Megatrends Afrika: Was waren bisher die Stärken und Schwächen der deutschen Afrikapolitik? Gibt es Bereiche, die bisher übersehen wurden oder wo zu wenig unternommen wurde?
Jamila Schäfer (MdB): Die Afrikapolitik der letzten deutschen Regierungen war vor allem von der Zielsetzung geprägt, Migration zu verhindern und Armut zu bekämpfen. Bei vielen Maßnahmen und Projekten fehlte es an einer ressortübergreifenden Kohärenz. Deutschland genießt in vielen afrikanischen Ländern einen guten Ruf, aber gehörte nicht zu den relevanten Partnern.
Zwar hat die letzte Bundesregierung gerade auch während der Corona-Pandemie mehr Fokus auf Kooperationen mit afrikanischen Ländern gesetzt. Aber zum Beispiel bei der für die afrikanische Bevölkerung sehr wichtigen Frage der Vergabe günstiger Impfstoff-Lizenzen und -patente wurden Deutschland wie die USA oder andere EU-Staaten als Bremser der Interessen afrikanischer Länder und des Globalen Südens wahrgenommen. Viele afrikanische Partner empfinden die westliche Werteorientierung als unglaubwürdig, nicht nur bei der Impfstoffverteilung in der Pandemie, sondern zum Beispiel auch im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine. Nicht nur die unterschiedliche Behandlung von Kriegsflüchtlingen aus afrikanischen Ländern und der Ukraine wird zurecht kritisch bemerkt, auch angesichts der Völkerrechtsverstöße westlicher Länder (z.B. in Bezug auf den Irakkrieg) wird die Berufung auf das Völkerrecht eher als taktischer Schachzug denn als glaubwürdige Geste bewertet.
Es ist höchste Zeit, dass die legitimen Interessen afrikanischer Staaten anerkannt werden und enge, strategische Partnerschaften entstehen. Darum ist es gut, dass die jetzige Bundesregierung sich um mehr Kohärenz bemüht und zum Beispiel Energiekooperationen und den Aufbau von Produktionskapazitäten für Impfstoffe auf den Weg bringt. Neben den Sustainable Development Goals sollten vor allem die wirtschaftlichen Interessen der lokalen Bevölkerung in den Blick genommen werden.
Auch die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte und ihrer Verbrechen rückt mehr in den Fokus, etwa durch die Rückgabe von geraubten Kulturgütern oder den sterblichen Überresten von Opfern der Kolonialverbrechen. Nur so lassen sich langfristig Bündnisse knüpfen, nicht mit wirtschaftlichem Druck und Abhängigkeiten.
MTA: Das internationale System mit der Vereinten Nationen (VN) als Herzstück steht immer wieder in der Kritik. Gerade Partner des sogenannten „Globalen Südens“ kritisieren die darin verankerten Asymmetrien zwischen dem Globalen Norden und Süden. Wie positionieren Sie sich zu dieser Kritik?
JS: Bei vielen Staaten des so genannten Globalen Südens hat sich der Eindruck verfestigt, dass der so genannte Globale Norden eine interessensgeleitete Prioritätensetzung auf Kosten anderer verfolgt. Unsere Schwächen der Glaubwürdigkeit nutzen die autoritären Systeme in China und Russland und versuchen sich in den Vereinten Nationen als Vorkämpfer der Interessen des Südens zu gerieren. Dabei werben sie mit Wirtschafts- und Sicherheitskooperationen und machen im Gegensatz zu westlichen Partnern keine menschenrechtlichen Vorgaben. Immer mehr afrikanische Staaten wenden sich ihnen zu.
Tatsächlich muss man sich mit dieser Kritik am internationalen System sehr ernsthaft beschäftigen. Es sind zum Beispiel viele globale Steuer- und Finanzangelegenheiten zu Gunsten des wirtschaftlich starken Nordens ausgestaltet. Hier kritisiert der Süden zurecht die ungleiche Repräsentation in den Entscheidungsgremien der internationalen Finanzinstitutionen, wie dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Diese Institutionen werden oft von den wohlhabenderen Ländern dominiert, was dazu führt, dass die Stimmen und Interessen der Entwicklungsländer nicht angemessen berücksichtigt werden.
Zurecht gibt es zum Beispiel Kritik an von den Bretton-Woods-Institutionen implementierten Strukturanpassungsprogrammen, die in vielen Entwicklungsländern zu extremen sozialen Problemen führen und ihre politischen Handlungsspielräume beschneiden. Diese Programme fordern oft drastische wirtschaftliche Reformen wie die Reduzierung staatlicher Ausgaben, die Liberalisierung der Märkte und die Privatisierung staatlicher Unternehmen, was zu ökonomischer Benachteiligung der lokalen Bevölkerung führt. Viele Länder des Globalen Südens sind zudem stark verschuldet, und die Bedingungen, zu denen sie Kredite erhalten haben, werden oft als unfair und untragbar angesehen.
Solche Ungleichheiten und Asymmetrien müssen enden, wenn wir wollen, dass die Vereinten Nationen und ihre Institutionen als das legitime Forum für globale Kooperationen angesehen werden.
MTA: Im September findet nun vor diesem Hintergrund der UN-Zukunftsgipfel statt, bei dem es spezifisch um Reformen der VN geht. Welche Bedeutung messen Sie diesem Gipfel bei, insbesondere in Bezug auf die Rolle afrikanischer Staaten? Für welche Ziele und Initiativen sollte sich die Bundesregierung Ihrer Meinung nach einsetzen?
JS: Der Summit of the Future im September bietet der Weltgemeinschaft eine Chance, um bei den VN Reformprozesse anzustoßen und sie zukunftsfähiger zu machen. Deutschland kommt dabei als einem der Verhandlungsführer eine wichtige Rolle zu. Die Unzulänglichkeiten des aktuellen VN-Systems werden immer sichtbarer. Dadurch gibt es einen Vertrauensverlust in multilaterale Lösungen.
In diesem Reformprozess muss es darum gehen, Vertrauen wieder herzustellen und Anreize für multilaterale Kooperationen zu schaffen. Um zu zeigen, dass ein konkreter Mehrwert von unserem gemeinsamen multilateralen System ausgeht, müssen daher Repräsentationsdefizite und Reformen ehrlich angegangen werden, die das politische Commitment und die Handlungsfähigkeit für gemeinsame Ziele, wie die Sustainable Development Goals, stärken. Das betrifft die angesprochene Reform der Finanzarchitektur oder die Stärkung der globalen Friedenssicherung.
Die Bundesregierung sollte sich aus meiner Sicht in der Abschlusserklärung für einen ständigen Sitz eines afrikanischen Staates oder der Afrikanischen Union im Sicherheitsrat einsetzen, um die Repräsentationsdefizite anzugehen. Zudem sollte die Demokratisierung der Generalversammlung durch die Errichtung einer parlamentarischen Versammlung und auch die Einbindung der Zivilgesellschaft in die Reformdebatten weiter vorangetrieben werden.
MTA: Deutschland und Namibia teilen sich den Vorsitz des Gipfels. Gleichzeitig ist das Versöhnungsabkommen noch nicht ratifiziert. Das Jubiläum der Berliner Konferenz steht bevor und wirft Fragen zur historischen Verantwortung Deutschlands auf. Wie bewerten Sie das aktuelle Verhältnis zu Namibia?
JS: Die Beziehungen zwischen Namibia und Deutschland werden aktuell durch den stillstehenden Versöhnungsprozess im Umgang mit dem vom Deutschen Reich begangenen Völkermord dominiert. Die Ratifizierung des von beiden Regierungen erarbeiteten Versöhnungsabkommens war eigentlich schon im Jahr 2021 geplant. Doch Teile der vom Völkermord betroffenen Communities in Namibia fühlen sich nicht ausreichend repräsentiert und üben scharfe Kritik an dem Verhandlungsprozess. Sie verlangen einen Neustart der Verhandlungen und klagen beim Obersten Gericht in Namibia.
Obwohl der Ratifizierungsprozess damit zu scheitern droht und Ende des Jahres die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden, betonen beide Regierungen weiterhin ihren Glauben an den Abschluss dieses Abkommens. Diese Haltung scheint aus meiner Sicht mit viel Wunschdenken verbunden zu sein und sollte überdacht werden. Gerade mit Blick auf den 140. Jahrestag der Westafrika-Konferenz am 15. November 2024 wäre es ein starkes Signal, wenn sich Deutschland zur historischen Verantwortung bekennt, für den Völkermord um Entschuldigung bittet und den Beginn der Aussöhnung nicht nur vom erfolgreichen Abschluss dieses Verhandlungsprozesses abhängig macht. Das ist lange überfällig und würde eine neue Basis für eine gerechte und zukunftsorientierte Partnerschaft mit Namibia legen.
Trotz dieser Schwierigkeiten und der unterschiedlichen Perspektiven auf den Nahostkonflikt bemühen sich Namibia und Deutschland sehr darum, dass der Prozess für den Summit of the Future davon nicht negativ beeinflusst wird. Darum bietet der erfolgreiche Abschluss des Gipfels auch die Chance für einen gemeinsamen Erfolg - für die Vereinten Nationen und das Verhältnis zwischen Namibia und Deutschland.
Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und gehört dem Auswärtigen Ausschuss an. Dieses schriftliche Interview aus Februar 2024 ist Teil unserer Mini-Serie „Vier Fragen“, in denen wir Abgeordnete nach ihren Prioritäten für die neuen afrikapolitischen Leitlinien fragen.
Die Verantwortung für die in den Beiträgen und Interviews vorgetragenen Inhalte, Meinungen und Quellen liegt bei den jeweiligen Autor*innen.
(B2) Inutile de le nier. Le coup de Trump a secoué le Landerneau otanien. Au siège de l'Alliance à Bruxelles, chacun cherche bien à se rassurer. En vain. L'inquiétude rôde dans les couloirs.
Même si Jens Stoltenberg ne l'avouera jamais publiquement, à l'Alliance, chacun connait le principe : si les USA éternuent, l'OTAN se retrouve clouée au lit avec une mauvaise fièvre (Photo : OTAN - Archives B2)Les mots de trop de Trump
Au siège de l'OTAN, l'ambiance n'est pas folichonne ces jours-ci après les mots de Donald Trump samedi (lire : [Analyse] Face à la menace Trump, aux armes Européens ! Neuf pistes pour réagir). Une phrase notamment a fait mouche : « I would encourage Russia to do whatever the hell they wanted to you ». Littéralement, si vous ne payez pas votre écot à l'Alliance, j'encouragerais la Russie à faire tout ce qu'elle veut de vous. Quelques mots restés en travers de la gorge de chacun et abondamment commentés dans les couloirs lumineux de l'Alliance, des alcôves feutrées des différentes représentations permanentes ou cabinets directoriaux jusqu'au Starbuck situé à l'entrée qui sert de refuge aux amateurs d'une petite pause café.
La méthode Coué ne marche plus
Bien sûr, chacun essaie de se rassurer. Les arguments sont divers. 1. C'est normal avec Trump. 2. Après tout, ce ne sont que des paroles. 3. Sa précédente présidence l'a montré : il parle beaucoup, mais finalement il ne fait rien de mal. 4. L'Alliance tient debout et reste concentrée sur son plan de travail. 5. Pas de quoi fouetter un chat. Etc. Autant d'arguments assez peu crédibles : même les intéressés ne semblent pas y croire. Se replacer dans la situation de 2016-2020, est une erreur.
Un contexte totalement différent
il y a au moins trois éléments qui ont changé chez Trump et ailleurs, résume un bon connaisseur de l'Alliance. Premièrement, il y a « une forme d'alignement » du discours de Trump sur la Russie. Ce qui est inquiétant. Il y a aussi un « changement d'échelle, une évolution du discours » avec cette phrase, véritable appel à la Russie à envahir un pays de l'OTAN. Deuxièmement, le contexte a énormément changé : « Nous avons une guerre en Europe. La Russie a fait le choix de la confrontation. L'Ukraine est attaquée. (Tout simplement) car elle est indépendante » et refuse d'être assujettie aux desiderata de Moscou. Pendant ce temps, les USA tergiversent sur le versement d'une nouvelle aide à l'Ukraine.
Une radicalisation du discours
Enfin, poursuit notre interlocuteur, « le parti républicain ne s'est pas vraiment dissocié de ses positions ». Il y a une « réelle Trumpisation du parti Républicain ». Celui-ci, quasiment comme un seul homme, refuse de voter une aide supplémentaire à l'Ukraine. C'est un des arguments de campagne que Donald Trump a développé d'ailleurs dans son allocution en Caroline du Sud (un point peu repris par les médias en fait) : pourquoi les USA doivent payer la facture de l'Ukraine qui concerne au premier chef les Européens et que ceux-ci ne contribuent pas encore assez ?
Une Alliance touchée au plus profond d'elle-même
Inutile de le nier : l'attaque fait mal. Très mal (1). Car elle touche au plus profond de ce que l'OTAN a de plus cher : l'article 5, la clause de défense mutuelle. Le véritable ciment de l'Alliance. Ce que Trump dit rompt clairement avec le principe d'unité face à une possible agression extérieure. Ni dans l'esprit de ses concepteurs ni dans son application ensuite, il n'a en effet jamais été question de conditionner cette solidarité, politique et militaire, à un quelconque calcul de notaire ou de comptable.
Un tir fratricide
Le fait que cette entaille vienne des USA, l'Allié principal, d'un ancien dirigeant, candidat à la présidence pour un des deux principaux partis du pays, les Républicains, est ressenti comme un acte de traitrise. Une attaque blue on blue (tir fratricide) diraient les militaires. Le centre nerveux de l'Alliance parait atteint. Le Kremlin n'a, en fait, aujourd'hui, qu'à se frotter les mains et compter les coups : il n'a pas besoin de faire le sale boulot. Celui-ci est fait de l'intérieur.
Une erreur majeure de jugement
Le travail en forme de carpette fait durant des années par le Secrétaire général norvégien Jens Stoltenberg pour brosser l'ego de Donald Trump dans le sens du poil n'a finalement pas payé. Au contraire. Ses propos répétés sur une Europe incapable d'assumer sa défense (lire : Quand Jens Stoltenberg (OTAN) voit l’Union européenne incapable de se défendre. A-t-il raison ?) résonnent étrangement aujourd'hui comme un argument supplétif au crédit de l'élu Républicain. Une faille supplémentaire dans l'unité euro-atlantique.
L'Alliance toujours dissuasive ?
La question posée aujourd'hui par Donald Trump est cruciale. Est-ce que l'Alliance est capable d'assumer sa fonction première, la défense du territoire européen face à la Russie ? Si son principal allié tergiverse, l'Alliance sera-t-elle demain en position de réagir et d'assumer son rôle de dissuasion de toute attaque ? La réponse est malheureusement : pas sûr à 100%. L'Alliance n'est plus en état moral d'assumer toutes ses capacités de défense et de dissuasion. Ce qui est un réel problème. Car tout le principe de la dissuasion de l'Alliance n'est pas seulement dans ses capacités, mais réside surtout dans sa volonté (politique) d'opposer à l'adversaire un roc indestructible.
Un plan B nécessaire
Aujourd'hui, plus que jamais, il ne faut plus tergiverser. Il ne s'agit pas de remplacer l'Alliance atlantique. Il s'agit d'avoir la capacité pour les Européens d'agir seuls sans l'aide du « papa » américain qui défaille. On pourra rétorquer que les Européens n'en sont pas capables. C'était vrai hier sans doute. Ce ne sera pas vrai demain automatiquement. Les Européens ont tout ce qu'il faut en interne pour compléter l'Alliance. À condition de faire un (petit) effort. L'effort n'est pas tellement financier aujourd'hui. L'axiome comptable "plus on dépense, mieux c'est" est une hérésie (2).
L'Europe peut le faire
Le saut doit être en termes d'organisation : politique, industrielle et militaire. Les Européens (Norvégiens compris au besoin) doivent réaligner leur industrie de défense pour pouvoir agir sans une nécessaire autorisation de Washington. Ils doivent revoir leurs outils opérationnels pour se permettre de réagir en commun. Ils doivent surtout réorganiser leur système de décision pour pouvoir suppléer à une défaillance du Conseil de l'Atlantique Nord. Compter sur les Américains est un placement trop à risque aujourd'hui pour retarder ce type de décision.
(Nicolas Gros-Verheyde)