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Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

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Nachrichten und Pressemitteilungen
Updated: 1 week 6 days ago

Doktorand*in in der Abteilung Staat

Tue, 16/05/2023 - 02:56

Übergreifendes Forschungsthema der Abteilung Staat ist die Frage, wie die Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik Entscheidungen von Personen, Haushalten und Unternehmen sowie die Verteilung der wirtschaftlichen Ressourcen beeinflusst. Das Markenzeichen der Abteilung ist die empirisch- mikroökonomische Fundierung und die wirtschaftspolitische Orientierung der Forschungsarbeiten. Die Institutionen-, Daten- und Methodenkenntnisse der MitarbeiterInnen sind die Grundlage für erfolgreiche wissenschaftliche Forschung und wirtschaftspolitische Beratung.  Im Mittelpunkt stehen Fragen der deutschen Steuer- und Sozialpolitik, die auf Basis von mikroökonometrischen Methoden analysiert werden

Zum 1. Oktober 2023 eine*n  

Doktorand*in (25 Wochenstunden) (Teilzeit mit 65%)

 


Studentische Hilfskraft (m/w/div) in der Abteilung Klimapolitik

Fri, 12/05/2023 - 11:08

Die Abteilung Klimapolitik des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine studentische Hilfskraft (m/w/div) für 10 Wochenstunden für die Mitarbeit in Forschungsprojekten zu klimapolitischen Instrumenten zur Dekarbonisierung der Industrie.


Marcel Fratzscher: „Selektive Steuerpolitik vergrößert Ungleichheit in Deutschland weiter“

Thu, 11/05/2023 - 04:08

Anlässlich der Ergebnisse der neuesten Steuerschätzung äußert sich Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:

Die Steuereinnahmen werden 2024 voraussichtlich ein neues Rekordniveau erreichen. Der wichtigste Grund hierfür ist nicht nur, dass Deutschland bisher wirtschaftlich viel besser als befürchtet durch die Krise gekommen ist, sondern auch, dass der Staat nach wie vor der größte Gewinner der hohen Inflation ist. Es ist keine Überraschung, dass die Steuereinnahmen nicht ganz so stark steigen werden wie noch im Herbst prognostiziert. Denn der Bundesfinanzminister und die Bundesregierung haben sich entschieden, 34 Milliarden Euro der Steuereinnahmen pro Jahr durch eine Entlastung bei der Einkommensteuer zurückzugeben. Anders als behauptet erfüllt der Bundesfinanzminister jedoch nicht sein Versprechen, dass der Staat sich nicht an der Inflation bereichert. Denn er gibt die höheren Steuereinnahmen durch die Inflation nur sehr selektiv und primär an die Spitzenverdiener*innen zurück. Vor allem Menschen mit geringen Einkommen werden erheblich durch indirekte Steuern und Abgaben, allen voran der Mehrwertsteuer, belastet. Obwohl der Staat durch die Inflation bei diesen indirekten Steuern massiv profitiert, gibt er die resultierenden Steuermehreinnahmen den Menschen eben nicht zurück. Die sehr selektive Steuerpolitik vergrößert somit die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit in Deutschland weiter, obwohl diese schon durch Pandemie und Energiekrise stark zugenommen hat.

Der Bundesfinanzminister scheint auf eine Schwarze Null im Bundeshaushalt abzuzielen, wenn er Verzicht fordert und die Staatsausgaben begrenzen will. Die logische Konsequenz der vom Bundesfinanzminister geforderten Kombination von Schwarzer Null und Verzicht auf Steuererhöhungen wird eine Beschleunigung der Deindustrialisierung und des Verlusts von Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in Deutschland sein. Denn wenn der Staat nicht dringend mehr in die ökologische und digitale Transformation, in ein exzellentes Bildungssystem und eine moderne Infrastruktur investiert, dann wird der wirtschaftliche Abstieg Deutschlands unumkehrbar sein.

Marcel Fratzscher: „Unwürdiges Gefeilsche vor Bund-Länder-Gipfel zu Geflüchteten“

Tue, 09/05/2023 - 11:06

Bund und Länder treffen sich am morgigen Mittwoch zu einem Flüchtlingsgipfel. Im Vorfeld umstritten ist vor allem die Aufteilung von Kosten für Unterbringung und Integration der Geflüchteten. Dazu ein Statement von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):

Bund und Länder sollten sich kurzfristig die Kosten für die Versorgung und Integration der Geflüchteten teilen. Dabei sollte der Bund den größten Teil der Last tragen, da er mehr Möglichkeiten hat, über Steuererhöhungen die zusätzlichen Kosten zu finanzieren. Eine Finanzierung über eine Anleihe aus dem EU-Haushalt oder über die Europäische Investitionsbank für die Kosten der Integration ist eine Möglichkeit, die jedoch das Problem nicht löst und zudem nicht berücksichtigt, dass die Zahl der Geflüchteten in den kommenden zwei Jahren stark ansteigen wird.  

Die Bundesregierung muss dringend den Länderfinanzausgleich reformieren, damit die Kommunen dauerhaft finanziell besser ausgestattet sind. Dazu gehört, die fast 30 Prozent der vollkommen überschuldeten Kommunen zu entschulden. Zu den überfälligen Reformen gehört auch, den Königsteiner Schlüssel den Erfordernissen der Zeit anzupassen. Er taugt nicht, um die Geflüchteten auf Bundesländer zu verteilen, sondern es braucht verschiedene Schlüssel, um Kosten, Geld und Aufgaben zwischen den Bundesländern zu verteilen, wie die aktuelle DIW-Studie zum Königsteiner Schlüssel zeigt.  

Der Streit zwischen Bund und Ländern über die Kosten für Geflüchtete ist ein unwürdiges Feilschen, das auf dem Rücken aller Bürger*innen in den Kommunen ausgetragen wird. Bund und Länder müssen dringend eine Lösung finden und dürfen nicht erneut scheitern, so wie schon im Februar. Für viele Kommunen hat sich die Finanznot während der Pandemie und durch die Energiekrise verschärft, so dass sie ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge immer schlechter erfüllen können. Ihre finanzielle Notlage wird sich wegen der Inflation und deutlicher Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst noch vergrößern. Die Bundesregierung sollte den Ländern mit zeitgemäßen Reformen entgegenkommen.

Marcel Fratzscher: „EZB signalisiert, dass weitere Zinserhöhungen nicht garantiert sind“

Thu, 04/05/2023 - 03:37

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat heute beschlossen, den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte zu erhöhen. Dazu ein Statement von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):

Die Entscheidung der EZB das Tempo der Zinserhöhungen zu reduzieren ist gut und richtig. Die EZB signalisiert damit, dass weitere Zinserhöhungen nicht garantiert sind und sie im Sommer zum Halt kommen könnten. Die meisten Indikatoren deuten darauf hin, dass die Inflation auf einem nachhaltigen Weg in Richtung Preisstabilität ist. Ich erwarte daher lediglich zwei weitere Erhöhungen um 25 Basispunkte bis Juli.

Die starken und schnellen Zinserhöhungen der EZB über die vergangenen zehn Monate zeigen deutliche Wirkungen für die Wirtschaft in der Eurozone. Die Kreditvergabe wird dadurch stark gebremst und das Wirtschaftswachstum könnte in diesem Jahr allein um zwei Prozentpunkte geringer ausfallen als ohne die Zinserhöhungen. Gerade im Bausektor und bei Unternehmensinvestitionen sind die bremsenden Wirkungen der Zinsserhöhungen sichtbar.

Die EZB hat zu Recht ihre dominante Kommunikation über den künftigen Zinspfad zurückgefahren, da die Risiken für die Preisstabilität mittlerweile symmetrisch sind. Eine Eskalation des Krieges, Probleme bei den Lieferketten, Handelskonflikte und Probleme im Bankensystem könnten alle die Wirtschaft in Europa und in Deutschland in den kommenden Monaten empfindlich schwächen. Daher muss die EZB sich alle Optionen offen halten und notfalls auch einen schnellen Kurzwechsel vollziehen. Ich halte Zinssenkungen zum Jahresende hin nicht für unwahrscheinlich.

Studentische Hilfskraft (m/w/div) für die Abteilung Staat

Thu, 06/04/2023 - 11:22

Die Abteilung Staat (Public Economics) im DIW Berlin sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine studentische Hilfskraft (w/m/div) für 10 Wochenstunden.


Tomaso Duso: „Reform des Wettbewerbsrechts ist ein wichtiger und begrüßenswerter Schritt“

Wed, 05/04/2023 - 02:05

Das Bundeskabinett hat heute eine Reform des Wettbewerbsrechts auf den Weg gebracht. Dabei soll das Bundeskartellamt deutlich mehr Befugnisse bekommen, um gegen überhöhte Preise vorzugehen. Wettbewerbsexperte Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im DIW Berlin und Mitglied der Monopolkommission, kommentiert dies wie folgt:

Um dauerhaft verkrustete wettbewerbsbehindernde Strukturen auf bestimmten Märkten aufzubrechen, sind die herkömmlichen Instrumente der Kartellverbots-, Missbrauchs- und Fusionskontrolle nicht immer wirksam. Daher ist es zu begrüßen, dass der Kabinettsentwurf zur 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen das Instrument der Sektoruntersuchung stärkt und das Bundeskartellamt nun auch Maßnahmen ergreifen können soll, ohne dass den Unternehmen ein Kartellrechtsverstoß nachgewiesen werden muss.

Damit wird dem Bundeskartellamt nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, verstoßunabhängige Abhilfemaßnahmen anzuordnen und als ultima ratio eine Entflechtung zu verfügen, wenn eine erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs vorliegt. Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, die Abschöpfung der durch Kartellrechtsverstöße erzielten Vorteile zu erleichtern. Der Regierungsentwurf konkretisiert die Definition einer erheblichen und fortwährenden Störung des Wettbewerbs. Zudem sieht der Entwurf eine Entschädigung für Unternehmen vor, die entflochten werden müssen. Schließlich ist die Schwelle für den Erlass von Abhilfemaßnahmen durch das Bundeskartellamt gegenüber früheren Entwürfen angehoben worden.

Dennoch, um die Transparenz des Instruments zu erhöhen, hätten die Monopolkommission und ich uns gewünscht, dass das Bundeskartellamt einen Zwischenbericht veröffentlichen muss. Auch eine regelmäßige externe Evaluierung der Abhilfemaßnahmen durch Dritte wäre ein wichtiger Baustein gewesen, um die Effektivität des Instruments zu verstehen.

Claudia Kemfert: „Ampel-Einigung ist kein Klima-Wumms“

Wed, 29/03/2023 - 12:08

Die Ampel-Koalition einigt sich im Koalitionsausschuss auf das weitere Vorgehen in der Klimapolitik. Dazu ein Statement von Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im DIW Berlin:

Man werde ein großes „Werkstück“ präsentieren, hatte Olaf Scholz kurz vor Ende der Verhandlungen im Kanzleramt verkündet und damit die Spannung geschürt. Doch das nach 30 Stunden Beratung und nach langen, harten Vermittlungen präsentierte Konsenspapier ist fürwahr kein Klima-Wumms.

Die Aufweichung der Sektorziele durch die geplante Anpassung des Klimaschutzgesetzes ist problematisch, da sie den Verkehrssektor aus der Verantwortung entlässt. Die notwendige Verkehrswende wird so nicht erreicht werden. Auch die Klimaziele werden so nicht erreicht.

Zwar ist es gut, dass es mehr Geld für den Schienenverkehr geben wird, aber gleichzeitig 144 Autobahnprojekte zu beschließen, ist alles andere als eine echte Verkehrswende. Da nützt es auch nichts, neben neuen Autobahnen Photovoltaikanlagen zu bauen. Ein Salatblatt im Burger ist keine Ernährungsumstellung. Genauso wenig bedeuten Solarpaneele neben der Autobahn eine Energiewende. Und die wäre jetzt dringend nötig.

Nun hatte Deutschland schon 16 Jahre lang eine Möchtegern-Klima-Kanzlerin, die die aufblühende Solarindustrie nach China verjagte, Windenergie nicht ausbaute und Wasserstoff nicht förderte, aber gleichzeitig Gaspipelines nach Russland bauen ließ. Der ehemals selbst ernannte Klima-Kanzler Scholz lässt sich vom kleinsten Koalitionspartner an der Nase herumführen. Deren Verbrenner-Liebe führte Europa gerade an den Rande einer existenziellen Krise. Es müsste endlich ein Ruck durch Deutschland gehen. Aber die Politik zaudert sogar, wenn es darum geht, 30 Jahre alte Ölheizungen durch moderne Wärmepumpen zu ersetzen. Die Blockade-Partei FDP verwechselt die Pedale und steht jetzt dauerhaft auf der Bremse, obwohl sie angeblich jedes Tempolimit hasst. Die SPD beschränkt ihr soziales Engagement auf klimaschädliche Gaspreisbremsen. Aber wo ist das Klimageld? Das war doch einmal beschlossen. Selbst die Finanz- und Autoindustrie fordert endlich enkeltaugliche Generationengerechtigkeit und wünscht sich klimataugliche Recht- und Ordnungspolitik. Aber deren einzig verbliebener möglicher Verbündeter, die Partei der Grünen, übt sich in gewaltfreier Kommunikation und konsensfähigem Vokabular, um lächelnd zu übertünchen, dass sie in dieser Koalition nicht wirklich viel zu sagen hat.

Das ist keine Fortschrittskoalition, sondern eine Sillstands-Koalition. Dieses Land braucht nicht schöne Worte, dieses Land braucht endlich überzeugende Taten.

Astrid Cullmann: „Wasserknappheit und -verschmutzung auch in Deutschland wachsendes Problem“

Fri, 24/03/2023 - 11:44

Die Wasser-Konferenz der Vereinten Nationen will Wege zur nachhaltigen Nutzung der Ressource aufzeigen. Dazu ein Statement von Astrid Cullmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im DIW Berlin:

 

Die Tatsache, dass sich die Vereinten Nationen mit ihrem Wassergipfel zum ersten Mal seit fast 50 Jahren ausschließlich mit der wertvollen Ressource Wasser beschäftigen, zeigt: Wir stehen vor enormen Herausforderungen. Nicht nur im globalen Süden ist die Lage alarmierend, auch in Deutschland wird Wasser durch einen Überverbrauch und Schadstoffbelastungen in manchen Regionen immer knapper.

Zahlreiche Regionen wie unter anderem Brandenburg müssen sich darauf einstellen, dass es durch den Klimawandel trockener und heißer wird. Dadurch steigt zum Beispiel der Wasserbedarf für die landwirtschaftliche Bewässerung, während das -angebot sinkt. Um künftig Wassernutzungskonflikte zu vermeiden, müssen gezielte Maßnahmen ergriffen werden. Dazu zählen mehr Transparenz und Kontrolle der Wasserentnahme. Insbesondere sollte die Vorzugsbehandlung der Industrie, die derzeit große Mengen Wasser zu sehr niedrigen Preisen verbraucht, aufgehoben werden.

Ein weiteres Problem ist die Wasserverschmutzung durch Spuren- und Nährstoffe von Düngemitteln und Kläranlagenabläufen. Die intensive Landwirtschaft ist Hauptverursacher der Nährstoffeinträge, die durch stickstoffhaltigen Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen in die Umwelt gelangen. Um die Nitratbelastung zu reduzieren, müssen bereits bestehende verschärfte Vorgaben zur Düngung konsequent umgesetzt werden, insbesondere in den ohnehin schon nitratbelasteten Zonen. Zudem kann Ökolandbau einen Beitrag leisten, Überdüngung zu reduzieren, wie Studien des DIW Berlin gezeigt haben.

Auch in der wissenschaftlichen Forschung finden Wasserknappheit und Wasserverschmutzung überraschend wenig Beachtung – vor allem im Vergleich zur Luftverschmutzung. Es bleibt zu hoffen, dass der UN-Wassergipfel wachrüttelt und Impulse zur nachhaltigen Nutzung gibt.

Marcel Fratzscher: „Mega-Streik im Verkehrssektor ist auch Resultat einer Zeitenwende auf dem Arbeitsmarkt“

Fri, 24/03/2023 - 10:55

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben für kommenden Montag zu einem gemeinsamen bundesweiten Warnstreik aufgerufen. Die aktuellen Arbeitskämpfe kommentiert Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:

 

Wir erleben zurzeit eine Wende auf dem Arbeitsmarkt: Die Zeiten eines Arbeitgebermarktes, in dem Arbeitgeber*innen Löhne und Arbeitsbedingungen mehr oder weniger diktieren konnten, scheinen vorbei. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich zu einem Arbeitnehmer*innenmarkt. Bereits heute gibt es in Deutschland zwei Millionen offene Stellen und eine riesige Fachkräftelücke, die sich in den kommenden zehn Jahren noch vergrößern wird. Viele Arbeitgeber*innen wollen diese Tatsache noch nicht wahrhaben und fordern mehr „Bock auf Arbeit“, höhere Arbeitszeiten und geringere Lohnsteigerungen.  

Der Arbeitskampf und der Mega-Streik im Verkehrssektor am kommenden Montag sind das logische Resultat dieser Zeitenwende. Ich erwarte für die kommenden Jahre eine deutliche Zunahme der Arbeitskämpfe in Deutschland. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Arbeitskämpfe auch signifikante Kosten mit sich bringen. Der beste Weg, um diese Kosten und die Arbeitskämpfe zu begrenzen, ist eine Stärkung der Sozialpartnerschaften. Der Staat wird eine wichtige Rolle spielen, um vor allem die verletzlichsten Arbeitnehmer*innen besser zu schützen. Dazu werden unweigerlich weitere deutliche Anhebungen des Mindestlohns gehören, zudem müssen Tarifabschlüsse für einzelne Branchen häufiger für allgemeinverbindlich erklärt werden.

Wenn all das gelingt, können sich Lohnerhöhungen über die kommenden Jahre positiv auf Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand in Deutschland auswirken. Denn deutliche Lohnsteigerungen, vor allem für Menschen mit geringen Einkommen, stabilisieren die Nachfrage und helfen damit auch den Unternehmen. Sie entlasten die Sozialsysteme und helfen, den sozialen Frieden zu sichern. Und deutliche Lohnsteigerungen sind essenziell, um die Produktivität zu verbessern und um die erhebliche stille Reserve im deutschen Arbeitsmarkt heben zu helfen. Eine Lohn-Preis-Spirale droht nicht – sie ist ein Mythos. Die Beschäftigten mussten 2022 im Durchschnitt Reallohnverluste von drei Prozent hinnehmen, 2023 werden es wohl nochmals zwei Prozent oder mehr sein. Für keine der Branchen in Deutschland kann behauptet werden, dass Forderungen der Beschäftigten überzogen sind, auch nicht im öffentlichen Dienst, wo die geforderten Lohnerhöhungen noch nicht einmal die Inflation in den Jahren 2022 und 2023 ausgleichen. Dagegen haben große Konzerne ihre Gewinne deutlich erhöht. Analysen der EZB zeigen, dass der Anstieg der Gewinne alleine 2022 einen doppelt so großen Beitrag zur Inflation geleistet hat wie die Lohnerhöhungen, gerade in der Industrie.

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