Fast fünf Jahre nach Beginn des sogenannten Arabischen Frühlings ist die arabische Welt erheblich destabilisiert. Innere und regionale Konflikte stellen das Staatensystem und die Integrität einzelner Nationalstaaten in Frage. In keinem arabischen Land konnte ein breiter Konsens über eine neue Ordnung hergestellt werden.
In vier Ländern – Ägypten, Jemen, Libyen und Tunesien – wurden 2011 Transformationsprozesse eingeleitet, die anhand eigens ausgearbeiteter Fahrpläne eine neue politische Ordnung schaffen sollten. Die bisherigen Resultate enttäuschen indes. Tunesien ist das einzige Land, in dem der Transformationsprozess gemäß Übergangsfahrplan nominell erfolgreich zum Abschluss geführt wurde. Der fragile Kompromiss zwischen den beiden stärksten politischen Kräften des Landes – der säkularen Sammlungspartei Nidaa Tounes und der moderat islamistischen Ennahda – bietet jedoch weder Raum für effektive Partizipation, noch verspricht er substantielle Reformen. Fragen von Verteilungsgerechtigkeit, die im Zentrum der Proteste von 2011 gestanden hatten, bleiben hier wie auch in anderen Ländern weiterhin der politischen Diskussion entzogen.
Deutschland und seine Partner in der EU können sich nicht von der Nachbarregion abschotten. Sie müssen daher nach Wegen suchen, dort wirkungsvoller als bislang zu einer nachhaltigen Stabilisierung beizutragen. Dies kann nur gelingen, wenn europäische Politik der Tatsache Rechnung trägt, dass Sicherheit, Gewährleistung von Menschenrechten, inklusive politische und soziale Ordnungen sowie Entwicklung unauflöslich miteinander verknüpft sind. Deutschland und seine Partner in der EU sollten daher auf Stabilisierung durch Transformation, nicht durch die Stärkung von Repressionsapparaten setzen.
Die von der Nato 2014 auf ihrem Gipfel in Wales beschlossenen Maßnahmen erhöhen die Einsatzbereitschaft der Allianz deutlich – letztlich reichen sie jedoch nicht aus, um die Sicherheit aller Bündnispartner gegenüber Russland glaubhaft zu garantieren. Somit steht das Bündnis vor dem nächsten Gipfel in Warschau im Juli 2016 vor schwierigen Debatten: Die Mitgliedstaaten werden die Einsatzfähigkeit ihrer nationalen Armeen verbessern müssen, was nicht umsonst zu haben sein wird. Die Frage der Rolle von Nuklearwaffen in der Verteidigung der Allianz wird nicht dauerhaft umschifft werden können. Und schließlich: Jede glaubwürdige Rückversicherung des Baltikums würde wohl nicht im Rahmen der Nato-Russland-Grundakte zu erreichen sein. Vorübergehend sind Kompromisse denkbar, so etwa in Form der Errichtung einer hinreichend funktionsfähigen Infrastruktur zur umfassenden Vorausstationierung von Material. Sollte sich das Verhältnis zu Russland jedoch nicht grundlegend verbessern, scheinen langfristig weitergehende Schritte nötig.
Im Zuge seiner territorialen Ausbreitung hat der Islamische Staat (IS) strategisch bedeutsame Wasserressourcen und weite Teile der Wasserinfrastruktur in Syrien und im Irak unter seine Kontrolle gebracht. Als Teil ihrer Expansionsstrategie eroberte die Miliz mehrere wichtige Staudämme an Euphrat und Tigris und hat vor allem seit 2014 Wasser auf unterschiedliche Weise als Waffe eingesetzt. Von außen lässt sich diese Praxis mit ihren fatalen Folgen kaum unterbinden. Allerdings ist der Handlungsspielraum auch für den IS beschränkt. Denn eine funktionierende Wasser- und Stromversorgung in den eroberten Gebieten ist für die Miliz von existentieller Bedeutung. Sollte das nach den Anschlägen von Paris verstärkte militärische Eingreifen der Anti-IS-Koalition die Miliz jedoch zum weiträumigen Rückzug zwingen, drohen dramatische und großflächige Überflutungen ganzer Regionen.