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Nachrichten und Pressemitteilungen
Updated: 3 weeks 2 days ago

Alexander S. Kritikos: „Thüringen-Krise ist auch aus wirtschaftlicher Sicht ein Debakel“

Mon, 10/02/2020 - 03:13

Alexander S. Kritikos, Forschungsdirektor am DIW Berlin, äußert sich zu den Folgen der Krise in Thüringen:

Mit der Annahme der Wahl zum Ministerpräsidenten von Thüringen hat der FDP-Politiker Thomas Kemmerich ein politisches Beben ausgelöst, was sich zuletzt im Rückzug der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer manifestiert hat. Die Entwicklung birgt auch ökonomische Risiken. Denn es geht um das Vertrauen in die Entwicklung Deutschlands. Der Wohlstand nicht nur Thüringens, sondern ganz Deutschlands hängt davon ab, dass es als Wirtschaftsstandort für Unternehmen attraktiv bleibt. Dafür braucht es Offenheit für Innovation und für Freihandel, offene Arbeitsmärkte und Kapitalströme. Insofern beschädigt die Wahl eines Ministerpräsidenten mit Stimmen einer Partei, die dezidiert gegen eine solche „offene Wirtschaftspolitik“ ist, das Vertrauen in die zukünftige politische Entwicklung Deutschlands. Im Inland wie im Ausland fragt man sich: Wann wird das nächste Tabu gebrochen, wenn es um den politischen Machterhalt geht? Solche Befürchtungen erfahren durch den angekündigten Rücktritt der CDU-Vorsitzenden noch zusätzliche Nahrung. Im Sinne des Landes bleibt zu hoffen, dass die Wahl von Thüringen kein Versuchsballon für einen nächsten Tabubruch war.

Marcel Fratzscher: „Deutsche Wirtschaft büßt auch während Brexit-Übergangsphase Wachstum ein“

Fri, 31/01/2020 - 08:16

Mit Ablauf des heutigen Tages ist das Vereinigte Königreich nicht länger Mitglied der Europäischen Union. Zum Brexit und der sich anschließenden elfmonatigen Übergangsphase sowie den Auswirkungen auf die Konjunktur in Deutschland ein Statement von DIW-Präsident Marcel Fratzscher:

Das Brexit-Drama ist auch nach dem heutigen Tag keinesfalls beendet. Die Übergangsphase, an deren Ende ein Abkommen über die künftigen Handelsbeziehungen zwischen den Briten und der EU stehen soll, beginnt. Doch die Verhandlungen werden mehr als nur knifflig sein. Abgesehen von der extrem knapp bemessenen Zeit, in der kaum ein ausgereiftes Handelsabkommen entstehen kann, sind die inhaltlichen Differenzen massiv. Die EU steht vor einem schwierigen Balanceakt: Einerseits braucht sie das Vereinigte Königreich als verlässlichen Partner, andererseits darf sie nicht zu sehr nachgeben, wenn sich Populisten und EU-Spalter kein Vorbild am Brexit nehmen sollen. Gibt es keine Einigung, könnte es nach der Übergangszeit doch noch zu einem harten Brexit kommen. Darunter würde auch die deutsche Wirtschaft leiden. Aktuelle Berechnungen des DIW Berlin zeigen zudem, dass die anhaltende Unsicherheit ebenfalls Gift für die deutsche Konjunktur ist. Seit dem Brexit-Votum im Jahr 2016 ist das Bruttoinlandsprodukt hierzulande in jedem Jahr um 0,2 Prozentpunkte weniger gewachsen, als es ohne EU-Ausstieg der Briten der Fall gewesen wäre. Während der nun beginnenden Verhandlungen eines Abkommens werden einzelne Unternehmen angesichts der Ungewissheit über die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen auch weiterhin nur zögerlich investieren – das kostet voraussichtlich erneut 0,2 Prozentpunkte Wachstum in diesem Jahr. Eine Rezession infolge des Brexit droht in Deutschland allerdings nicht.

Marcel Fratzscher: „Ausbreitung des Corona-Virus könnte auch deutschen Unternehmen schaden“

Thu, 30/01/2020 - 08:00

Die Folgen der Ausbreitung des Corona-Virus auf die deutsche Wirtschaft kommentiert DIW-Präsident Marcel Fratzscher wie folgt:

Es ist noch deutlich zu früh, um eine seriöse Analyse über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Corona-Virus erstellen zu können. Wenn die Ausbreitung des Corona-Virus in China und weltweit erfolgreich eingedämmt werden kann, dann sollten sich die wirtschaftlichen Kosten in Grenzen halten und sich auf einen kurzfristigen Produktionsausfall in China beschränken. Im extremen Fall einer deutlichen Ausbreitung des Corona-Virus, vor allem in China, dürften sich die wirtschaftlichen Auswirkungen über drei Kanäle materialisieren. Zum einen würde die Konsumentennachfrage deutlich sinken, vor allem für Konsumgüter und für Reisen. Die Entscheidung von Lufthansa, die Flüge von und nach China bis zum 9. Februar auszusetzen, macht deutlich, dass auch deutsche Unternehmen davon betroffen sein werden. Zum zweiten könnte das temporäre Schließen von Fabriken in China die globalen Wertschöpfungsketten stören und somit es auch deutschen Unternehmen erschweren, benötigte Vorleistungen aus China (oder anderen betroffenen Ländern) zu beziehen. Gerade für deutsche Unternehmen ist es nicht selten, dass mehr als die Hälfte des Wertes ihrer Exporte aus Vorleistungen aus dem Ausland besteht. Als drittes schafft die Ausbreitung des Corona-Virus eine erhöhte Unsicherheit, die Unternehmen von Investitionen sowie Finanzinstitutionen von der Kreditvergabe abhalten könnte. Vor allem deutsche Unternehmen sind stark gegenüber China exponiert. Allein die vier großen deutschen Autobauer Audi, VW, Daimler und BMW erzielen mehr als ein Drittel ihrer Gewinne in China. Das Sars-Virus, das 2002/2003 in China ausbrach, kostete die chinesische Volkswirtschaft zwei Prozent an Wirtschaftsleistung innerhalb eines halben Jahres. Selbst wenn die aktuelle Situation keine so besorgniserregenden Ausmaße annehmen sollte wie damals, ist Vorsicht geboten: Die chinesische Volkswirtschaft ist heute gut dreimal größer und sehr viel stärker in die Weltwirtschaft integriert als im Jahr 2003. Die negative Reaktion der Finanzmärkte zeigt, dass Wirtschaft und Investoren diese Sorgen und Risiken sehr ernst nehmen.

Nach dem Brexit kommt die Übergangsphase: Deutsche Wirtschaft leidet weiter unter Unsicherheit

Thu, 30/01/2020 - 02:16
Zusammenfassung:

Ende Januar tritt das Vereinigte Königreich endgültig aus der Europäischen Union aus. Beendet ist das Brexit-Drama damit aber noch nicht: Es beginnt eine elfmonatige Übergangsphase, in der Großbritannien weiterhin an EU-Regeln zum Binnenmarkt gebunden ist. Währenddessen sollen die künftigen Handelsmodalitäten vereinbart und in einem Abkommen festgeschrieben werden. Ob das gelingt, ist fraglich. Sollte es nach der Übergangszeit doch noch zu einem harten Brexit kommen, würde darunter auch die deutsche Wirtschaft leiden. Aktuelle Berechnungen zeigen zudem, dass die anhaltende Unsicherheit ebenfalls Gift für die deutsche Konjunktur ist. Seit dem Brexit-Votum im Jahr 2016 ist das Bruttoinlandsprodukt hierzulande in jedem Jahr um 0,2 Prozentpunkte weniger gewachsen, als es ohne EU-Ausstieg der Briten der Fall gewesen wäre. Während der nun beginnenden Verhandlungen eines Abkommens werden einzelne Unternehmen angesichts der Ungewissheit über die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen auch weiterhin nur zögerlich investieren – das kostet voraussichtlich erneut 0,2 Prozentpunkte Wachstum. Eine Rezession infolge des Brexit droht in Deutschland allerdings nicht.


Claus Michelsen: „Der Mietendeckel ist ein süßes Gift mit bitteren Nebenwirkungen“

Thu, 30/01/2020 - 00:42

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat heute den Mietendeckel beschlossen. Dieser sieht vor, die Mieten für fünf Jahre auf dem Niveau von Mitte des Jahres 2019 einzufrieren. Den Mietendeckel kommentiert Immobilienökonom und DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen:

Der Mietendeckel ist ein süßes Gift für den Berliner Wohnungsmarkt. Es dürfte rund 85 Prozent der Berliner Bevölkerung schmecken – so groß ist der Anteil der Mieterinnen und Mieter. Allerdings ist die beschlossene Regulierung ein sehr starker Eingriff in das Marktgeschehen, der mit bitteren Nebenwirkungen einhergehen dürfte. Erstens bedeutet der Deckel für die Qualität des regulierten Wohnungsbestands nichts Gutes. Die Preise für Handwerker galoppieren derzeit. Halten die Mieterträge nicht mehr mit, wird die Instandhaltung und Renovierung unrentabel. Zweitens ist es für Vermieterinnen und Vermieter zudem unerheblich, in welchem Zustand die Immobilie an den Markt gebracht wird. Da der Einsatz sinkt, werden viel mehr Haushalte die Lotterie auf dem Wohnungsmarkt mitspielen wollen. So findet sich immer jemand, der auch eine qualitativ schlechtere Wohnung zum aufgerufenen Preis anmieten möchte. Drittens reduziert der Mietendeckel die Chance, eine neue Wohnung zu finden. Die Beobachtungen aus anderen Fällen zeigen, dass die Umzugshäufigkeit der Haushalte nach Einführung von strengen Mietregulierungen deutlich sinkt. Zudem werden bei stetigem Zuzug aus anderen Regionen immer weniger Wohnungen innerhalb der Stadt frei. Umzugsketten sind unterbrochen. Viertens zeigen Erfahrungen aus anderen Ländern, dass der Mietwohnungsbestand mit dem zunehmenden Verkauf an selbstnutzende Haushalte geringer wird. So wichtig die kurzfristige Stabilisierung der Mietentwicklungen letztlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist, so sehr kann eine populäre, aber einseitige Wohnungsmarktpolitik negative Folgen zeitigen. Daher sollte die Politik mit einem Mix an Maßnahmen auf die Herausforderungen reagieren – auch mit regulierenden Eingriffen. Wohl oder übel ist die Stadt aber auf private Investitionen im Wohnungsbau angewiesen und muss daher auch die Interessen derjenigen berücksichtigen, die das Kapital zur Verfügung stellen.

Nachwuchspreis der Joachim Herz Stiftung geht an Amelie Schiprowski

Mon, 27/01/2020 - 09:06

Die Alumna des Graduate Centers und Juniorprofessorin an der Universität Bonn, Amelie Schiprowski, erhält den Nachwuchspreis der Joachim Herz Stiftung, der am 19. März 2020 in Hamburg verliehen wird.

Mit 25.000 Euro Preisgeld wird ihr Beitrag zur Rolle von Fallmanagern bei der Jobvermittlung von Arbeitslosen geehrt. Amelie schloss 2018 ihre Promotion am Graduate Center des DIW Berlin ab. Gratulation für diese Auszeichnung.


Das Weltwirtschaftsforum in Davos war eine Enttäuschung

Mon, 27/01/2020 - 08:14

Der blinde Fleck von Davos


Marcel Fratzscher: „Gelingen der neuen EZB-Strategie ist eine Frage der Kommunikation“

Thu, 23/01/2020 - 02:57

Die heutige Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) und die getroffenen geldpolitischen Beschlüsse kommentiert DIW-Präsident Marcel Fratzscher wie folgt:

Die EZB setzt mit dieser Entscheidung ihren stabilitätsorientierten Kurs fort. Zudem erweist sich die in Deutschland stark kritisierte Entscheidung für eine weitere geldpolitische Lockerung vom September als Erfolg. Nicht nur die Fortsetzung des Anleihenkaufprogramms, sondern auch der gestaffelte Einlagezins haben einen Beitrag zu einer Verbesserung der Kreditvergabe und der Preisstabilität geleistet. Damit werden einige der Einwände der Kritiker widerlegt. Es ist jedoch zu früh für eine Entwarnung. Ich erwarte, dass die EZB ihren geldpolitischen Kurs noch mindestens bis Mitte 2021 fortsetzen wird und dass auch danach die Zinsen nur langsam steigen werden. Die wirtschaftlichen Risiken bleiben hoch. Ein Handelskrieg mit den USA, geopolitische Konflikte und eine Abschwächung der Weltwirtschaft würden vor allem Deutschland hart treffen. Christine Lagarde und ihr neues Team haben einen guten Start hingelegt. Die schwierigste Herausforderung für die EZB wird es in diesem Jahr sein, nicht nur ihre Strategie zu überdenken, sondern vor allem Bürgerinnen und Bürger in Deutschland von den Vorteilen der EZB Geldpolitik zu überzeugen. Die angekündigte Überprüfung der Strategie ist sinnvoll. Die schwierigste Herausforderung hierbei wird die Kommunikation und die Frage sein, wie die EZB abweichenden Meinungen eine konstruktive Stimme verleihen kann.

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