnahmen im Stahl und Aluminiumsektor sind gerechtfertigt, um sich vor Überkapazitäten zu schützen und Arbeitsplätze zu sichern. Weitergehende Vergeltungsmaßnahmen sind dagegen kontraproduktiv. Sie würden nur den nächsten Gegenschlag der USA provozieren. Diese Eskalation muss verhindert werden – auch im Interesse der Entwicklungsländer.

Wassersicherheit und ökosystembasierte Anpassung an den Klimawandel

Bonn, 22.03.2018. Das Motto des diesjährigen Weltwassertages lautet „die Antwort liegt in der Natur“ und bezieht sich auf grüne Lösungen für die Wasserkrisen des 21. Jahrhunderts. Diese Krisen sind eng mit dem Klimawandel verknüpft, der die Wassersicherheit weltweit bedroht. Rund 1,9 Mrd. Menschen sind bereits heute mit Wasserknappheit konfrontiert. Nach Schätzungen der OECD wird diese Zahl bis 2050 auf 3 Mrd. Menschen steigen. Schätzungen zufolge werden außerdem bis 2050 fast 20 Prozent der Weltbevölkerung von Überschwemmungen bedroht sein. Nach dem World Economic and Social Survey bekommen arme und marginalisierte Gruppen wahrscheinlich die schlimmsten Auswirkungen von Wasserknappheit und Hochwassergefahren zu spüren, da sie in besonders risikobehafteten Gebieten leben und nicht die Mittel haben, um sich auf Dürren oder Hochwasser vorzubereiten. Der Klimawandel verschärft dabei bestehende Ungleichheiten und bedroht die Wassersicherheit und damit die Entwicklung und das Wohlergehen bereits benachteiligter Gruppen überproportional. Wasser ist für Menschen lebenswichtig. Es wird als Trinkwasser genutzt und stellt die Grundbedingung für die Produktion von Fisch, Holz, Früchten und einer Vielzahl anderer Produkte aus der Landwirtschaft und Industrie sowie für eine Reihe von Freizeitmöglichkeiten dar. Darüber hinaus können wasserbasierte Ökosysteme und die von ihnen bereitgestellten Dienstleistungen den Menschen helfen, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen. Die Hochland-Ökosysteme der Anden (Paramos) z.B. nehmen Wasser auf und speichern es, dienen als Hochwasserpuffer in der Regen- und als ausgleichende Wasserquelle in der Trockenzeit. Küstenmangroven und Feuchtgebiete reduzieren die Auswirkungen von Überschwemmungen und Stürmen auf Städte und Dörfer. Vor diesem Hintergrund setzen viele Entwicklungs- und Umweltagenturen auf die Förderung ökosystembasierter Anpassungsstrategien, um Wasserressourcen auch zukünftig zu sichern Ökosystembasierte Anpassung sowie Maßnahmen zur Wassersicherheit stellen das Wohlergehen aller Menschen in den Mittelpunkt. Bestehende soziale Ungleichheiten beeinflussen jedoch oft, inwieweit Bevölkerungsgruppen von Ökosystemdienstleistungen profitieren können und wie sich Wasserressourcen und -risiken verteilen. Als Realitätscheck ist es daher notwendig, Maßnahmen zur Förderung der Wassersicherheit und ökosystembasierter Anpassung vor dem Hintergrund wachsender Ungleichheit zu bewerten. Zum Beispiel kann die Wassernutzung einer bäuerlichen Gemeinschaft flussaufwärts (z.B. Bewässerung) mit der Wassersicherheit eines flussabwärts gelegenen Schnittblumenproduzenten oder eines Wasserversorgungsunternehmens. So kann die Bewahrung der Wassersicherheit einiger Akteure zu einer Wasserunsicherheit für andere führen. Politische und wirtschaftliche Macht spielen eine wichtige Rolle bei der Frage, wessen Wassersicherheit erreicht wird. Viele ökosystembasierte Anpassungsprojekte werden in lokalen Gemeinschaften in kleinen Projekten durchgeführt. Doch die Aktivitäten mächtiger Wirtschaftsakteure (z.B. große Viehzüchter, Immobilienentwickler) schränken häufig die Anpassungsfähigkeit der Gemeinschaften ein, z.B. durch das Trockenlegen von Feuchtgebieten oder das Fällen von Bäumen, was das Überschwemmungsrisiko erhöht. Die meisten ökosystembasierten Anpassungsprojekte sind mit Umweltschutzauflagen verbunden: Dies bedeutet jedoch einen eingeschränkten Zugang der Gemeinden zu einigen Ökosystemen und deren Dienstleistungen (z.B. weniger Bewässerungswasser, weniger Holz, Landnutzungsbeschränkungen) und einen erhöhten Zeitbedarf für Anpassungsmaßnahmen (z.B. lebende Hecken, Mangrovenanbau). Unterdessen versuchen mächtige Wirtschaftsakteure, Umweltschutzgesetze zu umgehen und zerstören weiterhin bestehende Ökosysteme. In diesem Sinne hängt der Erfolg ökosystembasierter Anpassung nicht nur von den Anstrengungen der Gemeinschaften selbst ab, sondern auch von der Durchsetzung der Umweltgesetze und der Verantwortung, die mächtige Wirtschaftsakteure für diese gemeinsamen Ökosysteme zu übernehmen bereit sind. Das Potenzial naturbasierter Lösungen ist gewaltig. Sie bieten die Möglichkeit, Wassersicherheit,
Klimaresilienz und sozialen Zusammenhalt zu verbessern und gleichzeitig Ökosysteme zu schützen. Sozioökonomische Ungleichheiten und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wassersicherheit stellen jedoch eine doppelte Herausforderung dar. Um sicherzustellen, dass naturnahe Lösungen diejenigen erreichen, die am dringendsten Hilfe benötigen, müssen sie Fragen der sozialen Differenzierung in den Blick nehmen und mögliche Auswirkungen auf die Sozialstruktur der Zielgruppen genau betrachten. Nur so können sie zu echten Win-Win-Ergebnissen führen.

Die Zeit ist reif für mehr gemeinsame Impulse zu globalen Entwicklungsfragen

Bonn/Paris, 21.03.2018. Die globale Entwicklungsagenda steht unter Druck. Die weltweit steigende Zahl von Flüchtlingen, die humanitären Krisen in fragilen Staaten sowie die zunehmend sichtbaren Folgen des Klimawandels machen deutlich, dass „inklusive“, „nachhaltige“ oder „gute“ Entwicklung nicht automatisch stattfindet. Gemeinsame Strategien zur Lösung globaler Probleme waren deshalb noch nie so wichtig wie heute, auch wenn gleichzeitig die Möglichkeiten, gemeinsam gegen schwierige Trends vorzugehen, noch nie so begrenzt erschienen. Auch Europa bildet hierbei keine Ausnahme, da eine Vorliebe für kurzfristige politische Erfolge und die populistische und nationalistische Sichtweise einiger EU-Mitgliedsstaaten die konzertierte Verfolgung gemeinsamer Entwicklungsthemen immer wieder schwächt. Aus diesem Grund halten wir eine Neuausrichtung der Entwicklungspolitik durch die Suche nach flexibleren Bündnissen und Netzwerken für unabdingbar. Der Zusammenarbeit von Frankreich und Deutschland kommt hierbei aus drei verschiedenen Gründen eine besondere Bedeutung zu. Drei Gründe für eine engere deutsch-französische Zusammenarbeit Die enge, historisch gewachsene Verbindung von Deutschland und Frankreich auf vielen Gebieten ist das Fundament für die zukünftige Zusammenarbeit bei globalen Entwicklungsfragen. Grundlage hierfür ist der 1963 vom Präsidenten der Französischen Republik, Charles de Gaulle, und dem deutschen Bundeskanzler, Konrad Adenauer, unterzeichnete Élysée-Vertrag, welcher ehrgeizige Ziele für die Zusammenarbeit beider Länder in entwicklungspolitischen Fragen festschrieb: „Hinsichtlich der Entwicklungshilfe stellen die beiden Regierungen ihre Programme einander systematisch gegenüber, um dauernd eine enge Koordinierung durchzuführen. Sie prüfen die Möglichkeit, Vorhaben gemeinsam in Angriff zu nehmen.“ Trotz einiger vielversprechender Ansätze (z.B. bei der Projektzusammenarbeit im Wassersektor in verschiedenen Ländern) wurden die ursprünglich angestrebten Ziele noch nicht erreicht. Des Weiteren befinden sich sowohl der französische Präsident Macron als auch die deutsche Bundeskanzlerin Merkel noch am Anfang ihrer jetzigen Amtszeit. Ein „neuer Aufbruch für Europa“ hat für beide Regierungen eine herausragende Bedeutung. Trotz in mancherlei Hinsicht unterschiedlicher Sichtweisen, haben neuere politische Entwicklungen ein gesteigertes Interesse an einer engeren Zusammenarbeit beider Länder befördert. Im Jahr 2017 hat beispielsweise der Deutsch-Französische Ministerrat über mehrere entwicklungspolitische Themen beraten. Hierbei könnte die von Frankreich, Deutschland und der EU (sowie von einigen weiteren Partnern) vorangetriebene „Allianz für den Sahel“ eine Vorreiterrolle für weitere gemeinsame Projekte einnehmen. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, einer neuen, von beiden Ländern gemeinsam getragenen Entwicklungspolitik stärkeres Gewicht zu verleihen. Gleichzeitig könnten so auch die von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Hinsicht auf eine globale Strategie geforderte gemeinsame EU-Außenpolitik und der vom EU-Präsidenten Jean-Claude Junker vorgeschlagene Mehrjährige Finanzrahmen der EU vorangetrieben werden. Darüber hinaus liegen die Vorteile einer nach dem Brexit fortgeführten, möglichst engen Zusammenarbeit von Großbritannien und der EU auch in Fragen globaler Entwicklung auf der Hand. Für beide Seiten sind sowohl Fachkenntnisse und Sachverstand als auch die bewährten Finanzierungsinstrumente des jeweils anderen unverzichtbar. Auch über den derzeitigen finanziellen Beitrag der Briten zur europäischen Außenpolitik (12%) hinaus, ist es im gemeinsamen Interesse von Deutschland und Frankreich, Großbritannien in möglichst großem Umfang weiterhin in die europäische Entwicklungspolitik einzubeziehen; dies gilt vor allem für die Kooperation mit Blick auf Krisenregionen. Eine gemeinsam von Frankreich und Deutschland erarbeitete Strategie globaler Entwicklung könnte dabei den Grundstein sowohl für eine Schärfung des entwicklungspolitischen Profils der EU als auch für eine gemeinsame Vision der zukünftigen, „post-Brexit“ Zusammenarbeit mit Großbritannien legen. Mögliche Handlungsfelder Auf politischer Ebene könnte während der französischen G7-Präsidentschaft 2019 eine vom Deutsch-Französischen Ministerrat vorbereitete gemeinsame Initiative für Afrika und die krisenanfälligsten Staaten vorgestellt werden. Auf der Finanzebene müsste eine Bestandsaufnahme der bisherigen Aufwendungen vorgenommen und gleichzeitig die schon bestehende, bilaterale Zusammenarbeit der jeweiligen Finanzinstitute intensiviert werden. Die Agence Française de Développement (AFD) und die KfW Entwicklungsbank betreiben seit Jahren einen regen Mitarbeiteraustausch. Dieser Austausch sollte sowohl hinsichtlich der inhaltlichen Abstimmung als auch einer gemeinsamen Strategieentwicklung mit anderen entwicklungspolitischen Institutionen ausgebaut werden. Auf wissenschaftlicher Ebene brauchen wir mehr deutsch-französische Denkanstöße für eine kritische Auseinandersetzung mit Fragen der künftigen strategischen Ausrichtung. Unserer Meinung nach könnten hier das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) und das Institut du développement durable et des relations internationales (Iddri) für die gemeinsame Debatte einen geeigneten Rahmen bieten und dabei mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, anderen Akteuren globaler Entwicklung, Mitgliedern der Parlamente und zivilgesellschaftlichen Gruppen kooperieren. Ziel eines solchen Gedankenaustauschs sollte eine Reihe unabhängiger Analysen und Handlungsempfehlungen sein, welche die gemeinsame Arbeit zu globalen Entwicklungsfragen von Frankreich und Deutschland befördert. Stephan Klingebiel ist Co-Chair des Forschungsprogramms „Inter- und transnationale Zusammenarbeit“ am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE). Er ist regelmäßiger Gastprofessor der Stanford University. Tancrède Voituriez ist Volkswirt. Er leitet das Governance-Programm am Institut du développement durable et des relations internationales (Iddri).
Dieser Beitrag ist parallel auch auf Französisch erschienen
Diese Kolumne ist am 21.03.2018 auch bei Euractiv.de erschienen.

Die Ziele des Koalitionsvertrags weisen über die Grenzen Deutschlands hinaus

Die neue Bundesregierung hat sich mit ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland zu stärken. Die Dringlichkeit der Aufgabe liegt auf der Hand. Wahlergebnisse und die Art der politischen Auseinandersetzung belegen zunehmende Risse im sozialen Gefüge. Doch das Problem besteht weit über Deutschland hinaus. Es erklärt etwa den Aufstieg populistischer Politiker, deren Agenden für Konfrontation und Abschottung stehen: Von Chavez bis Trump, von Putin bis Orban. Für viele Gesellschaften sind die Folgen der inneren Zerrissenheit noch viel einschneidender: Seit 2016 sahen sich mehr Länder mit gewaltsamen Konflikten konfrontiert denn je seit dem Ende des Kalten Krieges, warnen Vereinte Nationen und Weltbank in einer kürzlich erschienenen gemeinsamen Studie. Die Verbindung Deutschlands mit dieser Entwicklung steht seit 2015 allen vor Augen. Ohne die Implosion der alten Ordnung im Nahen Osten und Nordafrika wäre es nicht zu jener humanitären Katastrophe gekommen, die dann schließlich auch Europa erreichte. Was also ist zu tun? Der Bericht von UN und Weltbank macht deutlich: Wer nachhaltigen Frieden erreichen will, muss Ausgrenzung überwinden, benachteiligten Gruppen gleiche Chancen zur politischen Teilhabe eröffnen und neue Wege bei der Überwindung von Armut und der Schaffung von Wohlstand gehen. Mehr Wachstum alleine schafft keinen Frieden, mehr Arbeitsplätze sind keine Garantie, dass sich gesellschaftliche Spaltung nicht vertieft. Es ist immerhin die Weltbank, die argumentiert, dass im Zweifel auch Umverteilung erforderlich sein kann, um den sich vertiefenden sozialen Gräben entgegenzuwirken. Unter der Überschrift der „Reduzierung von Fluchtursachen“ hat auch die Bundesregierung seit 2015 viel investiert. Mehrere Milliarden Euro wurden jährlich aufgewendet, um humanitäre Hilfe für Flüchtlinge in Erstaufnahmeländern zu leisten, um Krisenländer und ihre Nachbarschaft wirtschaftlich und mit Infrastrukturmaßnahmen zu stabilisieren – und um damit, so die Hoffnung, die Zahl der Menschen, die sich auf den Weg nach Europa machen, zu begrenzen. Vieles davon ist fraglos sinnvoll und aus humanitärer Sicht geboten. Anderes hat Kritik auf sich gezogen, weil etwa Menschenrechtsorganisationen eher Abschottung als nachhaltige Hilfe am Werk sahen. Vor allem aber ist es nicht gelungen, endlich in gleichem Maße in die tatsächliche Vorbeugung von Krisen und die Schaffung nachhaltiger Friedensordnung zu investieren wie in die Krisenbewältigung. Die gemeinsame UN-Weltbank-Studie hat erneut dargelegt, dass Vorbeugung um ein Vielfaches weniger kostet als alleine die Bewältigung der wirtschaftlichen Schäden gewaltsamer Konflikte und humanitärer Katastrophen, von den menschlichen Folgen ganz abgesehen. Wer sich der Minderung von Fluchtursachen widmen will, muss sich damit auseinandersetzen, warum Menschen sich gezwungen sehen, in großer Zahl gegen ihren Willen ihre Heimat zu verlassen. In aller Regel steht dahinter ein Staat, der mehr oder weniger große Teile seiner Bevölkerung aufgegeben hat. Untersuchungen des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), die seit dieser Woche unter dem Titel „Constellations of State Fragility“ online abrufbar sind, zeigen, wo und in welchem Maße Staaten weltweit seit Mitte der 2000er Jahre Kernaufgaben gegenüber ihren Bevölkerungen vernachlässigt und damit Risiken für den gesellschaftlichen Zusammenhalt geschaffen haben. Anhand der Daten lässt sich unter anderem nachvollziehen, dass Staaten, die auf Repression statt Legitimierung gegenüber ihrer Bevölkerung setzen, mit zunehmender Dauer zu tickenden Zeitbomben werden können. Besonders der Nahe Osten und Nordafrika stechen hier hervor. Die Region verzeichnete vor 2011 die größte Ansammlung an Staaten mit Legitimitätsdefiziten. Die tragischen Folgen sind bekannt. Zu mehr gesellschaftlichem Zusammenhalt und damit zur Verhütung gewaltsamer Konflikte auch in anderen Ländern beizutragen, ist also für jede Bundesregierung ebenso ein Gebot der Vernunft wie der Menschlichkeit. Die letzte Große Koalition hat sich dazu noch im Sommer 2017 mit einem Grundsatzdokument zur Friedensförderung in bemerkenswerter Deutlichkeit bekannt. „In einer eng vernetzten Welt spüren wir Auswirkungen von staatlicher Fragilität, von Krisen und Gewalt auch in Deutschland“, schrieb die Bundeskanzlerin in ihrem Vorwort. Nun kommt es darauf an, von einer Fokussierung auf die Krisenbewältigung überzugehen zu einer Politik, die sich für die Überwindung von politischer und wirtschaftlicher Ausgrenzung weltweit, vor allem aber in fragilen Staaten, einsetzt. Eine solche Politik macht im Übrigen nicht halt an den klassischen Grenzen der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Sie betrifft ebenso Handels-, Finanz- und Umweltpolitik sowie weitere Politikbereiche. Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen weist dazu den Weg. Die neue Bundesregierung hat mehr Gründe denn je, die Verpflichtungen, die sie 2015 gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft eingegangen ist, ernst zu nehmen. Letztlich wird dies auch dem sozialen Zusammenhalt in Deutschland dienen.
Um eine genauere Analyse fragiler Staatlichkeit zu ermöglichen, hat das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) ein neues Daten-Tool entwickelt: Constellations of State Fragility unterscheidet sechs Typen fragiler Staatlichkeit anhand von zehn Indikatoren in drei Dimensionen, die für 171 Länder weltweit ermittelt wurden.

How to identify national dimensions of poverty? The constitutional approach

With the signing of the 2030 Agenda, the international community has committed to ending poverty in all its forms. This first Sustainable Development Goal (SDG) recognises poverty as a multidimensional phenomenon that goes beyond the simple lack of a sufficient amount of income. However, the way the SDG 1 and, in particular, Target 1.2 – “reduce … poverty in all its dimensions according to national definitions” – are formulated poses challenges for its operationalisation.
Which specific dimensions of poverty should a country focus on? How can we identify them? Is it possible to agree on a universal set of dimensions with which to compare poverty across several countries?
Recently, significant advancements have been made in the measurement of multidimensional poverty; however, how dimensions of poverty are selected is often overlooked. Empirical studies have employed different approaches, ranging from a data-driven approach to the use of participatory methods or surveys to detect context-based dimensions. This Briefing Paper discusses the pros and cons of the existing approaches and argues in favour of a new one, called the Constitutional Approach. The central idea is that the constitution of a democratic country, together with its official interpretations, can be a valid source of ethically sound poverty dimensions.
What is the value added of the Constitutional Approach? And what are the policy implications of adopting it?
  • The approach is grounded on a clear understanding of what poverty is, rather than an ad hoc approximation of it based on data availability. Only with a clear definition can poverty be measured, and anti-poverty strategies adequately designed and implemented.
  • By drawing on norm-governed national institutions that have shaped societal attitudes, the resulting list of dimensions is more legitimate and likely to be accepted and used by national policy-makers and endorsed by the public. The selecting of valuable societal dimensions is not just a technocratic issue but must be grounded in shared ethical values.
  • The approach does not require the collection of additional information to understand which poverty dimension should be prioritised. However, one must consider that this approach is only suitable for democratic countries, whose constitutions: are the result of a broad-based participatory process, still enjoy wide consensus and recognise at least the principle of equality among all citizens.
  • To compare multidimensional poverty at the global level, the approach could be extended by examining a core list of overlapping dimensions across several countries.
Given the above strengths, the German Federal Ministry for Economic Cooperation and Development (BMZ), which has a vital role in the Multidimensional Poverty Peer Network, could recommend this approach to governments to track country progress in SDG 1.

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