The cracks in the international order that politics and scientific policy advice have been confronted with for several years have widened further as a result of the corona pandemic and its consequences. The outcome of the 2016 Brexit referendum and US President Donald Trump’s erratic administration between 2017 and 2021 have already called into question long-held foreign policy assumptions concerning ever-advancing globalisation and rule-based multilateralism. Unsettled by these developments, which go hand in hand with growing populism and the spread of “fake truths”, foreign policy think tanks have begun to discuss what effects these will have on scientific policy advice. Relevant contributions to the debate in recent years are presented below, revolving around key questions such as these: Given the increasingly polarised political environment, what are the challenges scientific policy advice is now facing and how should think tanks position themselves vis-à-vis the public and politics? And how can they maintain their independence and scientific integrity in these uncertain times?
Im Zuge der Corona-Pandemie und durch den Sturm auf das Kapitol ist die Bedrohungswahrnehmung im Hinblick auf rechtsextremistische Gruppen und Anhänger von Verschwörungstheorien markant gestiegen. Die erneuten Anschläge in Frankreich und Österreich im November des vergangenen Jahres haben gezeigt, dass auch die Gefahr durch den jihadistischen Terrorismus akut bleibt. Die Ende 2020 aktualisierte EU-Agenda für Terrorismusbekämpfung umfasst vor diesem Hintergrund ein breites Themenspektrum. Sie zeugt aber auch von der Heterogenität der Unionskompetenzen und den unterschiedlichen Interessen der EU-Mitglieder. Einerseits bleiben die Befugnisse der EU bei der Rehabilitation von inhaftierten terroristischen Gefährdern oder bei der gesamtgesellschaftlichen Prävention beschränkt. Andererseits treibt die EU einen gemeinsamen Regulierungsrahmen für Meinungsäußerungen im Online-Raum voran. Dieser Ansatz ist zugleich Teil einer erneuerten transatlantischen Agenda. Die aktive Bekämpfung des Rechtsterrorismus wird jedoch eher in flexiblen Koalitionen vorangetrieben werden können.
Im Zuge der Corona-Pandemie und durch den Sturm auf das Kapitol ist die Bedrohungswahrnehmung im Hinblick auf rechtsextremistische Gruppen und Anhänger von Verschwörungstheorien markant gestiegen. Die erneuten Anschläge in Frankreich und Österreich im November des vergangenen Jahres haben gezeigt, dass auch die Gefahr durch den jihadistischen Terrorismus akut bleibt. Die Ende 2020 aktualisierte EU-Agenda für Terrorismusbekämpfung umfasst vor diesem Hintergrund ein breites Themenspektrum. Sie zeugt aber auch von der Heterogenität der Unionskompetenzen und den unterschiedlichen Interessen der EU-Mitglieder. Einerseits bleiben die Befugnisse der EU bei der Rehabilitation von inhaftierten terroristischen Gefährdern oder bei der gesamtgesellschaftlichen Prävention beschränkt. Andererseits treibt die EU einen gemeinsamen Regulierungsrahmen für Meinungsäußerungen im Online-Raum voran. Dieser Ansatz ist zugleich Teil einer erneuerten transatlantischen Agenda. Die aktive Bekämpfung des Rechtsterrorismus wird jedoch eher in flexiblen Koalitionen vorangetrieben werden können.
Im Vorfeld zur Knesset-Wahl 2021 werben jüdische Parteien aktiv um die Stimmen der israelischen Araber, die 17 Prozent der wahlberechtigten Israelis stellen. Zugleich äußern arabische Israelis verstärkt das Bedürfnis nach einer Politik, die zur Verbesserung ihrer Lebensumstände beiträgt und ihnen mehr politische Beteiligung ermöglicht. Während das arabische Parteienbündnis Vereinte Liste seinen traditionellen Oppositionskurs beibehält und dabei die Abspaltung ihres Mitglieds Islamische Bewegung (Ra’am) in Kauf nahm, treten im Wahlkampf neue Akteure auf, die eine pragmatischere arabische Politik betreiben und auf Zusammenarbeit mit jüdischen Parteien setzen. Der Konflikt und die Identität des jüdischen Staates Israel spielen für sie allenfalls eine Nebenrolle. Ähnlich sieht es in der israelischen Kommunalpolitik aus. Dort wird eine interessensbasierte jüdisch-arabische Kooperation bereits praktiziert.
Der Multilateralismus steckt in einer Krise. Deswegen riefen internationale Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker wie Angela Merkel, Ursula von der Leyen und António Guterres Anfang Februar dazu auf, bei der Bewältigung der Pandemie-Folgen auf multilaterale Zusammenarbeit zu setzen. Der Aufruf passt zur aktuellen Arbeit der Bundesregierung an einem »Weißbuch Multilateralismus«, die eine lebhafte Diskussion in der Fachöffentlichkeit ausgelöst hat. Auch die jüngst publizierten Empfehlungen eines Bürgerrates, in dem ausgeloste Bürgerinnen und Bürger unter Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble »Deutschlands Rolle in der Welt« erörterten, betonen die Bedeutung des Multilateralismus für Deutschland.
Weitgehend unstrittig ist der Befund: Seit einigen Jahren verfolgen insbesondere mächtige Staaten wie die USA, China und Russland ihre Interessen verstärkt unilateral. Sie zeigen wenig Kooperationsbereitschaft bei Territorialfragen, Abrüstungs- und Wirtschaftsabkommen und stehen sich in festgefahrenen Gewaltkonflikten wie in Libyen oder Syrien gegenüber. Als Folge der Abkehr vom Multilateralismus sind zentrale internationale Institutionen wie der UN-Sicherheitsrat oft blockiert. Berlin bekam dies während der nichtständigen Mitgliedschaft in diesem Gremium 2019/20 zu spüren, als es Moskau und Peking für eine Blockade der UN-Hilfslieferungen nach Syrien verantwortlich machte. Zwar versuchen kooperationswillige Mittelmächte wie Deutschland und Frankreich Gegenakzente zu setzen, etwa durch die Gründung der Allianz für den Multilateralismus. Aber in der Summe hat die Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit in den vergangenen zwanzig Jahren deutlich nachgelassen.
Im gleichen Zeitraum hat die globale Interdependenz, also die wechselseitige Abhängigkeit zwischen Staaten, Wirtschaft und Gesellschaft, jedoch erheblich zugenommen. Die Globalisierung vertieft die internationale Arbeitsteilung in Produktions- und Lieferketten. Die transnationale Mobilität ist exponentiell gewachsen: Immer mehr Menschen bleiben mit verschiedenen Orten und Gesellschaften verbunden – durch Migration ebenso wie durch Tourismus. Schließlich vernetzen digitale Medien die sozialen Lebenswelten über die durch das Internet zunehmend erschlossenen Kontinente hinweg.
Corona-Pandemie offenbart Defizite der multilateralen ZusammenarbeitIn der Pandemie zeigt sich die Anfälligkeit der verbundenen Welt: Aufgrund der in China und Indien verhängten Lockdowns kam es zu Produktionsausfällen und Unterbrechungen von Lieferketten, die zeitweise zu Engpässen bei der Belieferung mit Arzneimitteln und medizinischer Schutzausrüstung in der EU führten. Umgekehrt brach der Export aus Europa nach Asien ein.
Die politische Zusammenarbeit hinkt der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Globalisierung hinterher, wie die unzureichenden Bemühungen um gemeinsame Maßnahmen gegen die Pandemie belegen: Anders als noch in der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 gingen von den G20 im vergangenen Jahr kaum nennenswerte Steuerungsimpulse aus. Und die Appelle der UN, wie der Aufruf zum globalen Waffenstillstand, um die Pandemiebekämpfung zu erleichtern, verhallen weitgehend wirkungslos. Das zeigte auch die wiederaufgeflammte Auseinandersetzung zwischen Armenien und Aserbaidschan.
Kontroverser als der Befund fällt die Debatte über die richtige Therapie aus. Der eingangs erwähnte Aufruf setzt darauf, dass von der gemeinsamen Bedrohung durch die Pandemie ein Impuls zur Wiederbelebung multilateraler Zusammenarbeit ausgeht. Andere Vorstellungen zielen darauf ab, die wechselseitige Abhängigkeit zu reduzieren. So besinnen sich China, Indien und die USA auf Konzepte handelspolitischer Autarkie, selbst wenn die partielle Abkopplung vom Weltmarkt Nachteile mit sich bringt. Schließlich versucht ein Konzept wie die in der EU diskutierte strategische Autonomie beides miteinander zu verbinden: Größere Unabhängigkeit bei Beibehaltung von internationalem Engagement und Kooperationsbereitschaft.
Überraschende Krisen treiben die Staatengemeinschaft auseinanderVergegenwärtigt man sich den Verfall des Multilateralismus, dann wird ersichtlich, dass ein wesentlicher Grund in der Vielzahl der überraschenden Krisen zu sehen ist, mit denen die internationale Gemeinschaft seit der Jahrtausendwende konfrontiert war. Sie haben die Beziehungen zwischen den maßgeblichen Staaten nach und nach verhärtet und ihre Bereitschaft zu kooperativem Handeln untergraben.
Die Krisen beschädigten den Multilateralismus dabei direkt oder indirekt: Dem 11. September 2001 folgte der Krieg der USA gegen den Irak, der wiederum den Westen spaltete. Die Annektierung der Krim durch Russland 2014 führte zur Suspendierung von dessen G8-Mitgliedschaft und verschloss einen wichtigen Kanal nach Moskau. In der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise kam es zwar zu multilateraler Kooperation, die den befürchteten Kollaps der Finanzmärkte und Staatsbankrotte in der späteren Eurozonenkrise verhindern half. Die Auswirkungen der vereinbarten Maßnahmen, darunter Arbeitslosigkeit, Armut und Austerität, verschärften jedoch die sozialen Gegensätze in der EU und den USA. Davon profitierten politische Kräfte, die sich gegen die vermeintliche Fremdbestimmung durch Brüssel beziehungsweise für »America first« aussprachen. Die Folge: Brexit und die Präsidentschaft Donald Trumps.
Der Umkehrschluss liegt nahe: Wenn Krisen internationale Kooperation unterminieren, könnte gemeinsame Vorausschau multilaterale Zusammenarbeit stärken. Vorausschau gewinnt an politischer Glaubwürdigkeit, wenn sie frühzeitig auf Krisen aufmerksam macht. Die Kombination von Szenariotechnik mit konkreten Prognosen ist der vielversprechendste Ansatz dafür. Ein multilateraler Rahmen ist für die Vorbereitung auf die vielen denkbaren Herausforderungen der Zukunft besonders geeignet, denn Diversität und Multiperspektivität tragen zu besseren Vorhersagen und Szenarien bei. Und die erfolgreiche Bewältigung von Zukunftsherausforderungen, bevor sie sich zu Krisen auswachsen, schafft Vertrauen in die multilaterale Handlungsfähigkeit der internationalen Gemeinschaft.
Lars Brozus beteiligt sich an der Debatte über das »Weißbuch Multilateralismus«, unter anderem im Peacelab-Blog.
The European Union is an Arctic actor with a long record of engagement. Climate change and safeguarding the Arctic, sustainable development and international cooperation are the priority areas guiding its Arctic policy and its numerous projects in the region. Although the Union lacks formal observer status in the Arctic Council, member states Finland, Sweden and the Kingdom of Denmark are members of the body, along with Iceland and Norway, which are members of the European Economic Area and participate in the EU Framework Programme for Research and Innovation.
Whereas the environmental and sustainability elements spelled out in the Commission’s communication of 2016 remain highly relevant, the region’s growing geopolitical significance makes the lack of a security policy component an increasingly pressing concern. This should therefore be addressed in the EU’s new Arctic policy, which is currently being finalised after the public consultation ended in November 2020. Maritime security offers a tested and appropriate field for expanding EU engagement.
Das Jahr 2021 hätte grundlegende Veränderungen bringen sollen für Somalia: Die ersten freien und allgemeinen Wahlen waren geplant, und die Mission der Afrikanischen Union sollte umgestaltet und reduziert werden. Nun hat der Sicherheitsrat die Diskussion über das Mandat verschoben, und der Wahltag verstrich ohne Wahl: Der Präsident und die Ministerpräsidenten von zwei der fünf Bundesländer hatten sich nicht auf die Wahlmodalitäten einigen können. Auf eine Demonstration oppositioneller Präsidentschaftskandidaten und ihrer Anhänger ließ Präsident Farmajo scharf schießen; er wirft ihnen vor, mit Hilfe von Clanmilizen gegen die Regierung vorgehen zu wollen.
Nach dem Staatszerfall 1991 war das Land in Bürgerkriegen, Warlord-Herrschaft und Clanstreitigkeiten versunken. Erst seit 2004 gibt es wieder eine Regierung, die wegen der Sicherheitslage im Land noch bis 2012 von den Nachbarländern aus agieren musste. 2021 sollte die Verantwortung für die Sicherheit im Land schrittweise in die Hände der somalischen Sicherheitskräfte übergehen. Nach über vierzehn Jahren militärischer Unterstützung durch die Mission der Afrikanischen Union (AMISOM) steht beim UN-Sicherheitsrat die Entscheidung über deren Verlängerung und weitere Ausgestaltung an. Vor allem europäische Staaten, die den Großteil der Mission finanzieren, sind frustriert, dass die Aktivierung der somalischen Armee zu zögerlich vorangeht und die AU-Mission sich nicht auf die Bekämpfung der jihadistischen Al-Shabaab-Miliz konzentrieren kann, sondern weiterhin Polizeiarbeit übernehmen muss. Der Rückzug der Amerikaner Ende 2020, die vor Ort gegen die Miliz kämpften, verstärkt die Dringlichkeit.
Al-Shabaab als zweite Kraft fest verankertSomalia ist der regionale Problem-Champion. Die Regierung in Mogadischu hat kaum Kontrolle über die Hauptstadt hinaus, und auch hier kann sie sich nur bewegen, weil die Mission der Afrikanischen Union mit ca. 20 000 Truppen für Sicherheit sorgt. Al-Shabaab ist überall im Land, außer im nördlichen Puntland, als zweite Kraft fest verankert: Sie treibt Steuern ein, infiltriert die Politik, bietet bisweilen verlässlicher Dienstleistungen an als die Regierung und ist tief in der Gesellschaft verwurzelt. Die Miliz verübt Anschläge gegen Regierung und AMISOM-Truppen und ist zunehmend in der Lage, hochentwickelte Bomben und unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen zu bauen. Sie agiert als ideologische Organisation und als mafiös organisierte kriminelle Struktur, deren Bankkonten sich zusehends füllen. Die Organisation wird als derzeit schlagkräftigste Al-Qaida-Filiale weltweit eingeschätzt, mit einer Kommandostruktur, die Zellen in anderen Ländern nahezu unabhängig operieren lässt: Die häufigen Anschläge mit vielen Toten, vor allem im Nachbarland Kenia, zeugen davon. Die Regierung ist dieser Gegenmacht offensichtlich nicht gewachsen.
Um die Führung im Land übernehmen zu können, braucht die Regierung das Vertrauen der Bevölkerung: Sie müsste beweisen, dass sie willens und in der Lage ist, mit den Bundesländern zu kooperieren, um die dringend nötige Infrastruktur, wie Schulen, Krankenhäuser und Straßen, über Ländergrenzen hinaus gemeinsam zu planen und umzusetzen. Sie muss auch glaubhaft für das Wohl der gesamten Bevölkerung sorgen und darf nicht zulassen, dass Sicherheit und Dienstleistungen abhängig vom Einfluss der Clans oder einflussreicher Eliten sind. Sie muss ferner Steuern eintreiben und damit Dienstleistungen und Sicherheiten anbieten können, die besser sind als die von Al-Shabaab. Nur auf dieser Grundlage hätte sie auch die Chance, den militärischen Herausforderungen durch die Jihadistenmiliz erfolgreich zu begegnen, die politische Unterwanderung zu stoppen und die Finanzierung der kriminellen Organisation auszutrocknen. Auch eine freie und faire Wahl würde das Vertrauen der Bevölkerung deutlich stärken.
Politische Eliten stehen Clans näher als der BevölkerungDass jüngst alle Seiten Bereitschaft signalisiert haben, sich über die Modalitäten der Wahl zu einigen, ist gut. Ob es zu dieser Wahl tatsächlich kommen wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall steht die Regierung – ob alt oder neu – vor gewaltigen Aufgaben, und es bedürfte enormer Anstrengungen, diese zu lösen. Die Kommunikationsblockade der letzten Jahre und die Eskalation der letzten Wochen zeugen von politischen Eliten, die keine ausreichenden Anstrengungen für eine landesweite Lösung unternehmen, weil sie sich selbst oder ihren Clans am nächsten sind. So kümmern sich etwa persönliche oder Clanmilizen um die Sicherheit einzelner Politiker, während sich die Bevölkerung in den Städten, den Camps der Binnenvertriebenen und Dörfern nicht auf die somalische Polizei verlassen kann. Auch kann sie nicht darauf zählen, dass die Armee gegen die Jihadisten vorgeht. Der Schutz der Bevölkerung in den befreiten Gebieten und der Kampf gegen Al-Shabaab wird gänzlich AMISOM überlassen, obwohl die Mission nicht Polizei und Armee ersetzen, sondern lediglich unterstützen soll. Und so diskreditiert sich die Regierung weiter und bereitet damit der jihadistischen Miliz einen immer fruchtbareren Boden.
Es kommt nun entscheidend darauf an, dass die politische Elite sich einigt und das Wohl des Landes über Partikularinteressen stellt. Externe Akteure sollten ihre Unterstützung einschließlich der Verlängerung der Mission daher an Bedingung knüpfen: Ein verlässlicher Fahrplan für baldige freie und faire Wahlen, die Umsetzung des Transitionsplans der Regierung – der auch die Übernahme von Sicherheitsverantwortung vorsieht – und der zügige Aufbau der notwendigen kritischen Infrastruktur sollten dabei höchste Priorität haben.
Die Sicherheitslage am Horn von Afrika hat sich in den vergangenen Monaten massiv verschlechtert; dazu tragen auch der Krieg im äthiopischen Tigray und der Streit zwischen Somalia und dem Nachbarland Kenia bei. An erster Stelle profitiert davon die Al-Shabaab, die darauf setzt, ihren Aktionsradius weiter zu vergrößern. Dies muss im Interesse der Bevölkerungen Somalias und der Region verhindert werden. Dafür, und nicht als Ersatz für somalische Sicherheitskräfte, hatten die Nachbarn unter hohen Verlusten ihre Truppen in AMISOM zur Verfügung gestellt.
Seit dem Vertrag von Lissabon ringt die Europäische Union (EU) mit ihrer Fähigkeit, strukturelle Reformen durchzuführen. Neue Integrationsschritte waren nur unter extremem Krisendruck möglich, Vertragsänderungen sind zu einem Tabu geworden. Einen neuen Weg soll die »Konferenz zur Zukunft Europas« eröffnen und in einem Hybrid aus interinstitutionellen Verhandlungen und Bürgerbeteiligung neue Ideen für die Weiterentwicklung der Union hervorbringen. Doch die Covid-19-Pandemie hat den Start verzögert. Auch Ziele, Ambitionsniveau und Struktur der Konferenz sind unter den EU-Institutionen umstritten. Um einen nachhaltigen Reformimpuls zu entfalten, muss die Konferenz vier Hindernisse überwinden: die Skepsis vieler Mitgliedstaaten, das Tabu von Vertragsänderungen, interinstitutionelle Rivalitäten und bisherige Schwierigkeiten der EU mit der Bürgerbeteiligung.
Die Bilanz deutscher und französischer Politik in den Krisenstaaten Mali und Libyen ist enttäuschend. Während deutsches Engagement weitgehend ineffektiv geblieben ist, hat Frankreichs Politik oftmals nachweislich zur weiteren Destabilisierung beigetragen.
Grund für erfolglose oder sogar kontraproduktive Strategien Deutschlands und Frankreichs in beiden Krisenstaaten ist, dass Stabilisierung als Ziel meist eine untergeordnete Rolle spielt.
Das innenpolitische Narrativ der Terrorbekämpfung bestimmt die französische Politik in beiden Krisenstaaten. In Mali wird dies der Komplexität der Konflikte nicht gerecht; in Libyen diente es als Deckmantel dafür, dass Frankreich gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten den Milizenführer Khalifa Haftar unterstützte.
Für Berlin besitzen beide Krisenstaaten einen wesentlich geringeren Stellenwert als für Paris. Diese Haltung prägt das deutsche Engagement. Statt der Frage, welche Ansätze vor Ort sinnvoll sind, dominiert der Wille, die deutsche Bereitschaft zur Übernahme internationaler Verantwortung zu unterstreichen oder Solidarität mit Frankreich zu zeigen.
Die problematischeren Aspekte deutscher und französischer Politik verstärken sich gegenseitig. Während Deutschland sich militärisch zurückhält, prescht Frankreich in dem Bereich vor. Auf der anderen Seite instrumentalisiert oder unterminiert Paris multilaterale Ansätze, während Berlin sie zwar mitträgt, aber nicht mitprägt.
Mitte Februar haben sich die beteiligten Bundesministerien auf einen Entwurf für ein Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten geeinigt. Dies ist ein wichtiger Schritt, damit deutsche Unternehmen umfassende Verantwortung für die Lieferketten ihrer Waren und Dienstleistungen übernehmen. Deutschland hat sich damit in die Riege europäischer Länder wie Frankreich und die Niederlande eingereiht, die verbindliche Regulierungsrahmen schon gesetzt haben. Gleichwohl hat die Bundesregierung mit der Absage an eine zivilrechtliche Haftung auf einen entscheidenden Hebel verzichtet, um Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen, gezielt zu sanktionieren. Um dem Gesetz die größtmögliche Wirkung zu verleihen, sollten Bundestag und Bundesregierung daher weitere flankierende Maßnahmen beschließen, die über die rechtlichen Regelungen im Gesetzentwurf hinausgehen. Deutschland kann zudem auf europäischer und internationaler Ebene dazu beitragen, dass Unternehmen in der EU und im globalen Maßstab mehr Verantwortung in Lieferketten übernehmen.
In December 2020, the European Union (EU) presented its new strategy on cybersecurity with the aim of strengthening Europe’s technological and digital sovereignty. The document lists reform projects that will link cybersecurity more closely with the EU’s new rules on data, algorithms, markets, and Internet services. However, it clearly falls short of the development of a European cyber diplomacy that is committed to both “strategic openness” and the protection of the digital single market. In order to achieve this, EU cyber diplomacy should be made more coherent in its supranational, democratic, and economic/technological dimensions. Germany can make an important contribution to that by providing the necessary legal, technical, and financial resources for the European External Action Service (EEAS).
In wichtigen Volkswirtschaften zeigt sich eine überraschende und gefährliche Renaissance protektionistischen Denkens. China, Indien und die USA, die drei bevölkerungsreichsten Staaten der Welt, haben ihre handelspolitischen Prioritäten verändert. Präsident Donald Trump warb vehement für den Kauf amerikanischer Produkte, und sein Nachfolger Joe Biden wird den in der Demokratischen Partei ohnehin unpopulären Freihandel vermutlich nicht fördern. Der indische Premierminister Narendra Modi propagiert nicht nur die Produktion von Waren im eigenen Land (»Make in India«), sondern setzt inzwischen auf eine weiterreichende Selbstversorgung. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat schon 2018 gefordert, die Abhängigkeit der Volksrepublik von Im- und Exporten zu reduzieren. Und auch Europa ist keineswegs frei von protektionistischen Reflexen. Der französische Präsident Emmanuel Macron hält es für notwendig, die Globalisierung anders zu gestalten, und will weg von ihrer bisherigen auf Liberalisierung drängenden Form. Der Ruf nach Selbstversorgung ist vielerorts plötzlich wieder populär.
Am 3. Februar 2021 haben die USA und Russland die Gültigkeit des New-Start-Vertrags über die Verminderung strategischer Waffen um fünf Jahre verlängert. Zwei Tage später wäre er außer Kraft getreten. Der Vertrag begrenzt Atomwaffen und strategische Trägersysteme globaler Reichweite. Wollte der damalige Präsident Donald Trump zuerst China einbinden und neue russische Waffen einbeziehen, änderte sein Nachfolger Joe Biden prompt den Kurs. Damit wurde ein quantitativer atomarer Rüstungswettlauf vorläufig abgewendet. Um strategische Stabilität aber auch künftig zu sichern, muss binnen fünf Jahren ein Nachfolgevertrag geschlossen werden. Es wird darum gehen, die Zahl strategischer Atomwaffen zu senken, auch neue Waffentechnologien und substrategische Kernwaffen zu begrenzen sowie die Fähigkeiten anderer Atommächte zu berücksichtigen. Dies wird sich auch auf regionale Abschreckungskonzepte auswirken. Deutschland und die Verbündeten sollten diesen Prozess nachdrücklich unterstützen und bei der Überprüfung des strategischen Konzepts der Nato die Bedeutung von Kernwaffen reduzieren.
A political crisis was the last thing Italy needed during the pandemic. Yet, a personal conflict between the leader of Italia Viva, Matteo Renzi, and the previous prime minister, Giuseppe Conte, led to the collapse of the coalition in mid-January. President Sergio Mattarella then commissioned 73-year-old Mario Draghi – former head of the European Central Bank (ECB) – to form a technical government, which he will preside over as prime minister. According to Mattarella, it would have been risky to organise early elections during the pandemic. Indeed, new elections would have delayed the fight against the pandemic. In addition, the prospect of a right-wing populist government would also probably have had a negative impact on the financial markets – a risk that had to be avoided in an already challenging situation.
Difficult situationMario Draghi is inheriting a difficult situation: In Italy, the health, economic, and social crises triggered by the pandemic have exacerbated the country’s enormous structural problems. Italy’s “seven deadly sins” – as the Italian economist Carlo Cottarelli called them – are tax evasion, corruption, an excessive bureaucracy, an inefficient judicial system, demographic problems, the North-South divide, and difficulty in functioning within the Eurozone. As a result of the pandemic, gross domestic product (GDP) fell by almost 9 per cent in 2020, public debt rose to around 160 per cent of GDP, and more than 400,000 jobs were lost. The inability of the traditional parties to find solutions for the economic problems keeps support for the right-wing populist coalition (Lega, Fratelli d’Italia, Forza Italia) at almost 50 per cent.
Even though almost all major political forces have declared their intent to cooperate with the Draghi government, the framework of a technical government offers the right-wing populists a target. It is quite conceivable that they will accuse Draghi of lacking democratic legitimacy. It will also be a challenge for the new head of government to govern without his own parliamentary majority.
Managing the health crisis without austerityThe top priority of the new leadership will be to manage the health crisis. This includes speeding up vaccinations and supporting schools and the labour market. This means applying for – and successfully using – funds from the financial assistance plan of the European Union (EU) to mitigate the economic and social consequences of the Covid-19 pandemic, Next Generation EU. The expected €200 billion or so from this fund could benefit the economic recovery as well as the planned structural reforms in public administration, taxation, and the judiciary, which will give the new government more room for manoeuvre in economic policy. Unlike the last technical government under Mario Monti (2011–2013), the fact that Draghi will not have to enact politically costly fiscal consolidation with possible negative effects on GDP growth can also be seen as an opportunity. This is mainly due to broad market confidence in Draghi and the fact that his government is operating from the outset under the protective umbrella of the ECB, which will not allow the cost for servicing public debt to rise excessively. The Eurozone’s fiscal rules have also been temporarily suspended; this makes it possible to support the economy through fiscal policy measures. Finally, it should not be forgotten that, despite the structural problems, the Italian economy has many strengths: Italy is one of the most industrialised countries in Europe and the second-largest exporter after Germany. If some obstacles to growth are removed and, for example, credit is released by the Italian banking sector, the pace of recovery could pick up significantly. Draghi’s experience from the finance ministry and in central banking could help him set a decisive course.
Who will succeed Draghi?Nevertheless, given the major challenges facing Draghi’s technical government, one should be cautious about expectations. The next general election is less than two and a half years away, and it cannot be ruled out that it will be brought forward. That is very little time to address structural problems that have existed for decades. To avert a victory for the right-wing populists, the new head of government will do everything he can to prevent early parliamentary elections until the current moderate majority in parliament has elected President Mattarella’s successor. The latter’s term ends in February 2022, and it cannot be ruled out that Draghi himself will succeed Mattarella. He could use his authority and power as president to stabilise politics, as is the traditional role of the Italian president.
In 2012, Draghi saved the Eurozone as head of Europe’s most important financial institution. In the current crisis, even if supported by figures from across a broad political spectrum, he will act as head of one of Europe’s most politically fragile governments – an incomparably less favourable starting position. Draghi will make the best possible use of his time as head of government. That much is certain. However, given the massive level of support for the populists, the most important question is: After Draghi, will someone take the helm who will continue his reforms or reverse them? Not only Italy’s future, but also that of the entire Eurozone depends on it.
This text was also published at fairobserver.com.
The global pandemic crisis has highlighted the inherent weaknesses of governance in countries of the Maghreb. It has underscored Morocco’s lagging human development and infrastructure amid growing authoritarianism. In Algeria, where the government is struggling with an ongoing legitimacy crisis, the pandemic has exposed the state’s weak public services. In Tunisia, the pandemic has emphasised the disarray of the country’s political elites and the effects of the protracted transition on state output. Yet, the pandemic crisis has pushed some of these governments to seize opportunities, including speeding up digitalisation, allowing for citizen engagement, and even seeking some self-sufficiency in terms of medical production. As these countries pursue economic relief and support to overcome the growing economic impacts from the crisis, European partners have the opportunity to use their leverage to promote policies that reduce inequality, prioritise investment in critical infrastructure, and encourage transparent and responsive citizen–government relations.
Ein halbes Jahrzehnt nach ihrer Gründung befindet sich die Drei-Meere-Initiative in einer Phase der Festigung und der Konkretisierung. Der lose Zusammenschluss von zwölf Ländern aus Ostmittel- und Südosteuropa hat es sich zum Ziel gesetzt, die Konnektivität zwischen den Ländern der Region zu verbessern. Mit seinem nunmehr auf über eine Milliarde Euro angewachsenen Investitionsfonds und durch das finanzielle und politische Engagement der USA, das vermutlich auch die Biden-Administration fortführen wird, ist die Initiative stabiler und handlungsfähiger geworden. Allerdings leidet sie weiter an den unterschiedlichen geopolitischen Interessen der teilnehmenden Staaten. Deutschland, das kein vollumfänglicher Teilnehmer, sondern Partner der Initiative ist, sollte sich, sofern es an seinem Beitrittswunsch festhält, im Sinne einer wohlwollenden Mitwirkungsbereitschaft in die Initiative einbringen, um unabhängig von deren weiterer Entwicklung Kooperationschancen auszuloten und Präsenz in der Region zu zeigen.
Homomorphe Verschlüsselung stellt einen nächsten Evolutionsschritt der Kryptografie dar. Mit dieser Technologie können Datenbanken erstmals verschlüsselt genutzt werden. Auch eröffnen sich mit ihr zahlreiche neue Möglichkeiten im Bereich Multi-Cloud-Computing und Machine Learning. Zudem hat homomorphe Kryptografie politische Implikationen. Die Technologie ist zentral für die Sicherheitspolitik, etwa beim Datenaustausch zwischen Sicherheitsbehörden. Neue Multi-Cloud-Geschäftsmodelle könnten zudem neue Abhängigkeiten erzeugen, etwa von den USA, wo bereits an einer Standardisierung gearbeitet wird. Um nicht abgehängt zu werden, sollte die EU die Anwendungsforschung fördern und homomorphe Verschlüsselung bei den Planungen für die eigene Cloud-Initiative Gaia-X frühzeitig miteinbeziehen.
Der Schutz der Arktis, die nachhaltige Entwicklung und die internationale Zusammenarbeit: an diesen drei Prinzipien hat sich die Arktispolitik der Europäischen Union (EU) in den einschlägigen Mitteilungen der Kommission 2008 und 2016 orientiert. Aufgrund ihres langjährigen Engagements und einer Vielzahl von Projekten in der Arktis, für die diese drei Prinzipien maßgeblich sind, ist die EU bereits ein arktischer Akteur, auch wenn sie im Arktischen Rat keinen formellen Beobachterstatus hat. Darüber hinaus sind drei EU-Staaten – das Königreich Dänemark, Finnland und Schweden – Mitglieder dieses Rates. Island und Norwegen sind Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums und beteiligen sich am EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation.
Während die ersten beiden Prinzipien hoch relevant bleiben, fehlt im internationalen Kontext eine sicherheitspolitische Komponente. Sie ist wegen der zunehmenden geopolitischen Bedeutung der Arktis notwendig geworden. Diese Komponente sollte daher in die neue EU-Arktisstrategie integriert werden, die zurzeit in Brüssel erarbeitet wird, nachdem zwischen Juli und November 2020 eine öffentliche Befragung dazu stattgefunden hat. Die maritime Sicherheit bietet ein bewährtes und geeignetes Feld für ein stärkeres Engagement der EU in der Arktis.