Blickt man auf den außenpolitischen Diskurs in den USA seit Ende des Kalten Krieges zurück, fällt auf, wie vorherrschend und festgefügt eine grundlegende Annahme blieb: Die Vereinigten Staaten müssen die Führungsrolle im internationalen System spielen. Gemäß diesem Selbstverständnis sind die USA der Garant internationaler Stabilität und unverzichtbare Ordnungsmacht. Trotz aller Debatten zwischen konservativen und liberalen Internationalisten ist die außenpolitische Linie von einem hegemonialen Selbstverständnis geprägt. Zwar wird der Begriff des »wohlwollenden Hegemons« selten gebraucht. Doch genau dies ist gemeint, wenn die USA wie unter Obama eine Führungsrolle beanspruchen, die nicht nur im amerikanischen Interesse liegt, sondern nach Washingtons Auffassung auch im besten Interesse der meisten anderen Staaten. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten muss damit gerechnet werden, dass in Gestalt von Donald Trump jemand ins Weiße Haus einziehen könnte, dessen »America First«-Einstellung den Bruch mit dem vorherrschenden Rollenverständnis markiert.
Am 3. Juli 2016 entstand in Russland ein neues föderales Sicherheitsorgan – die Nationalgarde. Dazu wurden die »Inneren Truppen« und die Spezialkräfte der Polizei dem Innenministerium entzogen und direkt dem Präsidenten unterstellt. Das Aufgabengebiet der Nationalgarde reicht vom Schutz der öffentlichen Ordnung über die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bis zur Beteiligung an Territorialverteidigung und Grenzschutz. Es handelt sich um die bedeutendste Restrukturierung von Russlands inneren Sicherheitsorganen seit mehr als zehn Jahren. Die Reform offenbart Putins Sorgen um die Stabilität des von ihm geschaffenen politischen Systems – angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise und bevorstehender Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Dabei kann die Nationalgarde nicht nur als Repressionsinstrument gegen mögliche Massenproteste dienen, sondern auch als Disziplinierungsmittel gegen potentiell illoyale Elitengruppierungen.
Zusätzliche Information:
Schon vor dem britischen EU-Referendum vom 23. Juni 2016 haben sich nationalistische Parteien der autonomen Regionen des Vereinigten Königreichs dafür stark gemacht, dass diese in der EU bleiben. Dabei verschwiegen sie ihren Wählern nicht, dass ihnen der Brexit auch Vorteile bringt: Die Schottische Nationalpartei fordert ein zweites schottisches Unabhängigkeitsreferendum, die nordirischen Nationalisten streben nach einer Abstimmung über die Vereinigung mit der Republik Irland. Um ihre »nationale« Agenda voranzutreiben, verbünden sich die Nationalisten dieser beiden Regionen ausgerechnet mit jenen Europapolitikern, die den Brexit für eine Vertiefung oder Zentralisierung der EU nutzen wollen. Deshalb drängen sie die britische Regierung, möglichst rasch einen Austrittsantrag nach Artikel 50 des EU-Vertrags zu stellen. Doch die neue Premierministerin Theresa May erklärte überraschend die staatliche Einheit des Vereinigten Königreichs zur obersten Priorität. Solange mit Schotten und Nordiren kein Einvernehmen über die Modalitäten eines EU-Austritts hergestellt sei, werde die britische Regierung ihn auch nicht beantragen. Es liegt im Interesse der EU und vor allem Deutschlands, May in dieser Haltung zu bestärken. Der Brexit sollte nicht zum Experimentierfeld für neue Europakonzepte werden.
Das Ergebnis des britischen EU-Referendums wurde in den Ländern der Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn) mit Bedauern und Sorge aufgenommen. Nicht nur droht dem östlichen Mitteleuropa ein wichtiger wirtschaftlicher und politischer Partner in der EU abhandenzukommen. Auch dräut aus Sicht der Staatengruppe veritables europapolitisches Ungemach am Horizont. Man befürchtet insbesondere, dass sich Vertiefungsimpulse und Tendenzen zur Bildung eines Kerneuropas, etwa um die Eurozone, verfestigen werden. Deutschland sollte die Visegrád-Länder – unbeschadet europapolitischer Differenzen – aktiv in kommende Dialog- und Reflexionsforen einbinden. Eine dem Gebot des Zusammenhalts verpflichtete »Kontinentalunion« der 27 wird sich nicht gegen den Willen der Visegrád-Länder reformieren lassen.
Im Juni 2016 nahmen irakische Truppen die Stadt Falluja ein, die seit Januar 2014 vom sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrolliert worden war. Neben den regulären Truppen beteiligten sich zum wiederholten Mal schiitische Milizen an den Kämpfen. Sie sind Teil der »Volksmobilisierungseinheiten«, einem breiten Bündnis schiitischer paramilitärischer Kräfte, das 2014 gegründet wurde, um den IS zu bekämpfen. Die meisten dieser Milizen stehen aber nicht unter dem Kommando der irakischen Regierung, sondern der iranischen Revolutionsgarden, von denen sie auch ausgebildet, beraten und teilweise finanziert werden. Zwar tragen sie maßgeblich dazu bei, dass der IS zurückgedrängt wird. Doch mit jedem Sieg der Milizen kommt die iranische Führung ihrem Ziel näher, im Irak einen Staat im Staate nach dem Vorbild der Hizbullah im Libanon zu schaffen. Das schwächt die irakische Zentralregierung und verhindert politische Veränderungen, die nötig wären, um des IS langfristig Herr zu werden. Denn die Abhängigkeit der Milizen von Iran und ihre Gewalttaten gegen Zivilisten schüren Ressentiments unter den Sunniten des Landes.