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Stiftung Wissenschaft und Politik
Updated: 5 hours 6 min ago

Gefährliche Eskalation um Jerusalem: Deutschland und die EU müssen handeln

Mon, 17/05/2021 - 00:00

Die Gewalt im Westjordanland und in Jerusalem schaukelt sich schon seit Wochen hoch. Die letzten substantiellen Friedensverhandlungen zwischen Israel und der palästinensischen Führung fanden 2008 statt. Unter den von Benjamin Netanjahu geführten Regierungen hat sich die Besatzung weiter verfestigt, sind Siedlungsbau und De-facto-Annexion im Westjordanland vorangetrieben worden. Die palästinensische Bevölkerung ist in strategischen Gebieten zunehmend durch Verdrängung bedroht. Zudem ist die palästinensische Führung zwischen Fatah im Westjordanland und Hamas im Gazastreifen gespalten. Die Autonomiebehörde ist delegitimiert und durch die Politik der Trump-Administration weiter geschwächt worden. Eine konkrete Perspektive für eine Konfliktregelung existiert daher nicht. Hinzu kommt: Im Zuge der Normalisierungsabkommen, die Israel und die arabische Staaten VAE, Bahrain, Marokko und Sudan im vergangenen Jahr geschlossen haben, ist die palästinensische Frage in der arabischen Welt zunehmend in den Hintergrund gerückt und die palästinensische Führung marginalisiert worden.

Jerusalem als Konflikt-Katalysator

Auslöser der jüngsten Gewalt waren mehrere Vorgänge in Jerusalem – der Stadt, die beide Konfliktparteien als Hauptstadt beanspruchen. Dazu gehörte die bevorstehende Zwangsräumung palästinensischer Häuser zugunsten von Siedlerinnen und Siedlern im Ost-Jerusalemer Stadtviertel Scheich Jarrah. Diese würde sich in ähnliche Vorgänge in anderen palästinensischen Vierteln einreihen und zu einer weiteren Zerstückelung palästinensischer Nachbarschaften führen. Darüber hinaus beschränkte die Polizei zu Beginn des Ramadans den Zugang zum Platz um das Damaskus-Tor. Da dieser normalerweise vor allem an den Abenden nach dem Fastenbrechen von der palästinensischen Bevölkerung frequentiert wird, führte das zu Protesten. In den vergangenen Wochen haben zudem von Knesset-Abgeordneten angeführte Protestzüge rechter Israelis durch Ost-Jerusalem mit Parolen wie »Tod den Arabern« Emotionen befeuert. Seinen Höhepunkt fand dies am Jerusalem-Tag, einem Feiertag, an dem die israelische Souveränität über ganz Jerusalem demonstrativ bekräftigt wird. Schließlich trugen palästinensische Angriffe auf Polizei und Siedler sowie die sogenannte TikTok-Affäre zur Eskalation bei: Palästinensische Jugendliche hatten sich dabei gefilmt, wie sie Ultraorthodoxe ohrfeigten oder bespuckten, und dies über die Plattform geteilt.

Die Absage der palästinensischen Wahlen als Hintergrund

Dass sich die Hamas nun durch Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung als Verteidigerin Jerusalems hervortut, hat auch wesentlich mit der Verschiebung der palästinensischen Wahlen Ende April 2021 – die einer Absage gleichkommt – zu tun. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas begründete seine Entscheidung damit, dass Israel dem Wahlvorgang in Ost-Jerusalem nicht zugestimmt habe. Dadurch hinderte er die palästinensische Bevölkerung nicht nur einmal mehr daran zu wählen. Abbas verhinderte auch die Umsetzung der gemeinsam mit der Hamas beschlossenen Schritte, um die innerpalästinensische Spaltung zu überwinden. Und er räumte Israel damit ein faktisches Vetorecht über die palästinensischen Wahlen ein. Die Krise in Jerusalem nutzte die Hamas nun, um sich im Gegensatz zu Abbas als Kämpferin für Jerusalem und die Aqsa-Moschee zu profilieren.

In diesem Zusammenhang stellte sie der israelischen Führung am vergangenen Montag ein Ultimatum: Bis 18 Uhr sollte Israel seine Polizeieinheiten vom Tempelbergplateau abziehen. Nach Ablauf der Frist begann die Hamas mit einem intensiven Raketenbeschuss Israels. Die israelische Armee reagierte mit Bombenangriffen auf das Waffenarsenal, das Tunnelsystem sowie militärische Kader und die politische Führung der Hamas. Damit stehen die Zeichen zunächst weiter auf Eskalation und die Zahl der zivilen Opfer steigt dramatisch. Für Israels Zukunft noch bedrohlicher ist freilich, dass sich die Gewalt auch in Israel zwischen jüdischen und arabischen Bürgerinnen und Bürgern Bahn bricht und dort bereits zu Toten geführt hat. Die Auseinandersetzungen haben unterdessen auch auf das Westjordanland übergegriffen und zu Zusammenstößen zwischen palästinensischen Demonstrierenden und israelischem Militär geführt.

Waffenruhe und langfristige Stabilisierung

Deutschland und die EU sollten nun dazu beizutragen, eine weitere Eskalation zu verhindern und eine nachhaltige Stabilisierung zu erreichen. Kurzfristig müssten dabei eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie eine Beruhigung der Proteste in Jerusalem und in israelischen Städten mit arabischer Bevölkerung im Vordergrund stehen. Relevante Elemente hierbei sind die Beendigung von Raketenbeschuss und Bombardierungen, ein Aufschub des Urteils zur Zwangsräumung in Scheich Jarrah und die Bekräftigung des vereinbarten Status quo auf dem Tempelberg. Deutschland und die EU, die keine Kontakte zur Hamas pflegen, können kaum vermitteln. Im Rahmen des etablierten München-Formats kann Deutschland aber gemeinsam mit Frankreich, Ägypten und Jordanien dabei unterstützen. Einseitige Schuldzuweisungen helfen in diesem Zusammenhang nicht weiter. Es gilt vielmehr, die Sicherheitsbedürfnisse, Rechte und Gefühle beider Bevölkerungen ernst zu nehmen und die Gewalt beider Seiten zu verurteilen. Dies ist auch möglich, ohne diese gleichzusetzen und strukturelle Konfliktfaktoren zu ignorieren.

Für eine nachhaltige Stabilisierung sind ein langfristiger Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas, ein Stopp der israelischen Siedlungs- und Verdrängungspolitik in Ost-Jerusalem und im Westjordanland sowie eine Perspektive für eine Konfliktregelung unabdingbar. Für einen Waffenstillstand könnte Deutschland technische Hilfestellung leisten, etwa wenn es um den Austausch von Gefangenen und Toten geht. Wichtiger noch, Deutschland und die EU sollten Kompromisse durch Angebote befördern, die die Sicherheit und die Lebensbedingungen sowohl im Gazastreifen als auch im südlichen Israel verbessern. Darüber hinaus sollten sie gemeinsam mit den USA an einem Rahmen arbeiten, in dem der Konflikt konstruktiv bearbeitet und Friedensverhandlungen vorbereitet werden können. Entscheidend ist allerdings zunächst, überhaupt die Option einer friedlichen Konfliktregelung aufrechtzuerhalten. Denn die aktuelle Gewalt zeigt einmal mehr: Den Konflikt einzufrieren ist keine Lösung.

Gefährliche Eskalation um Jerusalem: Deutschland und die EU müssen handeln

Mon, 17/05/2021 - 00:00

Die Gewalt im Westjordanland und in Jerusalem schaukelt sich schon seit Wochen hoch. Die letzten substantiellen Friedensverhandlungen zwischen Israel und der palästinensischen Führung fanden 2008 statt. Unter den von Benjamin Netanjahu geführten Regierungen hat sich die Besatzung weiter verfestigt, sind Siedlungsbau und De-facto-Annexion im Westjordanland vorangetrieben worden. Die palästinensische Bevölkerung ist in strategischen Gebieten zunehmend durch Verdrängung bedroht. Zudem ist die palästinensische Führung zwischen Fatah im Westjordanland und Hamas im Gazastreifen gespalten. Die Autonomiebehörde ist delegitimiert und durch die Politik der Trump-Administration weiter geschwächt worden. Eine konkrete Perspektive für eine Konfliktregelung existiert daher nicht. Hinzu kommt: Im Zuge der Normalisierungsabkommen, die Israel und die arabische Staaten VAE, Bahrain, Marokko und Sudan im vergangenen Jahr geschlossen haben, ist die palästinensische Frage in der arabischen Welt zunehmend in den Hintergrund gerückt und die palästinensische Führung marginalisiert worden.

Jerusalem als Konflikt-Katalysator

Auslöser der jüngsten Gewalt waren mehrere Vorgänge in Jerusalem – der Stadt, die beide Konfliktparteien als Hauptstadt beanspruchen. Dazu gehörte die bevorstehende Zwangsräumung palästinensischer Häuser zugunsten von Siedlerinnen und Siedlern im Ost-Jerusalemer Stadtviertel Scheich Jarrah. Diese würde sich in ähnliche Vorgänge in anderen palästinensischen Vierteln einreihen und zu einer weiteren Zerstückelung palästinensischer Nachbarschaften führen. Darüber hinaus beschränkte die Polizei zu Beginn des Ramadans den Zugang zum Platz um das Damaskus-Tor. Da dieser normalerweise vor allem an den Abenden nach dem Fastenbrechen von der palästinensischen Bevölkerung frequentiert wird, führte das zu Protesten. In den vergangenen Wochen haben zudem von Knesset-Abgeordneten angeführte Protestzüge rechter Israelis durch Ost-Jerusalem mit Parolen wie »Tod den Arabern« Emotionen befeuert. Seinen Höhepunkt fand dies am Jerusalem-Tag, einem Feiertag, an dem die israelische Souveränität über ganz Jerusalem demonstrativ bekräftigt wird. Schließlich trugen palästinensische Angriffe auf Polizei und Siedler sowie die sogenannte TikTok-Affäre zur Eskalation bei: Palästinensische Jugendliche hatten sich dabei gefilmt, wie sie Ultraorthodoxe ohrfeigten oder bespuckten, und dies über die Plattform geteilt.

Die Absage der palästinensischen Wahlen als Hintergrund

Dass sich die Hamas nun durch Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung als Verteidigerin Jerusalems hervortut, hat auch wesentlich mit der Verschiebung der palästinensischen Wahlen Ende April 2021 – die einer Absage gleichkommt – zu tun. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas begründete seine Entscheidung damit, dass Israel dem Wahlvorgang in Ost-Jerusalem nicht zugestimmt habe. Dadurch hinderte er die palästinensische Bevölkerung nicht nur einmal mehr daran zu wählen. Abbas verhinderte auch die Umsetzung der gemeinsam mit der Hamas beschlossenen Schritte, um die innerpalästinensische Spaltung zu überwinden. Und er räumte Israel damit ein faktisches Vetorecht über die palästinensischen Wahlen ein. Die Krise in Jerusalem nutzte die Hamas nun, um sich im Gegensatz zu Abbas als Kämpferin für Jerusalem und die Aqsa-Moschee zu profilieren.

In diesem Zusammenhang stellte sie der israelischen Führung am vergangenen Montag ein Ultimatum: Bis 18 Uhr sollte Israel seine Polizeieinheiten vom Tempelbergplateau abziehen. Nach Ablauf der Frist begann die Hamas mit einem intensiven Raketenbeschuss Israels. Die israelische Armee reagierte mit Bombenangriffen auf das Waffenarsenal, das Tunnelsystem sowie militärische Kader und die politische Führung der Hamas. Damit stehen die Zeichen zunächst weiter auf Eskalation und die Zahl der zivilen Opfer steigt dramatisch. Für Israels Zukunft noch bedrohlicher ist freilich, dass sich die Gewalt auch in Israel zwischen jüdischen und arabischen Bürgerinnen und Bürgern Bahn bricht und dort bereits zu Toten geführt hat. Die Auseinandersetzungen haben unterdessen auch auf das Westjordanland übergegriffen und zu Zusammenstößen zwischen palästinensischen Demonstrierenden und israelischem Militär geführt.

Waffenruhe und langfristige Stabilisierung

Deutschland und die EU sollten nun dazu beizutragen, eine weitere Eskalation zu verhindern und eine nachhaltige Stabilisierung zu erreichen. Kurzfristig müssten dabei eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie eine Beruhigung der Proteste in Jerusalem und in israelischen Städten mit arabischer Bevölkerung im Vordergrund stehen. Relevante Elemente hierbei sind die Beendigung von Raketenbeschuss und Bombardierungen, ein Aufschub des Urteils zur Zwangsräumung in Scheich Jarrah und die Bekräftigung des vereinbarten Status quo auf dem Tempelberg. Deutschland und die EU, die keine Kontakte zur Hamas pflegen, können kaum vermitteln. Im Rahmen des etablierten München-Formats kann Deutschland aber gemeinsam mit Frankreich, Ägypten und Jordanien dabei unterstützen. Einseitige Schuldzuweisungen helfen in diesem Zusammenhang nicht weiter. Es gilt vielmehr, die Sicherheitsbedürfnisse, Rechte und Gefühle beider Bevölkerungen ernst zu nehmen und die Gewalt beider Seiten zu verurteilen. Dies ist auch möglich, ohne diese gleichzusetzen und strukturelle Konfliktfaktoren zu ignorieren.

Für eine nachhaltige Stabilisierung sind ein langfristiger Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas, ein Stopp der israelischen Siedlungs- und Verdrängungspolitik in Ost-Jerusalem und im Westjordanland sowie eine Perspektive für eine Konfliktregelung unabdingbar. Für einen Waffenstillstand könnte Deutschland technische Hilfestellung leisten, etwa wenn es um den Austausch von Gefangenen und Toten geht. Wichtiger noch, Deutschland und die EU sollten Kompromisse durch Angebote befördern, die die Sicherheit und die Lebensbedingungen sowohl im Gazastreifen als auch im südlichen Israel verbessern. Darüber hinaus sollten sie gemeinsam mit den USA an einem Rahmen arbeiten, in dem der Konflikt konstruktiv bearbeitet und Friedensverhandlungen vorbereitet werden können. Entscheidend ist allerdings zunächst, überhaupt die Option einer friedlichen Konfliktregelung aufrechtzuerhalten. Denn die aktuelle Gewalt zeigt einmal mehr: Den Konflikt einzufrieren ist keine Lösung.

Bürgerkrieg in Myanmar

Fri, 14/05/2021 - 00:00

In verschiedenen Städten im Landesinnern Myanmars ist es während der vergangenen Tage zu Angriffen auf Militäreinrichtungen gekommen. Dabei wurden unter anderem Flugfelder des Militärs beschossen, die die Luftwaffe genutzt hatte, um Rebellenstützpunkte der ethnischen Minderheiten im Osten und Norden des Landes zu atta­ckieren. Bislang hat sich niemand zu den Angriffen bekannt, doch ist davon auszugehen, dass sie in Zusammenhang mit dem neu formierten Bündnis zwischen demokratischer Opposition und ethnischen Minderheiten stehen. Angesichts dieser Entwick­lung drohen die Gewaltkonflikte in Myanmar von den Grenzregionen auf das gesamte Territorium des Landes überzugreifen, einschließlich der großen urbanen Zentren. Zu befürchten ist daher, dass Myanmar politisch, ökonomisch und sozial noch weiter destabilisiert werden wird.

Bürgerkrieg in Myanmar

Fri, 14/05/2021 - 00:00

In verschiedenen Städten im Landesinnern Myanmars ist es während der vergangenen Tage zu Angriffen auf Militäreinrichtungen gekommen. Dabei wurden unter anderem Flugfelder des Militärs beschossen, die die Luftwaffe genutzt hatte, um Rebellenstützpunkte der ethnischen Minderheiten im Osten und Norden des Landes zu atta­ckieren. Bislang hat sich niemand zu den Angriffen bekannt, doch ist davon auszugehen, dass sie in Zusammenhang mit dem neu formierten Bündnis zwischen demokratischer Opposition und ethnischen Minderheiten stehen. Angesichts dieser Entwick­lung drohen die Gewaltkonflikte in Myanmar von den Grenzregionen auf das gesamte Territorium des Landes überzugreifen, einschließlich der großen urbanen Zentren. Zu befürchten ist daher, dass Myanmar politisch, ökonomisch und sozial noch weiter destabilisiert werden wird.

The focus on green hydrogen slows down climate protection

Wed, 12/05/2021 - 00:00

Great expectations are placed in hydrogen as an energy carrier: The climate-neutral molecule will replace fossil fuels in the future in applications where direct electrification is impossible or too expensive. This enables effective climate protection in energy-intensive industries, heavy duty transport, aviation, and shipping. At the same time, industrial policy and geopolitical opportunities arise. German companies are excellently positioned to produce key components for a future hydrogen economy: e.g., electrolysers, logistics solutions, and vehicles. Moreover, switching energy imports to climate-neutral energy sources will make Germany less dependent on individual suppliers: Renewable energies are available worldwide, whereas oil and gas reserves are concentrated in just a few countries.

In Germany, the debate is currently focused on green hydrogen. In fact, to be climate-neutral by 2050, green hydrogen is the adequate solution. It is produced directly from renewables. But it will take time before it is available in large quantities. Currently, Germany plans to expand its water electrolysis capacity up to 5 gigawatts by the end of the decade, but this does not even correspond to 15 per cent of the demand in 2030. Therefore, partnerships with potential producer countries of cheap green hydrogen are being initiated – including Morocco, Chile, and Australia.

Exporting blue hydrogen can pay a dividend on foreign policy

The use of low-carbon hydrogen could be accelerated by greater openness to other sources of hydrogen. Blue hydrogen, for example, is produced from natural gas, but the resulting CO2 is captured and stored. This technology is viewed critically by many in Germany. However, in the medium term, it will be cheaper than its green counterpart. In addition, many of our current fossil energy partnerships can switch from exporting gas to blue hydrogen. This would pay multiple dividends: In terms of climate policy, it enables emissions to be saved quickly and on a large scale. But also in terms of foreign and industrial policy such a step would also open up opportunities.

Today, we import around 70 per cent of our primary energy needs in the form of fossil fuels: gas, oil, and coal. The energy transition will not bring self-sufficiency for Germany either. This is because there is a lack of land and probably also a lack of social acceptance for the expansion of renewable energies and for the necessary electricity grid expansion. In the long term, Germany will therefore have to import renewable energy sources, i.e., climate-neutral hydrogen and its derivatives such as methanol or ammonia.

From a foreign policy perspective, hydrogen partnerships are promising. More than in the past, future energy partnerships will depend on political choices. Geology no longer dictates whom we buy oil and gas from. Rather, we can import low-carbon hydrogen from many countries worldwide with good conditions for renewable energy. But today’s oil and gas suppliers should also have opportunities to continue earning from energy trade. Coopting them for a climate-neutral world is virtually a climate policy imperative. If the oil- and gas-rich countries lose their income opportunities, they risk being destabilised. Venezuela presents a case in point. In the European Union’s neighbourhood, Algeria, Egypt, and also Russia are threatened with the loss of central state revenues.

The oil and gas producers are coming up with very different answers to their challenges. Today, the Gulf monarchies are already testing technologies for hydrogen production, but also for the capture, recycling, and storage of CO2. Russia, for its part, is also betting on a process to produce turquoise hydrogen, which produces solid carbon. All this is part of the global race over competing technologies. If emission savings can be credibly and measurably achieved, and more and more quantities of climate-neutral and low-carbon hydrogen are traded, this will also establish international supply chains earlier, reduce costs, share the burden among more actors, and thus cushion the socio-economic costs of emissions savings worldwide.

Importing hydrogen from Saudi Arabia, Qatar, and Russia helps prevent the Green Paradox

Germany and Europe should take advantage of these transformations in Saudi Arabia, Qatar, and Russia. By doing so, we simultaneously open up new sources of income for these states and the diversification of their economies. If we do not, they are likely to exhaust their fossil fuel business model with other trading partners. If demand from countries with ambitious climate policies drops, the prices for fossil fuels would slump. The probability is high then that the so-called Green Paradox would occur: The oil and gas would not remain underground, but would become cheap and be used in developing and emerging countries to fuel growth there. Already today, the centre of fossil fuel demand has shifted to Asia. Thus, the path via blue hydrogen can at the same time preserve value-added potential in the oil- and gas-rich countries and open up an alternative to conventional fuels for net importers of primary energy worldwide.

A look at Asia shows that elsewhere, people are very agnostic about the colour of hydrogen when it comes to building partnerships. The competition is already in full swing. Japan is leading the way: Various processes and methods are being explored with Australia, Brunei, and Saudi Arabia to test trade and transport and to set standards. Hydrogen and its derivatives (mostly ammonia) are produced from lignite (Australia) or natural gas (Brunei and Saudi Arabia) and transported in three different ways. This is being done with the intent to strengthen energy trade relations and industrial policy opportunities – because this is how the manufacturers of key components of a hydrogen economy gain a competitive edge over the rest of the world.

Of course, the long-term goals of climate and carbon neutrality are also in focus. Asia is keeping a broad energy and technology mix open and hopes for flexibility and a strong starting position in global competition. Yet, decarbonisation does not mean an immediate shift away from oil, gas, and coal. Rhetorically, the focus is on “clean” energy technologies, and by pursuing such an agnostic approach, the countries could possibly also benefit from the price reductions for fossil fuels due to the Green Paradox if other countries solely focus on renewable sources for their hydrogen production.

For the energy transition, we rapidly need the largest possible quantities of climate-friendly hydrogen; at best from different countries all over the world. It is counterproductive to exclude potential suppliers now.

This text was also published at fairobserver.com.

The focus on green hydrogen slows down climate protection

Wed, 12/05/2021 - 00:00

Great expectations are placed in hydrogen as an energy carrier: The climate-neutral molecule will replace fossil fuels in the future in applications where direct electrification is impossible or too expensive. This enables effective climate protection in energy-intensive industries, heavy duty transport, aviation, and shipping. At the same time, industrial policy and geopolitical opportunities arise. German companies are excellently positioned to produce key components for a future hydrogen economy: e.g., electrolysers, logistics solutions, and vehicles. Moreover, switching energy imports to climate-neutral energy sources will make Germany less dependent on individual suppliers: Renewable energies are available worldwide, whereas oil and gas reserves are concentrated in just a few countries.

In Germany, the debate is currently focused on green hydrogen. In fact, to be climate-neutral by 2050, green hydrogen is the adequate solution. It is produced directly from renewables. But it will take time before it is available in large quantities. Currently, Germany plans to expand its water electrolysis capacity up to 5 gigawatts by the end of the decade, but this does not even correspond to 15 per cent of the demand in 2030. Therefore, partnerships with potential producer countries of cheap green hydrogen are being initiated – including Morocco, Chile, and Australia.

Exporting blue hydrogen can pay a dividend on foreign policy

The use of low-carbon hydrogen could be accelerated by greater openness to other sources of hydrogen. Blue hydrogen, for example, is produced from natural gas, but the resulting CO2 is captured and stored. This technology is viewed critically by many in Germany. However, in the medium term, it will be cheaper than its green counterpart. In addition, many of our current fossil energy partnerships can switch from exporting gas to blue hydrogen. This would pay multiple dividends: In terms of climate policy, it enables emissions to be saved quickly and on a large scale. But also in terms of foreign and industrial policy such a step would also open up opportunities.

Today, we import around 70 per cent of our primary energy needs in the form of fossil fuels: gas, oil, and coal. The energy transition will not bring self-sufficiency for Germany either. This is because there is a lack of land and probably also a lack of social acceptance for the expansion of renewable energies and for the necessary electricity grid expansion. In the long term, Germany will therefore have to import renewable energy sources, i.e., climate-neutral hydrogen and its derivatives such as methanol or ammonia.

From a foreign policy perspective, hydrogen partnerships are promising. More than in the past, future energy partnerships will depend on political choices. Geology no longer dictates whom we buy oil and gas from. Rather, we can import low-carbon hydrogen from many countries worldwide with good conditions for renewable energy. But today’s oil and gas suppliers should also have opportunities to continue earning from energy trade. Coopting them for a climate-neutral world is virtually a climate policy imperative. If the oil- and gas-rich countries lose their income opportunities, they risk being destabilised. Venezuela presents a case in point. In the European Union’s neighbourhood, Algeria, Egypt, and also Russia are threatened with the loss of central state revenues.

The oil and gas producers are coming up with very different answers to their challenges. Today, the Gulf monarchies are already testing technologies for hydrogen production, but also for the capture, recycling, and storage of CO2. Russia, for its part, is also betting on a process to produce turquoise hydrogen, which produces solid carbon. All this is part of the global race over competing technologies. If emission savings can be credibly and measurably achieved, and more and more quantities of climate-neutral and low-carbon hydrogen are traded, this will also establish international supply chains earlier, reduce costs, share the burden among more actors, and thus cushion the socio-economic costs of emissions savings worldwide.

Importing hydrogen from Saudi Arabia, Qatar, and Russia helps prevent the Green Paradox

Germany and Europe should take advantage of these transformations in Saudi Arabia, Qatar, and Russia. By doing so, we simultaneously open up new sources of income for these states and the diversification of their economies. If we do not, they are likely to exhaust their fossil fuel business model with other trading partners. If demand from countries with ambitious climate policies drops, the prices for fossil fuels would slump. The probability is high then that the so-called Green Paradox would occur: The oil and gas would not remain underground, but would become cheap and be used in developing and emerging countries to fuel growth there. Already today, the centre of fossil fuel demand has shifted to Asia. Thus, the path via blue hydrogen can at the same time preserve value-added potential in the oil- and gas-rich countries and open up an alternative to conventional fuels for net importers of primary energy worldwide.

A look at Asia shows that elsewhere, people are very agnostic about the colour of hydrogen when it comes to building partnerships. The competition is already in full swing. Japan is leading the way: Various processes and methods are being explored with Australia, Brunei, and Saudi Arabia to test trade and transport and to set standards. Hydrogen and its derivatives (mostly ammonia) are produced from lignite (Australia) or natural gas (Brunei and Saudi Arabia) and transported in three different ways. This is being done with the intent to strengthen energy trade relations and industrial policy opportunities – because this is how the manufacturers of key components of a hydrogen economy gain a competitive edge over the rest of the world.

Of course, the long-term goals of climate and carbon neutrality are also in focus. Asia is keeping a broad energy and technology mix open and hopes for flexibility and a strong starting position in global competition. Yet, decarbonisation does not mean an immediate shift away from oil, gas, and coal. Rhetorically, the focus is on “clean” energy technologies, and by pursuing such an agnostic approach, the countries could possibly also benefit from the price reductions for fossil fuels due to the Green Paradox if other countries solely focus on renewable sources for their hydrogen production.

For the energy transition, we rapidly need the largest possible quantities of climate-friendly hydrogen; at best from different countries all over the world. It is counterproductive to exclude potential suppliers now.

This text was also published at fairobserver.com.

Die Vermessung des Maghreb

Tue, 11/05/2021 - 00:30

Internationale Indizes und Rankings, wie der Mitte April 2021 publizierte World Press Freedom Index, spielen eine zunehmend wichtige Rolle im Maghreb. Maghrebinische Regierungen vermarkten Verbesserungen der eigenen Position, polemisieren gegen schlechte Einstufungen anderer oder nutzen eigene bessere Platzierungen, um ihre Kontrahenten herabzusetzen. Gleichzeitig ermöglichen Rankings Oppositionellen, auf Missstände im eigenen Land hinzuweisen. Externen Kooperationspartnern, allen vor­an der Euro­päischen Union (EU) und ihren Mitgliedstaaten, dienen sie als Entscheidungs­grundlage für Politiken gegenüber Algerien, Marokko und Tunesien. Auch wenn Indi­zes und Rankings Objektivität und Vergleichbarkeit insinuieren, sind sie oftmals pro­b­lematisch in ihrer Genese, Aussagekraft und Verwendung. Nur wenn sie in die quali­ta­tive Forschung zum Maghreb eingebettet und ihre Kehrseiten reflektiert werden, können sie dazu beitragen, Reformbedarf zu identifizieren und Missstände zu beheben.

Die Vermessung des Maghreb

Tue, 11/05/2021 - 00:30

Internationale Indizes und Rankings, wie der Mitte April 2021 publizierte World Press Freedom Index, spielen eine zunehmend wichtige Rolle im Maghreb. Maghrebinische Regierungen vermarkten Verbesserungen der eigenen Position, polemisieren gegen schlechte Einstufungen anderer oder nutzen eigene bessere Platzierungen, um ihre Kontrahenten herabzusetzen. Gleichzeitig ermöglichen Rankings Oppositionellen, auf Missstände im eigenen Land hinzuweisen. Externen Kooperationspartnern, allen vor­an der Euro­päischen Union (EU) und ihren Mitgliedstaaten, dienen sie als Entscheidungs­grundlage für Politiken gegenüber Algerien, Marokko und Tunesien. Auch wenn Indi­zes und Rankings Objektivität und Vergleichbarkeit insinuieren, sind sie oftmals pro­b­lematisch in ihrer Genese, Aussagekraft und Verwendung. Nur wenn sie in die quali­ta­tive Forschung zum Maghreb eingebettet und ihre Kehrseiten reflektiert werden, können sie dazu beitragen, Reformbedarf zu identifizieren und Missstände zu beheben.

Moskau zieht zusätzliche Truppen nahe der Ukraine und auf der Krim wieder ab

Tue, 11/05/2021 - 00:10

Militärische Großübungen im Umfeld von Krisengebieten dienen nicht nur der Aus­bildung. Mit ihnen senden Staaten politische Signale. Solche Manöver verstärken Bedrohungsperzeptionen und bergen die Gefahr der Eskalation. Als Moskau ab Ende März 2021 seine Truppenpräsenz östlich der Ukraine und auf der Krim erhöhte, warnten der ukrainische Präsident Selenskyj und westliche Militärexperten, Russland könne die Ukraine angreifen. Moskau beschuldigte Kiew, die Lage im Donbass zu ver­schärfen. Die Nato versicherte Kiew ihrer Solidarität. Auch das Manöver Defender Europe 21, das im März unter US-Füh­rung begann, enthält eine politische Botschaft an Alliierte und Russland. Teile der bisher größten Militär­übung von Nato-Staaten auf dem Balkan finden in unmittelbarer Nach­barschaft zur Ukraine statt. Moskau erklärte am 22. April die »Ausbildung« für been­det und kündigte an, bis zum 1. Mai die Trup­pen zurückzuverlegen. Doch die Lage bleibt instabil. Um Berechenbarkeit wiederherzustellen, müssen gegenseitige militärische Beschränkungen vereinbart werden. Dazu sollte die Allianz das Gespräch mit Moskau suchen.

Moskau zieht zusätzliche Truppen nahe der Ukraine und auf der Krim wieder ab

Tue, 11/05/2021 - 00:10

Militärische Großübungen im Umfeld von Krisengebieten dienen nicht nur der Aus­bildung. Mit ihnen senden Staaten politische Signale. Solche Manöver verstärken Bedrohungsperzeptionen und bergen die Gefahr der Eskalation. Als Moskau ab Ende März 2021 seine Truppenpräsenz östlich der Ukraine und auf der Krim erhöhte, warnten der ukrainische Präsident Selenskyj und westliche Militärexperten, Russland könne die Ukraine angreifen. Moskau beschuldigte Kiew, die Lage im Donbass zu ver­schärfen. Die Nato versicherte Kiew ihrer Solidarität. Auch das Manöver Defender Europe 21, das im März unter US-Füh­rung begann, enthält eine politische Botschaft an Alliierte und Russland. Teile der bisher größten Militär­übung von Nato-Staaten auf dem Balkan finden in unmittelbarer Nach­barschaft zur Ukraine statt. Moskau erklärte am 22. April die »Ausbildung« für been­det und kündigte an, bis zum 1. Mai die Trup­pen zurückzuverlegen. Doch die Lage bleibt instabil. Um Berechenbarkeit wiederherzustellen, müssen gegenseitige militärische Beschränkungen vereinbart werden. Dazu sollte die Allianz das Gespräch mit Moskau suchen.

Das schottische Unabhängigkeitsstreben und die EU

Tue, 11/05/2021 - 00:00

Die Schottische Nationalpartei (SNP) ist bei den Regionalwahlen im Mai 2021 wieder mit Abstand stärkste Kraft geworden und hätte mit den schottischen Grünen die Mehrheit, um ein zweites Unabhängigkeitsreferendum anzustoßen. Doch der Weg dahin ist unsicher. Anders als 2014 ist die Zustimmung des bri­ti­schen Parlaments wenig wahrscheinlich und die Kompetenz des schottischen Parlaments zum Beschluss einer weiteren Volksabstimmung umstritten. Das stellt auch die Europäische Union vor Herausforderungen. Der erneute Drang zur Unabhängigkeit ist eng mit dem aus schottischer Sicht ungewollten EU-Austritt verbunden. Aber der harte Brexit macht die Unabhängigkeit mit potentieller EU-Mitgliedschaft noch komplizierter. Zwar wird die EU kaum verhindern können, dass sie in die Debatte zwischen Edinburgh und London hinein­gezogen wird. Dennoch ist sie gut beraten, das schottische Unabhängigkeitsstreben weiterhin als interne Angelegenheit des Vereinigten Königreichs zu behandeln.

Das schottische Unabhängigkeitsstreben und die EU

Tue, 11/05/2021 - 00:00

Die Schottische Nationalpartei (SNP) ist bei den Regionalwahlen im Mai 2021 wieder mit Abstand stärkste Kraft geworden und hätte mit den schottischen Grünen die Mehrheit, um ein zweites Unabhängigkeitsreferendum anzustoßen. Doch der Weg dahin ist unsicher. Anders als 2014 ist die Zustimmung des bri­ti­schen Parlaments wenig wahrscheinlich und die Kompetenz des schottischen Parlaments zum Beschluss einer weiteren Volksabstimmung umstritten. Das stellt auch die Europäische Union vor Herausforderungen. Der erneute Drang zur Unabhängigkeit ist eng mit dem aus schottischer Sicht ungewollten EU-Austritt verbunden. Aber der harte Brexit macht die Unabhängigkeit mit potentieller EU-Mitgliedschaft noch komplizierter. Zwar wird die EU kaum verhindern können, dass sie in die Debatte zwischen Edinburgh und London hinein­gezogen wird. Dennoch ist sie gut beraten, das schottische Unabhängigkeitsstreben weiterhin als interne Angelegenheit des Vereinigten Königreichs zu behandeln.

Zögerliche Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds: Ein Weckruf aus Finnland

Mon, 10/05/2021 - 00:10

Eine Entscheidung des Verfassungsausschusses des finnischen Parlamentes bereitete dieser Tage Kopfschmerzen: Mit einer knappen Mehrheit von neun zu acht Stimmen verfügten die Abgeordneten, dass das Parlament das große EU-Konjunkturpaket für den wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau nach der Pandemie, Next Generation EU (NGEU), mit einer Zweidrittelmehrheit statt wie üblich mit einfacher Mehrheit ratifizieren muss. Damit ist die Regierung auf Stimmen der Opposition angewiesen. Mit dem Konjunkturpaket steht und fällt auch der mehrjährige Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021-2027. Die finnische Regierung brachte das in eine schwierige Lage, und eine Zeit lang sah es so aus, als könnte die Ratifizierung scheitern. Dass sich die Situation in einem traditionell verlässlich pro-europäischen Land dermaßen zuspitzen konnte, ist ein Weckruf, grundsätzlicher über die Ursachen dieser Entwicklung und mögliche Folgen für die EU nachzudenken.

Nein zur Transferunion

Der Verfassungsausschuss begründete sein Votum damit, dass das NGEU mit EU-eigener Schuldenaufnahme den Charakter der Union fundamental verändern und Finnland in einem nie dagewesenen Maße zwingen würde, Souveränität zu übertragen. In dem Beschluss kulminierte eine Debatte, die seit der Vorstellung der deutsch-französischen Initiative für einen Covid-Wiederaufbaufonds im Mai 2020 in Finnland kontrovers geführt wird. Ein zentrales Argument gegen das Konjunkturpaket stützt sich auf eine simple Rechnung: Finnland soll knapp drei Milliarden aus dem Fonds erhalten, aber bis zum Jahr 2058 über sechs Milliarden Euro einzahlen.

Eine zusätzliche Dramatik erhielt die Situation, als die Nationale Sammlungspartei (Kansallinen Kokoomus) ankündigte, sich in der am 12. Mai anstehenden Abstimmung zu enthalten. Obwohl die Partei eine der traditionell europafreundlichsten Parteien Finnlands und die einzige pro-europäische Oppositionspartei ist, könne sie das Paket als weiteren Schritt in Richtung Transferunion nicht unterstützen, so ihre Begründung. Sie bemängelte auch, dass das Paket für Finnland schlecht verhandelt worden sei. So habe die Regierung unter Premierministerin Sanna Marin die Änderungsvorschläge der Partei in den Verhandlungen ignoriert, darunter insbesondere die Forderung, den Anteil der nicht zurückzuzahlenden Zuschüsse im NGEU zu reduzieren. Auch habe sie sich nicht effektiv genug mit den sogenannten »frugalen Vier« – Dänemark, Niederlande, Österreich und Schweden – verbündet. Die Regierung hielt dagegen, dass Finnland im neuen langfristigen EU-Haushalt, über den am Mittwoch mitentschieden wird, insgesamt gut 500 Millionen Euro für Landwirtschaft und Regionalförderung für die dünn besiedelten Regionen Ostfinnlands bekommen hat. Das sei weit mehr, als Finnland mit den »frugalen Vier« an Beitragsrabatten hätte aushandeln können. Zudem lasse sich die Rolle Finnlands als Nettozahler in der EU nicht ändern.

Am vergangenen Freitag kam die Entwarnung: Weil sie sich nicht auf eine gemeinsame Haltung zum NGEU einigen konnte und aus Angst vor den Folgen für die EU hat die Nationale Sammlungspartei die Empfehlung zur Enthaltung zurückgezogen. Damit hat sich die Situation entschärft. Zwar haben einige Abgeordnete der Oppositionspartei – und selbst vereinzelte Vertreterinnen und Vertreter der regierenden Finnischen Zentrumspartei (Suomen Keskusta) – angekündigt, gegen das NGEU zu stimmen, doch die Zweidrittelmehrheit für die Ratifizierung gilt als sicher. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kontroverse über die finnische EU-Politik beigelegt ist. So fordern Expertinnen und Experten in Finnland, dass grundsätzlich über die Zukunft der EU nachgedacht wird, anstatt immer wieder krisengetrieben neue Integrationsschritte zu improvisieren.

Kein Verständnis für flexible Interpretation der Verträge

Zu Finnlands Staatsräson gehören ein sehr starkes Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und ein legalistisches Verständnis von internationalen Abkommen. Dies spiegelt sich auch in der Debatte über den Wiederaufbaufonds und seine Ratifizierung wider. Viele kritische Stimmen bewerten die enorme Schuldenaufnahme durch die EU auf der Grundlage des Art. 122 AEUV als Verstoß gegen die EU-Verträge bzw. im besten Fall als ihre sehr großzügige Interpretation. Entgegen den Empfehlungen von Expertinnen und Experten setzte sich diese Haltung im Verfassungsausschuss durch. Während die Bedenken an sich legitim sein mögen und die Rechtsgrundlage durchaus hinterfragt werden kann, haben unter anderem finnische Europaabgeordnete den Verfassungsausschuss scharf kritisiert: Er habe sich in die Vertragsinterpretation eingemischt, die in die alleinige Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) falle. Der finnische Präzedenzfall berge damit die Gefahr, dass die Interpretationshoheit des EuGH durch Eingriffe nationaler Institutionen unterminiert wird.

Angst vor Marginalisierung innerhalb der EU

Die Diskussion um das NGEU in Finnland bringt auch die Ängste kleinerer EU-Staaten vor einer Dominanz des deutsch-französischen Tandems zum Ausdruck, die sich nach dem Brexit noch verstärkt haben. Die Länder fürchten, in eine tiefere politische und fiskalische Integration gezwungen zu werden, ohne dass eine angemessene Diskussion über den politischen und rechtlichen Rahmen stattfindet. Die EU und die Eurozone werden in den kommenden Jahren viele wichtige Themen angehen müssen, wie zum Beispiel fiskalische Regeln oder die Stabilisierung der übermäßigen Staatsverschuldung. Die soeben gestartete Zukunftskonferenz bietet eine Gelegenheit für Berlin, auf seine Partner in Helsinki zuzugehen und ihre Bedenken in die Debatte über die Zukunft der Union einzubringen. So könnte Deutschland, ein traditionell enger Verbündeter Finnlands in der EU, ein starkes Signal aussenden, dass die Anliegen der kleineren Mitgliedstaaten gehört und ernst genommen werden.

Zögerliche Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds: Ein Weckruf aus Finnland

Mon, 10/05/2021 - 00:10

Eine Entscheidung des Verfassungsausschusses des finnischen Parlamentes bereitete dieser Tage Kopfschmerzen: Mit einer knappen Mehrheit von neun zu acht Stimmen verfügten die Abgeordneten, dass das Parlament das große EU-Konjunkturpaket für den wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau nach der Pandemie, Next Generation EU (NGEU), mit einer Zweidrittelmehrheit statt wie üblich mit einfacher Mehrheit ratifizieren muss. Damit ist die Regierung auf Stimmen der Opposition angewiesen. Mit dem Konjunkturpaket steht und fällt auch der mehrjährige Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021-2027. Die finnische Regierung brachte das in eine schwierige Lage, und eine Zeit lang sah es so aus, als könnte die Ratifizierung scheitern. Dass sich die Situation in einem traditionell verlässlich pro-europäischen Land dermaßen zuspitzen konnte, ist ein Weckruf, grundsätzlicher über die Ursachen dieser Entwicklung und mögliche Folgen für die EU nachzudenken.

Nein zur Transferunion

Der Verfassungsausschuss begründete sein Votum damit, dass das NGEU mit EU-eigener Schuldenaufnahme den Charakter der Union fundamental verändern und Finnland in einem nie dagewesenen Maße zwingen würde, Souveränität zu übertragen. In dem Beschluss kulminierte eine Debatte, die seit der Vorstellung der deutsch-französischen Initiative für einen Covid-Wiederaufbaufonds im Mai 2020 in Finnland kontrovers geführt wird. Ein zentrales Argument gegen das Konjunkturpaket stützt sich auf eine simple Rechnung: Finnland soll knapp drei Milliarden aus dem Fonds erhalten, aber bis zum Jahr 2058 über sechs Milliarden Euro einzahlen.

Eine zusätzliche Dramatik erhielt die Situation, als die Nationale Sammlungspartei (Kansallinen Kokoomus) ankündigte, sich in der am 12. Mai anstehenden Abstimmung zu enthalten. Obwohl die Partei eine der traditionell europafreundlichsten Parteien Finnlands und die einzige pro-europäische Oppositionspartei ist, könne sie das Paket als weiteren Schritt in Richtung Transferunion nicht unterstützen, so ihre Begründung. Sie bemängelte auch, dass das Paket für Finnland schlecht verhandelt worden sei. So habe die Regierung unter Premierministerin Sanna Marin die Änderungsvorschläge der Partei in den Verhandlungen ignoriert, darunter insbesondere die Forderung, den Anteil der nicht zurückzuzahlenden Zuschüsse im NGEU zu reduzieren. Auch habe sie sich nicht effektiv genug mit den sogenannten »frugalen Vier« – Dänemark, Niederlande, Österreich und Schweden – verbündet. Die Regierung hielt dagegen, dass Finnland im neuen langfristigen EU-Haushalt, über den am Mittwoch mitentschieden wird, insgesamt gut 500 Millionen Euro für Landwirtschaft und Regionalförderung für die dünn besiedelten Regionen Ostfinnlands bekommen hat. Das sei weit mehr, als Finnland mit den »frugalen Vier« an Beitragsrabatten hätte aushandeln können. Zudem lasse sich die Rolle Finnlands als Nettozahler in der EU nicht ändern.

Am vergangenen Freitag kam die Entwarnung: Weil sie sich nicht auf eine gemeinsame Haltung zum NGEU einigen konnte und aus Angst vor den Folgen für die EU hat die Nationale Sammlungspartei die Empfehlung zur Enthaltung zurückgezogen. Damit hat sich die Situation entschärft. Zwar haben einige Abgeordnete der Oppositionspartei – und selbst vereinzelte Vertreterinnen und Vertreter der regierenden Finnischen Zentrumspartei (Suomen Keskusta) – angekündigt, gegen das NGEU zu stimmen, doch die Zweidrittelmehrheit für die Ratifizierung gilt als sicher. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kontroverse über die finnische EU-Politik beigelegt ist. So fordern Expertinnen und Experten in Finnland, dass grundsätzlich über die Zukunft der EU nachgedacht wird, anstatt immer wieder krisengetrieben neue Integrationsschritte zu improvisieren.

Kein Verständnis für flexible Interpretation der Verträge

Zu Finnlands Staatsräson gehören ein sehr starkes Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und ein legalistisches Verständnis von internationalen Abkommen. Dies spiegelt sich auch in der Debatte über den Wiederaufbaufonds und seine Ratifizierung wider. Viele kritische Stimmen bewerten die enorme Schuldenaufnahme durch die EU auf der Grundlage des Art. 122 AEUV als Verstoß gegen die EU-Verträge bzw. im besten Fall als ihre sehr großzügige Interpretation. Entgegen den Empfehlungen von Expertinnen und Experten setzte sich diese Haltung im Verfassungsausschuss durch. Während die Bedenken an sich legitim sein mögen und die Rechtsgrundlage durchaus hinterfragt werden kann, haben unter anderem finnische Europaabgeordnete den Verfassungsausschuss scharf kritisiert: Er habe sich in die Vertragsinterpretation eingemischt, die in die alleinige Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) falle. Der finnische Präzedenzfall berge damit die Gefahr, dass die Interpretationshoheit des EuGH durch Eingriffe nationaler Institutionen unterminiert wird.

Angst vor Marginalisierung innerhalb der EU

Die Diskussion um das NGEU in Finnland bringt auch die Ängste kleinerer EU-Staaten vor einer Dominanz des deutsch-französischen Tandems zum Ausdruck, die sich nach dem Brexit noch verstärkt haben. Die Länder fürchten, in eine tiefere politische und fiskalische Integration gezwungen zu werden, ohne dass eine angemessene Diskussion über den politischen und rechtlichen Rahmen stattfindet. Die EU und die Eurozone werden in den kommenden Jahren viele wichtige Themen angehen müssen, wie zum Beispiel fiskalische Regeln oder die Stabilisierung der übermäßigen Staatsverschuldung. Die soeben gestartete Zukunftskonferenz bietet eine Gelegenheit für Berlin, auf seine Partner in Helsinki zuzugehen und ihre Bedenken in die Debatte über die Zukunft der Union einzubringen. So könnte Deutschland, ein traditionell enger Verbündeter Finnlands in der EU, ein starkes Signal aussenden, dass die Anliegen der kleineren Mitgliedstaaten gehört und ernst genommen werden.

Die US-Bündnisse mit Japan und Südkorea

Mon, 10/05/2021 - 00:00

Die bilateralen Bündnisse der USA mit Japan und Südkorea bilden das Fundament der Sicherheitsarchitektur im Indo-Pazifik. Die Stärke dieser Bündnisbeziehungen ist damit von weitreichender Bedeutung für die Stabilität und Sicherheit der gesamten Region.

In den letzten Jahren standen beide Bündnisse vor großen Belastungs­proben. Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verschärften sich laufende Debatten über die finanzielle und verteidigungs­politische Lastenteilung. Sicherheitspolitische Entwicklungen im Indo-Pazifik – vor allem Chinas machtpolitischer Aufstieg und Nordkoreas militärische Aufrüstung – haben zudem neue Fragen nach Zusammenarbeit und Koordination aufgeworfen.

Die Bündnisse haben sich angesichts dieser grundlegenden sicherheits­politischen Veränderungen als bemerkenswert stabil erwiesen. Ihre zu­neh­mende Fokussierung auf die Bedrohungen durch China und Nord­korea birgt indes Risiken für den allianzinternen Zusammenhalt. Denn obwohl Washington, Tokio und Seoul strategische Sichtweisen und Ziele gegenüber diesen beiden Ländern im Wesentlichen teilen, gibt es teils erhebliche Differenzen mit Blick auf die Prioritätensetzungen und die Wahl der Mittel.

Die trilaterale sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit der USA mit Japan und Südkorea wird vor allem durch das historisch be­lastete Verhältnis der beiden asiatischen Länder erschwert. Für Washing­ton gewinnen stattdessen plurilaterale Formate wie die »Quad« an Bedeutung, an der sich Südkorea jedoch nicht beteiligt.

Die Bündnisse genießen in den drei Hauptstädten eine breite innen­politische Unterstützung. Während der Präsidentschaft Trumps galt dies für beide Parteien im US-Kongress. Der neue US-Präsident Joseph Biden hat die Stärkung der sicherheitspolitischen Allianzen, auch in Asien, zu einem zentralen Ziel seiner Administration erklärt.

Die US-Bündnisse mit Japan und Südkorea

Mon, 10/05/2021 - 00:00

Die bilateralen Bündnisse der USA mit Japan und Südkorea bilden das Fundament der Sicherheitsarchitektur im Indo-Pazifik. Die Stärke dieser Bündnisbeziehungen ist damit von weitreichender Bedeutung für die Stabilität und Sicherheit der gesamten Region.

In den letzten Jahren standen beide Bündnisse vor großen Belastungs­proben. Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verschärften sich laufende Debatten über die finanzielle und verteidigungs­politische Lastenteilung. Sicherheitspolitische Entwicklungen im Indo-Pazifik – vor allem Chinas machtpolitischer Aufstieg und Nordkoreas militärische Aufrüstung – haben zudem neue Fragen nach Zusammenarbeit und Koordination aufgeworfen.

Die Bündnisse haben sich angesichts dieser grundlegenden sicherheits­politischen Veränderungen als bemerkenswert stabil erwiesen. Ihre zu­neh­mende Fokussierung auf die Bedrohungen durch China und Nord­korea birgt indes Risiken für den allianzinternen Zusammenhalt. Denn obwohl Washington, Tokio und Seoul strategische Sichtweisen und Ziele gegenüber diesen beiden Ländern im Wesentlichen teilen, gibt es teils erhebliche Differenzen mit Blick auf die Prioritätensetzungen und die Wahl der Mittel.

Die trilaterale sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit der USA mit Japan und Südkorea wird vor allem durch das historisch be­lastete Verhältnis der beiden asiatischen Länder erschwert. Für Washing­ton gewinnen stattdessen plurilaterale Formate wie die »Quad« an Bedeutung, an der sich Südkorea jedoch nicht beteiligt.

Die Bündnisse genießen in den drei Hauptstädten eine breite innen­politische Unterstützung. Während der Präsidentschaft Trumps galt dies für beide Parteien im US-Kongress. Der neue US-Präsident Joseph Biden hat die Stärkung der sicherheitspolitischen Allianzen, auch in Asien, zu einem zentralen Ziel seiner Administration erklärt.

Escalation in the Kyrgyz-Tajik Borderlands

Fri, 07/05/2021 - 00:00

A conflict over water escalated at the end of April into the most serious border clashes between Kyrgyzstan and Tajikistan since independence in 1991. By 1 May, 36 deaths had been reported on the Kyrgyz and 16 on the Tajik side, with more than two hundred injured and dozens of homes destroyed.

This was not the first outbreak of armed violence in the contested territories of the Ferghana valley, whose densely populated oases depend on scarce water sources for irrigation. The administrative boundaries in this multi-ethnic area were drawn during Soviet times and have been disputed ever since. When the former Soviet republics of Uzbekistan, Kyrgyzstan and Tajikistan gained independence in 1991, delimitation of what were now international borders became a major issue and is still the subject of negotiations. Almost half of the 970-kilometre Tajik-Kyrgyz border remains contested, with large sections neither demarcated nor controlled by border posts. It is here, in the mountains between Batken in Kyrgyzstan and Isfara in Tajikistan, that the most recent violence occurred. Although Kyrgyz and Tajiks have coexisted for generations here, population growth and increasing scarcity of arable land and water have raised tensions, resulting in occasional violence between inhabitants of the border zone.

The conflict dynamic

This time, the bone of contention was the installation by Tajik workers of a surveillance camera at a joint water supply station situated on Kyrgyz territory, to monitor the distribution of water between the two sides. The distribution is governed by bilateral agreements, but the Tajiks apparently believed that the Kyrgyz were exceeding their allocation. While Kyrgyzstan had earlier installed its own camera at that water station, the Tajik move was perceived as a provocation and a Kyrgyz local official, accompanied by law enforcement and an angry crowd, demanded the removal of the Tajik camera. The situation quickly escalated to involve more than a hundred participants on each side – including border guards using hunting rifles, handguns and by some accounts even light military weapons, including mortars. A similar but much smaller incident occurred in September 2019, and clashes claiming lives on both sides have become frequent over the past decade. The drivers of violence are mostly economic in nature, revolving around the distribution of local resources and natural endowments. A truce was agreed on the evening of 29 April and eventually stopped the fighting which had spread further to border villages as far as 70 kilometres from the initial incident.

Historical background

While each side blames the other for starting it, the violence does not seem to have happened by accident. In February 2021, amidst fresh complaints about Tajiks illegally using land belonging to Kyrgyzstan, Kyrgyz activists demanded that the newly elected President Sapar Japarov – who advocates nationalist and populist positions – take up the border issue. Shortly afterwards, in late March, Kamchybek Tashiev, the Chairman of Kyrgyzstan’s State Committee for National Security proposed an exchange of territory involving the densely populated Tajik exclave of Vorukh. The offer was castigated by former Tajik foreign minister Hamroxon Zarifi, with officials and commentators on both sides insulting each other on social media and other outlets. A few days later, Kyrgyzstan held military exercises in its Batken region, involving as much as 2,000 soldiers, 100 tanks and armored personnel carriers; around 20 units of self-propelled artillery were also involved in the drill. On 9 April, Tajik President Emomali Rahmon paid a demonstrative visit to Vorukh and declared that exchanging the exclave for contiguous territory was out of the question.

Given this background of tensions, a heightened state of alert and military deployment on the Tajik side of the border would be expected in response to the Kyrgyz land swap proposal and the subsequent military exercise. It certainly testifies to deeply entrenched mistrust on the Tajik side. The same mistrust and suspicion characterise the Kyrgyz narrative that the recent incident was planned and that the Tajik president is heading for war with Kyrgyzstan in order to distract his nation from the ever worsening economic situation.

Limited scope for external action

The two sides have now announced that they will negotiate the demarcation of a 112 kilometre section of the border, although the details remain unclear. Given the conflicting interests and strong emotions attached to the border issue, new clashes can flare up at any time. External actors have little influence and, as things stand, a lasting solution is a remote prospect. Efforts should therefore concentrate on confidence-building along two axes: humanitarian engagement involving NGOs and Kyrgyz and Tajik communities in the border areas, and strengthening existing early warning mechanisms to help the two governments prevent future escalations. The conflict early warning framework of the Organisation for Security and Cooperation in Europe (OSCE) could be employed in coordination with the two governments. The EU and UN could also contribute by training local officials in conflict resolution and crisis response. Local police should have rapid response teams ready to intervene to stop local clashes. Last but not least, the United Nations in particular should work towards resolving the underlying water resource conflict, by helping establish a “fair” distribution accepted by both sides.

This text was also published at fairobserver.com.

Escalation in the Kyrgyz-Tajik Borderlands

Fri, 07/05/2021 - 00:00

A conflict over water escalated at the end of April into the most serious border clashes between Kyrgyzstan and Tajikistan since independence in 1991. By 1 May, 36 deaths had been reported on the Kyrgyz and 16 on the Tajik side, with more than two hundred injured and dozens of homes destroyed.

This was not the first outbreak of armed violence in the contested territories of the Ferghana valley, whose densely populated oases depend on scarce water sources for irrigation. The administrative boundaries in this multi-ethnic area were drawn during Soviet times and have been disputed ever since. When the former Soviet republics of Uzbekistan, Kyrgyzstan and Tajikistan gained independence in 1991, delimitation of what were now international borders became a major issue, and has been the subject of negotiations ever since. Almost half of the 970-kilometre Tajik-Kyrgyz border remains contested, with large sections neither demarcated nor controlled by border posts. It is here, in the mountains between Batken in Kyrgyzstan and Isfara in Tajikistan, that the most recent violence occurred. Although Kyrgyz and Tajiks have coexisted for generations here, population growth and increasing scarcity of arable land and water have raised tensions, resulting in occasional violence between inhabitants of the border zone.

The conflict dynamic

This time, the bone of contention was the installation by Tajik workers of a surveillance camera at a joint water supply station situated on Kyrgyz territory, to monitor the distribution of water between the two sides. The distribution is governed by bilateral agreements, but the Tajiks apparently believed that the Kyrgyz were exceeding their allocation. While Kyrgyzstan had earlier installed its own camera at that water station, the Tajik move was perceived as a provocation and a Kyrgyz local official, accompanied by law enforcement and an angry crowd, demanded the removal of the Tajik camera. The situation quickly escalated to involve more than a hundred participants on each side – including border guards using hunting rifles, handguns and by some accounts even light military weapons, including mortars. A similar but much smaller incident occurred in September 2019, and clashes claiming lives on both sides have become frequent over the past decade. The drivers of violence are mostly economic in nature, revolving around the distribution of local resources and natural endowments. A truce was agreed on the evening of 29 April and eventually stopped the fighting which had spread further to border villages as far as 70 kilometres from the initial incident.

Historical background

While each side blames the other for starting it, the violence does not seem to have happened by accident. In February 2021, amidst fresh complaints about Tajiks illegally using land belonging to Kyrgyzstan, Kyrgyz activists demanded that the newly elected President Sapar Japarov – who advocates nationalist and populist positions – take up the border issue. Shortly afterwards, in late March, Kamchybek Tashiev, the Chairman of Kyrgyzstan’s State Committee for National Security proposed an exchange of territory involving the densely populated Tajik exclave of Vorukh. The offer was castigated by former Tajik foreign minister Hamroxon Zarifi, with officials and commentators on both sides insulting each other on social media and other outlets. A few days later, Kyrgyzstan held military exercises in its Batken region, involving as much as 2,000 soldiers, 100 tanks and armored personnel carriers; around 20 units of self-propelled artillery were also involved in the drill. On 9 April, Tajik President Emomali Rahmon paid a demonstrative visit to Vorukh and declared that exchanging the exclave for contiguous territory was out of the question.

Given this background of tensions, a heightened state of alert and military deployment on the Tajik side of the border would be expected in response to the Kyrgyz land swap proposal and the subsequent military exercise. It certainly testifies to deeply entrenched mistrust on the Tajik side. The same mistrust and suspicion characterise the Kyrgyz narrative that the recent incident was planned and that the Tajik president is heading for war with Kyrgyzstan in order to distract his nation from the ever worsening economic situation.

Limited scope for external action

The two sides have now announced that they will negotiate the demarcation of a 112 kilometre section of the border, although the details remain unclear. Given the conflicting interests and strong emotions attached to the border issue, new clashes can flare up at any time. External actors have little influence and, as things stand, a lasting solution is a remote prospect. Efforts should therefore concentrate on confidence-building along two axes: humanitarian engagement involving NGOs and Kyrgyz and Tajik communities in the border areas, and strengthening existing early warning mechanisms to help the two governments prevent future escalations. The conflict early warning framework of the Organisation for Security and Cooperation in Europe (OSCE) could be employed in coordination with the two governments. The EU and UN could also contribute by training local officials in conflict resolution and crisis response. Local police should have rapid response teams ready to intervene to stop local clashes. Last but not least, the United Nations in particular should work towards resolving the underlying water resource conflict, by helping establish a “fair” distribution accepted by both sides.

(Not) Lost in Foresight

Thu, 06/05/2021 - 00:20

From the perspective of policymakers, planning for the many uncertainties that the future brings is a complicated task. Because of the growing complexity of global affairs, more and more information is destined to land on the desks of decision makers. State-of-the-art futures analysis structures information about conceivable events and developments, thus supporting more effective and legitimate anticipatory governance. Forecasting and foresight, the dominant analytical approaches, serve different political functions. Forecasting geopolitical events is primarily relevant for the execu­tive branch, which must act on short-term assessments. Foresight scenarios, on the other hand, significantly contribute to deliberations on the desirability of plausible mid- to long-term developments in consultative bodies such as parliaments. Both approaches should be utilized in EU policymaking.

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