In the space of just nine months, Tunisia’s President Kais Saied has centralised power and dismantled the institutions established by the young democracy since the revolution of 2011. His new constitution establishing a “New Republic” will be put to a referendum on 25 July 2022. Saied’s plans have divided the nation, with growing resistance from political and civil society actors demanding the return to an inclusive and democratic process. At the same time, the country is moving closer to default. Tunisia’s European partners have invested heavily in democratisation and view the autocratic shift with concern. But they have failed to take meaningful action, and each new step by Saied makes it harder to reverse the path. In the interests of Tunisia’s stability, Europe should move decisively and employ the financial and diplomatic leverage it has due to Tunisia’s economic crisis.
The implementation of the new net emission targets for 2030 and 2050 as part of the European Green Deal is moving the deliberate removal of CO2 from the atmosphere up the agendas of political decision-makers. In its latest report, the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) also recently reiterated that net-zero targets cannot be achieved without the deployment of carbon dioxide removal (CDR) methods. The political debate in the European Union (EU) about CDR has changed rapidly in recent years, with almost all political actors now calling for a new regulatory framework for CDR to become an integral building block of EU climate policy. However, fundamental conflicts are brewing over the question as to which removal methods and policy instruments should be implemented and which priorities should be set. There are signs of emerging political alliances on the EU level that will shape the Fit-for-55 legislation in the short term and pre-structure the debate on the design of climate policy between 2030 and 2040.
Nach langem Ringen haben sich die EU-Länder Anfang Juni auf ein Teilembargo gegen russisches Öl geeinigt. Die EU will Russlands Haupteinnahmequelle trockenlegen und die Abhängigkeit von russischen Öl beenden. Betroffen sind bis zu zwei Drittel der Ölimporte, die über Tanker nach Europa gelangen. Das wird Russland ökonomisch auf Dauer sicher hart treffen. Nach Inkrafttreten des Embargos verliert das Land unter den aktuellen Ölpreisen Einnahmen von circa 330 Millionen Euro täglich. In dem sechsten Sanktionspaket wird darüber hinaus ein Versicherungs- und Rückversicherungsverbot für russische Ölladungen auf See eingeführt. Damit erhöhen sich für Russland die Kosten, um das Öl an Drittländer zu liefern.
Allerdings haben die langen Verhandlungen um einen Kompromiss auch das Ansehen der Union beschädigt und Zweifel an ihrer Entschlossenheit geweckt. Die lange Vorlaufzeit von sechs Monaten spielt Russland in die Hände. Es kann in der Zwischenzeit die komplexe Logistik der Ölströme an Drittländer organisieren. Zudem gewährt der aktuell hohe Ölpreis Russland bereits jetzt Mehreinnahmen. Und da die Herkunft von Öl nicht immer eindeutig ist, wird es schließlich für die Versicherer kompliziert, das Verbot einzuhalten. Wenn es um die Öl- und Gasversorgung geht, sind die Abhängigkeiten einzelner Länder und ihre politischen Prioritäten offenbar wichtiger als Solidarität und schnelles Handeln.
Einführzölle auf Gas und Öl: (k)eine bessere AlternativeUm die russische Wirtschaft schneller und effektiver zu treffen, wird nun nach ergänzenden Maßnahmen gesucht. Vor allem wird ein Einfuhrzoll auf Gas und Öl diskutiert. Dieser könnte schneller und effektiver wirken als das beschlossene Ölembargo – und ein für die EU riskantes Gasembargo. Den Zoll könnte der europäische Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, ohne mühsame Verhandlungen und Kompromisse. Im Idealfall reduziert der Zoll nicht nur die Zahlungen an Russland, sondern auch die Auswirkungen auf die europäische Versorgungssicherheit. Dabei würden die Preise nicht so stark steigen, weil keine Angebotsverknappung droht.
Allerdings hat diese Lösung zwei wesentliche Schwachstellen: Bei relativ unelastischer Gas- und Ölnachfrage würde Russland höchstwahrscheinlich die Preise nicht senken, und die Importeure würden den Zoll an die europäischen Endverbraucher weitergeben. Darüber hinaus wäre ein Beschluss mit qualifizierter Mehrheit zwar möglich. Er würde aber genauso wie im Falle des Teilembargos ein Signal der Unentschlossenheit senden.
Es zeigt sich, dass Energiesanktionen aufgrund des hohen Verflechtungsgrades und gegenseitiger Abhängigkeiten mit Russland nicht besonders geeignet sind, um Russland und seine militärische Handlungsfähigkeit schnell zu beeinträchtigen. Was theoretisch möglich wäre, ist gesamtwirtschaftlich nicht immer haltbar. Es droht entweder den Sanktionierten nicht schnell genug oder den Sanktionierenden zu hart zu treffen. Diese Lehre sollten die EU und Deutschland beherzigen, vor allem wenn es um mögliche Sanktionsmaßnahmen gegen russische Gaslieferungen geht.
Aufgrund mangelnder Alternativen bleibt Gas mehr als Öl kurz- bis mittelfristig die Achillesferse der EU. Gasexporte sind aber auch für Russland kritisch. Einnahmen aus dem Ölexport fallen zwar höher aus. Die Ausweichmöglichkeiten sind im Gasbereich aber noch begrenzter: Die fehlende Infrastruktur gen Asien und die größtenteils erdgebundene Lieferwege stellen Hürden dar, welche Russland erst in einigen Jahren überwinden kann, während das Land mehr denn je auf diese Einnahmequelle angewiesen ist. Umso wichtiger ist es für die EU und Deutschland, den Ausstieg aus russischem Gas mit kühlem Kopf und langem Atem nach zwei Prinzipien zu planen:
Erwartungen managen, europäisch handelnErstens müssen die EU und ihre Mitgliedsländer bei der Erwägung weiterer Energiesanktionen – insbesondere im Gasbereich – die Erwartungen managen und ihre Handlung nach realistischen Zielen richten. Alle bis dato vorgeschlagenen Sanktionsmaßnahmen wie Embargos, Einfuhrzölle oder Preisdeckel sind nur bedingt geeignet, um die russische Aggression schnell zu beenden. Die politischen Risiken und die ökonomischen Kosten für Europa können erheblich sein und die Akzeptanz für eine längere Konfrontation mit Russland schwinden lassen. Man kann sich darüber hinaus nicht sicher sein, ob Russland politisch und militärisch einlenkt. Während eine Debatte um sofortige Maßnahmen weiterhin zu begrüßen und moralisch nachvollziehbar ist, sollte der politische Fokus weiterhin darauf liegen, der russischen Wirtschaft den maximalen Schaden zuzufügen und gleichzeitig die Risiken für die europäischen Wirtschaften minimieren.
Dafür müsste aber die EU bei weiterhin unsicheren Versorgungsalternativen weniger sofortige Sanktionsmaßnahmen erwägen. Vielmehr sollte sie sich als ersten Schritt auf die rapide Sicherung alternativer Gasquellen sowie auf die Umsetzung des Plans »Repower EU« – dem Maßnahmenpaket der Kommission für die Energieunabhängigkeit von Russland – konzentrieren, zumal sie sich gegen den Fall eines von Russland herbeigeführten Lieferstopps bereits jetzt wappnen muss.
Zweitens, und vom ersten ableitend, müssen die EU und ihre Mitgliedsländer die Sicherung ihrer alternativen und möglichst nachhaltigen Gasversorgung viel intensiver und koordinierter vorantreiben, zumindest die vom russischen Gas besonders abhängigen Länder wie Deutschland oder Italien. Die neu geschaffene »EU-Energie-Plattform«, mit der die EU-Mitgliedsländer Gas und perspektivisch Wasserstoff aus anderen Staaten als Russland beschaffen, die Nachfrage bündeln und so den Preis dafür senken wollen, ist sicherlich ein Instrument, um die Verhandlungsmacht zu erhöhen. Dafür müssten sie aber schon jetzt Fragen wie der Menge, Infrastruktur oder Vertragslaufzeit klären.
Deutschlands schwierige bilaterale Verhandlungen mit Ländern wie Katar oder Israel zeigen, dass in der neuen europäischen Energiewelt nationale Alleingänge nicht zielführend sind. Eine europäische oder zumindest multilaterale Gasversorgung würde hingegen die langfristige Basis für einen nachhaltigen Ausstieg aus russischen Energielieferungen legen. Das würde Russland substantieller treffen als jede weitere hastig beschlossene, nur bedingt wirksame Sanktionsmaßnahme.
Täglich gibt es Berichte darüber, wie private Betreiber sozialer Medien sich problematischen Vorgaben autoritärer Herrscher beugen. Ob in Thailand, Kasachstan oder Russland, immer wieder werden als Teil von Content Moderation (CM) gezielt Inhalte entfernt oder Konten gelöscht, weil Regierungen sich durch Äußerungen in den sozialen Medien kritisiert fühlen. Diesen Einzelfällen liegt ein systemisches Problem von globaler Reichweite zugrunde. Die großen Betreiber sozialer Medien aus den USA bieten ihre Dienste in einer Vielzahl autoritärer Staaten an und erreichen hier Hunderte Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Dabei laufen sie Gefahr, zu Komplizen bei der Verletzung von Menschenrechten werden. Um das Verhalten der Unternehmen hinsichtlich dieses Problems überprüfen zu können, sollte sich die deutsche Politik international dafür einsetzen, dass öffentlich einsehbare Human Rights Impact Assessments (HRIAs) verpflichtend vorgegeben werden.
The human catastrophe and economic suffering of ordinary Afghans has not prevented the Taliban from unleashing a regime of retribution that essentially reverses the fragile progress on human security achieved during the past two decades. The international community’s strategy of isolating the Taliban while employing aid and assistance strategically to change its behaviour has not yielded any tangible results. It is time for a new approach that seeks to directly engage – and gain control over – the insurgent group that now rules Afghanistan.
Women and human rightsOn 28 May, the Taliban rejected the United Nations Security Council’s call to lift its strict constraints on Afghan women and said the Council’s claims were “unfounded”. This was in response to concerns expressed by Richard Bennet, the UN Special Rapporteur on Afghanistan, that secondary schooling for girls remains suspended, a strict form of hijab has been enforced and women are denied opportunities to participate in political and public life. In short, the Taliban regime has yet again implemented gender segregation, confining women to their homes.
Discrimination against women is only one aspect of the Taliban’s overall policy of reversing the achievements of the past twenty years by establishing a state run according to a regressive interpretation of Islam. The Taliban also continue to persecute members of minority communities and elements associated with the previous regime including troops who served in the Afghan National Army. Media reports suggest this has occurred on a large scale. Where the Taliban regime has been less successful is its project to combat negative media coverage. Although media representatives continue to be harassed and pressured not to publish anything anti-Taliban, print and social media reports detailing such incidents do continue to emerge. While these may be tip of the proverbial iceberg, they do provide an indication of what Afghanistan has been experiencing under the Taliban.
Engaging the TalibanNotwithstanding promises made by certain Taliban spokespersons, few believed that the Taliban had become a reformed and moderate entity. It was, however, expected that the group’s search for international recognition and financial assistance would keep its worst tendencies under check. The hard line stance taken by the Emirate has three implications.
Firstly, it wants to dictate the terms of its engagement with the international community. It is announcing loud and clear that the world will have to deal with it – as a group that professes a particular undiluted ideology that links it symbiotically with Al Qaeda. Secondly, the Taliban’s intransigence points to the domination of the hardliners, led by the Haqqani terrorist organization, over the moderates, who include Mullah Baradar. And thirdly, as the Taliban struggles to establish a modicum of governance within the country, they are adhering to a hard line position in order to retain the allegiance of cadres and commanders. Establishing a purist regime based on Islam and free from any internal opposition has become a new goal for thousands of fighters, who may have lost their sense of purpose following the victory over the United States with some even joining the Islamic State.
The proposition that the international community can use aid as a bargaining tool with the Taliban might therefore be misplaced. Since the primary drivers of the Taliban worldview are internal, external leverage for change is likely to be limited. In short, the Taliban may not change even if the international community links the flow of aid and assistance desperately needed by ordinary Afghans to some degree of reform. Instead the regime could seek to use its notoriety and the concern of the international community to keep a certain amount of international attention and assistance flowing into the country.
Future pathwaysThe objective would have to be to bring about internal changes and use pressure points to compel the Islamic Emirate to mend its ways. That means carefully crafting an engagement strategy that clearly identifies, strengthens and mainstreams the moderates within the Taliban. Such engagement needs to be linked with deliverables on the ground. Isolating the Taliban completely would only empower the hardliners. Every move by the international community should be directed towards establishing an inclusive government in Kabul. An opposition in the form of the National Resistance Front is gaining ground within Afghanistan. Any long-term engagement strategy needs to be contingent on the amount of support such groups elicit from the Afghans in building a sustainable political system of their choice.
While Russia remains chair of the Arctic Council until May 2023, the other seven member states have suspended their participation in response to Russia’s invasion of Ukraine. The impacts on Moscow are multiple. Politically the move sidelines a policy area where Russia still played a significant role after the collapse of the Soviet Union. Economically it creates question marks over important Russian Arctic projects and their markets. The interruption of the Council’s work also touches the interests of other states such as China and erodes Russia’s standing in the region. All Western partners have suspended scientific and research cooperation. While Russia is especially vulnerable to the impacts of climate change in the Arctic, the disruption of climate-related research is ultimately detrimental to all nations. In the military sphere, Finland and Sweden are seeking to join NATO. That outcome would double the length of Russia’s border with NATO states, and represents the exact opposite of Moscow’s original intention to halt the Alliance’s expansion.
Weltweit gibt es eine beträchtliche Zahl an bewaffneten Konflikten, die als langwierig gelten. Als Grund für ihre Fortdauer werden häufig illegale Ökonomien und deren Verbindungen zu Gewaltakteuren genannt. Immer wieder in den Fokus geraten ist die Drogenwirtschaft in Ländern wie Afghanistan, Kolumbien und Myanmar, weil sie Friedensprozesse untergräbt und Unsicherheit schürt. Dabei macht es die begrenzte Informationsbasis schwierig, die genaue Lage in Konfliktgebieten zu erfassen und hinter illegalen Geschäften die Netzwerke interner wie externer Akteure zu identifizieren. Dies gilt auch für die Gewaltkonflikte in Mali, der Demokratischen Republik Kongo (DRK) und der Zentralafrikanischen Republik (ZAR). Doch in allen drei Fällen bestehen Sanktionsregime der Vereinten Nationen (UN). Daher existieren mit den Berichten der UN-Expertengruppen, die die Umsetzung der Maßnahmen überwachen, umfangreiche und regelmäßig aktualisierte Informationsquellen, auch zu illegalen Ökonomien in den betreffenden Konfliktgebieten. Ein Blick in die Berichte für Mali, die DRK und die ZAR aus den letzten fünf Jahren lässt einige Muster erkennen, die Ansatzpunkte für ein externes Engagement aufzeigen, auch wenn es dabei keine einfachen Lösungen gibt.
Mit der Umsetzung der neuen Netto-Emissionsziele für 2030 und 2050 im Rahmen des Europäischen Green Deal rückt die aktive Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre in den Fokus politischer Entscheidungsträger. Dass Netto-Null-Ziele ohne den großskaligen Einsatz von Maßnahmen zur CO2-Entnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR) nicht erreicht werden können, hat auch der Weltklimarat IPCC in seinem jüngsten Bericht zur Minderung des Klimawandels erneut dargelegt. In den vergangenen Jahren hat sich die politische Debatte in der EU rasant verändert. Mittlerweile fordern nahezu alle politischen Akteure einen neuen regulatorischen Rahmen für die Bindung von CO2 als integralen Baustein der EU-Klimapolitik. Über die Frage, welche Methoden und Politikinstrumente dafür verwendet und welche Schwerpunkte gesetzt werden sollen, bahnen sich indes grundlegende Konflikte an. Auf EU-Ebene sind erste Ansätze für politische Allianzen erkennbar, die kurzfristig die Fit-for-55-Gesetzgebung prägen und mittelfristig die Debatte über die Ausgestaltung der Klimapolitik zwischen 2030 und 2040 vorstrukturieren werden.
The desire of the European Union (EU) to reduce its dependency on Russia for gas and diversify its sources of supply by turning to the resources of Central Asia, the Middle East, and the Eastern Mediterranean regions theoretically gives Turkey a major role in the EU’s diversification and energy security policy. However, this strategic role for Turkey seems to be overestimated, given the limited share of energy that transits through Turkey to Europe. With the Russian invasion and Europe’s search for alternative energy sources in extremis, the old discussion resurfaces: Could Turkey become a major transit country for energy supplies? Given the structural changes that have occurred in the energy markets, the objective of decarbonisation, and of course the political and infrastructural challenges, it seems that this old dream will not come true this time either.
Die Group of Governmental Experts (GGE) diskutiert seit 2017 im Rahmen des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen (VN) über Autonome Waffensysteme (AWS). Russland hat die jüngste Verhandlungsrunde im März in Genf boykottiert. Grund für dieses Verhalten Russlands ist sein seit dem 24. Februar 2022 dauernder Angriffskrieg gegen die Ukraine. Eine Regulierung von AWS ist damit in noch weitere Ferne gerückt. Staaten sprechen mit vorgehaltener Hand bereits von einem Scheitern der Genfer Verhandlungen. Deutschlands Ankündigung im Koalitionsvertrag, die Ächtung von AWS aktiv voranzutreiben, scheint nun zur Mammutaufgabe zu werden. Da die GGE auf dem Konsensprinzip beruht und eine konstruktive Zusammenarbeit mit Russland in naher Zukunft nicht zu erwarten ist, müssen andere Foren für eine internationale Debatte zu AWS gefunden werden. Deutschland muss sich auf Optionen innerhalb der Nato, der Europäischen Union (EU) und der VN vorbereiten. Klar ist, dass nur ein kohärentes Vorgehen mit den Nato-Bündnispartnern auf sämtlichen Ebenen zielführend ist. Um dies zu erreichen, bedarf es einer klaren nationalen Positionierung Deutschlands zum Umgang mit AWS.