1979 unterstützte die Islamische Republik Iran die Gründung der schiitischen Organisation Hisbollah von Scheich Muhammed Hussein Fadlallah im Libanon. Offiziell verkündete die Hisbollah als ihr Ziel die Errichtung einer Islamischen Republik Libanon entsprechend dem iranischen Beispiel. In Tat und Wahrheit wollte der Iran schon damals mit Hilfe der Hisbollah seinen machtpolitischen Einfluss in der Levante vergrössern.[1] Junge Mitglieder der Organisation sollten zu Selbstmord- und Kommandoaktionen gegen die Feinde des Islams befähigt werden. Für deren Ausbildung wurden Lager in der Bekaa-Ebene errichtet. In kurzer Zeit führte die Hisbollah spektakuläre Anschläge durch:[2]
18.04.1983 Autobombe gegen die US-Botschaft in Beirut: 49 Tote und 120 Verletzte 23.10.1983 Selbstmordaktion gegen das Hauptquartier des US Marine Corps in Beirut: 241 Tote und mehr als 50 Verletzte 23.10.1983 Selbstmordaktion mit Autobombe gegen das Hauptquartier der französischen Truppen in Beirut: 56 Tote 04.11.1983 Autobombe gegen das Hauptquartier der israelischen Streitkräfte in Tyre, Südlibanon: 80 Tote 10.03.1985 Autobombe im südlibanesischen Grenzgebiet zu Israel: 12 tote israelische Soldaten, 20 VerwundeteDiese Serie von Anschlägen wurde fortgesetzt. Sie fand schlussendlich ihren Höhepunkt im Krieg zwischen der Hisbollah und der israelischen Armee im Südlibanon 2006. Israel unterstützte den Bodenangriff seiner Landstreitkräfte durch Luftschläge gegen das Hauptquartier der Hisbollah in Beirut. Während die Hisbollah den israelischen Luftschlägen nichts entgegen zu setzen hatte, konnten ihre Streitkräfte dank einem ausgeklügelten Verteidigungssystem, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Schweizerischen System vor 2001 aufwies, dem terrestrischen Angriff der Israeli standhalten. Diese wurden im Verteidigungssystem der Hisbollah regelrecht abgenützt.
Die Hisbollah konnte dank den finanziellen Zuwendungen der Islamischen Republik Iran sehr schnell wieder aufrüsten und die in Beirut erlittenen Schäden beheben. 2011 waren keine Auswirkungen der israelischen Luftangriffe in Beirut mehr sichtbar. Die Hisbollah war in Libanon zum massgebenden Machtfaktor und zur Schutzmacht der libanesischen Christen geworden. Ab 2007 bestimmte die Hisbollah die Kampfkraft der libanesischen Streitkräfte.
Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien 2011 ist die Hisbollah zum entscheidenden Machtfaktor im Nachbarland geworden. Ohne die Söldner der Hisbollah hätte Assad den Krieg schon längst verloren. Die Kampfkraft der Hisbollah in Syrien wird auf 4’000 bis 8’000 Söldner geschätzt.[3] Die Kommandanten der Hisbollah sollen auch den Angriffsplan der syrischen, iranischen, libanesischen und afghanischen Streitkräfte auf Aleppo konzipiert haben.[4] Dank der im syrischen Bürgerkrieg gewonnen Kriegserfahrungen dürfte die Hisbollah heute zum wichtigen Akteur in der Levante mutiert sein. Die israelischen Streitkräfte werden in einem zukünftigen Krieg mit der Hisbollah, angeführt von Hassan Nasrallah, einem kriegserprobten Gegner gegenüberstehen.
[1] Stahel, A.A., Terrorismus und Marxismus, Marxistisch-Leninistische Konzeptionen des Terrorismus und der Revolution, ASMZ, Huber u. Co. AG, Frauenfeld, 1987, S. 151/152.
[2] Stahel, A. A., S. 151/152.
[3] The Military Balance 2017, The International Institute for Strategic Studies, London, 2017, P. 407.
So auch Humud, C.E., Blanchard, Chr.M. and M.B.D. Nikitin, Armed Conflict in Syria: Overview and U.S. Response, Congressional Research Service, Washington, D.C., January 6, 2017, P. 38.
[4] Abi-Habib, M., Syria War’s Winner: Hezbollah, in The Wall Street Journal, April 3, 2017, P. A1/A8.
Die Konstruktion von Kriegsschiffen mit wirksamen Geschützen im 15. Jahrhundert ermöglichte es den europäischen Mächten bei ihrem Vordringen nach Indien, eine unbegrenzte Kanonenbootpolitik gegen lokale Machthaber umzusetzen. Mit dieser Kanonenbootpolitik der Europäer wurden die lokalen Machthaber zu Konzessionen genötigt. Solange die Kanonen schwiegen wurde mit dieser Hardpower nur gedroht. Kam es aber zu Kriegshandlungen, dann wurde durch die überlegene Feuerkraft der europäischen Kriegsartillerie der Gegner zur Kapitulation gezwungen. Die Ablehnung der Kapitulation führte zu seiner Vernichtung.
Als der portugiesische Admiral und Kapitän Vasco da Gama am 20. Mai 1498 nach einer zehnmonatigen Reise im indischen Calicut, der Hauptstadt der Malabarküste, landete, beendete er dank der überlegenen Feuerkraft seiner Kriegsschiffe das afrikanisch-arabische Handelsimperium, erzwang vom Raja Zugang zu den Reichtümern von Indien und begründete damit das portugiesische Weltreich.[1] Innert sechs Jahren (1509-1515) gründete Affonso de Albuquerqe (1453-1515) als Nachfolger von Vasco da Gama und Vizekönig im portugiesischen Indien dank der Feuerkraft seiner Kriegsschiffe Stützpunkte im Arabischen Meer (Muscat 1508), im Persischen Golf (Hormuz 1507/15), im Indischen Ozean (Colombo auf Ceylon 1510) und in Südostasien (Malakka 1511).[2] 1510 wurde Goa zum Sitz der portugiesischen Verwaltung. Die Portugiesen begnügten sich aber mit der Errichtung von Flottenstützpunkten und befestigten Handelsfaktoreien.
Die Vereinigung von Portugal mit Spanien unter Philipp II. 1580 lieferte den Niederländern als neue Seemacht und entschiedener Gegner von Spanien den Vorwand, die portugiesischen Niederlassungen in Asien zu erobern.[3] Die Niederländer führten ab 1595 mit ihren Schiffen Expeditionen bis nach Indien.[4] Die spanische und portugiesische Seemachtstellung brach zusammen. Bereits mit dem Sieg über die spanische Armada 1588 zeichnete sich aber bald der Aufstieg von England zur Seemacht ab. Dieser Aufstieg wiederum führte zu Auseinandersetzungen mit den Niederlanden und Frankreich auf den Weltmeeren.[5]
Mit der endgültigen Niederwerfung von Napoleon Bonaparte 1815 wurde Grossbritannien zur weltumspannenden Seemacht. Grossbritannien konnte dadurch während beinahe 100 Jahren eine ungehinderte Kanonenbootpolitik in Asien und im Indischen Ozean betreiben. Bekanntestes Beispiel dieser britischen Kanonenpolitik war die Kriegführung britischer Kriegsschiffe gegen China 1839 bis 1842 zur Erzwingung der Öffnung des Landes für den ungehinderten Import und Absatz von Opium aus Indien (Bengalen). Das Ziel des Ersten Opiumkrieges war ökonomischer Art, nämlich der Ausgleich des Handelsbilanzdefizites zwischen der britischen East India Company, die zwischen 1830 und 1840 die grösste Drogenhändlerin in der Welt war, und China. Ohne offizielle Kriegserklärung durch das britische Unterhaus – die East India Company war eine private Gesellschaft – setzte Grossbritannien 1839/40 gegen China eine Kriegsflotte mit 16 Kriegsschiffen ein. Nach dem Versenken der chinesischen Flotte und der Eroberung verschiedener chinesischer Städte musste China im Vertrag von Nanking am 29. August 1842 den Briten für ihren Handel verschiedene Städte öffnen, ihnen Hongkong abtreten und Reparationszahlungen zahlen.
Nachdem chinesische Beamte ein chinesisches Schiff unter britischer Flagge wegen Opiumschmuggels durchsucht hatten, brach am 8. Oktober 1856 der Zweite Opiumkrieg aus. 1857 eroberten britische Truppen Kanton. Dem Krieg schlossen sich sehr bald Frankreich, Russland und die USA an. Der Krieg endete mit der Eroberung, Verwüstung und Plünderung von Beijing und der kaiserlichen Sommerpaläste durch die Truppen und Seestreitkräfte der Koalition. Im Vertrag vom 18. Oktober 1860 in Tianjin musste China den Opiumhandel legalisieren und der christlichen Missionierung zustimmen.
Ein weiterer Akt der Kanonenbootpolitik im 19. Jahrhundert war jener des amerikanischen Kommodore Matthew Galbraith Perry, der 1854 durch die unausgesprochene Drohung mit einem US-amerikanischen Geschwader vor Japan die Öffnung der japanischen Häfen für den Import amerikanischer Güter erzwang.[6]
Der erfolgreiche Start eines Flugzeuges durch die Brüder Wilbur und Orville Wright am 17. Dezember 1903 ermöglichte es den Kriegführenden, bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges Flugzeuge als Mittel der Kriegführung, einzusetzen.[7] Kurz nach dem Ende des Krieges bewiesen Kampfflugzeuge, und damit Airpower, sehr bald ihre Tauglichkeit als Mittel der Kanonenbootpolitik. In dieser Einsatzrolle erwiesen sich Kampfflugzeuge in vielen Konflikten vielfach als wirksamer als Kriegsschiffe. Ein erstes Beispiel war der Abwurf von 20 Bomben durch einen einzigen Bomber über Kabul 1919. Mit dem angedrohten Einsatz weiterer Bomber zwangen die Briten den König von Afghanistan zur Beendigung des Krieges und zum Abschluss eines für Afghanistan nachteiligen Friedensvertrages.[8] Diesem Hardpower folgten in den zwanziger Jahren des 20.Jahrhunderts weitere britische Einsätze von Airpower, so in Palästina und im Grenzgebiet zwischen Britisch-Indien und Afghanistan. In einem gewissen Sinne können auch die strategischen Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg gegen das Dritte Reich durch die Briten und Amerikaner als Kanonenbootpolitik bezeichnet werden, war es doch das erklärte Ziel des britischen Bomber Command, die deutsche Bevölkerung durch diese Bombardierungen zur Kapitulation zu zwingen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Airpower zum Mittel der luftgestützten Kanonenbootpolitik. Zu erwähnen sind u.a. die verschiedenen Einsätze von US-Kampfflugzeugen gegen das Regime des libyschen Diktators Gaddafi in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Dazu gehört die Operation El Dorado Canyon[9] mit Bombern F-111F der US Air Force, die vom britischen Stützpunkt RAF Lakenheath aus starteten, und Kampfflugzeugen EA-6B, A-7E, F/A-18 und F-14 des US-Flugzeugträgers USS America im Mittelmeer April 1986. Auslöser für diese Operation waren verschiedene durch Gaddafi finanzierte, terroristische Anschläge[10] und seine Kriegführung in Afrika. Durch die Zerstörung seiner Einsatzführung und seiner Stützpunkte sollte er zur Aufgabe seiner bisherigen Kriegführung und Politik gezwungen werden. Möglicherweise sollte der libysche Diktator durch den Luftschlag auch getötet werden.
Aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts sind die NATO-Operationen Deliberate Force von 1995 und Allied Force von 1999 Beispiele einer luftgestützten Kanonenbootpolitik. Im ersten Fall wurden die bosnischen Serben und der serbische Präsident Milosevic mit dem Vertrag von Dayton zur Beendigung der Kriegshandlungen in Bosnien-Herzegowina gezwungen. 1999 zogen nach den 78 Tage andauernden Bombardierungen in der Operation Allied Force gegen Serbien die jugoslawischen Truppen aus dem Kosovo ab.[11]
In neuerer Zeit gibt es verschiedene Beispiele luftgestützter Kanonenbootpolitik, so wurde 2013 und 2016 durch die Flüge amerikanischer Bomber B-2A und die Stationierung von B-52 auf dem US-Stützpunkt Guam Nord-Korea den Einsatz von Bombern angedroht. Neben den USA hat aber auch China in neuerer Zeit die Möglichkeiten einer luftgestützten Kanonenbootpolitik erkannt. So hat die Volksrepublik China im August 2016 Manöver mit Bombern und Kampfflugzeugen über die umstrittenen Inseln im Südchinesischen Meer durchgeführt.
Die Einsätze amerikanischer Marschflugkörper gegen die Streitkräfte von Gaddafi 2011 und 2017 gegen Assad könnten aber darauf hinweisen, dass in absehbarer Zeit die bemannten Kampfflugzeuge für die luftgestützte Kanonenbootpolitik sehr bald durch die unbemannten Marschflugkörper definitiv abgelöst werden könnten. Diese weisen heute, ohne die Gefährdung von Piloten, über eine hohe Zielgenauigkeit auf.
[1] Bettex, A., Welten der Entdecker, Buchclub Ex Libris, Zürich, 1960, S. 49/53.
[2] Bettex, A., S. 53.
[3] Potter, E.B., Nimitz, Ch.W. und J. Rohwer, Seemacht, Eine Seekriegsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart, Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen, München, 1974, S. 30.
[4] Potter, E.B., et al, S. 30.
[5] Potter, E.B., et al, S. 37ff.
[6] Nevins. A., Geschichte der USA, Carl Schünemann Verlag, Bremen, 1965, S. 336.
[7] Stahel, A.A., Luftverteidigung – Strategie und Wirklichkeit, mit einem Vorwort von Kaspar Villiger, vdf, Zürich, 1993, S. 16.
[8] Gomez, G., Airpower Diplomacy Is Underrated, in: Proceedings, February 2017, P. 36/37.
[9] Stanik, J.T., El Dorado Canyon, Reagan’s Undeclared War with Qaddafi, Naval Institute Press, Annapolis, 2003.
[10] Stanik, J.T.: so der Anschlag auf die Diskothek La Belle in West-Berlin.
[11] Gomez, G., P. 39.
Wie ein Drohfinger weist die koreanische Halbinsel vom eurasischen Festland aus auf Japan hin. Zweimal haben die Seestreitkräfte von Kublai-Khan (1215-1294), dem Gründer der über China herrschenden Yuan-Dynastie der Mongolen (1279-1368), von Korea aus versucht Japan zu erobern. Dabei sind sie gescheitert. Japan selbst hat gegen Korea Eroberungsfeldzüge unternommen. 1905 wurde Korea zum japanischen Protektorat und 1910 zur Kolonie Japans degradiert.
Jene Macht, die über die koreanische Halbinsel herrscht, kontrolliert das Gelbe Meer und das Japanische Meer. Die Lage der Halbinsel ist von hoher seestrategischer Bedeutung.
Eine Vereinigung der beiden Koreas würde zu einem Industriestaat mit einer Bevölkerung von über 76 Millionen Menschen führen, die bezüglich Innovation und Leistungsfähigkeit jene der Nachbarstaaten übertreffen könnte. Nur schon deshalb haben weder Japan noch China ein echtes Interesse an der Aufhebung der seit 1945 aufgezwungenen Teilung des koreanischen Volkes. Die heutige Grenze zwischen Nord- und Südkorea bildet die seit dem Ende des Koreakrieges, 27.08.1953 festgelegte Waffenstillstandslinie.
Die Vereinigung die beiden Koreas könnte, so die Sicht von China, auch zur Stationierung von US-Truppen an den koreanisch-chinesischen Grenzflüssen Yalu und Tumen führen. Eine solche Lage will China unter allen Umständen verhindern.
2. Das Nuklear- und Flugkörperprogramm NordkoreasBereits in den 90er Jahren hat Nordkorea einen schwunghaften Handel mit weiterentwickelten ballistischen Flugkörper des Typ Scud an Staaten des Mittleren Ostens und Nordafrika (Libyen) betrieben. Im Verborgenen dürfte Nordkorea in dieser Zeit auch nukleare Gefechtsköpfe entwickelt haben. Am 9. Oktober 2006 fand die erste unterirdische Zündung eines nuklearen Gefechtskopfes statt. Die Sprengkraft wurde auf 0.7 bis 2 Kilotonnen (Hiroshima-Bombe 13.5 Kilotonnen TNT) geschätzt.[1] Am 5. April 2009 testete Nordkorea einen dreistufigen ballistischen Flugkörper Taepodong/Unha. Am 25. Mai 2009 fand die zweite nukleare Explosion mit einer Sprengkraft von 2 bis 5.4 Kilotonnen statt. Am 13. April 2012 fand wieder ein Test mit einem Flugkörper Taepodong/Unha statt, der aber misslang. Der Test wurde am 12. Dezember 2012 mit einem Satelliten erfolgreich wiederholt.
Am 12. Februar 2013 erfolgte die dritte nukleare Explosion mit einer Sprengkraft von 6 bis 16 Kilotonnen. 26. März 2014 wurden zwei ballistische Flugkörper mit einer Reichweite von 650 km abgeschossen. Am 28. November 2015 testete Nordkorea zum ersten Mal den Abschuss eines U-Boot-gestützten ballistischen Flugkörpers. Am 21. Dezember 2015 fand ein weiterer Abschuss statt. Die vierte nukleare Explosion erfolgte am 6. Januar 2016 mit einer Sprengkraft von 7 bis 15 Kilotonnen. Diesmal soll es sich um eine Wasserstoffbombe gehandelt haben.
Der Abschuss eines Satelliten mit einem ballistischen Langstreckenflugkörper erfolgte am 7. Februar 2016. Die Abschüsse von zwei Mittelstreckenflugkörper misslangen am 28. April 2016. Die fünfte nukleare Explosion mit einer Sprengkraft von 10 bis 30 Kilotonnen erfolgte am 9. September 2016.
Für 2017 sind folgende Tests mit ballistischen Flugkörper bekannt:
6.März vier ballistische Flugkörper Richtung Japan
Genaue Angaben über den Umfang des Nuklear- und Flugkörperarsenals Nordkoreas existieren nicht. Es ist denkbar, dass Nordkorea heute über beinahe 30 nukleare Gefechtsköpfe verfügen könnte. Was das Arsenal an ballistischen Flugkörpern, die für deren Einsatz notwendig wären, betrifft, so ist bis anhin Nordkorea immer unterschätzt worden.
3. Nuklearmächte China, Russland und USANordkorea grenzt an zwei der drei grössten Nuklearmächte der Welt, China und Russland. Dazu kommen aufgrund der Stationierung von Streitkräften in Südkorea auch die USA dazu. Im Vergleich zu den nuklearen Arsenalen dieser drei Mächte erscheint jenes von Nordkorea wie ein Zwerg. Russland dürfte zum gegenwärtigen Zeitpunkt über 8’000 einsatzfähige und nichteinsatzfähige nukleare Gefechtsköpfe verfügen. Bei den USA könnten es 7’300 nukleare Gefechtsköpfe sein. Das chinesische Arsenal an nuklearen Gefechtsköpfen wird auf 250 geschätzt. Gleichzeitig verfügen die drei Nuklearmächte für den Einsatz dieser nuklearen Gefechtsköpfe über ein beachtliches Arsenal an Trägersystemen (Land- und U-Boot-gestützte Ballistische Flugkörper, Langestreckenbomber).[2]
Da sich aber diese drei Nuklearmächte ausgerechnet auf der koreanischen Halbinsel gegenüberstehen, könnte das nordkoreanische Arsenal, sollte es zu dessen Einsatz kommen, wie ein Auslöser für eine gewaltige Konfrontation zwischen den drei Mächten wirken. An einer solchen Konfrontation dürften weder Washington DC noch Moskau noch Beijing ein Interesse haben. Das Problem ist nicht die Grösse und der Umfang des nordkoreanischen Arsenals, sondern die Tatsache, dass die klassischen Abschreckungstheorien hier unwirksam sind. Das Regime in Pjöngjang will offenbar mit seinem Nukleararsenal die USA zu einem Friedensvertrag erpressen und damit die Herrschaft der Kim-Familie für die Zukunft sichern. Vorgehen und Ziel entsprechen jenem der Gangsterbosse der Mafia.
4. SzenarienEin Eingehen der USA auf die Forderungen der nordkoreanischen Gangster würde nicht nur zu einem Gesichtsverlust in Asien führen, sondern würde mit Sicherheit eine nukleare Aufrüstung Japans wegen der Bedrohung durch Nordkorea auslösen. An einer Nuklearisierung Japans, die jederzeit möglich ist, hat aber keiner der drei Grossstaaten Nordostasiens ein Interesse. Nur schon deshalb werden die USA auf die nordkoreanischen Forderungen nicht eingehen. Aufgrund der gegenwärtigen Lage sind drei Szenarien denkbar:
Das erste Szenario erscheint aufgrund der Risiken und der Folgen als das plausibelste. Allerdings müsste es angesichts der nuklearen Aufrüstung und der Gangstermentalität von Nordkorea sehr bald umgesetzt werden.
[1] STRATFOR, 2017 Second-Quarter Forecast: East Asia, 12.04.17, 07:21, P.3/4.
[2] The Military Balance 2017, The International Institute for Strategic Studies, London, 2017, P. 22.
Im Rahmen des Berichtes «Nuclear Posture Review» (NPR) von 2002 erweiterte die Administration von US-Präsident Bush jr. die nuklearstrategische TRIADE, die seit Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts die Abschreckungsfähigkeit der USA garantierte, zur New Triad.[1] Mit dieser Modifikation sollte die Abschreckung der USA an die veränderte strategische Lage angepasst werden. Die New Triad sollte aus drei Komponenten bestehen:
Eine verbesserte Einsatzführung und Informationsbeschaffung hatte die drei Komponenten miteinander zu verknüpfen. Durch die New Triad sollte die Abhängigkeit der USA von den Nuklearwaffen gemindert werden. Die Abschreckungsfähigkeit der USA sollte durch die Einführung
ausgebaut werden. Die New Triad würde es den USA ermöglichen, die Zahl ihrer einsatzfähigen nuklearen Gefechtsköpfe von beinahe 6’000 schrittweise auf 1’700 – 2’200 zu reduzieren.[2] Die alte Triade aus dem Kalten Krieg mit den interkontinentalen ballistischen Flugkörpern (ICBMs, Inter-Continental Ballistic Missile(s)), den U-Boot-gestützten ballistischen Flugkörpern (SLBMs, Submarine-Launched Ballistic Missile(s)) und den nuklearfähigen Langstreckenbombern würde wohl zahlenmässig verkleinert, aber ein wichtiger Teil der ersten Komponente der New Triad bleiben. Die erste Komponente musste aber zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit der Abschreckung durch nichtnukleare Offensivsysteme ergänzt und auch substituiert werden.[3]
Ausgelöst durch die Veröffentlichung dieser Nuclear Posture Review analysierten verschiedene think tanks in den USA die Einsatz- und Abschreckungsfähigkeit nichtnuklearer Offensivwaffen.[4] Dabei wurde bemerkt, dass bereits im Golfkrieg von 1991 präzise nichtnukleare Offensivwaffen (lasergelenkte Bomben u.a.) eingesetzt worden waren[5], und dass die Weiterentwicklung dieser Waffensysteme durch die Revolution in Military Affairs (RMA), die durch die Clinton-Administration ausgelöst worden war, vorangetrieben würde.[6] 2003 definierte das Department of Defense (DoD) den Auftrag an nichtnukleare Offensivwaffen als Prompt Global Strike (PGS). Die USA sollten inskünftig befähigt werden, innert einer Stunde irgendwo in der Welt wichtige Ziele ohne Zugriff auf vorgeschobene Stützpunkte ausschalten zu können. Dieser Auftrag sollte durch Bomber, Marschflugkörper, ballistische Flugkörper und hypersonische Gleitflugkörper mit konventionellen Gefechtsköpfen erreicht werden.[7] Die nachfolgende Obama-Administration verlangte in ihrem Nuclear Posture Review (NPR) von 2010 mit Priorität die Entwicklung hypersonischer Gleitflugkörper (hypersonic glide vehicle)[8].
Bis heute ist allerdings die Frage, welche Trägersysteme des Langstreckenbereichs (ICBMs, SLBMs und Marschflugkörper) für die Ausführung von Prompt Global Strikes mit nichtnuklearen Gefechtsköpfen oder hypersonischen Gleitflugkörpern sich eignen könnten, ungeklärt.[9] Unter allen Umständen sollten andere Nuklearmächte den Einsatz nichtnuklearer Offensivwaffen durch die USA nicht als einen nuklearen Erstschlag missverstehen. Offenbar sind bis jetzt durch das DoD verschiedene Systeme auf ihre Tauglichkeit untersucht worden. So hat die U.S. Navy die Entwicklung und Einführung eines Mittelstreckenflugkörpers (SLIRBM, Submarine-Launched Intermediate-Range Ballistic Missile) mit einer Reichweite von 2’780 km und einem Gefechtskopf von 907 kg auf den U-Booten der Ohio- oder Virginia-Klasse vorgeschlagen. Ab dem Abschuss könnte ein Ziel innert 15 Minuten ausgeschaltet werden.[10] Die ersten Tests mit einem solchen Flugkörper sollen 2017 einsetzen.[11]
Die U.S. Air Force und das DoD haben die Ausrüstung modifizierter Minuteman-II- und Peacekeeper-ICBMs mit konventionellen Gefechtskörpern oder/und Gleitflugkörpern studiert. Beide ICBM-Typen sind vor Jahren deaktiviert worden. Die Sprengkraft eines konventionellen Gefechtskopfes eines Minuteman-II-Flugkörpers würde zwischen 227 und 454 kg und jener eines Peacekeeper-Flugkörpers zwischen 2’722 und 3’629 kg betragen. Ein hypersonischer Gleitflugkörper auf einem interkontinentalen ballistischen Flugkörper hätte eine Sprengkraft von 454 kg.[12]
Was die Tests mit hypersonischen Gleitflugkörpern HTV-2 (Air Force) und AHW (advanced hypersonic weapon der U.S. Army) betrifft, so waren bis heute nur jene der AHW-Gleitflugkörper der U.S. Army mit einer Reichweite von 4’445 km vollumfänglich erfolgreich.[13]
Nach wie vor verfolgen die USA das Ziel, die Abhängigkeit der Abschreckungsfähigkeit von den Nuklearwaffen durch die Entwicklung und Einführung der Conventional Prompt Global Strike (CPGS) zu reduzieren. Das Problem eines möglichen Missverständnisses zwischen Nuklearmächten bei der Auslösung eines CPGS ist aber bis heute nicht gelöst worden.[14]
Bis zur Einführung neuer Systeme werden die USA CPGS mit ihrem bestehenden Arsenal an seegestützten Marschflugkörpern (SLCMs, Sea-Launched Cruise Missile(s)) des Typs Tomahawk (BGM-109) führen müssen. Wie der kürzlich erfolgte Abschuss von 59 seegestützten Marschflugkörpern gegen einen syrischen Flugplatz gezeigt hat, verfügen diese Waffensysteme immer noch über eine beträchtliche Vernichtungswirkung.[15] Ausgerüstet mit einem Gefechtskopf von 454 kg erreichen diese SLCMs auf einer Reichweite von 1’600 km eine Genauigkeit von bis zu 3 Metern.[16]
[1] Rumsfeld, D.H., Nuclear Posture Review Report, Foreword, Pentagon, Washington DC, 2002, P. 1.
[2] Rumsfeld, D.H., P. 1.
[3] Rumsfeld, D.H., P. 2.
[4] Guthe, K., The Nuclear Posture Review: How Is the «New Triad» New?, Center for Strategic and Budgetary Assessments, Washington DC, 2002.
[5] Guthe, K., P. 13.
[6] Guthe, K., P. 10.
[7] Woolf, A.F., Conventional Prompt Global Strike and Long-Range Ballistic Missiles: Background and Issues, Congressional Research Service, Washington DC, February 3, 2017, P. 1.
[8] Woolf, A.F., P. 1.
[9] Woolf, A.F., P. 3/6.
[10] Woolf, A.F., P. 11.
[11] Woolf, A.F., P. 13.
[12] Woolf, A.F., P. 14.
[13] Woolf, A.F., P. 17-20.
[14] Woolf, A.F., P. 32.
[15] La Grone, S. and M. Eckstein, VIDEO: U.S. Destroyers Fire 59 Tomahawks on Syrian Airfield in Retaliation for Chemical Attack, In: U.S. Naval Institute, April 7, 2017, 12:04.
[16] Wertheim, E., Combat Fleets of the World, 16th Edition, Naval Institute Press, Annapolis, 2013, P. 821.
Drei verschiedene Gruppen und Akteure wirken zum gegenwärtigen Zeitpunkt gleichzeitig auf die EU und die NATO ein:
Die Nationalisten
In den europäischen und amerikanischen Medien werden der Niederländer Geert Wilders, Vorsitzender der Partij voor de Vrijheid (Partei für die Freiheit), die Französin Marine Le Pen, Vorsitzende des Front National (FN), der Österreicher Norbert Gerald Hofer, Vorstandsmitglied der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und Frauke Petry und Jörg Meuthen, Parteivorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD) pauschal als Populisten bezeichnet. Die Bezeichnung Populismus ist vom lateinischen Wort populus abgeleitet. Im späteren Rom wurde mit populus das (gesamte) Volk bezeichnet.[1] Da die erwähnten Anführer aufgrund der zahlenmässigen Stärke ihrer Parteien nicht das gesamte Volk vertreten könnten, ist die Bezeichnung Populisten für sie nichtzutreffend. Aufgrund der durch sie vertretenen Politik und ihrer Ablehnung der überstaatlichen Organisationen NATO und EU sind sie als Nationalisten (aus dem Lateinischen natio, u.a. Volksstamm[2]) zu bezeichnen. Ein Nationalist ist ein Vertreter des Nationalismus. Im Fremdwörterbuch von Duden ist der[3]
«Nationalismus ein übersteigertes Nationalbewusstsein, das Macht und Grösse der eigenen Nation als höchsten Wert erachtet.»
Genau dieses Denken und diese Ziele vertreten Wilders, Le Pen, Hofer, Petry und Meuthen. Sie stellen ihre Nation und ihren Staat über jede internationale Organisation und Einrichtung und lehnen deshalb auch die NATO und die EU ab. Wilders, Le Pen, Hofer, Petry und Meuthen lehnen alle auch Freihandelsabkommen ab und fordern vehement den Austritt ihrer Staaten aus der EU, NATO und der Währung Euro. Der eigene Staat und damit die eigene Nation sollen wieder die volle Souveränität erlangen. In diesem Sinne hat der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, BREXIT, für sie Vorbildcharakter. Auch im Motto «America First» des neuen US-Präsidenten Donald Trump und seiner Marginalisierung der NATO sehen diese europäischen Nationalisten eine hohe Übereinstimmung.
Aufgrund der parteipolitischen Traditionen in den Niederlanden, in Frankreich, Österreich und Deutschland dürfte keine der erwähnten Parteien in absehbarer Zeit eine Mehrheit der Stimmenden für sich gewinnen können. Ein Beispiel dafür sind die letzten Wahlen in den Niederlanden und das Unterliegen von Hofer gegenüber dem Gegenkandidaten Alexander Van der Bellen in der Stichwahl vom 4. Dezember 2016 zum Bundespräsidenten. Trotz dieser Einschränkung ist zu beachten, dass alle vier Parteien bereits heute einen grossen Anteil in der Wählerschaft für sich haben gewinnen können. Vor allem in den Niederlanden und Österreich hat dieser Wähleranteil dazu geführt, dass die Nationalisten die konservativen Parteien dazu gezwungen haben, verschiedene ihrer Ziele zu übernehmen. Dazu gehört insbesondere die vehemente Ablehnung des Islam. Ein Beispiel dafür war die Konfrontation zwischen dem türkischen Präsidenten Erdogan und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte betreffend die türkische Wahlpropaganda für Erdogan im Vorfeld der Wahlen in den Niederlanden.
In diesem Sinne treiben die Nationalisten Europas die konservativen Parteien ihrer Heimatstaaten vor sich her und zwingen ihnen die Übernahme einzelner ihrer Ziele auf. Damit tragen sie auch zur Destabilisierung ihrer Heimatstaaten und der EU bei.
Auswirkungen der Amtseinsetzung von Donald Trump als US-Präsident auf die Sicherheit und Wirtschaft Europas
Ob Donald Trump die Nachforschungen über die Russland-Connection seines Teams politisch überstehen wird oder nicht, bereits heute sind nach seiner Amtseinsetzung negative Auswirkungen auf das politische Verhältnis zwischen den USA und Europa erkennbar. Donald Trump hat im Wahlkampf die Zukunft der EU hinterfragt und BREXIT begrüsst. Dies hat bei seiner Amtseinsetzung auch zu einer Distanzierung zwischen Brüssel und Washington DC geführt.
Des Weiteren hat Trump in den Wahlen die Existenz der NATO hinterfragt und von den Europäern finanzielle Mehrleistungen für die gemeinsame Verteidigung gefordert. Offenbar unter dem Einfluss seines Verteidigungsministers James Mattis, ein ehemaliger Vierstern-General des US Marine Corps, hat er seine Aussagen betreffend der NATO in der Zwischenzeit etwas relativiert und sich zur NATO bekannt. Dagegen verlangen er und Mattis weiterhin von den europäischen NATO-Mitgliedern ein Mehr an finanziellen Leistungen. Entsprechend dem Beschluss der NATO am Gipfel in Wales von 2014 sollen die NATO-Staaten 2% ihres Bruttosozialproduktes für ihre Verteidigung ausgeben. Diese Forderung von Trump ist insbesondere in Deutschland auf Widerstand gestossen. So lehnen die deutschen Sozialdemokraten die Umsetzung dieses NATO-Ziels bereits heute ab. Für sie darf in keinem Fall die Erhöhung der Verteidigungsausgaben zu Lasten der Sozialausgaben erfolgen. Dagegen wäre die CDU bereit dieser Forderung schrittweise nachzukommen. In Deutschland nimmt gleichzeitig der Anti-Amerikanismus zunehmend zu.
Auch die früheren Sympathiekundgebungen von Donald Trump für den russischen Machthaber Wladimir Putin sind in Europa, angesichts der russischen Interventionen und Kriegführung in Syrien und in der Ukraine, auf Unverständnis gestossen.
Die entscheidende Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und Europa ist aber das Ergebnis der Forderung von Trump an die deutsche Regierung den Handelsüberschuss Deutschlands gegenüber den USA zu beseitigen und mehr für die eigene Infrastruktur auszugeben. Diese Forderung von Trump ist seitens der deutschen Regierung und Wirtschaft auf massive Ablehnung gestossen. Die deutsche Regierung unter Frau Merkel argumentiert dabei, dass Deutschland viele Kompetenzen betreffend der Wirtschafts- und Finanzpolitik an Brüssel und an die ECB abgegeben hätte und in vielen Fragen des Handels nicht mehr autonom entscheiden könne. Es ist nicht auszuschliessen, dass Trump, sofern er im Amt bleibt, willens wäre einen Handelskrieg mit Deutschland anzuzetteln. In diesen Zusammenhang gehört auch die Ablehnung von Trump gegenüber jedem Freihandelsabkommen, so auch zwischen der EU und den USA.
Die Anti-EU-Einstellung von Trump und seiner Administration könnte langfristig zu einer Entfremdung zwischen den USA und Europa führen, die nicht mehr korrigierbar wäre.
Putins Ziel, die Zerstörung der EU und der NATO
Um dieses Ziel erreichen zu können, betreibt Wladimir eine Strategie in zwei Stossrichtungen. Einerseits sucht er dank der Balkan-Abteilung des Russischen Institutes für strategische Studien den Einfluss Russlands auf Politiker früherer Satelliten der UdSSR zu verstärken. Zielländer sind Ungarn, die Slowakei und Bulgarien. Über die Beeinflussung führender Politiker und unter Ausnützung sowjetischer Netzwerke in diesen drei Staaten will Putin in Schritten die Kohäsion der NATO zerstören. Ein gutes Beispiel für diese Strategie ist die Förderung der Wahl von Rumen Radev durch Russland zum Präsidenten Bulgariens.[4] Unter Bezugnahme auf die gemeinsame Geschichte, Religion und slawische Kultur verlangt dieser bulgarische Präsident von der EU die Aufhebung der Sanktionen gegenüber Russland. Das Russland für dieses Ziel bereit ist alle Mittel einzusetzen, hat auch der gescheiterte Putsch in Montenegro von 2016 gegen dessen Präsidenten gezeigt. Durch dessen Ermordung hätte der Beitritt von Montenegro zur NATO verhindert werden sollen.
Die zweite Stossrichtung der russischen Strategie ist die finanzielle Unterstützung und Instrumentalisierung der europäischen Nationalisten Wilders, Le Pen und der Anführer der AfD für die russischen Ziele.[5] Mit Hilfe der Nationalisten will Russland die Kohäsion in der EU schwächen. Gleichzeitig werden die russischen Hacker in die Homepage der politischen Gegner der Nationalisten eindringen und diese in den kommenden Wahlen mit echten und auch falschen Informationen über ihre Gegner versorgen. Gleichzeitig wird die russische Informationskampagne versuchen die europäischen Medien über Agenturen wie Sputnik zu beeinflussen. Zu dieser Propaganda gehört auch die Hochstilisierung von BREXIT als Vorbildcharakter für andere austrittswillige Staaten aus der EU. Dass diese Art der Einflussnahme auf Wahlen sehr wirkungsvoll sein kann, hat der Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump gezeigt. Ohne die Verbreitung von echten und falschen Meldungen über Clinton mit Hilfe von Wikileaks hätte Donald Trump seinen Wahlsieg nicht erlangt.
Die Destabilisierung der EU ist das Nahziel von Putin. Deren Zerstörung ist sein Fernziel.
Fazit
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet sich Europa in einem Zangengriff zwischen der Ablehnung durch den US-Präsidenten Donald Trump und den Intrigen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Während der erste Präsident über Twitter gegen die EU und die NATO polemisiert und damit die Kohäsion von Europa gefährdet, nützt der zweite Präsident die zunehmende Verunsicherung der europäischen Staaten in der EU und der NATO aus und setzt gezielt seine Propagandamaschinerie und Cyberwar gegen die zunehmende Schwächung der beiden Organisationen ein. Aufgrund der Gleichzeitigkeit dieses Vorgehens könnte man beinahe eine Absprache zwischen Trump und Putin bei der Zerstörung der EU und der NATO vermuten.
Angesichts der Möglichkeit, dass Trump aufgrund seiner Russland-Connection durch ein Impeachment abgesetzt werden könnte, besteht die Möglichkeit, dass Putin seine Ziele nicht vollumfänglich erreichen wird. Durch den bisher durch Trump bereits in Gang gesetzten Zerstörungsprozess besteht aber die Gefahr, dass auch nach seiner Absetzung früher oder später Ungarn, Slowakei und Bulgarien sich von die EU wie auch von der NATO trennen werden. Kurzfristig wäre dies eine weitere Schwächung der beiden Organisationen, langfristig könnten aber beide Organisationen von der Trennung dieser unzuverlässigen Mitgliedstaaten profitieren und dadurch wieder ihre frühere Kohäsion erlangen.
[1] Menge, H., Langenscheidts Taschenwörterbuch der Lateinischen und Deutschen Sprache, Langenscheidt, Berlin, München, Wien, Zürich, 1963, S. 404.
[2] Menge, H., S. 345.
[3] Duden Fremdwörterbuch, Bibliographisches Institut, Mannheim, 1966, S. 468.
[4] Parkinson, J., and G. Kantchev, Document: Russia Meddles in Elections, in: The Wall Street Journal, March 24-26, 2017, P. A1/A6.
[5] France: Marine le Pen Meets Russian President, Stratfor, March 24, 2017, 14:47 GMT.
Im März 2017 sollen im US-geführten Luftkrieg der Operation Inherent Resolve während einer Woche 605 Waffen (Lenkwaffen und Bomben) gegen die Stellungen des Islamischen Staates (IS) in Mosul eingesetzt worden sein. Davon waren 500 Lenkwaffen und gelenkte Bomben.[1] Insgesamt wurden in den beiden Monaten Januar und Februar 2017 7’000 Waffen gegen den IS eingesetzt. An einem typischen Einsatztag werden durch die US-geführte Koalition folgende Kampfflugzeuge eingesetzt:[2]
An einem solchen Einsatztag kommen noch bemannte Flugzeuge und unbemannte Drohnen für die Aufklärung, aber auch für Kampfeinsätze, dazu.[3] Seit dem Beginn des Luftkrieges gegen den Islamischen Staat in Mosul am 17. Oktober 2016 sollen 8’700 Lenkwaffen und gelenkte Bomben eingesetzt worden sein.[4] Bei den Luftangriffen wurden Tunnels, Minenwerferstellungen, Autobomben, Einsatzführung, Erdölanlagen sowie das Informations- und das Bankensystem des IS angegriffen.[5] Neunzig Prozent der Luftangriffe erfolgten zwischen 200 bis 500 Meter vor den Stellungen der irakischen Streitkräfte.[6] Dass Einsätze dieser Art in einem dichtbesiedelten Gebiet auch die Zivilbevölkerung treffen können, dürfte offensichtlich sein. Am 25. März flogen die Luftstreitkräfte der Koalition aufgrund einer Anforderung der irakischen Sicherheitskräfte 17 Angriffe, die zum Tod von 100 bis 200 Zivilisten führten.[7]
In zunehmendem Masse setzen die Amerikaner für diese Gefechtsfeldunterstützung gegen den Islamischen Staat in Mosul bewaffnete Drohnen (UCAV, Unmanned Combat Aerial Vehicle) wie Predator MQ-1 und Reaper MQ-9 ein.[8] Diese Drohnen sind normalerweise auf dem Creech Air Force Base’s 432nd Wing (Flugplatzgeschwader) stationiert und werden durch das 432nd Expeditionary Wing (Einsatzgeschwader) eingesetzt. Die Führung der Drohneneinsätze erfolgt vom Creech AFB in Nevada aus durch einen Piloten (fliegt die Drohne) und einen Operateur (für die Aufklärung und den Kampfeinsatz zuständig). Die Dauer eines Einsatzes einer bemannten Drohne beträgt 16 bis 21 Stunden.[9] Die Drohneneinsätze des Geschwaders sind von 2013 bis heute eskaliert. 2013 wurden 500 Lenkwaffen (AGM-114 Hellfire) oder lasergelenkte Bomben (GBU-12 Paveway II) eingesetzt, 2014 waren es deren 1’000, 2015 2’000 und 2016 3’000. Allein 2016 wurden 1’500 Lenkwaffen oder gelenkte Bomben gegen den Islamischen Staat durch Drohnen abgesetzt. 2016 verbuchte das 432nd Wing 250’000 Einsatzstunden. Davon waren 98 Prozent für Kampfeinsätze.[10] Eine lasergelenkte Bombe GBU-12 Paveway II weist eine Sprengkraft von 227 kg auf[11] und eine Lenkwaffe AGM-114 Hellfire kann einen Gefechtskopf (Fragmentation) von 12.5 kg mitführen.[12] Gemäss dem Kommandanten des Drohnen-Geschwaders, Colonel Case Cunningham, dürften in zukünftigen Einsätzen der Gefechtsfeldunterstützung in überbauten Gebieten immer mehr bewaffnete Drohnen eingesetzt werden.[13]
[1] Losey, St., With 500 bombs a week, Mosul airstrikes mark ‘the most kinetic’ phase of ISIS air war so far, in: Air Force, March 28, 2017, P. 1.
[2] Losey, ST., P. 2.
[3] Losey, St., P. 2/3.
[4] Losey, St. P. 3.
[5] Losey, St. P. P. 4/5.
[6] Losey, St., P. 9.
[7] Losey, St., P. 2.
[8] Insinna, V., In the fight against ISIS, Predators and Reapers prove close-air support bona-fides, in: Defense, March 28, 2017, P. 1.
[9] Insinna, V., P. 2.
[10] Insinna, V., P. 3.
[11] Insinna, V., P. 6.
[12] Wertheim, E., Combat Fleets of the World, 16th edition, Naval Institute Press, Annapolis, 2013, P. 823.
[13] Insinna, V., P. 6.
Erschienen auf FOCUS Online am 10.4.2017
Zunächst der Raketenangriff auf eine syrische Luftwaffenbasis, dann die Verlegung eines Flugzeugträger-Verbands an die koreanische Küste: Die USA nehmen ihre Rolle als Weltpolizei wieder ernst. Doch reicht die Schlagkraft Washingtons dafür überhaupt aus? … Weiter
Unter dem Präsidium von Boris Jelzin hatten die russischen Streitkräfte in der Gesellschaft im Vergleich zur Sowjetzeit an Bedeutung verloren. Spätestens seit der Annektierung der Krim hat sich dies geändert.[1] Noch im Oktober 2012 waren 61 Prozent der Russinnen und Russen stolz auf ihre Streitkräfte. Seit November 2015 sind es 85 Prozent. Der Anteil jener, die auf die russischen Streitkräfte sehr stolz sind, hat von 22 auf 40 Prozent zugenommen. Auch der Anteil jener, die die Militärausgaben im Vergleich zur wirtschaftlichen Entwicklung höher werten, hat 2015 gegenüber 2013 zugenommen.
Zudem hat sich der Stellenwert, der der militärischen Vorbildung der Jugendlichen in den Schulen zugemessen wird, verändert. Im Oktober 2015 hat Wladimir Putin ein Dekret betreffend die Einführung der russischen Bewegung der Schulkinder (Rossiiskoe dvizhenie shkolnikow) verabschiedet.[2] Im September 2016 hat das Verteidigungsministerium die Bildung der Jugendarmee (Iunarmiia) verkündet, die über eigene Uniformen, Kleider und Abzeichen verfügen und deren Struktur in Beziehung zu den Streitkräften stehen wird. Gleichzeitig wurde die Einführung der DOSAAF (freiwillige Gesellschaft für die Unterstützung der Streitkräfte) und des zentralen Sportclubs des Heeres verkündet. Durch diese Massnahmen wird mit der militärischen Vorbildung der Jugendlichen wieder an die Sowjetzeit angeknüpft. Neben den beiden wichtigen Suvorov- und der Präsidial-Kadettenschulen haben die Macht-Ministerien (Verteidigung, Polizei, Geheimdienste, usw.) eigene Kadettenschulen. 2014 gab es 177 Kadettenschulen mit insgesamt 60’000 Jugendlichen. Die militärischen Vereinigungen sind für die Förderung des Patriotismus der Jugendlichen zuständig.
Neben der Förderung des militärischen Patriotismus unter den Jugendlichen hat für das Regime von Putin die Waffenproduktion der Rüstungsindustrie eine hohe Priorität. Gestützt auf die Erfahrungen im Krieg gegen Georgien von 2008 wurde 2010 für die Periode 2011 bis 2020 das staatliche Rüstungsprogramm GPV-2020 (Gosudarstvennaia programma vooruzheniia) verabschiedet.[3] Für die gesamte Periode ist ein Budget von 19’040 Milliarden Rubel vorgesehen. Siebzig Prozent sind für den Kauf neuer Waffen und dreissig Prozent für die Modernisierung und Erneuerung vorhandener Waffen, wie auch für die rüstungsindustrielle Forschung und Entwicklung, veranschlagt. Da in den ersten fünf Jahren lediglich ein Drittel des gesamten Budgets ausgegeben worden ist, bedeutet dies, dass die Beschaffung in der Periode 2016 bis 2020 beschleunigt werden wird.[4]
Die höchste Priorität im Rüstungsprogramm haben die strategischen Nuklearwaffen und die Waffensysteme der strategischen Luftraumverteidigung sowie die Kriegsschiffe und U-Boote für die Nord- und die Pazifik-Flotte. Bis 2020 sollen neue land- und U-Boot-gestützte ballistische Flugkörper eingeführt werden. Die Langestreckenbomber werden mit modernen Marschflugkörpern Kh-101/102 ausgerüstet sein.[5] Weitere Prioritäten haben die Entwicklung und Beschaffung von Führungssystemen, Drohnen, militärisch nutzbaren Robotern, Transportflugzeugen, gelenkte Lenkwaffen und Bomben, Kampfpanzer und Kampfschützenpanzer.
Die russische Rüstungsindustrie ist, was den Technologiestand, die Effizienz und die Produktivität betrifft, nicht auf dem gleichen Niveau wie jene im Westen. Es fehlen auch ausgebildete Arbeitskräfte. Der Verlust der ukrainischen Industriestandorte sowie die Sanktionen wirken sich heute aus.[6] Dies dürfte auch einer der Gründe sein, warum bestehende Waffensysteme, wie die Langstreckenbomber Tu-160 und Tu-95MS sowie die Mittelstreckenbomber Tu-22M3 nicht abgelöst, sondern modernisiert werden.[7] Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Produktion einer modernisierten Version des bewährten Kampfpanzers T-72. Gleichzeitig werden aber auch die neuen Kampfpanzer T-14 Armata ausgeliefert. Des Weiteren schreitet die Ablösung bisheriger ballistischer Systeme des operativ-taktischen und taktischen Bereiches, wie die Tochka-U durch den neuen ballistischen Flugkörper 9K720 Iskander, ungebremst weiter. Heute sollen auch im Kaliningrad Oblast ballistische Flugkörper Iskander-M stationiert sein.[8] Ab 2020 soll das Rüstungsprogramm 2020 spätestens durch das neue GPV-2025 abgelöst werden.[9]
Entscheidend für die Kampfkraft dürfte neben der Ausrüstung mit modernen Waffensystemen und der patriotischen Motivation und Indoktrination der russischen Jugend die Neugliederung und Brigadisierung der russischen Streitkräfte sein. Im Gegensatz zur schwerfälligen Gliederung der Sowjetunion sind die Streitkräfte heute in den vier Militärbezirken West, Süd, Zentrum und Ost organisiert. Für die Nordflotte ist vom Militärbezirk West neu ein selbständiger Kommandobereich abgetrennt worden.[10] Der Militärbezirk West dürfte gegenüber den anderen Bezirken die höchste Kampfbereitschaft aufweisen. Nur dieser Militärbezirk verfügt über eine eigne Panzerarmee.[11] Diese Panzerarmee weist daraufhin, dass aus diesem Militärbezirk ein schneller Vorstoss in das westliche Kriegstheater möglich wäre. Zu einem russischen Kriegstheater (teatr voennykh deistvii) gehören, in Anlehnung an die Militärdoktrin der untergegangenen Sowjetunion, neben dem russischen Territorium auch die Gebiete der Nachbarstaaten.[12] Demzufolge sind Belarus, die baltischen Staaten und die Ostsee Teil des westlichen Kriegstheaters. Die Ukraine ist, zusammen mit der Republik Moldau und dem Schwarzmeer, Teil des südlichen Kriegstheaters.[13] Das westliche Kriegstheater wird durch see- und luftgestützte Marschflugkörper Kalibr aus der Barentssee, dem Schwarzmeer und dem Kaspischen Meer, luftgestützte Marschflugkörper Kh-555 und Kh-101 aus Russland und operativ-taktische Flugkörper aus dem Militärbezirk West (einschliesslich Kaliningrad) abgedeckt sein.[14] Ein Vorstoss aus dem Militärbezirk West wird durch diese Systeme (alle können mit nuklearen Gefechtsköpfen ausgerüstet sein) unterstützt werden.
Abschliessend wird im schwedischen Bericht das heutige Verhältnis zwischen Russland und seinen westlichen Nachbarstaaten wie folgt beurteilt:[15]
«… the annexation of Crimea, the military aggression in eastern Ukraine, and the military operation in Syria. This is new, and it directly affects the security situation in neighbouring smaller countries. This indicates that Russia has radically departed from the traditional foreign policy line of keeping the status quo to becoming a revisionist power.»
[1] Hedenskog, J., Persson G. and C.V. Pallin, Russian Security Policy, in: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective – 2016, G. Persson (ed.), FOI, Stockholm, December 2016, P. 105.
[2] Hedenskog, J., et al, P. 106.
[3] Malmlöf, T., with contributions from R. Roffey, The Russian Defence Industrie and Procurement, in: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective – 2016, P. 152.
[4] Malmlöf, T., P. 152.
[5] Malmlöf, T., P. 157.
[6] Malmlöf, T., P. 153.
[7] Malmlöf, T., P. 158.
[8] Malmlöf, T., P. 174/175.
[9] Malmlöf, T., P. 177.
[10] Norberg, J. and F. Westerlund, with contributions from C.V. Pallin and R. Roffey and maps by Per Wikström, Russia’s Armed Forces in 2016, in: Russian Military Capabilty in a Ten-Year Perspective – 2016, P. 31.
[11] Norberg, J., et al, P. 29.
[12] Westerlund, F. and J. Norberg, with maps by P. Wikström, The Fighting Power of Russia’s Armed Forces in 2016, in: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective – 2016, P. 67/81.
[13] Westerlund, F. and J. Norberg, P. 81.
[14] Westerlund, F. and J. Norberg, P. 90.
[15] Persson, G., Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective, in: Russian Military Capability in a Ten-Year Pespective – 2016, P. 195.
Seit Ende 2013 hat China mit der Aufschüttung von Riffen des Spratley-Archipels im Südchinesischen Meer zu künstlichen Inseln angefangen und errichtet auf diesen militärische Stützpunkte. Diese Stützpunkte, mittlerweile sollen es mehrere sein, verfügen über Landebahnen und Häfen und sind teilweise bereits gegen Luftangriffe durch Fliegerabwehrlenkwaffenstellungen geschützt. Da auch die Philippinen, Indonesien, Malaysia, Vietnam und Brunei einzelne Riffe und Inseln des Spratley-Archipels für sich beanspruchen, ist das Vordringen Chinas ins Südchinesische Meer nicht unbemerkt geblieben. Mit dem Bau der Stützpunkte will die Volksrepublik offenbar ihren Anspruch auf die Herrschaft über das gesamte Südchinesische Meer demonstrieren. Kann China diesen Herrschaftsanspruch unwidersprochen durchsetzen, dann verfügt Beijing im Frieden wie auch im Krieg über die Fähigkeit, die Seeverbindungen von der Malakkastrasse nach Taiwan, Japan und Korea zu kontrollieren und jederzeit auch zu unterbrechen. Ein wirtschaftlicher Zusammenbruch von Taiwan, Japan und Südkorea wäre in einem solchen Fall absehbar. Der territoriale Anspruch von China über das Südchinesische Meer wird aufgrund der territorialen Ausdehnung als Kuhzunge bezeichnet.
Die einzige Macht, die dem Anspruch Chinas auf das Südchinesische Meer entgegentreten könnte, sind die USA. Nur die USA können mit ihren Trägerkampfgruppen das chinesische Vordringen behindern und evtl. gar unterbinden. Trotz der Verkündigung einer Neuorientierung der US-Strategie in Bezug auf Asien und den Pazifik durch die frühere Aussenministerin Hillary Clinton hat die Obama-Administration gegenüber dem chinesischen Vordringen und den Ansprüchen Chinas nichts unternommen. Obama fürchtete sich offenbar, Beijing zu provozieren. Diese Untätigkeit wurde in Asien als Schwäche der USA und als deren machtpolitischen Niedergang interpretiert. Nur so können die Freundschaftserklärungen des philippinischen Präsidenten Duarte an Beijing interpretiert werden. Offenbar will die neue Trump-Administration aber gegenüber China wieder aktiv werden. Bereits jetzt ist eine Trägerkampfkampfgruppe in den Westlichen Pazifik abkommandiert worden.
Wenig bekannt ist, dass China auch auf Inseln und Riffen des weiter nördlich gelegenen Paracel-Archipels Stützpunkte errichtet hat. Mittlerweile soll China zwanzig dieser Aussenposten besetzt haben. Auch hier hat Beijing Häfen und Helikopterlandeplätze, die durch Fliegerabwehrlenkwaffen HQ-9 gegenüber Luftangriffen geschützt sind, errichten lassen.[1] Auf Woody-Island, das Teil des Paracel-Archipels ist, soll die Volksrepublik Marschflugkörperstellungen für den Einsatz gegen Schiffe stationiert haben.[2] Der einzige andere Staat, der auch einzelne Inseln und Riffe dieses Archipels für sich beansprucht, ist Vietnam. Bis zum Ende des Vietnamkrieges von 1964-73/75 hielt das damalige Südvietnam auf einzelnen Inseln des Paracel-Archipels Garnisonen. Von diesen Inseln wurden die Vietnamesen durch die Chinesen vertrieben.
Die Kuhzunge ist ein zentraler Teil der Seestrategie Chinas im Westlichen Pazifik. Mit der Herrschaft über die Kuhzunge will Beijing die Vorherrschaft Chinas über den Westlichen Pazifik durchsetzen und die Seemacht USA aus diesem Raum verdrängen. Da die USA den chinesischen Machtanspruch nur schon aus politischen und wirtschaftlichen Gründen nicht akzeptieren werden, könnte die Konfrontation in diesem Gebiet sehr schnell in einem Krieg enden.
[1] The Paracels: Beijing’s other South China Sea Buildup, The Asia Maritime Transparency Initiative and the Center for Strategic and International Studies, 2016, 24.02.17, 08:28, P. 1.
[2] The Paracels, P. 2.
On 6 March 2017 North Korea fired four missiles in the Japanese See; three landed in Japan’s EEZ 300km off Japan’s northwest coast. All four missiles had been launched within 10 minutes.[1] About the last missile test in February 2017 it was said that solid-fuel and the cold launch technology were used. Missiles using these technologies are easily hidden underground and rapidly made ready to launch.[2] After the missile test in March, North Korea said that it was a drill for attacking the US military bases in Japan.[3] This announcement and the technological developments have sent the serious message to Japan to rethink its missile defense system. It is not feasible to intercept and destroy all of these incoming missiles.
In South Korea, the scandal of the dismissed president Park Geun-hye and China’s persistent pressure against the deployment of the US THAAD (Terminal High Altitude Area Defense) missiles have been the most important issues. A promising candidate for the next president is reportedly pro-North Korea and anti-Japan as well as against the THAAD deployment. US Secretary of State Rex Tillerson visited Japan, South Korea and China in mid-March. How to handle North Korea might have been the main topic of his visit.
Neither North Korea nor China commented on the mysterious assassination of Kim Jong-un’s half-brother in Malaysia in February 2017. The family of the half-brother is reportedly under the protection of the US, China and the Netherlands. Since North Korea is going to hold the Supreme People’s Assembly (the legislature) on 11 April 2017 and both the 105th birthday of Kim Il-sung and the 85th anniversary of the North Korean Military establishment are also in April, more missiles might again be fired during this festive period.
Is North Korea out of Chinese control or still within? The Chinese president Xi Jinping and the North Korean leader Kim Jong-un have never held any meetings yet. The USA might take action to devastate North Korea if the Americans feel an imminent danger of being attacked by it. However, a North Korean collapse on the doorsteps of China impacts it differently than the faraway US. China, the USA and Russia might reach an agreement about the future of North Korea and the Korean Peninsula because of power shifts on the peninsula. The Korean War has still not formally ended; the cease-fire agreement was signed by the USA, China and North Korea. Since the US Navy SEALs have joined the joint drill between South Korea and the US, and South Korea is also establishing a decapitation unit, pressure might be put on Kim Jong-un to make decisions to either stop further nuclear development or just carry it on.
In any case, North Korea needs gradual industrialization to survive and remain a nation. Thus, its relationships with China and South Korea would become much more essential than before. If South Korea elects a pro-North Korea candidate to the presidency, China could have a strong impact on the Korean Peninsula. The US military might withdraw from South Korea. This scenario would see a dramatically changed East Asian power balance, and Japan in particular needs to change its defense strategy. Such a situation would also make Russia uneasy because of China’s deep penetration into Siberia. Whether US president Trump takes steps to hold meetings with North Korea or makes a deal with China to handle or contain North Korea. Xi Jinping meets Trump in April. One might think of a trade-off whereby both countries make concessions in economic and military issues. The South Korean presidential election is held in May. Keeping a keen eye on the Korean Peninsula is essential.
[1] Reuters: North Korea fires four ballistic missiles into sea, angering Japan and South, March 6, 2017. http://www.reuters.com/article/us-northkorea-missiles-idUSKBN16C0YU [accessed March 6, 2017]
[2] The New York Times: North Korea Claims Progress on Long-Range Goal With Missile Test, February 13, 2017. https://www.nytimes.com/2017/02/13/world/asia/north-korea-missile-launch-success.html [accessed March 6, 2017]
[3] AP: North Korea says missiles were drill for strike on US bases, March 7, 2017. [accessed March 7, 2017] http://www.msn.com/en-us/news/world/north-korea-says-missiles-were-drill-for-strike-on-us-bases/ar-AAnUGdp
In seiner Rede vor dem Kongress am 28. Februar 2017 hat Präsident Trump angekündigt, dass die US-Streitkräfte in seiner Administration mehr Geld bekommen würden. Dank zusätzlicher Mittel würden die Streitkräfte wieder befähigt, Kriege von den USA abzuhalten und, beim Versagen der Abschreckung, Kriege führen und gewinnen zu können.[1] Bereits ein Tag früher erwähnte der Pressesprecher des Weissen Hauses folgende Massnahmen zur Verbesserung der Bereitschaft der US-Streitkräfte:[2]
Auf der Homepage des Weissen Hauses wurde diese Ankündigung ergänzt. Die Trump-Administration würde ein funktionierendes Abwehrsystem gegenüber der Bedrohung der USA durch die ballistischen Flugkörper des Irans und Nordkoreas entwickeln. Des Weiteren würden die defensiven und offensiven Cyber-Mittel des U.S. Cyber Command zu einer absoluten Priorität der Trump-Administration.
Diese Mitteilung von Präsident Trump werden durch den Experten Cordesman in mehrfacher Hinsicht als ungenügend kritisiert:[3]
Angesichts der fehlenden nationalen Sicherheitsstrategie müssten die Ankündigungen der Trump-Administration als ein zielloses Vorgehen im Planungsprozess der Verteidigung bezeichnet werden. Dieses ziellose Vorgehen habe bereits unter den Präsidenten George W. Bush und Barak Obama existiert. Anstatt nachvollziehbare Ziele für die Verteidigung zu formulieren, hätte das Vorgehen der beiden Administrationen einem Durchwursteln entsprochen. Nachvollzielbare Bedrohungsanalysen, Aufträge, Konzepte für die Modernisierung und die Struktur der Streitkräfte hätten während Jahren gefehlt.[4]
Es sei höchste Zeit, dass die Kommandogebiete der USA anstelle der Stabschefs der Teilstreitkräfte mit der Planung der Verteidigung beauftragt würden. Die Kommandanten von USAFRICOM, USCENTCOM, USEUCOM, usw. würden die Herausforderungen und Bedrohungen, mit denen die USA und ihre Streitkräfte konfrontiert seien, kennen.[5] Die Funktion der Stabschefs der Teilstreitkräfte Army, Navy, Marine Corps, Air Force müsse sich auf die Unterstützung der Joint Warfare und Joint Mission Capability der Kommandogebiete beschränken. Nur die Kommandanten der neun Kommandogebiete würden die Kriege in Afghanistan, Syrien und Irak sowie die strategischen Herausforderungen durch Russland, China, den Iran und Nordkorea kennen.
Durch die Erhöhung des Verteidigungsbudgets werde die Einsatzfähigkeit der US-Streitkräfte nicht verbessert. Die Trump-Administration müsste dringend eine nationale Sicherheitsstrategie formulieren und einen entsprechenden Planungsprozess umsetzen:[6]
«Inheriting a Broken Mess: The Need for Real Strategies that Have Real Plans, Programs, and Budgets.»
[1] Cordesman, A.H., Trump on National Security: Calling for More Spending is Not Enough, CSIS, Washington, D.C., February 2017, P. 1.
So auch Hennigan, W.J., Pentagon would see 10% spending boost unter Trump’s ‘hard-power budget’, in: Los Angeles Times, March 16, 2017., 9:27 A.M.
So auch U.S.: Trump Budget Cut Proposals Will Face Headwinds, STRATFOR, March 16, 2017, 18:42 GMT.
[2] Cordesman, A.H., P. 1.
[3] Cordesman, A.H. P. 2-10.
[4] Cordesman, A.H. P. 3.
[5] Cordesman, A.H., P. 8/9.
[6] Cordesman, A.H., P. 10.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verfügten die USA für die Abschreckung der Sowjetunion durch den angedrohten Einsatz von nuklearen Freifallbomben nur über eine Bomberflotte aus B-29, B-50 und B-36. Diese Flotte sollte für den Fall eines sowjetischen Angriffs auf Westeuropa, und damit eines Versagens der Abschreckung von Stützpunkten in Europa, Afrika, Asien, Alaska und Grönland aus, operieren. Nach ihrer ersten Nuklearexplosion 1949 entwickelte aber auch die Sowjetunion eine Bomberflotte. Ab 1954 verfügte die UdSSR über schwere Bomber der Typen Tupolew Tu-95 Bear und Mjassischtschew M-4 Bison mit einer Einsatzreichweite bis zu den USA.[1]
Ab 1958 ergänzten und ersetzten beide Mächte ihre Flotten an schweren Bombern und Mittelstreckenbombern durch landgestützte interkontinentale und U-Boot-gestützte ballistische Flugkörper. Während noch zu Beginn der sechziger Jahre die Rampen der interkontinentalen ballistischen Flugkörper (ICBMs, Inter-Continental Ballistic Missiles) offen aufgestellt waren, sind diese Flugkörper heutzutage in Silos verbunkert oder, wie in Russland, teilweise strassenmobil. Die Reichweite dieser Flugkörper beträgt, gemäss den verschiedenen Rüstungskontrollabkommen zwischen den USA und der UdSSR bzw. Russland mindestens 5’500 km.
Die ersten Unterseeboote mussten für das Abschiessen ihrer ballistischen Flugkörper (SLBMs, Submarine-Launched Ballistic Missiles) auftauchen. Heute werden diese SSBNs (Nuclear-Powered Ballistic Missile Submarines) durch Kernreaktoren angetrieben und müssen für den Abschuss nicht mehr auftauchen.
Neben den ICBMs und den SLBMs verfügen sowohl die USA wie auch Russland immer noch über eine Flotte an Bombern, die mit nuklearen Freifallbomben, Lenkwaffen und Marschflugkörpern ausgerüstet sind und die gegen das Territorium der anderen Macht eingesetzt werden können. Diese Bomber werden laufend modernisiert. Das nuklearstrategische Arsenal aus Bombern, ICBMs und SLBMS bildet die Grundlage der strategischen Abschreckung beider Mächte und wird als TRIADE bezeichnet. Die drei Kategorien an Waffensystemen der TRIADE sichern in einem Ernstfall die Redundanz der Abschreckung. In jedem Fall soll die angegriffene Macht bei einem Angriff des Gegners mit ihren strategischen Nuklearwaffen einen Vergeltungsschlag mit einer oder allen Kategorien führen können. Die Redundanz der Systeme bestimmt im Endergebnis die Abschreckungsfähigkeit beider Mächte.
Das letzte Abkommen über die Rüstungskontrolle und Abrüstung der nuklearstrategischen Waffen, das zwischen den USA und Russland abgeschlossen wurde, ist New START. Mit diesem Abkommen, das am 8. April 2010 zwischen den Präsidenten der beiden Mächte unterzeichnet wurde und am 5. Februar 2011 in Kraft trat, wurden frühere Abkommen ersetzt. Mit New START vereinbarten die USA und Russland innert sieben Jahren die Einhaltung der folgenden Obergrenzen für die nuklearstrategischen Waffensysteme:
Die nichtstrategischen Nuklearwaffen – operativ-taktisch und taktische Waffensysteme – der beiden Mächte wurden durch dieses Abkommen nicht erfasst. Ende 2016 sollen Russland und die USA über folgendes Arsenal an nuklearstrategischen Waffen verfügt haben:
Russland
USA
Die Zahl der nichteinsatzfähigen nuklearen Gefechtsköpfe strategischer und nichtstrategischer Waffensysteme, die noch beseitigt werden sollen, werden für Russland in einem schwedischen Bericht auf 2’800 geschätzt.[2] Die USA sollen 2’300 nichteinsatzfähige nuklearstrategische Gefechtsköpfe haben, die noch zu beseitigen wären.[3] Das russische Arsenal an nuklearen Gefechtsköpfen (einsatzfähig und nichteinsatzfähig) wird insgesamt auf 7’000 geschätzt. Für die USA sollen es 6’800 sein.[4]
Das Arsenal der USA an strategischen Waffensystemen und nuklearen Gefechtsköpfen ist grösstenteils über 40 Jahre alt. Lediglich die 20 schweren Bomber B-2A Spirit sind, da sie in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts produziert worden sind, der einzige moderne Teil der US-TRIADE.[5] Die Einsatzfähigkeit des gesamten Arsenals in einem Ernstfall wird aufgrund seines Alters von Fachleuten sogar in Frage gestellt.[6] Im Gegensatz zu den USA hat Russland in den letzten Jahren durch die Indienststellung neuer Waffensysteme seine TRIADE laufend modernisiert. Dazu gehören 73 ICBMs RS-24 Yars (NATO-Bezeichnung: SS-27 Mod2) und RS-26 Yars-M (SS-27 Mod2 Sickle-B), die seit 2010 in Dienst gestellt werden, und die mit mehreren gegen verschiedene Ziele einsetzbaren Wiedereintrittskörpern und damit mit mehreren Gefechtsköpfen ausgerüstet sind. Diese neuen ICBMs sind entweder in Silos verbunkert oder strassenmobil. Zu den neueren Systemen der russischen TRIADE gehören auch 48 SLBMs RSM-56 Bulava (SS-N-32) auf 3 modernen SSBNs der Borey-Klasse. Diese SLBMs und SSBNs werden seit 2013 schrittweise eingeführt.[7] Russland modernisiert im Augenblick auch die 13 schweren Bomber Tu-160 (Blackjack).
Seit Jahren planen die USA aufgrund des 1251 Reports die Modernisierung ihrer TRIADE.[8] Am weitesten fortgeschritten ist die Planung der Ablösung der Ohio-SSBN-Flotte und die Entwicklung eines neuen Long Range Strike Bombers B-3. Die Einsatzfähigkeit von 12 neuen SSBN(X) sollte in der Zeitperiode zwischen 2021 und 2035 und die Indienstellung von 80 bis 100 neuen Bomber B-3 ab 2021 erfolgen. Aufgrund des enormen finanziellen Aufwandes für die gesamte Modernisierung – beinahe 1’000 Milliarden US-Dollar – wird aufgrund der hohen Staats-Verschuldung der USA die Aufrechterhaltung oder gar die Ablösung der dritten Kategorie der TRIADE, die ICBMs Minuteman, hinterfragt. Es ist durchaus möglich, dass die USA sich ab 2021 auf eine nuklearstrategische DIADE bestehend aus SSBNs und Bombern beschränken müssen.[9] Ob eine solche DIADE den gleichen Abschreckungswert wie die bisherige TRIADE erbringen wird, wird durch Fachleute hinterfragt.[10] Es besteht auch die Möglichkeit, dass die USA durch eine verminderte Abschreckungsfähigkeit ab 2030 langfristig die extended deterrence, den Abschreckungsschutz für ihre Alliierten, nicht mehr im gleichen Umfang aufrechterhalten können.
[1] Stahel, A.A., USA – UdSSR Nuklearkrieg?, Die Arsenale der beiden Supermächte 1945-1982, Verlag Huber, Frauenfeld, 1983, S. 20..
[2] Norberg, J. and F. Westerlund, Russia’s Armed Forces in 2016, with contributions from C.V. Pallin, R. Roffey and P. Wikström, in: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective – 2016, G. Persson (ed.), FOI, Stockholm, December 2016, P. 41.
[3] Cordesman, A.H., NATO and the Delicate Balance of Deterrence: Strategy versus Burden Sharing, CSIS, Washington D.C., February 7, 2017, P. 4.
[4] Cordesman, A.H., P. 4.
[5] The Military Balance 2017, The International Institute for Strategic Studies, London, 2017, P. 45.
[6] Koonin, St.E., Can We Trust Our Aging Nukes?, in: The Wall Street Journal, October 17, 2016, P. A11.
[7] Norberg, J. and F. Westerlund, P. 41.
so auch The Military Balance 2017, P. 211.
[8] Quint, M., Preserving U.S. Strategic Nuclear Delivery Sytems beyond 2030: Climbing the Modernization Mountain, in: Project on Nuclear Issues, S. Minot (ed.), CSIS, Washington D.C., November 2014, P. 177-193.
[9] Quint, M., P. 190-193.
[10] Miller, F., and K.B. Payne, Trump’s Nuclear Deterrence Challenge, in: The Wall Street Journal, November 22, 2016, P. A13.
Das Aufrüstungsprogramm von Russland umfasst neben den konventionellen Streitkräften und den nuklearstrategischen Waffen auch die operativ-taktischen (Reichweite 100 – 1’000 km) und taktischen (Reichweite bis 100 km) Nuklearwaffen.[1] Bis 2020 soll die Zahl der Brigaden mit den operativ-taktischen Boden-Boden-Flugkörpern Iskander-M (Reichweite über 500 km(?))(NATO-Bezeichnung SS-26 Stone) von 6 auf 10 erhöht werden.[2] Moskau dürfte bereits eine Iskander-Brigade in die russische Enklave Kaliningrad verlegt haben.[3] Aufgrund deren Reichweite dürften diese Flugkörper das gesamte Baltikum, wie auch die Städte Berlin, Kopenhagen, Stockholm und Warschau abdecken. Die Iskander-Werfer dürften durch die in Kaliningrad stationierten Boden-Luft-Lenkwaffen S-400 (NATO-Bezeichnung SA-21 Growler) gegenüber gegnerischen Luftangriffen geschützt sein. In den vier Militärbezirken Russlands sind in den Grossen Verbänden der Teilstreitkräfte Heer, See- und Lauftraumstreitkräfte weitere operativ-taktische und taktische Nuklearwaffen integriert. Die Zahl der nuklearen Gefechtsköpfe dieser nichtstrategischen Waffensysteme werden auf 1’081 bis 1’380 geschätzt.[4] Diese Waffensysteme und deren nukleare Gefechtsköpfe unterliegen keinen Rüstungskontroll- und Rüstungsbegrenzungsabkommen. Deshalb sind sie zahlenmässig auch nie erfasst worden.[5] Insgesamt könnte Russland über 7’000 (evtl. bis 17’000) nukleare Gefechtsköpfe (einsatzfähig und in Depots) verfügen.[6]
Die USA dürften in Europa, so in Belgien, Deutschland, Italien, in den Niederlanden und in der Türkei 150 bis 200 nukleare B-61-Freifallbomben für den Abwurf durch amerikanische und alliierte Kampfflugzeuge (dual-capable combat aircraft) stationiert haben. 1992 hatten die USA die Zahl der nuklearen Gefechtsköpfe für die nichtstrategischen Waffensysteme in Europa bereits auf 1’000 reduziert.[7] Das gesamte Arsenal an nuklearen Gefechtsköpfen der USA wird je nach Quelle auf über 6’800 geschätzt.[8] Ein Grund für diese im Vergleich zu Russland tiefere Zahl könnte darin bestehen, dass nach dem Ende des Kalten Krieges die USA einen grossen Teil ihres Arsenals an nichtstrategischen Waffensystemen und deren nukleare Gefechtsköpfe beseitigt haben.
Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden die militärischen Planungsstudien der UdSSR und des Warschauer Paktes für einen Krieg in Europa deklassifiziert.[9] Was aufgrund des Studiums der sowjetischen Militärwissenschaft[10] schon früher bekannt war, wurde durch die Einsicht in diese Dokumente bestätigt. Gemäss der in den 60er bis 80er Jahren gültigen Militärdoktrin der UdSSR war in einem konventionellen Grosskrieg in Europa der Einsatz operativ-taktischer und taktischer Nuklearwaffen eingeplant. Dieses Axiom wurde offenbar durch die Russische Föderation übernommen, denn bereits 2000 gab Moskau bekannt, dass Russland jeden grösseren konventionellen Angriff auf sein Territorium mit Nuklearwaffen zerschlagen würde. In der 2010 veröffentlichten Doktrin wurde dieses Axiom bestätigt und dahingehend konkretisiert, dass jeder Krieg mit operativ-taktischen und taktischen Nuklearwaffen abgewehrt würde. Sollte die Gegenseite aber in einem solchen Krieg mit dem Einsatz von operativ-taktischen und taktischen Nuklearwaffen drohen, dann würden die strategischen Nuklearwaffen Russlands jene des Gegners, sowie weitere Ziele im gegnerischen Hinterland, durch einen massiven präemptiven Schlag ausschalten. Diesem Schlag könnten mehrfache oder einzelne Schläge folgen.
Seit 1999 werden in russischen Manövern simulierte Einsätze mit operativ-taktischen und taktischen Nuklearwaffen durchgeführt. 2010 erfolgte eine militärische Übung mit hunderten von Flugkörpereinsätzen. Bei Ausbruch der Krise um die Ukraine führten die strategischen Raketentruppen 2014 eine simulierte Übung mit einem massiven Nuklearschlag aus. Im Februar 2015 gab ein Militärkorrespondent der Agentur RIA Novosti bekannt, dass die Schwelle für Nukleareinsätze gesenkt worden sei.[11] Offenbar soll durch den in jedem Krieg erfolgten Einsatz operativ-taktischer und taktischer Nuklearwaffen mit der gleichzeitig angedrohten Eskalation zu den strategischen Nuklearwaffen der Gegner zur Deeskalation der Kriegshandlungen und damit zur Kapitulation gezwungen werden. Die NATO-Strategie der Flexiblen Erwiderung (flexible response), die die Abwehr mit konventionellen Streitkräften über das Bindeglied der operativ-taktischen Nuklearwaffen mit dem angedrohten Einsatz der strategischen Nuklearwaffen der USA verknüpft, soll dadurch von vornherein ausmanövriert werden. Damit soll jede Abwehr der NATO, die den Einsatz von nichtstrategischen Nuklearwaffen vorsehen würde, verhindert werden. Der einzige Ausweg aus diesem Null-Summenspiel für die NATO wäre die Kapitulation.
[1] Stahel, A.A., USA – UdSSR Nuklearkrieg?, Die Arsenale der beiden Supermächte 1945-1982, Verlag Huber, Frauenfeld, 1983, S. 136/137.
[2] The Military Balance 2017, The International Institute for Strategic Studies, London, 2017, P. 195.
[3] The Military Balance 2017, P. 185.
So auch Cordesman, A.H., NATO and the Delicate Balance of Deterrence: Strategy versus Burden Sharing, CSIS, February 7, 2017, P. 4.
[4] Norberg, J. and F. Westerlund, with contributions from C.V. Pallin, R. Roffey and P. Wikström, Russia’s Armed Forces in 2016, in: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective – 2016, G. Persson (ed.). FOI, Stockholm, December 2016, P. 43.
[5] Cordesman, A.H., P. 4.
[6] Schneider, M.B., Escalate to De-Escalate, in: Proceedings, U.S. Naval Institute, February 2017, P. 27.
So auch Cordesman, A.H., P. 4.
[7] The 2017 Military Balance Chart, US Forces in Europe 1989 and 2017, in: The Military Balance 2017.
[8] Cordesman, A.H., P. 4.
[9] Schneider, M.B., P. 27.
[10] Sokolowski, W.D., Marschall der Sowjetunion, (Hrsg.), Militär-Strategie, Markus Verlag GmbH, Köln, 1969.
So auch Grechko, A.A., Marshal of the Soviet Union, The Armed Forces of the Soviet Union, Progress Publishers, Moscow, 1975/77.
[11] Schneider, M.B., P. 27.
Henry Kissinger hat in seinem Buch ”Weltordnung” die tragenden Prinzipien der Weltordnung seit dem Westfälischen Frieden von 1648 wie folgt beschrieben: Anerkennung staatlicher Souveränität, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten und das Kräftegleichgewicht zwischen den Grossmächten. Die Basis bilden gemeinsam anerkannte Werte wie Demokratie, Menschenrechte und ein global angewandtes Rechtssystem. Dieses Ordnungssystem soll Frieden, Stabilität und Wachstum garantieren.
In der heutigen Welt verliert diese Konstruktion der Weltordnung zunehmend an Akzeptanz. Folgen sind die Entstehung neuer Machtzentren, neue Konflikte und Krisenherde ohne Aussicht auf eine schnelle Lösung. Daraus resultiert Verunsicherung der Wähler und Verlust der Glaubwürdigkeit der Politik und Politiker vor allem in der westlichen Welt.
Im Vorfeld der Münchner Konferenz wurde von der Euro-Asia Group der Bericht ”Munich Security Report 2017” erstellt, in dem eine Liste der Szenarien und der Top Ten Trends beschrieben sind. Dazu gehören die neue amerikanische Aussen- und Sicherheitspolitik, China, die EU-Krise, die Krisenherde Nahost und Nordkorea, die Digitalisierung, die Finanz- und Weltwirtschaft, Migrationsbewegungen etc.
Wenig Zuversicht verheissen die sich abzeichnenden Trends: eine unilaterale amerikanische Aussenpolitik und der Verzicht auf die Rolle des Weltpolizisten, eine Zunahme des chinesischen und russischen Einflusses v.a. an deren Peripherie, die Entstehung neuer Krisenherde und unregierbarer Staaten, die Abnahme der Anziehungskraft der westlichen Kultur und liberaler Werte seit dem Ende des Kalten Krieges, und schliesslich die Zunahme der autoritären Regime und die Ausbreitung von “Fake News“.
Die Antworten auf diese Entwicklungen sollte die Münchner Sicherheitskonferenz vom 17.-19. Februar 2017 liefern, die seit 1963 regelmässig stattfindet. Teilnehmer waren der amerikanische Vizepräsident Mike Pence mit US-Verteidigungsminister James Mattis und Aussenminister Rex Tillerson, der chinesische Aussenminister Wang Yi, der russische Aussenminister S. Lawrow, der Uno-Syrienbeauftragte de Mistura, zwei Schweizer Bundesräte sowie zahlreiche andere namhafte Politiker und Sicherheitsexperten aus der ganzen Welt.
Der amerikanische Vizepräsident M. Pence und der Verteidigungsminister J. Mattis haben die transatlantische Solidarität, das amerikanische Einstehen für die NATO und die sich daraus ergebenden politischen und militärischen Verpflichtungen zur Verteidigung Europas bekräftigt. Allerdings haben sie den von der NATO im Jahr 2014 beschlossenen und noch nicht erfüllten verstärkten europäischen Verteidigungsbeitrag von 2 % des BSP klar angemahnt.
Dies wäre eine solide Grundlage für die gegenseitigen transatlantischen Beziehungen, die das Rückgrat der europäischen Sicherheit bilden.
Auf die anstehenden aussenpolitischen Fragen hat die Münchner Sicherheitskonferenz keine Antworten gegeben, zum einen, weil die amerikanische Administration sich noch konsolidieren und eigene Positionen formulieren muss, und zum anderen, weil die anstehenden Probleme – Nahost, Nordafrika, Syrien, Terrorismus, Migration, Nordkorea usw. – sehr komplex sind und zu deren politischen und militärischen Lösungen neue Vorschläge gemacht und Koalitionen gebildet werden müssen. Letzteres ist angesichts der divergierenden Interessen von direkt und indirekt involvierten Partnern eine sehr schwierige Angelegenheit.
Der russische Aussenminister S. Lawrow sprach in München von einer “post-west-era“, womit er eine Neuordnung der Verhältnisse und damit einen verstärkten russischen Einfluss andeuten wollte. Damit ist nicht primär das Kerngebiet der USA gefährdet, sondern die exponierte europäische und die asiatische Peripherie durch die neu erstarkenden Mächte Russland und China. Ob Zufall oder nicht, das Pentagon hat einen Flottenverband in das Südchinesische Meer entsandt.
Die Lösung der bestehenden politischen und bewaffneten Konflikte und der damit zusammenhängenden Sicherheitsfragen wird weder einfach noch in kurzer Zeit zu finden sein. Der Westen kann dazu einen Beitrag leisten, wenn er die Zusammenarbeit mit involvierten Partnern und Institutionen wie UNO, NATO, EU, OSZE, ASEAN usw. auf der Grundlage der gemeinsamen Werte, der Demokratie und des Völkerrechts sucht und aufbaut. Denn wenn der Westen sich nicht engagiert, werden andere die Verhältnisse zu ihrem Vorteil neu ordnen. Die bestehende Weltordnung wird nicht durch die beschriebenen Veränderungen aufgehoben, aber sie wird gewisse Anpassungen erfahren als Folge von Ideologie-, Einfluss-, Wirtschafts- und Machtverschiebungen. Der Westen ist gut beraten, sich an diesem Wandlungsprozess aktiv zu beteiligen.
Georg Vancura, 20. Februar 2017
Quellen:
Munich Security Report 2017: Post-Truth, Post-West, Post-Order?
https://www.securityconference.de/en/discussion/munich-security-report/
Munich Security Confenrence: https://www.securityconference.de/en/activities/munich-security-conference/
AZ (Aargauer Zeitung) v. 14.2.2017, Alarmstufe Orange, Seite 9
TIME Magazine January 23: Trump‘s new world order puts nation over globe, page 16-17
Schmidt, E., Cohen, J.: The new Digital Age, John Murray Publishers, London 2014
Weltwoche Nr. 6, 9. Feb. 2017: Trump verstehen.
Kissinger, H.: Weltordnung, C. Bertelsmann, München 2014
The New York Times, Feb. 2017
Süddeutsche Zeitung, Feb. 2017
Neue Zürcher Zeitung, Feb. 2017
Vor allem als Gegenmassnahme zur Bedrohung der baltischen Staaten durch Russland hat die NATO anlässlich ihres Treffens in Wales im September 2014 die Steigerung der Verteidigungsausgaben europäischer NATO-Staaten auf 2% ihres Bruttosozialproduktes beschlossen.[1] Dieser Beschluss wurde am NATO-Treffen vom 8. /9. Juli 2016 in Warschau mit der Forderung nach einer erhöhten Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit der NATO zur Stabilisierung der Lage in Europa wiederholt. Seit dem Amtsantritt der Trump-Administration fordert der neue US-Verteidigungsminister, James Mattis, von den europäischen Alliierten den Vollzug des Versprechens von 2014. Jenen NATO-Alliierten, die dieser Forderung nicht nachkommen werden, drohen die Amerikaner mit einer Relativierung der Verpflichtungen der USA an deren Sicherheit.
Bereits zur Zeit des Kalten Krieges diente der prozentuale Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttosozialprodukt der einzelnen Länder vielfach als Massstab für deren Verteidigungsfähigkeit. Schon damals wurde aber in der Fachliteratur die Zweckmässigkeit dieses Prozentsatzes für den Vergleich der Verteidigungsfähigkeit verschiedener Staaten hinterfragt. Im Endergebnis kann nur die Verfügbarkeit über schwere Waffen für die Verteidigung und damit für die Abschreckungsfähigkeit eines Staates gegenüber einem anderen Staat entscheidend sein. Eine Grossmacht wie Russland, die seit 2010 kontinuierlich aufrüstet, kann nicht durch Prozente, sondern nur durch die Zahl an verfügbaren Kampfpanzern, mechanisierter Artilleriegeschütze und Kampfflugzeuge beeindruckt werden.
Eine Auflistung der heute in Europa verfügbaren schweren Waffen lässt allerdings die dramatischen Folgen einer seit 1990 kontinuierlich eingesetzten Abrüstung erkennen. Die für die konventionelle Verteidigung Europas entscheidende deutsche Bundeswehr verfügte noch 1991 über 7’000 Kampfpanzer, 2000 waren es noch 2’815 und heute sind es nur noch deren 306.[2] Die Bundeswehr hatte 1991 noch 638 Kampfflugzeuge, 2000 waren es deren 457 und 2017 sind es noch 209.[3] Durch diese fortgesetzte Abrüstung ist das wirtschaftlich mächtige Deutschland militärisch zu einem schwachen Glied in der NATO-Verteidigung geworden. Eine ähnliche Entwicklung, allerdings nicht ganz so dramatisch, haben auch die anderen drei wichtigen Staaten Europas, Frankreich, das Vereinigte Königreich und Italien durchgemacht. Angesichts der kontinuierlichen Aufrüstung Russlands, dazu gehört auch die Einführung von mehr als 2’300 hochmoderne Kampfpanzer bis 2020[4], ist der Beitrag Deutschlands und der anderen drei Staaten zur gemeinsamen Sicherheit Europas zu hinterfragen. Fazit: Die Abschreckungsfähigkeit der NATO gegenüber einer allfälligen Aggression seitens Russlands mit konventionellen Waffen beruht heute vor allem auf dem angedrohten Einsatz operativ-taktischer Nuklearwaffen (nukleare Freifallbomben) durch amerikanische und alliierte Kampfflugzeuge, der zu einer möglichen Eskalation zu den strategischen Nuklearwaffen der USA führen könnte. Fällt diese Drohung aufgrund einer Relativierung der amerikanischen Bündnisverpflichtungen für Europa weg, dann wird die Abschreckungsfähigkeit der NATO aufgrund der nicht mehr bestehenden konventionellen Verteidigung der wichtigsten europäischen Staaten inexistent. In einem solchen Fall könnten sich nur Frankreich und das Vereinigte Königreich dank ihrer Nuklearwaffen aus dem über Europa einbrechenden Desaster heraushalten. Das durch Caspar Weinberger und Peter Schweizer in ihrem Buch «The Next War» beschriebene Szenario eines Krieges in Europa wäre dann mehr als plausibel.[5]
[1] Strategic Survey 2016, The Annual Review of World Affairs, The International Institute for Strategic Studies, London, 2016, P. 236.
[2] Cordesman, A.H., NATO and the Delicate Balance of Deterrence: Strategy versus Burden Sharing, CSIS, Washington D.C., February 7, 2017, P. 34.
So auch The Military Balance 2017, The International Institute for Strategic Studies, London, 2017, P. 117.
[3] Cordesman, A.H., P. 34.
So auch The Military Balance 2017, P.118.
[4] The Military Balance 2017, P. 195.
[5] Weinberger, C. and P. Schweizer, The Next War, Foreword by Lady Margaret Thatcher, Regnery Publishing, Inc., Washington, D.C., 1996, P. 217-309.
Aufgrund der durch den Kongress beschlossenen Budget Control Act von 2011 wurde in den Jahren 2010 bis 2014 das Verteidigungsbudget der USA um ca. 21% gekürzt.[1] Ursprünglich sollten durch die durch den Kongress verordnete Budgetbegrenzung (Sequester) die gesamten Bundesausgaben saniert werden. Da die Reform der Bundesausgaben nie stattfand, erfolgten die Budgetbegrenzungen zu Lasten der Verteidigungsausgaben. Die Folge waren Kürzungen der Personalbestände der Teilstreitkräfte und die Aussetzung von Investitionen in neue Rüstungstechnologien. Aufgrund der teilweise veralteten Ausrüstung und Waffen hat die Einsatzbereitschaft der US-Streitkräfte abgenommen. Dies ist durch die Gegner der USA, Russland und China, auch ausgenützt worden.
Gemäss dem Vorsitzenden des Senate Armed Services Committee, Senator McCain, müssen durch die neue Administration in einer ersten Priorität die US-Streitkräfte dringend modernisiert werden. Nur so werden die US-Streitkräfte die vernachlässigte Abschreckungsfähigkeit wieder erlangen. In einer zweiten Priorität muss die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte durch Erhöhungen der Bestände (Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge, Fahrzeuge, Munition, Ausrüstung und Personal) verbessert werden.
Nach seinem Amtsantritt hat Präsident Donald Trump am 27. Januar 2017 ein National Security Presidential Memorandum on Rebuilding the U.S. Armed Forces erlassen. Gestützt auf diesen Erlass hat der neue Verteidigungsminister, James Mattis, am 31. Januar 2017 die Richtlinien für die Erneuerung der US-Streitkräfte für die Fiskaljahre 2017 bis 2023 veröffentlicht.[2] In drei Phasen sollen[3]
werden.
Durch die Verbesserung der Kampfbereitschaft sollen in der ersten Phase die Operationen gegen den Islamischen Staat intensiviert werden. Spätestens bis zum 1. März 2017 will das Pentagon den Zusatzantrag zum Budget des Fiskaljahres 2017 an das Office of Management and Budget (OMB) einreichen.
In der zweiten Phase müssen die bestehenden Defizite und Lücken in den Ausrüstungen und Beständen geschlossen werden. Das Pentagon will spätestens bis zum 1. Mai 2017 das für das Fiskaljahr 2018 notwendige Budget dem OMB unterbreiten.
In der dritten Phase müssen die Strukturen der Streitkräfte reformiert und die Bestände an Waffensystemen und Personal erhöht werden. Mit dieser Reform sollen die US-Streitkräfte gegenüber allen geopolitischen Herausforderern und Bedrohungen wieder bestehen können.
Für James Mattis haben Formulierung und Implementierung der Budgets für die Fiskaljahre 2017 und 2018 höchste Priorität.[4] Entsprechend diesen Richtlinien hat Verteidigungsminister Mattis auch von den NATO-Alliierten die Steigerung der Kampfbereitschaft ihrer Streitkräfte, die Schliessung von Lücken und damit die Erhöhung ihrer Verteidigungsausgaben gefordert. Für die Alliierten dürfte damit die Zeit, als die Abschreckungsfähigkeit der NATO vor allem auf den USA beruhte, beendet sein. Ein „free lunch“ ihrer Sicherheit wird es für die Europäer nicht mehr geben.
[1] McCain, J., Rebuilding America’s Weakened Military, in: The Wall Street Journal, January 31, 2017, P. A11.
[2] Mattis, J., Implementation Guidance for Budget Directive in the National Security Presidential Memorandum on Rebuilding the U.S. Armed Forces, Pentagon, Washington D.C., January 31, 2017.
[3] Mattis, J., P. 1-2.
[4] Mattis, J., P. 3.
Auf Grund der Berechnungen mit einem mathematischen Simulationsmodell konnten Pierre Allan und Albert A. Stahel bereits 1982/3 aufzeigen, dass die sowjetischen Streitkräfte den Krieg in Afghanistan weder gewinnen noch die Mujaheddin vernichten konnten. Lesen sie hier die ganze Studie, die heute immer noch aktuell ist:
Quellenangabe:
Tribal Guerilla Warfare against a Colonial Power: Analyzing the War in Afghanistan.
Pierre Allan and Albert A. Stahel
The Journal of Conflict Resolution
Vol. 27, No. 4 (Dec., 1983), pp. 590-617
Seit März 2011 sind infolge des Krieges in Syrien von der ursprünglichen Bevölkerung von 22 Millionen Menschen 4.8 Millionen Syrerinnen und Syrer in die Nachbarstaaten geflohen.[1] Mehr als 6.4 Millionen werden als interne Vertriebene bezeichnet. Diese gehören zu den 13.5 Millionen Menschen, die dringend humanitäre Hilfe benötigen.
In diesem Krieg werden die Armee von Assad und die verschiedenen Kampfgruppen der syrischen Opposition durch Drittmächte unterstützt. Ohne die Berater und Eliteeinheiten der islamischen Republik Iran und ihrer schiitischen Söldner aus dem Libanon – den Hisbollah -, aus dem Irak und aus Afghanistan – die letzteren stellen eine ganze Division von 10‘000 Mann – sowie den russischen Flächenbombardierungen wären Armee und Regime von Bashar al-Assad schon vor einiger Zeit vernichtet worden.[2]
Entsprechend ihrer politischen und ideologischen Ausrichtung werden die Kampfgruppen der syrischen Opposition durch verschiedene Drittmächte wie die Türkei, Saudi-Arabien, die Golfstaaten und die USA, mit Ausrüstungen und Panzerabwehrwaffen versorgt. Dazu gehören:[3]
Nicht zur syrischen Opposition werden die Jihadisten des Islamischen Staates (IS) und von Jabhat Fatah al Sham (die Eroberungsfront der Levante, früher Nusrah Front) gerechnet. Diese Jihadisten werden vor allem durch die SDF und die YPG bekämpft.
Für den Zerfall Syriens ist die gescheiterte Strategie der Obama-Administration mit ihrer zögerlichen Unterstützung der Kampfverbände der YPG symbolhaft. Die Trump-Administration muss nicht nur die Lage in Syrien neu analysieren, sondern vor allem eine neue Strategie der USA für Syrien definieren. Dabei müssen die strategischen Ziele, die die USA im Mittleren Osten verfolgen, beachtet werden. Die USA unter Trump dürften inskünftig folgende Ziele verfolgen:
Die Verwirklichung dieser Ziele könnte möglicherweise durch folgende Strategien erreicht werden:
Nach den Erfahrungen der USA im Irak von 2003 bis 2011 wird jeder US-Präsident den Einsatz von Bodentruppen in Syrien nicht in Erwägung ziehen. Deshalb dürfte die vierte Strategie nicht in Frage kommen. Aber auch die Ausdehnung des iranischen Machtbereiches dürfte für eine Trump-Administration nicht akzeptabel sein. Abgesehen davon dürfte es für die USA auf die Dauer kaum akzeptabel sein, wenn Russland im Mittleren Osten zur wichtigsten Macht würde. Trump und sein Kabinett werden deshalb die erste Strategie verwerfen.
In Anbetracht der gesetzten Ziele dürfte die Trump-Administration eine Kombination der Strategien 2 und 3 wählen.[5] Bei dieser Kombination wird Washington D.C. einen Ausgleich zwischen der Ablehnung der YPG durch die Türkei und der Unterstützung der YPG durch die USA erreichen müssen. Realistisch betrachtet sind die syrischen Kurden die einzigen Kämpfer, die bis anhin mit Erfolg die Jihadisten des Islamischen Staates in Syrien bekämpft haben. Als Gegenleistung für die Zustimmung der Türkei zu dieser Lösung dürfte die Trump-Administration die YPG zwingen müssen, sich mit dem bisher eroberten Territorium zu begnügen.
[1] Humud, C.E., Blanchard, Chr.M. and M.B.D. Nikitin, Armed Conflict in Syria: Overview and U.S. Response, Congressional Research Service, Washington D.C., January 6, 2017, P. A.
[2] Humud, C.E., et al, P. 1/38.
So auch Cordesman, A.H. and A. Nerguizian, The Case For and Against a „Realist“ Strategy in Syria, CSIS, Washington D.C., January 24, 2017, P. 1/2.
[3] Humud, C.E., at al, P. 39-41.
[4] Amnesty International, Human Slaughterhouse, Mass Hangings and Extermination at Saydnaya Prison, London, 2016.
[5] Cordesman, A.H. and A. Nerguizian, P. 8/9.
Am 27. Februar 2014 drangen offiziell russische SPEZNAZ-Soldaten ohne Abzeichen auf die Krim-Halbinsel vor. Schrittweise übernahmen sie die militärische Kontrolle der gesamten Halbinsel. Mit dem 21. März 2014 erfolgte die politische Annektierung der Krim, die völkerrechtlich zur Ukraine gehörte, durch Russland. Die schrittweise Infiltration und Eroberung der Krim, die durch einen russischen Informationskrieg gegen die Führung und Bevölkerung der Ukraine unterstützt wurde, wurde im Westen als Hybrider Krieg bezeichnet. Dabei wurde übersehen, dass es sich dabei nicht um eine neue Art des Krieges handelte, sondern dass bereits der Vordenker der Anarchisten des 19. und 20. Jahrhunderts, der Russe Michail Bakunin (1814-1876), die Einschüchterung des Gegners als einen ersten Schritt zur Vernichtung der herrschenden Klasse propagierte:[1]
„Wer zur Hinrichtung bestimmt sei, sei bereits ausgesondert. Weinen und Klagen würden folgen: die ‚Gesellschaft‘ werde Angst und Reue spüren. Die Revolutionäre müssten allerdings dem Jammern der Verdammten gleichgültig gegenüberstehen …“
Der Mitstreiter von Karl Marx, Friedrich Engels (1820-1885), wie auch der Führer der bolschewistischen Revolution in Russland, Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin (1870-1924), befürworteten trotz ihrer Ablehnung der Bakunisten die Lähmung der gegnerischen Führer durch Einschüchterung als die erste Phase zu einem Umsturz:[2]
„Sobald der Aufstand begonnen hat, gilt es, mit der grössten Entschiedenheit zu handeln und unter allen Umständen und unbedingt die Offensive zu ergreifen. ‚Die Defensive ist der Tod jeden bewaffneten Aufstandes.‘“
Nach 1945 wurden unter Josef Wissarionowitsch Stalin (1878-1953) die politischen Führer und Bevölkerungen des besetzten Osteuropas durch den sowjetischen Informationskrieg systematisch eingeschüchtert und anschliessend manipuliert. Zur Zeit des Kalten Krieges oblag die Umsetzung des Informationskrieges dem KGB und dem Geheimdienst des sowjetischen Generalstabes, dem GRU. KGB und GRU setzten auch als Vorbereitung für die Invasion und Besetzung Afghanistans einen durchdachten Informationskrieg gegen die afghanische Führung ein. Nach der Besetzung wurde der KGB zunehmend mit der Führung des Krieges (1979-1989) beauftragt. Ab 1985 wurde dieses Kriegstheater zum eigentlichen Einsatzgebiet von SPEZNAZ-Einheiten des GRU. Zu deren Kriegführung gehörten die Ermordung ganzer Dorfgemeinschaften und die Liquidierung von Kommanden des Widerstandes.
Wladimir Putin dürfte in seiner früheren Funktion als KGB-Offizier im sowjetischen Informationskrieg ausgebildet worden sein. Nach seiner Machtübernahme über die Russische Föderation 1999 hat er verschiedene Kriege geführt und führt sie immer noch, so den zweiten Tschetschenienkrieg ab 1999, den Krieg gegen Georgien 2008, den Krieg gegen die Ukraine ab 2014 und den Krieg in Syrien zugunsten des Regimes von Assad seit 2015. In allen diesen Kriegen hat er bewiesen, dass er den Informationskrieg und seine Mittel beherrscht. Das letzte Beispiel ist die russische Intervention in den Präsidentschaftswahlen in den USA 2016 durch das Hacking in den Server der demokratischen Partei und die Instrumentalisierung von Wikileaks zugunsten des republikanischen Kandidaten Donald Trump.
Die in den letzten Jahren durch die russischen Geheimdienste FSB und GRU betriebenen Informationskriege haben sich als sehr effizient erwiesen. Nach wie vor sollen Führungen und Gesellschaften der westlichen Staaten, unter Ausnützung ihrer Schwächen, destabilisiert werden.[3] Die handgestickte Informationspolitik der früheren UdSSR ist durch die konsequente Ausnützung des Internets und der sozialen Medien ersetzt worden. Schwächen werden mit Hilfe von Hacking auskundschaftet und über russische Medien wie Sputnik und soziale Medien werden anschliessend Falschmeldungen verbreitet.[4] Mit diesen Falschmeldungen soll vor allem die Glaubwürdigkeit der westlichen Politiker erschüttert werden. Wie die Kriege in der Ukraine und in Syrien gezeigt haben, setzt die russische Führung den Informationskrieg und die Gehirnwäsche gegen den Westen auch als Vorbereitung für militärische Operationen ein.[5] Bis heute haben die Politiker der europäischen Staaten Ziele und Mittel des russischen Informationskrieges nicht erfasst und auch keine Gegenstrategie dazu entwickelt.
[1] Stahel, A.A., Terrorismus und Marxismus, Marxistisch-Leninistische Konzeptionen des Terrorismus und der Revolution, Huber & Co. AG, Frauenfeld, 1987, S. 24.
[2] Stahel, A.A., S. 38/39.
[3] Giles, K., Handbook of Russian Information Warfare, Fellowship Monograph 9, NATO Defense College, Rome, November 2016, P. 23-27.
[4] Giles, K., P. 65-68.
[5] Giles, K., P. 76/77.
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