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Stiftung Wissenschaft und Politik
Mis à jour : il y a 4 semaines 1 jour

Zum fünften Mal: Israel vor wegweisender Wahl

jeu, 30/06/2022 - 15:15

Rund ein Jahr nach der historischen Bildung einer Acht-Parteien-Koalition hat sich das Parlament in Israel aufgelöst und Neuwahlen eingeleitet. Es sind die fünften Neuwahlen seit April 2019 – und ein Zeugnis der politischen Instabilität. Der Grund für diese sind zwei Blöcke, die sich konfrontativ gegenüberstehen: Einerseits das religiös-rechte und oftmals populistische Netanyahu-Lager und andererseits die heterogene Regierungskoalition, die das politische Spektrum von links bis rechts abdeckte und erstmalig sogar eine unabhängige arabische Partei einschloss.

Die Ablehnung Netanyahus als Koalitions-Kitt

Die Koalition des scheidenden Ministerpräsidenten Naftali Bennetts wurde zusammengehalten durch eine gemeinsame Ablehnung von Ex-Ministerpräsident Benjamin Netanyahu: Das hatte mit persönlichen Konflikten zu tun, aber auch mit Netanyahus Bestrebungen, eine parlamentarische Lösung für seine Korruptionsanklage zu finden. Diesem Ziel hatte er letztlich alles untergeordnet: Er schien unter allen Umständen eine reine Rechtsregierung etablieren zu wollen. Nur eine solche wäre willens gewesen, einen Ausweg für Netanyahu aus der Anklage zu ermöglichen, etwa durch ein Gesetz, das Ministerpräsidenten Immunität verleiht. Kombiniert hatte das Netanyahu mit populistischen Angriffen auf Medien und Justiz – insinuierend, dass in Israel nicht die Regierung, sondern ein »tiefer Staat« die Geschicke des Landes lenke. Nach drei Wahlen gelang es ihm am Ende nicht, die nötige Mehrheit zu organisieren. Damit hat er auch Teile des rechten politischen Lagers verprellt, das eine parlamentarische Mehrheit in der Knesset stellt.

Dies bereitete den Weg für die Bennett-Regierung, die die politisch heterogenste Regierung der Geschichte Israels war. Diese »Regierung des Wandels«, wie sie sich selbst nannte, hatte unter anderen zum Ziel, das politische System wieder zu stabilisieren: die demokratische Erosion und die Angriffe auf rechtsstaatliche Einrichtungen aufzuhalten sowie der gesellschaftliche Spaltung durch inklusive Kommunikation und Politik entgegenzuwirken. Das ist ihr teilweise gelungen, auch wenn sich die durch die Opposition geschürte gesellschaftliche Spannung nur moderat verringert hat.

Im Konflikt mit den Palästinensern war allerdings von vornherein klar, dass diese Koalition keine großen Fortschritte machen würde: Die rechten Parteien der Regierung, insbesondere Jamina und Neue Hoffnung, lehnen die Idee eines palästinensischen Staates kategorisch ab. Es blieb ein Spannungsfeld innerhalb der Regierung und führte zu einem politischen Nullsummenspiel.

Letztlich ist die Koalition jetzt an einem alle fünf Jahre zu verlängernden Gesetz gescheitert, das israelische Siedler unter israelisches Zivilrecht stellt und nicht wie die Palästinenser unter Militärrecht. Das haben einzelne Abgeordnete auf der Linken nicht mitgetragen, während es für die rechten Parteien eine unerlässliche Bedingung war. Gleichwohl steht auch das Ende dieser Regierung für eine veränderte politische Kultur, die über reine Machtpolitik hinausgeht: Mit Bennetts Rücktritt übernimmt laut Koalitionsvertrag automatisch Außenminister Yair Lapid übergangsweise das Amt. In einem ähnlichen Fall hatte Netanyahu dem Verteidigungsminister Benny Gantz 2021 die im Koalitionsvertrag vereinbarte Rotation noch verwehrt.

Fünfte Neuwahl: liberal-demokratische oder populistisch-majoritäre Demokratie?

Die nun im Herbst anstehende Wahl werden erneut richtungsweisend für die israelische Demokratie werden: Eines der zentralen Ziele der Opposition ist es, dem Parlament per Gesetzesänderung die Möglichkeit zu geben, Urteile des Obersten Gerichtshofs zu überstimmen. Ein anderes Gesetzesvorhaben zielt darauf ab, die Besetzung der Richter am Obersten Gerichtshof von politischen Mehrheiten im Parlament bestimmen zu lassen. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament ließen sich so leichter Richter aus dem rechten Lager einsetzen. Zudem würde mit einer Rechtsregierung wohl auch das Thema der Teilannexionen des palästinensischen Westjordanlandes wieder auf die Tagesordnung kommen.

In den Umfragen hat der rechtsreligiöse Netanyahu-Block derzeit zwar keine Mehrheit, aber deutlich an Stimmen dazu gewonnen. Insbesondere der Likud, aber auch die religiös-rechtsextreme Partei »religiöse Zionisten« unter der Führung von Itamar Ben Gvir und Bezalel Smotrich sehen derzeit massive Zugewinne. Umgekehrt kämpfen vier der aktuellen Regierungsparteien mit der 3,25 Prozent Hürde um den Einzug in die Knesset. Schafft es eine der Parteien nicht, würden die Oppositionspartien nach derzeitigem Stand eine Mehrheit zusammenbekommen. Zum fünften Mal in dreieinhalb Jahren entscheiden die Israelis, in welche Richtung das Land steuern soll: in ein populistisch-majoritäres System oder an eine Demokratie, die sich zumindest innerhalb der Grenzen von 1967 an Grundlagen liberal-demokratischer Prinzipien orientieren will.

Unpacking Turkey’s Security Footprint in Africa

jeu, 30/06/2022 - 02:00

African states are aspiring to strengthen their defence capabilities against the back­drop of ongoing instability in the continent. Turkey has lately added security and defence cooperation to its existing soft power instruments and laid the foundations for long-term strategic cooperation with African countries. Increasing drone sales are an important part of this cooperation, but they are not its only component. A mutually reinforcing policy design of arms exports, military training, and defence diplomacy allows the Turkish administration to build long-term and institutional bonds with African countries. Today, Turkey is one among many security providers that African states can choose from. Also, the European Union (EU), in its February summit with the African Union, committed to strengthening its role in addressing shared peace and security challenges in the continent. To achieve this goal, the EU and its member states should revisit potential cooperation areas with partners that are active in the continent and consider the benefits of potential cooperation with Ankara.

Was die Türkei geopolitisch im Sinn hat

mer, 29/06/2022 - 14:58
Eine wichtige Rolle bei der Neuausrichtung der Nato spielt auch die Türkei. Mit Zuckerbrot und Peitsche macht sich der türkische Präsident Erdogan zum geopolitischen Player. Aber nicht nur in der Nato. Türkei-Experte Günter Seufert erklärt, was Erdogan damit bezweckt.

Bidens Balanceakt – die Ukraine stärken, Krieg mit Russland vermeiden

mar, 28/06/2022 - 12:00

In einem Beitrag für die »New York Times« vom 31. Mai 2022 benannte Präsident Joe Biden klarer denn je die Ziele der USA im Ukraine-Krieg: »eine demokratische, un­abhängige, souveräne und prosperierende Ukraine, die die Mittel zur Abschreckung und Verteidigung gegen eine weitere Aggression besitzt«. Washington unterstütze die Ukraine mit Waffen, damit sie in Verhandlungen die stärkstmögliche Position habe, so Biden. Der Sturz Putins sei nicht Ziel der amerikanischen Politik. Und solange die USA oder Verbündete nicht angegriffen würden, werde es zu keiner direkten Beteili­gung an dem Konflikt kommen, also zu keiner Entsendung eigener Truppen und zu keinen amerikanischen Angriffen auf russische Kräfte. Die USA, so Biden, würden die Ukraine weder zu Militärschlägen jenseits ihrer Grenzen »ermutigen« noch sie dazu »befähigen«. Es sei nicht Amerikas Absicht, den Krieg zu verlängern, um Russland »Schmerz« zuzufügen. Washington hat die Lieferung von Mehrfachraketenwerfern an die Bedingung geknüpft, dass die Ukraine damit keine Ziele auf russischem Terri­torium angreift. Dies zeigt den Balanceakt, vor dem Biden bei seinen Entscheidungen steht. Er möchte auf der einen Seite die Ukraine militärisch unterstützen, auf der anderen aber vermeiden, dass der Konflikt zu einem Krieg zwischen den USA und Russland eskaliert. Und das alles in einer Situation, in der keine Gewissheit darüber besteht, wo genau bei Putin die »roten Linien« liegen.

Zeitenwende in der Asyl- und Migrationspolitik?

lun, 27/06/2022 - 12:19
Aus der Ukraine nimmt die EU Geflüchtete unbürokratisch auf. Manche sprechen von einem Zweiklassensystem, andere hoffen auf überfällige Reformen.

EU-Beitrittskandidat: Für die EU und die Ukraine eine Wette auf die Zukunft

ven, 24/06/2022 - 14:15
Die Ukraine ist jetzt EU-Beitrittskandidat, so wurde es auf dem gestrigen Gipfel beschlossen. Für Dr. Barbara Lippert von der Stiftung Wissenschaft und Politik ein politisches Signal der Solidarität auch an die ukrainische Bevölkerung

How trade policy can support the climate agenda

ven, 24/06/2022 - 10:29
Ensure open markets for clean technologies and products

Thirty years of UN climate talks: New challenges for cooperation

jeu, 23/06/2022 - 14:45

Intersessional climate negotiations just concluded in Bonn, 30 years after the United Nations Framework Convention on Climate Change was signed. They set the stage for the annual summit, which this year will take place in Sharm el-Sheikh, Egypt, in November. Talks were conducted against the backdrop of an evolving landscape in international climate politics. As it becomes increasingly clear that the Paris Agreement is not generating enough momentum, there is a renewed drive towards alternative forms of cooperation. Those initiatives, however, cannot simply do away with the politics that fetter global cooperation, but come with their own challenges.

Insufficient action

It is impossible to know where the world would be without 30 years of climate talks. What is clear is that efforts have been insufficient. Global CO2 emissions have risen almost every year since the Industrial Revolution. The past seven years were all among the top seven warmest on record. Sixteen years ago, the Stern Review warned that future costs of inaction on climate change would vastly outweigh the costs of reducing emissions. The main obstacle for acting on this warning has not been a lack of technical solutions or policy designs for their implementation, but the politics surrounding targets, obligations, and means. Now, there has been a shift in political debates from the question of Who pays for climate action? to Who gets to keep their way of life?: The world is already paying the costs of inaction.

Particularly hot and dry summers in 2018 and 2019 as well as the 2021 Ahr Valley floods have made climate change palpable in Germany. Other parts of the world are being hit even harder. Poorer countries, which have historically contributed less to global warming, are disproportionately affected. India has been suffering from severe heatwaves this year, with temperatures exceeding 45°C. At the intersessional climate negotiations in Bonn, financial support for those affected by irreparable loss and damage was a key concern for developing countries.

The politics of climate cooperation

Compensating for the lack of action through alternative forms of cooperation is not a new idea. Notably, after efforts to forge a new global agreement had failed at the 2009 climate summit in Copenhagen, initiatives of smaller scale were, in combination, hoped to take its place. Today, there is a global treaty in place. The Paris Agreement commits all countries to keeping global warming to well below 2°C, ideally below 1.5°C. But it includes no fixed emission reduction obligations, instead leaving it to countries to determine their ambition levels individually. They must regularly report on their progress and ramp up their pledges, lest they be exposed as laggards. But such normative forces have been insufficient to keep efforts on track.

To compensate for this, attention has again shifted towards plurilateral initiatives and bilateral partnerships that are hoped to accelerate implementation. Last year’s climate summit in Glasgow yielded a host of new endeavours, such as the Just Energy Transition Partnership with South Africa to support the country’s efforts to decarbonise its electricity system. Germany is planning to launch a climate club at the G7 summit, aiming to better coordinate climate policy, disincentivise imports from countries with less-stringent measures, and protect ambitious countries against first-mover disadvantages.

Smaller initiatives seem less tricky than multilateral treaties because there are fewer parties involved. They would make up for what they lack in scale with ambitious targets and stringent policy. Achieving these targets, however, for instance by means of establishing comparable carbon pricing systems, requires a degree of policy coordination and change that is by no means easy to negotiate even in smaller arrangements. And when compromises are made, there is a danger of watering down ambition and stringency, defeating the very purpose of going small in the first place.

Moreover, it is often unclear how new initiatives relate to the established UN process. Particularly when areas such as trade or finance are concerned, caution is required so as not to alienate other countries. As the European Union’s Carbon Border Adjustment Mechanism has shown, domestic mitigation efforts raise concerns about adverse knock-on effects abroad. Properly addressing these concerns ex ante is imperative, but it takes up scarce political resources in both domestic and diplomatic arenas. Climate initiatives require prioritisation and commitment; more is not necessarily better. External circumstances often exacerbate the situation. The Copenhagen negotiations, for example, were hampered by the ongoing global financial crisis. Today, in light of Russia’s attack on Ukraine, energy security threatens to outrank climate action on the agenda.

Initiatives and partnerships are vital to complement climate cooperation under the Paris Agreement. They can help drive implementation, but they do not transcend broader climate politics. Those who seek to establish new forms of cooperation would be wise to consider not only what they are trying to achieve but also how they can get there. Thoughtful diplomacy is required to make initiatives work in the larger context of international climate politics.

»Hybride Bedrohungen«: Vom Strategischen Kompass zur Nationalen Sicherheitsstrategie

jeu, 23/06/2022 - 11:00

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft will in der Außen- und Sicherheitspolitik der EU einen Schwerpunkt auf hybride Bedrohungen legen. Konkret sollen Diskussionen zu zwei Vorhaben aus dem Strategischen Kompass vom März 2022 beschleunigt werden. Es geht um die Erstellung zweier »Werkzeugkästen«, einer zur Abwehr hybrider Be­drohun­gen (EU Hybrid Toolbox) und einer gegen Desinformation und ausländische Einmischung (EU Foreign Information Manipulation and Interference Tool­box). Doch das liefe hauptsächlich darauf hinaus, vorhandene Rechtsakte und Maß­nahmen der EU zu bündeln. Damit wird die Union der Herausforderung nicht gerecht. Viel­mehr muss das Kon­zept der hybri­den Bedrohungen kritisch hinterfragt werden, wenn es politisch überzeugen soll. Diese Aufgabe stellt sich umso dringender, weil hybriden Bedrohungen sowohl in der Nato als auch im Zuge der ge­planten Nationalen Sicherheitsstrategie Deutschlands hohe Aufmerksamkeit gilt.

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