Vous êtes ici

SWP

S'abonner à flux SWP
Stiftung Wissenschaft und Politik
Mis à jour : il y a 4 semaines 1 jour

Auf dem Weg zur nächsten Klimakonfe­renz: Europa ist weiterhin gefordert

mer, 15/12/2021 - 01:00

Die Klimaverhandlungen in Glasgow verliefen überraschend produktiv. Mit den Be­schlüssen des »Glasgow Climate Pact« stehen die Europäische Union und ihre Mitglied­staaten nun vor weiteren Aufgaben. Bis zur nächsten Vertragsstaatenkonferenz in Ägypten Ende 2022 (COP27) gilt es, das Ziel der langfristigen Begrenzung des Tempera­turanstiegs auf 1,5 Grad noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken und dafür Zusagen und Maßnahmen großer Verschmutzerländer einzufordern. Die Finanzierung der Kli­mapolitik ist zudem noch nicht in einer Weise gesichert, die wieder mehr Vertrauen auf Seiten der Entwicklungsländer schafft. Um die Klimakooperation international zu beschleunigen, wird es 2022 in besonderem Maße auf Deutschlands G7-Vorsitz an­kommen. Dabei muss die Bundesregierung auch die G20-Staaten in den Blick nehmen und in der Europäischen Union die Verabschiedung des Fit-for-55-Pakets vorantreiben.

German Foreign Policy in Transition

lun, 13/12/2021 - 01:00

In the coming legislative period, the Federal Government and the Bundes­tag will need to redefine the scope of Germany’s responsibility in world politics. The potential for action of German foreign policy cannot be prop­erly assessed without taking into consideration the new international constellations and the required changes. Shifts in international power, the loss of influence of Western positions, growing authoritarianism, the weakening of multilateral institutions, urgent global problems such as climate change – all of these challenges call for a realignment of German foreign policy. In doing so, it is impor­tant to adequately assess the limits of its capabilities but also the existing room for manoeuvre. This should guide its goals and priorities. German foreign policy is faced with increasingly intense competition for international influence and the authority to interpret norms and values. This competition takes different forms in the individual fields of foreign affairs. For this reason, Germany’s presence in international politics can only be influential if the ministries involved pool their efforts and resources. More room needs to be made available for forward-looking and medium-term approaches in foreign policy decision-making. In this way, it may be possible to overcome the tendency towards ad hoc decisions and to avoid predominantly reactive patterns of behaviour. Germany’s foreign relations must be guided by reliable partnerships and new forms of responsibility-sharing in various policy areas. How conflicting objectives are to be negotiated can only be determined through open and transparent dialogue.

Instabile Lieferketten gefährden die Versorgungssicherheit

jeu, 09/12/2021 - 14:14

Im Zuge der Corona-Pandemie wurden die globalen Lieferketten empfindlich gestört. Inzwischen haben die Störungen auf zahlreiche Wirtschaftszweige übergegriffen, auch die Konsumenten bekommen sie zu spüren. Eine kurzfristige Besserung ist nicht in Sicht, was gravierende Folgen für weltweite Produktionsprozesse hat. Betroffen waren bei Ausbruch der Pandemie vor allem medizinische Schutzgüter – der Zusam­menbruch des internationalen Handels ließ aber auch in anderen Sektoren Liefer­engpässe entstehen. Die Instabilität von Lieferketten ist in der Pandemie schmerzlich spürbar geworden. Sie gefährdet die Versorgungssicherheit ebenso wie Cyberangriffe und geopolitische Unwägbarkeiten entlang von Lieferketten. Soll auf diese Herausforderungen angemes­sen reagiert werden, gilt es, die pandemiebedingten Einschnitte als Auftrag und Chance zugleich zu verstehen. In der politischen und unternehmerischen Gestaltung von Lieferketten sind nachhaltige Änderungsprozesse anzustoßen, um der wachsen­den Anfälligkeit von Lieferketten entgegenzuwirken und dem steigenden Bedarf an kri­tischen Gütern zu entsprechen.

Die ungewisse Zukunft der deutsch-chinesischen Beziehungen

jeu, 09/12/2021 - 01:00

Zwischen der Volksrepublik China und einer breiten Allianz von Staaten zeichnet sich eine Konfrontation ab, die mittelfristig anhalten dürfte. Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas steht auf tönernen Füßen. In dem Land ist insbesondere die Entwicklung der Produktivität dauerhaft schwach. Die Staats- und Parteiführung in Peking hat den Pfad eingeschlagen, China von der Weltwirtschaft zu entkoppeln. Angeknüpft wird dabei an wirtschaftspolitische Traditionen der chinesischen Kaiserreiche und der ersten Jahrzehnte kommunistischer Herrschaft nach Gründung der Volksrepublik. Chinas Führung setzt außenpolitisch seit einigen Jahren auf einen offensiveren, teils aggressiveren Kurs. Adressat dieser Politik ist aber in erster Linie das eigene Volk: Nur die KPCh, so die Botschaft, könne das Land vor ausländischen Feinden schützen. Die Entkopplung Chinas wird von Peking selbst initiiert. Doch sollten die Länder des Westens reagieren, etwa durch die Schaffung einer offenen Freihandelszone, an der alle großen OECD-Länder teilnehmen könnten. Chinas Bedeutung für die deutsche Wirtschaft wird in der Öffentlichkeit regelmäßig überschätzt. Lediglich 2 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland hängen direkt oder indirekt von Exporten nach China ab.

Konflikte in Verhandlungen zu UN-Reformen

jeu, 09/12/2021 - 01:00

Viele Staaten schätzen das Hochrangige Politische Forum zu Nachhaltiger Entwicklung (HLPF) der Vereinten Nationen: Es gilt als wichtiger Ort, an dem Vertreterinnen und Vertreter aus den Hauptstädten, dem UN-System und von Stakeholdern diskutieren, wie die 2030-Agenda und die dort verankerten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) umgesetzt werden. In dieser Studie werden die 2020/21 geführten Verhandlungen unter der UN-Generalversammlung zum HLPF analysiert. Die beabsichtigte Stärkung des HLPF scheiterte an zahlreichen Konflikten im Bereich Umwelt und Entwicklung ebenso wie an übergreifenden Konfliktlinien, welche die internationale Ordnung betreffen. Daraus sollten Schlüsse für zukünftige UN-Reformprozesse gezogen werden. In den Resolutionen wurde im Wesentlichen der Status quo festgeschrieben. Die wenigen inkrementellen Verbesserungen sollten nun aufgegriffen werden. So sollten die Bundesregierung und die EU dafür eintreten, das hochrangige Treffen im Juli besser vorzubereiten und nachzuhalten. Eine wichtige Chance bietet hierfür das neue Koordinierungssegment des UN-Wirtschafts- und Sozialrates (ECOSOC), welches erstmals im Februar 2022 stattfindet. Die Bundesregierung und die EU sollten jährlich eine ambitionierte UN-Strategie entwickeln, die ihre Arbeit im ECOSOC und beim HLPF ein­bezieht. Dabei sollten sie die identifizierten Konfliktthemen im Blick behalten. Der Bericht »Our Common Agenda« des UN-Generalsekretärs, von den UN-Mitgliedstaaten in Auftrag gegeben und im September 2021 publiziert, öffnet ein Gelegenheitsfenster, UN-Reformen voranzutreiben. Anfang 2024, wenn der nächste HLPF-Review ansteht, sollten die Bundes­regierung und die EU ihre Reformvorschläge formuliert haben. Im Rahmen der Allianz für den Multilateralismus sollten sie dafür rechtzeitig werben.

Proliferation jenseits von Gegnern und Rivalen

jeu, 09/12/2021 - 01:00

Solange der Atomkonflikt mit Iran nicht nachhaltig gelöst ist, besteht die Gefahr, dass Saudi-Arabien ein eigenes Programm zum Bau von Kernwaffen startet. Das iranische Nuklearabkommen von 2015 wieder­herzustellen und voll umzusetzen, würde den Proliferationsdruck auf Riad aber allein nicht beseitigen, sondern nur vorübergehend senken. Um die Proliferationsgefahr in der Region einzuhegen, sollten die deut­schen und europäischen Anstrengungen zur Rettung des Atomabkommens mit Teheran daher ergänzt werden um gezielte Nichtverbreitungsbemühungen gegenüber Saudi-Arabien. Das ist bisher nicht der Fall. Der jetzige Zeitpunkt ist für eine solche Nichtverbreitungspolitik günstig. Im Moment verfügt Saudi-Arabien noch nicht über Anlagen zur Produktion des Spaltmaterials, das für Kernwaffen benutzt werden kann: hochangereichertes Uran oder Plutonium. Künftig möchte Riad aber Uran anreichern. Deutschland und Europa stehen mit ihren Nichtverbreitungsbemühungen im Hinblick auf Riad vor der Herausforderung, dass es sich bei dem Königreich um einen »Frenemy« handelt, mit dem westliche Regierungen eng kooperieren. Dies hat zur Folge, dass weichere nichtverbreitungs­politische Instrumente zum Einsatz kommen müssen als etwa bei Nordkorea oder Iran. Zu jenen weicheren Optionen, die beim Einhegen saudischer Proliferation erfolgreich sein könnten, zählen Maßnahmen zur militärischen Rück­versicherung, eine an Bedingungen geknüpfte Kooperation bei der Kernkraftnutzung, die Verweigerung proliferationsrelevanter Technologien, die Ausübung diplomatischen Drucks und die glaubwürdige Androhung von Sanktionen. Wenn Deutschland dazu beitragen will, einer Atomrüstung in Saudi-Arabien entgegenzuwirken, muss es aktiver und systematischer vorgehen. Die Bundesregierung sollte mit ihren engsten Partnern ein konkretes Nichtverbrei­tungsziel formulieren und bald damit beginnen, es zu ver­folgen, damit die weichen Instrumente wirken können. Zudem sollte der Fokus darauf liegen, Einflussmöglichkeiten auf Riad zu maximieren und keineswegs weiter zu beschneiden.

Conflicts in UN Reform Negotiations

jeu, 09/12/2021 - 01:00

The UN High-level Political Forum on Sustainable Development (HLPF) is widely appreciated as a venue where representatives of the member states, the UN system and stakeholders can discuss the implementation of the 2030 Agenda and its Sustainable Development Goals (SDGs). This study analyses the negotiations on the HLPF review conducted in 2020/21 under the UN General Assembly. The intended strengthening of the HLPF was blocked by numerous con­flicts over environmental and development issues as well as overarching conflict lines concerning the international order. Lessons should be drawn for future UN reform processes. The resulting resolutions largely confirm the status quo. The few incre­mental improvements should now be realised. The German government and the EU should work to improve the preparation and follow-up for the HLPF meeting in July 2022. The new Coordination Segment of the UN Economic and Social Council (ECOSOC), which meets for the first time in February 2022, offers an important opportunity. The German government and the EU should prepare ambitious annual UN strategies that also cover their work in ECOSOC and the HLPF. The iden­tified conflict themes should be taken into consideration. The UN Secretary-General’s report “Our Common Agenda”, requested by the member states and published in September 2021, creates a window of opportunity for progress on UN reforms. By early 2024, when the next HLPF review is due, the German govern­ment and the EU should have developed reform proposals. They should communicate these in good time in the Alliance for Multilateralism and seek to build coalitions of the willing.

Die Global Posture Review der Biden‑Administration

mer, 08/12/2021 - 10:00

Ende November hat das US-amerikanische Verteidigungsministerium die Ergebnisse seiner Global Posture Review (GPR) vorgestellt. Die Posture gibt Aufschluss über die geplante Entwicklung der weltweiten Militärpräsenz der USA und hat daher auch eine hohe Relevanz für deren Bündnispartner. Die Biden-Administra­tion bekräftigt mit dieser GPR ihr Bekenntnis zur Stärkung der Nato. Zugleich lassen die bislang veröffentlichten Eckpunkte wichtige Fragen offen – insbesondere dazu, wie die Prio­ritäten zwischen Europa und Asien längerfristig gesetzt werden und ob neue land­gestützte Waffensysteme in europäischen Nato-Staaten stationiert werden sollen.

Eine neue Wasserstoffwelt

mer, 08/12/2021 - 00:01

Die weltweiten Implikationen eines Umstiegs auf Wasserstoff sind groß, da dieser sukzessive Öl und Gas als Energieträger zumindest teilweise ersetzen wird und da­durch neue internationale Handelsströme entstehen. Darüber hinaus wird Wasserstoff den Umbau der Industrie mitbestimmen. Hier hat sein Einsatz disruptive Aus­wirkungen, was auch die Wirtschaftsgeographie prägen wird. Die Politik steht vor weitreichenden Grundsatzentscheidungen, die die Konturen der neuen Wasserstoffwelt vorgeben werden. Deutschland und die EU sollten die geoökonomischen und geopolitischen Konsequenzen mitberücksichtigen, wenn sie Weichen stellen.

Bidens Idee einer »sole purpose«-Nukleardoktrin für die USA

mar, 07/12/2021 - 01:00

US-Präsident Joseph Biden erwägt, die amerikanische Politik der nuklearen Ab­schreckung zu ändern. Seit Beginn des Atomzeitalters hat Washington stets erklärt, es könne nicht nur auf Angriffe mit Kernwaffen, sondern auch auf nichtnukleare Aggressionen mit nuklearer Vergeltung antworten. Diese deklaratorische Politik könnte bald enger gefasst werden: Biden würde die Rolle von Atomwaffen gern redu­zieren, und zwar durch eine »sole purpose«-Erklärung (SP). Danach wäre es alleiniger Zweck der US-Atomwaffen, nukleare Angriffe abzuschrecken und, falls nötig, auf diese zu reagie­ren. Gegen konventionelle Aggressionen würden die USA nie Kernwaffen einsetzen. Wider Er­warten würde das aber die heute bestehenden nuklearen Risi­ken für die USA kaum reduzieren. Zudem befürchten bereits jetzt die Verbündeten der USA in Europa und Asien, dass SP ihre Sicherheit beeinträchtigt. Auch für Deutsch­land stellt sich die Frage nach politischen und militärischen Folgen einer SP-Politik.

Der ungelöste Streit um die Rechtsstaatlichkeit in der EU

ven, 03/12/2021 - 01:00

Die breite Solidarisierung mit Polen, die innerhalb der EU aufgrund der Krise an der Grenze zu Belarus aktuell zu beobachten ist, ändert nichts am Grundsatzkonflikt in der Frage der Rechtsstaatlichkeit. In den vergangenen Monaten hat Polen Rechts­prinzipien der Union offen in Zweifel gezogen. Es ist nicht zu erwarten, dass die amtierende polnische Regierung effektive Maßnahmen zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Justiz ergreifen wird. Wenn es dabei bleibt, wird die EU ihre Finanztransfers an Polen wie an Ungarn substantiell einschränken müssen. Auch die horizontale Anwendung von EU-Recht wird gegenüber Polen auf wachsende Vor­behalte stoßen. Zum Schutz des europäischen Gemeinwesens müssen politisch an­gespannte Beziehungen zu Polen indes in Kauf genommen werden. Die neue Bundesregierung hat das Ziel, die Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit zu priorisieren, in ihrem Koalitionsvertrag niedergelegt. Sie sollte daran festhalten.

Consensus per video?

jeu, 02/12/2021 - 11:47
Decision-making in the Council of the EU during the Covid-19 pandemic

Südafrikas gesellschaftliche und politische Herausforderungen

mer, 01/12/2021 - 01:00

In den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen Südafrikas finden derzeit Erosionsprozesse statt. Sie sind das Resultat struktureller Veränderungen und paral­lel ablaufender Entwicklungen, die sich gegenseitig verstärken. Die Hoffnungen auf Einnahmen aus dem Tourismus in den Monaten November 2021 bis Februar 2022 haben sich zerschlagen, seitdem nach Entdeckung der Corona-Variante Omikron internationale Reisebeschränkungen erlassen worden sind. Hinzu kommt, dass die Spannungen innerhalb der Regierungspartei African National Congress (ANC) den Präsidenten Cyril Ramaphosa in seiner Handlungsfähigkeit einschränken. Aller­dings sind langsame Fortschritte bei Reformen und positive Tendenzen einer Weiter­entwicklung jenseits des dominierenden ANC erkennbar. So hat sich das Parteien­system nach den Kommunalwahlen im Anfang November zusehends ausdifferenziert. Deutschland und die EU können positive Entwicklungen durch gut ausgerichtete und sensible Hilfe unterstützen, müssen dabei aber stets insbesondere sozioökonomische Faktoren im Blick behalten.

Cities and Their Networks in EU‑Africa Migration Policy

lun, 29/11/2021 - 01:00

The international debate on migration policy increasingly views cities as game changers since cities have to find rapid, efficient, and lasting solutions to problems relating to forced displacement and migration. How­ever, this assessment also has its critics. From a European perspective, cooperating with African cities is important because migration from Africa is expected to rise in the short and medium term. From an African perspective, there is a wish to extend the potential for legal migration and for intercontinental mobility. Existing cooperation between African and European cities shows that the actors involved pursue very different objectives. Their potential for par­ticipation is limited but simultaneously highly dependent on political will and context. In order to make use of cities’ potential for cooperation, particularly in shaping legal migration, cooperation instruments must be designed in such a way as to give cities adequate funding and sufficient powers. Divisions between urban and rural areas should not be deepened, and social conflicts should not be exacerbated. Public funds should be used preferentially to support existing networks, especially those of small and medium-sized cities; such cities should be involved above all in the shaping of labour mobility and migration and in the reception of refugees. Philanthropic funding of cities and city net­works can also be helpful in harnessing the potential of municipal actors.

Deutschland im arktisch-nordatlantischen Raum

lun, 29/11/2021 - 01:00

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause 2021 der Anschaffung von fünf Flugzeugen P-8A Poseidon für 1,43 Milliarden Euro zugestimmt. Dieses Flugzeug erfüllt alle technischen und opera­tiven Anforderungen, die an einen modernen Seefernaufklärer der Marine gestellt werden. Die Anschaffung behebt nicht nur einen kurzfristig auf­getretenen Mangel an entsprechenden Luftfahrzeugen, sondern schließt auch eine Lücke in der Aufklärung. Notwendig geworden ist dies durch die militärischen Aktivitäten, die Russland im arktisch-nordatlantischen Raum entfaltet. Dort spielt Deutschland eine besondere geostrategische Rolle. Darum sollte es seine maritimen und mili­tärischen Fähigkeiten weiterentwickeln.

Russischer Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze: Eine Invasion ist möglich

ven, 26/11/2021 - 15:48

Die meisten Experten sind sich hinsichtlich des russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine Anfang November einig: Russland geht es ähnlich wie schon im Frühjahr um eine Drohgebärde gegenüber der Ukraine und dem Westen, nicht um einen Einmarsch in das Nachbarland. Diese Interpretation hat einen entscheidenden Vorteil: Sie ist bequem und zwingt westliche Regierungen nicht zum entschiedenen Handeln. Während angesichts der Krim-Annexion 2014 eine generelle Vorsicht gegenüber Russland geboten sein sollte, wird zum einen außer Acht gelassen, dass sich die Eskalationsspirale im russisch-ukrainischen Konflikt seit dem Frühjahr immer schneller dreht. Zum anderen wird ignoriert, dass das russische Ziel einer vollständigen Kontrolle über die Ukraine auch ohne die immer wieder erwähnten unangemessenen Kosten erreicht werden kann. Aus diesem Grund können extreme Szenarien wie ein russischer Einmarsch in Teile der Ukraine aktuell nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr sollte das Worst-Case-Szenario einer abgestuften Invasion, bei der Russland mit gezielten Interventionen einen Vorwand für den Einmarsch schafft, und dessen mögliche Konsequenzen ernsthaft diskutiert werden.

Der Westen verkennt Russlands Befindlichkeiten

Russland hat es seit Beginn des Ukrainekonflikts trotz der Krim-Annexion, Besetzung von Teilen des Donbass und weiterer Destabilisierungsversuche nicht geschafft, sein strategisches Ziel der mittelbaren Kontrolle des Nachbarlandes zu erreichen. Vielmehr ist es der Ukraine gelungen, sich vom Konflikt im Osten zu isolieren, ihre Staatlichkeit zu stärken und näher an den Westen zu rücken. Selbst der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der 2019 als Friedensstifter angetreten war, hat nach einigen diplomatischen Experimenten die Rolle des anti-russischen Kriegsherrn eingenommen. Mehr noch: Seit dem Sommer zeigen sich Selenskyj und dessen Militärführung forsch, lassen öffentlichkeitswirksam die Abwehr von russischen Invasionsversuchen üben und Drohnenangriffe gegen die Separatisten fliegen. In Russland schwindet die Hoffnung, dass sich mit den bisher angewandten Druckmitteln ein Politikwechsel oder gar eine russlandfreundliche Führung in Kiew installieren lässt.

Im Westen wird unterschätzt, wie empfindlich Moskau auf die schwierige Lage im Donbass und das zur Schau gestellte ukrainische Selbstbewusstsein reagiert. Anders als in Washington oder Brüssel, wo die Ukraine nüchtern als klar unterlegene Partei in einem stark asymmetrischen Konflikt gesehen wird, ist die Perspektive Moskaus auf Kiew durch Reputationsfragen bestimmt – was Kiew mindestens zu einem großen Ärgernis und maximal zur Bedrohung »aufwertet«. Jedenfalls muss der Effekt, den die trotz sieben Jahre kriegerischem Konflikt zwischen den einstigen Bruderstaaten anhaltende ukrainische Unnachgiebigkeit auf Moskau hat, in die Analyse der russischen Politik einbezogen werden. Die nachhaltige Unterminierung des Normandie-Formats und Moskaus Insistieren auf die für Kiew inakzeptable Forderung, direkt mit den Separatisten zu verhandeln, ist so auch als Eingeständnis der eigenen Frustration angesichts eines Pyrrhussieges zu werten. Russlands Präsident Putin und sein ehemaliger Premier Medwedew haben Kiew und dem Westen ihre maximalen Absichten in der ukrainischen Frage und auch den eigenen Unglauben an eine Verhandlungslösung mehrfach klargemacht. Wenn diese Interpretation zutrifft, hätte der russisch-ukrainische Konflikt eine unberechenbare Phase erreicht, weil sie durch von Statusfragen getriebene Eskalationsbereitschaft und den fehlenden Zugriff westlicher Diplomatie gekennzeichnet ist.

Möglichkeit der abgestuften Invasion

Beobachter attestieren der ukrainischen Armee heute eine bessere Verteidigungsfähigkeit als in den Jahren 2014 und 2015. Aufgrund der Kampferfahrungen der vergangenen Jahre, der Stabilisierung der Kontaktlinie durch die Truppen und die anhaltende Modernisierung des gesamten Verteidigungssektors ist tatsächlich eine graduelle Verbesserung eingetreten. Die ukrainische Armee bleibt gegenüber ihrem russischen Pendant aber vor allem mit Blick auf die Luftstreitkräfte klar unterlegen.

Diese Tatsache begünstigt bisher wenig diskutierte Szenarien, bei denen die russische Armee in einer von den Kosten her überschaubaren abgestuften Strategie in der Ukraine intervenieren und deren Führung über immer neue taktische Lagen zu politischen Zugeständnissen zwingen könnte. Denkbar wäre beispielsweise, dass Russland die jüngsten Drohnenangriffe auf Stellungen der Separatisten als Vorwand nutzt, um erneut »zum Schutz der lokalen Bevölkerung« in den besetzten Donbass einzumarschieren. Obwohl diese Form eines russischen Einmarsches keinen Einfluss auf die existierende territoriale Situation der Ukraine hätte, würde ein solches Szenario die Führung in Kiew massiv unter Druck setzen. Das Kräfteverhältnis an der Kontaktlinie würde sich stark zu Ungunsten der Ukraine verändern, wobei Russland dann jeden weiteren Vorfall als Vorwand für ein weiteres Vorgehen nutzen könnte, zum Beispiel durch Luftangriffe auf Stützpunkte der ukrainischen Armee in der nicht besetzten Ostukraine. Kiew hätte darauf kaum eine wirksame Antwort. So könnte Moskau seine konkreten Nahziele auf militärischem Wege erreichen, darunter der Sonderstatus für die »Volksrepubliken« in der Ostukraine ohne die in den Minsker Vereinbarungen festgehaltenen Vorbedingungen.

Die westlichen Partner der Ukraine und damit auch die neue Bundesregierung sollten sich klar darüber werden, dass Rechtfertigungen und Varianten einer möglichen russischen Eskalation vielfältiger sind als gemeinhin angenommen. Auch das sich durch die weitere Integration von Belarus in den russischen sicherheitspolitischen Orbit andeutende Destabilisierungsdreieck eröffnet dem Kreml zusätzliche militärische Optionen gegenüber Kiew. Um Moskau von derlei Schritten abzuhalten, sollte sich auch der Westen strategisch auf eine Eskalation einstellen und Sanktionen gegenüber Moskau und Minsk vorbereiten. Diese sollten auch die Möglichkeit vorsehen, Nord Stream 2 vorerst nicht in Betrieb zu nehmen. Darüber hinaus könnte die EU im Schwarzen Meer aktiv Präsenz zeigen, um die Südflanke der Ukraine zu entlasten und existierende bilaterale Militärhilfe in einer effektiven Ausbildungs- und Beratermission zu bündeln. In jedem Fall bedarf es neben Sanktionen auch einer sicherheitspolitischen Präsenz.

Connecting Ukraine to Europe’s Electricity Grid

mer, 24/11/2021 - 01:00

Connecting Ukraine to the continental European power grid and the EU’s electricity market is on the political agenda. However, establishing the necessary grid connec­tions is technically complicated and also requires profound reforms to the Ukrainian electricity sector. But it is not only Ukraine that has to deliver; the EU and its member states will also have to make far-reaching and hugely significant geopolitical decisions. The project needs a politically coordinated roadmap that defines clear criteria and conditions for a common electricity grid.

EZB, Klimawandel und Finanzstabilität

mar, 23/11/2021 - 01:00

Der Klimawandel birgt zahlreiche Risiken für die Stabilität des Finanz­systems und für die Übertragung der Geldpolitik. Für die Europäische Zentralbank existieren ausreichende wirtschaftliche und rechtliche Gründe, um Klimarisiken und den Übergang zur Klima­neutralität stärker in die Geldpolitik zu integrieren. Die geldpolitischen Instrumente von Zentralbanken wurden nicht zur Bekämpfung des Klimawandels konzipiert, können aber so kalibriert werden, dass sie eine Umstellung der Wirtschaft auf Klimaneutralität fördern. Das mächtigste geldpolitische Instrument, die Ankäufe von Vermögenswerten, breiter einzusetzen, kann problematisch sein, da es schwierig ist, ein spezifisches Klimaziel in einen begrenzten geldpolitischen Rahmen einzupassen. Das klimapolitische Engagement könnte die Unabhängigkeit der EZB beeinträchtigen. Gleichzeitig kann es sich auch positiv auf ihre Position im globalen Finanzsystem und auf die internationale Rolle des Euro auswirken, unter anderem durch die Aktivitäten der EZB und der nationalen Zentralbanken des Eurosystems im Network for Greening the Financial System. Geldpolitisches Engagement kann in der Klimapolitik allenfalls unterstützend wirken; wichtig sind hier vor allem das Handeln der Staaten, die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung sowie neue Konsum- und Produk­tionsstandards.

Pages