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Stiftung Wissenschaft und Politik
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Katars Außenpolitik

lun, 31/10/2022 - 01:00

Katars Politik beruht seit den 1990er Jahren auf drei Grundlinien: Das Emirat baut seine Gasförderung aus und liefert verflüssigtes Gas in möglichst viele Länder; es versichert sich des militärischen Schutzes durch die USA, indem es Stützpunkte bereitstellt; es führt eine »Soft Power«-Kam­pagne in Form von Investitionen in Medien und Sport. Während des Arabischen Frühlings ging Katar in die Offensive, was einen Bruch in seiner Regionalpolitik darstellte. Damals zielte es auf nichts weniger ab als eine Revision der regionalen Ordnung in der arabischen Welt. Seit dem Amtsantritt von Emir Tamim 2013 hat Doha seine Ambitio­nen zwar zurückgeschraubt, will aber weiter als Regionalmacht an­erkannt werden. Katar versucht Regionalkonflikte zu entschärfen, indem es sich als Ver­mittler positioniert. Es unterhält gute Beziehungen zu Iran, zu dessen Verbündeten in der Region sowie zu militanten Gruppen wie der Hamas und den Taliban. Dies und seine Unterstützung der Muslimbruder­schaft provoziert immer wieder Konflikte mit Saudi-Arabien und anderen Nach­barn. In der Folge hat Katar die Türkei als neue Schutzmacht iden­tifiziert. Katar ist ein attraktiver Partner für Deutschland und Europa und kann ein wichtiger Gaslieferant werden, etwa wegen seiner Flexibilität bei Lie­fe­rungen und seinem Interesse am europäischen Markt. Es war ein schwerer Fehler deutscher Politik, nicht viel früher auf katarisches Gas zu setzen. Langfristige Bestellungen desselben könnten ihn korrigieren. Wenn es tatsächlich eine sicherheitspolitische »Zeitenwende« geben soll, muss Deutschland sich auch auf Gefahren einstellen, die aus dem Nahen Osten drohen (Stichworte: Migration, Terrorismus, nukleare Proliferation). Dazu gehört, dass Deutschland und Europa prowestliche Verbündete benötigen – wie Katar.

Zwischenwahlen in den USA – keine Rückkehr zur Politik vor Trump

lun, 31/10/2022 - 01:00

Zwischenwahlen in den USA sind nicht nur Stimmungsbarometer für den Erfolg einer Präsidentschaft. Die Machtverhältnisse im Kongress entscheiden über den Handlungs­spielraum des Präsidenten: Ein divided government – in dem mindestens eine Kammer des Kongresses nicht von der eigenen Partei kontrolliert wird – schränkt dessen Fähig­keit ein, Gesetzesvorhaben zu realisieren. Zwar sind die Aussichten für die Republika­ner im Hinblick auf die Wahlen am 8. November besser, doch für verlässliche Pro­gno­sen ist deren Ausgang zu ungewiss. Die sogenannten Midterms sind noch aus einem anderen Grund bedeutsam: In den Bundesstaaten werden die Weichen für nationale Wahlen bis hin zur Präsidentschaftswahl gestellt. Da die Legitimität von Wahlverfahren zunehmend selbst zum Gegenstand parteipolitischer Auseinandersetzung wird, ist wichtig, wer solche Verfahren beaufsichtigt. Vor diesem Hintergrund ist es pro­blema­tisch, dass eine klare Mehrheit in der Republikanischen Partei dem Mythos anhängt, die Niederlage von Präsident Trump sei das Resultat einer »gestohlenen Wahl« ge­wesen, und versucht, ihren Erfolg an der Urne mit zweifelhaften Methoden zu sichern.

Friedensverhandlungen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine: Mission impossible

ven, 28/10/2022 - 13:00

Wladimir Putin eskalierte im September 2022 den russischen Krieg gegen die Ukraine. Er kündigte eine Teilmobilisierung an und wiederholte seine Drohung mit dem Ein­satz von Nuklearwaffen. Es war aber vor allem die proklamierte Annexion der ukrai­nischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson, mit der er einen Schlussstrich unter die Friedensbemühungen seit dem 24. Febru­ar 2022 zog. Wolo­dymyr Selenskyj hatte Putin seit seiner Wahl 2019 und auch in den ersten Wochen nach dem erneuten russischen Überfall immer wieder zu einem Gipfeltreffen aufgefordert. Am 4. Oktober 2022 erteilte er in Reaktion auf die Schritte der russischen Seite direkten Gesprächen per Dekret eine Absage. Die ukrainisch-russischen Verhandlungen seit dem Beginn der russischen Aggression 2014 sowie seit dem 24. Februar 2022 zeigen, wie sehr diese vom Kriegsverlauf, aber auch vom politischen Kontext abhängen.

Russia’s War on Ukraine and the Rise of the Middle Corridor as a Third Vector of Eurasian Connectivity

ven, 28/10/2022 - 02:00

Among the many significant geopolitical consequences of Russia’s war against Ukraine has been the reinvigoration of the Middle Corridor, both as a regional economic zone comprising Central Asia, the Caucasus, and Turkey but also as an increasingly attrac­tive alternative route between Europe and China. Russia’s war has disrupted overland connectivity via the New Eurasian Land Bridge, also known as Northern Corridor, which passes through – now heavily sanctioned – Russian and Belarusian territory. While the Middle Corridor will not be able to fully replace the Northern Corridor, regional integration along the Trans-Caspian International Transport Route is likely to increase its potential at the expense of Russia in the long-term. Ankara’s close cultural ties with the Central Asian republics combined with the latter’s willingness to diversify their foreign relations away from Moscow and Beijing provide Turkey with greater leverage in the region. The EU and Turkey share a common interest in enhancing Eurasian connectivity for several reasons: to promote peace and prosperity in the South Caucasus and Central Asia, to enhance commercial access to Central Asia, to increase the resilience of European supply chains, and to diversify European energy supplies. Strengthening Eurasian connectivity would also work to balance Russian, Chinese, and Iranian influence in Central Asia.

Neue UN-Sanktionen zu Haiti: worauf es jetzt ankommt

jeu, 27/10/2022 - 08:09

Angesichts der jüngsten Zerwürfnisse im UN-Sicherheitsrat ist die einstimmige Verabschiedung eines neuen Sanktionsregimes schon bemerkenswert. Zuletzt war dies 2017 zur Unterstützung von Friedensbemühungen in Mali geschehen. Nun wurde ein von den USA und Mexiko eingebrachter Resolutionsentwurf von allen Mitgliedern des Rates angenommen. Noch im Mai hatten Russland und China durch ein Veto weitere Sanktionen gegen Nordkorea verhindert. Dass im Falle Haitis die Positionen andere sind, hatte sich schon länger abgezeichnet, etwa im Juli als China – sonst meist sanktionskritisch – ein vollständiges Waffenembargo für Haiti forderte. Der jüngste Beschluss vom 21. Oktober zeigt, dass zumindest bei geopolitisch weniger aufgeladenen Fällen und bei akutem Handlungsdruck noch eine Einigung im Sicherheitsrat möglich ist. Bemerkenswert sind die Sanktionen aber noch aus einem anderen Grund: sie richten sich vorrangig gegen kriminelle Akteure und ihre Unterstützter.

Kriminelle Akteure im Fokus

Mit der Resolution wurden ein Reiseverbot, das Einfrieren von Vermögenswerten sowie ein gezieltes Waffenembargo gegen Personen und Entitäten verhängt, die Frieden und Sicherheit in Haiti bedrohen. Vorrangig richten sich die Sanktionen dabei gegen kriminelle Akteure und ihre Finanziers, die für die zunehmende Gewalt und humanitäre Krise verantwortlich gemacht werden. Zwar ist die Bedrohung durch bewaffnete Banden seit langem ein Problem in Haiti, doch in den vergangenen Jahren haben sich ihre Anzahl, ihr Einfluss und die von ihnen ausgehende Gewalt vervielfacht. Zuletzt spitzte sich die Situation zu, nachdem Banden neben wichtigen Zugangstrassen die Kontrolle über den internationalen Hafen von Port-au-Prince und das wichtigste Tanklager des Landes übernommen hatten. Dadurch sind auch essenzielle Dienstleistungen wie Wasser- und Stromversorgung für die Bevölkerung massiv beeinträchtigt. Zudem sind die Menschen in Stadtteilen unter der Kontrolle von Banden massiver Gewalt ausgesetzt. Berichtet werden unter anderem Morde, Vergewaltigungen sowie eine Zunahme von Entführungen und Schutzgelderpressungen.

Das spiegelt sich auch in den Kriterien des UN-Sanktionsregimes wider. Bei keinen anderen aktuell geltenden länderbezogenen Sanktionen der UN gibt es einen so starken Fokus auf gewalttätige, kriminelle Akteure und illegale Aktivitäten, die mit ihnen in Verbindung stehen. Die 1993-94 geltenden UN-Sanktionen zu Haiti waren breit angelegt und hatten eine andere Stoßrichtung, zumal sie die Wiedereinsetzung der gewählten Regierung erwirken sollten. Dass UN-Sanktionen (organisierte) Kriminalität adressieren, ist allerdings nicht neu. Tatsächlich enthalten beinahe alle laufenden Regime zu bewaffneten Konflikten die Möglichkeit, Personen oder Einrichtungen auf Sanktionslisten zu setzen, wenn sie mit illegalen Aktivitäten Gewaltakteure oder »Störer« von Friedensprozessen unterstützen. Die Frage ist, inwiefern sie tatsächlich Wirkung entfalten.

Knackpunkte für effektive Wirkung

Nach der Verhängung der Sanktionen wird es zunächst darum gehen, das Regime auszugestalten. Der Sicherheitsrat hat wie in anderen Fällen einen Sanktionsausschuss eingesetzt, der die Umsetzung überwacht. Dieser wird von einem UN-Expertenpanel unterstützt, das die Einhaltung der Sanktionen untersucht und an den Ausschuss berichtet. Diese Berichte sind essenziell, unter anderem wenn es um Beschlüsse zur Erweiterung der Sanktionsliste geht. Mit der Verabschiedung der jüngsten Resolution wurde mit Jimmy Cherizier ein einflussreicher Anführer einer Allianz von haitianischen Banden gelistet. Die konkrete Wirkung dürfte begrenzt sein, zumal er bereits im Dezember 2020 von den USA sanktioniert wurde und dennoch zentral an der Blockade des Tanklagers beteiligt ist. Auch die Signalwirkung der neuen Sanktionen wird schnell verpuffen, wenn keine weiteren Maßnahmen folgen.

Daher wird es erstens darauf ankommen, das eingerichtete Regime wirkungsvoll zu nutzen. Ein Blick auf die erwähnten UN-Sanktionsregime zeigt, dass die Möglichkeit, Personen oder Gruppen für kriminelle Aktivitäten zu listen, selten genutzt wird. Das hat wohl auch damit zu tun, dass hier schnell unangenehme Fragen zu den Verbindungen in staatliche beziehungsweise politische Kreise aufkommen. Die USA hatten bereits aktuelle und ehemalige haitianische Regierungsbeamte mit Visarestriktionen belegt, da sie offenbar mit Banden und anderen kriminellen Organisationen in Verbindung stehen. Es wird sich zeigen, wie die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates mit einflussreichen Akteuren umgehen, die weniger offen gewalttätig auftreten als die momentan im Fokus stehenden Banden. Wichtig wird auch sein, die transnationalen Verbindungen etwa beim illegalen Waffenhandel in den Blick zu nehmen.

Zweitens wird es entscheidend auf die politische Steuerung durch den Sicherheitsrat ankommen. Es geht nicht allein um weitere Listungen; sie müssen auch mit klaren Zielen und einem politischen Prozess für die Verbesserung der Lage in Haiti verbunden sein. Für den humanitären Zugang und eine punktuelle Reduzierung der Gewalt mag es zunächst vorrangig sein, das Treiben der bewaffneten, kriminellen Gruppierungen einzudämmen. Doch der Sicherheitsrat muss Ziele und Wirkung der Sanktionen immer wieder überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Dafür ist die in der Resolution angelegte Überprüfung eine wichtige Voraussetzung, aber noch keine Garantie.

Nicht zuletzt werden Sanktionen auch und gerade gegen kriminelle Akteure allein kaum wirkungsvoll sein. So haben die USA und Mexiko die Entsendung einer internationalen „security assistance mission“ vorgeschlagen, die eine klar begrenzte Nicht-UN-Mission sein soll. Unabhängig davon, ob sie zustande kommt, wird es weiterer Unterstützung und Reformen der haitianischen Polizei und Justiz bedürfen, die auch Teil des Mandates der politischen UN-Mission in Haiti sind. Diese und weitere Bemühungen müssen abgestimmt sein – gerade angesichts der verfahrenen politischen Situation in Haiti und der zu erwartenden Opposition gegen externe Eingriffe.

World Health Summit 2022: Potenzial stärker nutzen

mer, 26/10/2022 - 13:26

Um die drängenden Fragen der globalen Gesundheit zu diskutieren, kamen vom 16. bis 18. Oktober 2022 hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft in Berlin zusammen. Während die COVID-19-Pandemie beim World Health Summit im Mittelpunkt stand, wurden auch die Forderungen nach einer besseren globalen Gesundheitsarchitektur adressiert. Insgesamt herrschte breiter Konsens darüber, dass Reformen nötig sind und sich das COVID-19-Debakel nicht wiederholen darf. Weit weniger Konsens war im »Wie« zu erkennen. Dabei ging es vor allem um die Rolle nationaler Souveränität und die Notwendigkeit von »community-based approaches«, also lokalen und inklusive Lösungsansätzen. Konkrete Lösungen blieben aber aus.

Globale Gesundheitsgovernance reformieren

Im Zentrum der Debatten zur Reform der globalen Gesundheitsarchitektur stehen die Verhandlungen über den Pandemievertrag sowie die Reformierung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR). Zur Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) versicherte der Generaldirektor Tedros Ghebreyesus, dass die WHO die Souveränität von Staaten vollständig respektiere. Er reagierte damit auf Stimmen, die durch eine Ausweitung der Befugnisse der WHO Eingriffe in die nationale Souveränität befürchten. Während in den aktuellen Reformvorschlägen deutlich wird, dass die WHO im Falle von Krankheitsausbrüchen Staaten Hilfe anbieten muss, ist die Kooperation von Staaten nicht vorgeschrieben. Lediglich eine verpflichtende Begründung der Weigerung wird diskutiert.

Im Gegensatz hierzu hörte man auf dem World Health Summit jedoch auch Forderungen nach einer Erweiterung der Befugnisse der WHO. So etwa von Helen Clark, ehemalige Premierministerin Neuseelands und Mitglied des »Independent Panel on Pandemic Preparedness and Response«. Regierungen sollten laut Clark Untersuchungen von Krankheitsausbrüchen durch die WHO nicht verhindern können. Angesichts dieser Uneinigkeit und der Bedeutung kooperativen Handels für die globale Gesundheitsarchitektur ist es bemerkenswert, dass die Diskussion über nationale Souveränität auf dem Gipfel keine zentralere Stellung einnahm, etwa in Form eines eigenen Panels. Dabei hat der World Health Summit das Potenzial, eine Plattform für eine tiefere Debatte zu sein, wie globale Gesundheitsziele und nationale Souveränität in Ausgleich gebracht werden können. Dieser Ausgleich muss vor allem mit Blick auf die derzeit laufenden Verhandlungen zu den IHR-Reformen und dem Pandemievertrag gefunden werden, da die WHO hier in der Pandemievorsorge und -bekämpfung eine zentrale Stellung einnimmt. Eine detailliertere Debatte über diese Fragen wäre nützlich gewesen, um die Hürden zu identifizieren und Ansätze zu deren Überwindung zu erarbeiten. Denn eine handlungsfähige globale Gesundheitsarchitektur wird in letzter Instanz Mechanismen brauchen, die unkooperative Staaten zum Einlenken bringen können.

Neben der staatlichen Souveränität ging es auf dem Gipfel auch um die Souveränität der Menschen. Dass die Forderung nach »community-based approaches« weitgehend auf kleinere Panels beschränkt war, unterstreicht den geringeren politischen Stellenwert dieses Ansatzes. Auf große Resonanz stieß allerdings der nachdrückliche Aufruf von Maziko Matemvu, Vizepräsidentin des »Young Feminists Network«, die globale Gesundheit zu dekolonisieren und die lokale Bevölkerung einzubeziehen. Über die konkrete Umsetzung wurde auf dem Gipfel jedoch wenig beraten. Dies spiegelt sich auch in den derzeit auf politischer Ebene laufenden Verhandlungen zum Pandemievertrag und den Reformen der IHR wider: Es fehlt an Überlegungen, wie die lokale Bevölkerung eingebunden werden kann. Stattdessen wird in den Verhandlungsdokumenten oft auf die als postkolonial kritisierte Entsendung von Expertinnen und Experten gesetzt. Dabei haben vor allem »community-based approaches« das Potenzial, lokale wissenschaftliche und kulturelle Expertise einzubeziehen sowie nationale Souveränität zu schonen. Gerade da diese Forderung häufig aus Staaten kommt, die von Kolonialisierung betroffen waren, sollte dieser Ansatz auf künftigen World Health Summits und in laufenden Reformprozessen stärker berücksichtigt werden. Es wäre dabei ein Leichtes, ihn zumindest als Empfehlung aufzunehmen.

Agenda setzen für Reformen

Damit der World Health Summit zu einem Impulsgeber für Reformen werden kann, müssen Expertinnen und Experten die skizzierten Probleme detailliert erörtern. Das Format kann über bloße politische Absichtserklärungen hinausgehen, evidenzbasiert und mit viel Expertise präzise Handlungsoptionen ableiten. Gegenüber der eher politischen Weltgesundheitsversammlung in Genf bietet der World Health Summit den Vorteil, Mitglieder der Wissenschaften und verschiedene zivilgesellschaftliche Institutionen zu fachlichen Debatten zusammenzubringen. Zu den laufenden Reformbemühungen hätten solche Debatten über die Spannungen zwischen Souveränität und der globalen Gesundheitsarchitektur wichtige Impulse für politische Verhandlungen liefern können. In Zukunft sollten daher auf dem World Health Summit wichtige Fragen nicht nur gestellt, sondern auch beantwortet werden. Nur so kann der Gipfel im Institutionengefüge der globalen Gesundheitsgovernance die stark politische Weltgesundheitsversammlung ergänzen und sein Potenzial mit der gebündelten Expertise ausschöpfen.

The 20th Party Congress and the Future of China-EU Relations

mer, 26/10/2022 - 11:42
Developments at the Party Congress suggest China’s relationship with Europe won’t get any easier. European capitals must be ready to respond.

North Korea’s fait accompli

mar, 25/10/2022 - 16:00

While the world’s attention is focused on Russia’s war against Ukraine and the inten­sifying conflict between the US and China, the security situation on the Korean Pen­insula has continued to deteriorate. North Korea is steadily advancing the expansion of its military capabilities and recently undertook significant changes in its nuclear doctrine. At the same time, the rapidly changing geopolitical context makes a reso­lution of the North Korean nuclear conflict even less likely. North Korea’s unilateral change of the status quo on the Korean Peninsula poses a serious challenge to the international community, which has few options to counter this threat that is far too dangerous to ignore.

Nuklearmacht Nordkorea – ein Fait accompli

mar, 25/10/2022 - 14:00

Während die Weltöffentlichkeit auf Russlands Krieg gegen die Ukraine und den sich verschärfenden Konflikt zwischen den USA und China blickt, hat sich die Sicher­heits­lage auf der koreanischen Halbinsel weiter verschlechtert. Nordkorea treibt den Ausbau seiner militärischen Fähigkeiten kontinuierlich voran und hat jüngst seine Nukleardoktrin signifikant modifiziert. Der sich rasch verändernde geopolitische Kontext macht zugleich eine Lösung des Atomkonflikts noch unwahrscheinlicher. Pjöngjang hat den Status quo auf der koreanischen Halbinsel unilateral verändert. Diese neue Realität anzuerkennen ist zwar politisch nicht unumstritten. Doch sind Fortschritte in der Nordkorea-Frage kaum vorstellbar, solange die internationale Gemeinschaft weiter von unbegründeten Erwartungen ausgeht und an dem illusorischen Ziel festhält, das Land zum Verzicht auf seine Atomwaffen zu überreden oder zu zwingen.

Amidst Refugee Flows, Irregular Migration, and Authoritarianism

lun, 24/10/2022 - 02:00

With the background of the Syrian crisis, irregular migration, and authoritarianism –strengthened by the collapse of the Peace Process of the Turkish state with the Work­ers’ Party of Kurdistan (PKK) in 2015 and the 2016 coup attempt – the Turkish gov­ernment has amended the Citizenship Law, changed policies concerning refugees and irregular migrants, and re-designed access to basic citizenship rights in the last decade. Due to these amendments and changes, tens of thousands of Syrians have been awarded Turkish citizenship. A few millions of them are now settled in Turkey and exercising social and education rights without being Turkish citizens. This state of affairs contra­dicts previous Turkish policies for citizenship and supports the claims that the gov­ernment under the Justice and Development Party (AKP) has been con­structing a more Islamic and less secular Turkish nationhood. Concomitantly, the basic citizenship rights of Kurds and members of the Gulen community have been massively violated. This indicates that being Muslim or Turkish does not protect citizens from discrimination.

Tagesgespräch: China im Hamburger Hafen - Wie sehen Sie das?

lun, 24/10/2022 - 00:00
Wenn es nach Bundeskanzler Olaf Scholz geht, könnte ein Teil des Hamburger Container-Hafens an Cosco, die staatliche Reederei aus China, verkauft werden. Das Tagesgespräch auf Bayern 2 und ARD-alpha fragt: Wie stehen Sie zum Teilverkauf des Hamburger Hafens? Wie sollte die Politik mit Chinas Plänen umgehen? Hat der Krieg in der Ukraine Ihre Sicht auf sensible Infrastruktur in Deutschland verändert? Fürchten Sie, dass China zu großen Einfluss auf dem Weltmarkt hat?

Pläne für den Hamburger Hafen: Erst Piräus, jetzt das Tor zur Nordsee

ven, 21/10/2022 - 16:17
Ein chinesischer Staatskonzern will bei einem Teil des Hamburger Hafens einsteigen. FDP und Grüne warnen davor, einem autoritären Land ein wichtiges Stück Infrastruktur zu überlassen. In Griechenland ist das schon geschehen. Wie ging es dort weiter?

Die strategische Autonomie der Türkei

ven, 21/10/2022 - 15:05

Mitte September kamen in der usbekischen Stadt Samarkand die Staats- und Regierungschefs zahlreicher eurasischer Staaten zusammen. Bei dem Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) wurde die Aufnahme Irans als neuntes Mitglied beschlossen. Nach dem Treffen gab der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bekannt, dass auch sein Land eine Mitgliedschaft in dem primär sicherheitspolitischen Zusammenschluss anstrebt. Neben dem Iran gehören der 2001 gegründeten Gruppe China, Russland, Indien, Pakistan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan an. Die Türkei ist seit 2012 Dialogpartner in der SOZ.

Eine Alternative zur EU

Erdoğans Ankündigung wurde von westlichen Politikern scharf kritisiert. Dabei ist sie keine Überraschung, hatte er doch bereits im Februar 2013 erstmals die Option eines außenpolitischen Kurswechsels ins Spiel gebracht. Als damaliger türkischer Ministerpräsident bat er nach eigener Aussage den russischen Präsidenten Wladimir Putin um die Aufnahme der Türkei in die SOZ. »Dann sagen wir der EU auf Wiedersehen«, so Erdoğan. Diese Rhetorik schürt seither Erwartungen an sein politisches Handeln – sowohl in der Türkei als auch in einzelnen Mitgliedsstaaten der SOZ. Einen formellen Aufnahmeantrag hat die Türkei bislang aber nicht gestellt. Es ist davon auszugehen, dass dies auch vor den Wahlen im kommenden Jahr nicht mehr erfolgt. Dafür ist das Zeitfenster zu klein.

Die Begründung für Erdoğans Initiative ist jedoch aufschlussreich. Er verweist darauf, dass die EU die Türkei seit 52 Jahren nicht aufgenommen habe. Sich deshalb nach Alternativen umzuschauen, sei normal. Die Türkei verfolge eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Staaten in Asien, sowohl in der Sicherheits- wie auch in der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik. Diese Erklärung unterstreicht die Ambition des Nato-Mitglieds Türkei, alternative Kooperationsformate eurasischer Prägung beizutreten beziehungsweise seine außenpolitische Rolle in solchen Institutionen zu stärken. In diesem Sinne ist auch die Rede Erdoğans beim Gipfeltreffen in Samarkand zu verstehen, in der er auf die einzigartige Möglichkeit verwies, die sein Land als Brücke zwischen Ost und West biete. Mit dem Status als Dialogpartner in der SOZ habe sich für die Türkei eine weitere Tür nach Asien geöffnet.

Zunehmende wirtschaftliche Kooperation

Mit einer angestrebten Vollmitgliedschaft unterstreicht Präsident Erdoğan ebenso, wie sehr sich sowohl die Türkei als auch die SOZ in den vergangenen Jahren verändert haben. Die wirtschaftspolitische Bedeutung der Gruppe ist 2017 durch die Mitgliedschaft von Indien und Pakistan aufgewertet worden. Mit dem Beitritt Irans wird sie energiepolitisch weiter wachsen. Auf dem Gipfel in Samarkand wurde mit Ägypten erstmals ein Staat aus Afrika als neuer Dialogpartner aufgenommen.

Diese Expansion der SOZ geht einher mit einer Ausweitung ihrer Handlungsfelder. Neben sicherheitspolitischer Kooperation will die Schanghai-Gruppe verstärkt die Zusammenarbeit in der Infrastrukturpolitik fördern, insbesondere die Transportinfrastruktur zu Land und auf See. Vor diesem Hintergrund versucht Erdoğan, die Türkei als »mittleren Korridor« zu positionieren, mit neuen Partnern und strategischen Optionen Richtung Zentralasien. Die seit Dezember 2021 operierende Zugverbindung Islamabad-Teheran-Istanbul (ITI) dient dabei als Vorzeigeprojekt für Konnektivität im Transportsektor.  

Erdoğans Ankündigung in Samarkand wird in zahlreichen europäischen Hauptstädten als »Abkehr vom Westen« und Hinwendung zum »Club der Autokraten« interpretiert. Diese zum Teil berechtigte Kritik greift allerdings in einem Aspekt zu kurz: Sie verkennt, wie sehr sich Ankara seit mindestens einer Dekade darum bemüht, seine institutionelle Präsenz in Zusammenschlüssen zentralasiatischer Prägung zu intensivieren.

Die Organisation der Turkstaaten (OTS), 2009 unter Federführung der Türkei gegründet, ist dafür ebenso ein prägendes Beispiel wie die seit 2015 bestehende Mitgliedschaft der Türkei in der chinesischen Seidenstraßeninitiative (Belt and Road) und der Beitritt Ankaras zur von China gegründeten Asiatischen Infrastruktur- und Investitionsbank (AIIB) ein Jahr später. All diese Schritte unterstreichen die strategische Neuausrichtung in der Außenwirtschaftspolitik. Und da sich die Schanghai-Gruppe nun auch stärker als ökonomischer Zusammenschluss zu positionieren versucht, könnten sich für die Türkei künftig noch weitere Anknüpfungspunkte in Richtung Asien ergeben. So vereinbarten

die SOZ und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) eine verstärkte Zusammenarbeit, um den grenzüberschreitenden Handel von landwirtschaftlichen Produkten zwischen SOZ-Mitgliedsländern zu erleichtern.

Durch die Debatte um eine eventuelle SOZ-Vollmitgliedschaft gelingt es Erdoğan, das Augenmerk auf die strategische Unabhängigkeit der Türkei zu lenken. Er will sich institutionelle Optionen offen halten. Die Nato-Bündnispartner können das Bestreben der Türkei auf eine Mitgliedschaft in der SOZ nicht länger als Randthema behandeln. Wichtig ist, klarzustellen, dass eine Doppelmitgliedschaft in der Nato und in der SOZ nicht vereinbar ist. Die aktive Teilnahme der Türkei in internationalen Foren wie der SOZ zeigt allerdings, dass Ankara für sich in Anspruch nimmt, strategische Autonomie zu definieren. Die expandierende Schanghai-Organisation und ihre wachsende geoökonomische Bedeutung bieten sich als Alternative an.

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