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Stiftung Wissenschaft und Politik
Updated: 4 days 7 hours ago

Nach Sturm auf den Kongress in Brasilien: Lula muss das Land wieder einen

Fri, 13/01/2023 - 16:51

Nach dem Sturm radikaler Anhänger des abgewählten Präsidenten Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasília sind Unterstützer von Präsident Luiz Inácio »Lula« da Silva auf die Straße gegangen. Die Demonstranten fordern »keine Amnestie und kein Verzeihen«. Doch die Strafverfolgung der Bolsonaro-Anhänger kann nur ein Teil der Strategie zur Aufarbeitung der jüngsten Ereignisse sein. Präsident Lula muss weitere Schritte wagen, um sein Land wieder zusammenzuführen.

Die Frage lautet, ob Brasilien vor einem Prozess der weiteren Erosion seiner demokratischen Ordnung steht, nicht weil – wie unter Bolsonaro – aus dem Präsidentenamt heraus die Legitimität der zentralen Institutionen des Landes unterminiert wurde, sondern weil sich große Teile der Bevölkerung abwenden und aus den demokratischen Prozessen ausgeschlossen fühlen. Entscheidend dafür wird sein, ob Lula eine neue Grundlage für ein friedliches Zusammenleben in Brasilien finden und so die Logik des »Wir gegen sie«, den Dauerzustand politischer Mobilisierung und Gegenmobilisierung auflösen kann. Eine akute Herausforderung ist dabei der Einfluss des »Bolsonarismo« auf die Streitkräfte. Lula muss die Loyalität der Sicherheitsorgane zum Präsidenten sicherstellen. Auch könnten die Ereignisse der vergangenen Tage in Teilen der Bevölkerung auf noch vehementere Ablehnung seiner Person als bisher stoßen.

Die Bevölkerung ist stark polarisiert

Die Brücke der Verständigung der beiden Lager ist im Getöse des vergangenen Wahlkampfes vollends eingestürzt. Nun kommt es darauf an, die expansive Tendenz der Polarisierung von der Welt der Politik auf den Bereich der alltäglichen sozialen Beziehungen zu unterbrechen. Mit der bei seiner Amtseinführung verkündeten Versöhnungsinitiative hat Lula sicherlich den richtigen Ton gesetzt. Nach dem Angriff auf den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz ist aber zunächst Aufklärung und Strafverfolgung angesagt, was dem erklärten Ziel der Annäherung zuwiderläuft. Es steht zu befürchten, dass die jüngsten Ereignisse keine einzelne Episode bleiben, wenn die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen keinen Weg finden, um wieder in den Austausch zu treten.

Konkrete Schritte für diesen Weg der Rückführung der Polarisierung sind politische Kompromissbereitschaft und Aufbau des Vertrauens in die öffentlichen Institutionen. Dafür muss Lula die Vorteile der Diversität jener Koalition nutzen, die ihn ins Präsidentenamt getragen hat, indem Dialogbereitschaft und -angebote eben nicht an seine Person gebunden sind, sondern von einer Vielzahl anderer gesellschaftlicher und politischer Akteure vorgetragen werden. Das erfordert vom Präsidenten, seinen Mitstreitern mehr politischen Raum einzuräumen – sei es im Parlament, in dem die Bolsonaro-Anhänger die Mehrheit stellen, oder in der brasilianischen Gesellschaft. Flankiert werden muss dies mit effektiven staatlichen Leistungen im sozialpolitischen Bereich wie auch der Sicherheit, insbesondere in den Großstädten. Allerdings steht Lula hier vor dem Problem, dass die öffentlichen Kassen aufgrund der Wahlkampfgeschenke seines Amtsvorgängers leer sind. Daher muss er mit den Gouverneuren und dem Parlament umgehend Finanzierungsmodelle aufsetzen, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten und ihr Gefühl von Sicherheit zu stärken – jenseits dem von Bolsonaro propagierten Recht auf Selbstverteidigung und damit Waffenbesitz.

Der Euphorie nach dem von Lulas Anhängern so gefeierten Amtsantritt am 1. Januar 2023 ist nur wenige Tage später jäh gebremst worden. Die Verteidigung der brasilianischen Demokratie ist an die erste Stelle der politischen Tagesordnung gerückt. Der Präsident und seine Regierung müssen die Polarisierung durch konkrete politische Maßnahmen überwinden. Sollten sich Tendenzen gegenseitiger Ausgrenzung in den nachbarschaftlichen Beziehungen oder sozialen Medien weiter verstetigen und konkurrierende Wertevorstellungen in einem Personenkult manifestieren, ist eine Umkehr nur schwer möglich. Lula hat einige Mittel in der Hand, um sein Land mit Unterstützung einer breiten Koalition und internationalen Partner aus der schwierigen Lage zu manövrieren. Das erfordert aber mehr als die umfassende Aufklärung der Hintergründe des Aufruhrs und die Rückgewinnung nationaler Symbole, wie etwa das gelbe Trikot der »Seleção«, mit dem die Bolsonaristas auch bei den Krawallen ihre Unterstützung zeigten. Gefragt sind konkrete Schritte, die das Zusammenleben wieder möglich machen.

Wohin mit dem CO2?

Fri, 13/01/2023 - 09:52
EU und Bundesregierung sehen die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid als Chance. Doch die Debatte wird für alle Beteiligten unbequem

Lawmaking at the WHO: Amendments to the International Health Regulations and a New Pandemic Treaty After COVID-19

Fri, 13/01/2023 - 01:00

Two concurrent lawmaking processes are currently underway at the World Health Organization (WHO) that could lead to a new pandemic treaty and to amendments to the International Health Regulations (IHR) of 2005. However, two major questions must first be addressed. Firstly, how can global health equity be fostered in the future worldwide distribution of medical supplies during a pandemic? And secondly, how can incentives be put in place so that information on disease outbreaks is exchanged more rapidly and transparently?

Germany and Namibia as Co‑leads for the United Nations

Thu, 12/01/2023 - 13:00

The President of the United Nations General Assembly has appointed the German and Namibian permanent representatives as co-facilitators for the Summit of the Future. The summit is scheduled for September 2024. Its aim is to reinforce the UN and global governance structures to better address old and new challenges. That includes making progress on implementing the sustainable development goals (SDGs) by 2030. Given the current geopolitical tensions, this will be no easy task. At this juncture it is im­por­tant to get the process off to a good start in order to gather support, generate atten­tion and engender confidence.

The EU’s Open Strategic Autonomy in the Field of Pharmaceuticals

Wed, 11/01/2023 - 01:00

The COVID-19 pandemic and war in Ukraine have highlighted the dependence of the European Union (EU) on individual trading partners. One of the tasks of the European Commission’s new Directorate-General, the Health Emergency Preparedness and Response Authority (HERA), established in 2021, will therefore be to contribute to the EU’s “open strategic autonomy” by identifying and eliminating import dependencies in the field of pharmaceuticals. HERA’s work thus aligns with current EU efforts to reduce concentrated import risks. Here, three aspects of this work are particularly important: the identification of dependencies, the development of strategies to over­come them and the incorporation of these strategies within global health governance.

Der neue US-Kongress und die europäische Sicherheit

Mon, 09/01/2023 - 01:00

Die Hängepartie bei der Wahl Kevin McCarthys zum neuen Sprecher des US-Repräsen­tantenhauses ist auch für Washingtons Sicherheits- und Verteidigungspolitik von Bedeutung. Sie verdeutlicht den Einfluss einer kleinen, aber doch zunehmend rele­vanten Gruppe republikanischer Politikerinnen und Politiker. Viele von ihnen lehnen nicht nur die Ukraine-Hilfen der USA ab, sondern blicken generell skeptisch auf das sicherheitspolitische und militärische Engagement Amerikas in Europa. Diese Vor­behalte zeigten sich bereits bei mehreren Abstimmungen in Senat und Repräsentantenhaus, als es nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 um Unterstützung für Kiew, um die Nato und um Sanktionen gegen Moskau ging. Lange Zeit konnten sich Amerikas Verbündete in der Allianz darauf verlassen, dass beide Häuser des US-Kongresses mit großen, überparteilichen Mehrheiten die sicherheitspolitische Führungsrolle Washingtons in Europa unterstützen. Doch an dieser ein­helligen Position zum Bündnis sind zuletzt Zweifel aufgekommen.

Eurozone um Kroatien erweitert: Attraktives Projekt mit bestehenden Problemen

Fri, 06/01/2023 - 15:30

Die erste Euroraum-Erweiterung seit dem Beitritt Litauens im Krisenjahr 2015 gilt als großer Erfolg, ist aber eher eine Vernunftehe. Aus kroatischer Sicht ist die Einführung des Euro für die Wirtschaft von Vorteil, weil der größte Teil der Ausfuhren auf die Länder der Eurozone entfällt. Der Bankensektor ist ebenfalls stark auf den Euro ausgerichtet. Und da die meisten Einlagen hier auf Euro lauten, verringert die Einheitswährung die Risiken erheblich. So ist die Einführung für ein Land, das sich vor 30 Jahren noch im Krieg befand, ein gewisser Erfolg. Es ist jedoch nicht das Ende eines Weges, sondern der Beginn einer neuen Phase, des Funktionierens in einem einheitlichen Währungsraum. Es wird künftig ständige Anstrengungen erfordern, damit das eigene Wirtschaftsmodell wettbewerbsfähig bleibt.

Die kroatische Wirtschaft steht trotz guter Wachstumsprognosen vor einer Reihe struktureller Herausforderungen. Dazu gehören die schwierige demografische Situation, die Abwanderung von Fachkräften oder die starke Abhängigkeit der Wirtschaft vom Tourismussektor, auf den laut Internationalem Währungsfond (IWF) mehr als 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Beschäftigung entfallen. In diesem Zusammenhang wird es wichtig sein, die EU-Mittel, von denen Kroatien im Verhältnis zum BIP einer der größten Empfänger ist, effektiv zu nutzen – insbesondere in den Bereichen der grünen Transformation, der Bildung und der Verbesserung der Qualifikation der Arbeitskräfte. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2021 von Transparency International schnitt Kroatien von allen Ländern der Eurozone am schlechtesten ab. EU-weit stehen nur Bulgarien, Ungarn und Rumänien schlechter da.

Euro – ein Patient, der Aufmerksamkeit braucht

Auf der anderen Seite ist die Erweiterung der Eurozone auch kein Indiz für ihre Gesundheit. Zwischen den Ländern im Norden und Süden, die unterschiedliche Vorstellungen von der weiteren wirtschaftlichen Integration haben, herrscht ein tiefes Misstrauen. Infolgedessen besteht keine Bereitschaft, die Risikoteilung im Bankensektor oder im Bereich der Staatsverschuldung zu erhöhen, deren hohes Niveau eines der wichtigsten Probleme des Euroraums bleibt. Im Jahr 2023 steht eine weitere Gesprächsrunde über Reformen der Fiskalregeln an: Ausgang ungewiss. Die anhaltenden strukturellen Probleme der größten Mitgliedsländer – insbesondere in Frankreich und Italien, aber auch in Deutschland –, die nun durch die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Energietransformation noch verstärkt werden, stellen ebenfalls eine Herausforderung dar. Problematisch ist auch die Heterogenität des Währungsraums, die sich in gegensätzlichen Erwartungen an die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank niederschlägt. Diese Widersprüche werden nicht nur zwischen den größten Ländern besonders deutlich, sondern auch am Beispiel der baltischen Staaten, die bei einer Inflation von mehr als 20 Prozent wesentlich höhere Zinssätze benötigen als der Rest der Eurozone.

Ein Projekt unter neuen politischen Bedingungen

Trotz dieser Herausforderungen ist der Euroraum nach wie vor ein attraktives Projekt. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der Rekordinflation ist deutlich geworden, dass der Euro vor externen Schocks schützt, indem er Währungsstabilität oder geringere Kosten für die Bedienung der Staatsschulden bietet. In den Gesellschaften der mittel- und osteuropäischen EU-Länder – insbesondere Polen und Ungarn – wird immer deutlicher, dass in der aktuellen Situation, geprägt von Rekordinflation, Wirtschaftspopulismus und politisierten nationalen Zentralbanken, die nationale Währung in erster Linie nicht mehr ein Attribut staatlicher Souveränität ist, sondern vielmehr den Interessen der Regierungspartei dient und so zum Opfer ihr Wirtschaftspolitik wird. In der Folge schwindet das Vertrauen in die eigene Währung.

Ein Sonderfall hier ist Polen, wo die Parlamentswahlen im Herbst einen Machtwechsel bringen könnten. Die zweitgrößte Oppositionspartei »Polska 2050« spricht sich als potenzielles Mitglied einer künftigen Regierungskoalition offen für die Einführung des Euro aus. Allein die Vorbereitungen darauf könnten zur Stärkung der demokratischen Institutionen des Landes beitragen, wie sie für die Mitgliedschaft in der Eurozone erforderlich ist. Ein stärkerer finanzpolitischer Rahmen auf der Grundlage von Fachkompetenz, Eigenverantwortung und Transparenz könnte verhindern, dass die Staatskassen nicht nur auf zentraler, sondern auch auf lokaler Ebene nicht zur Bestechung der Wähler verwendet werden.

Im Falle Kroatiens wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob das Land die Zeit für die Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der Eurozone optimal genutzt hat, ob es die Mitgliedschaft zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nutzt oder als Sündenbock für strukturelle Probleme auf nationaler Ebene.

From Common Values to Complementary Interests

Fri, 06/01/2023 - 01:00

The Covid-19 pandemic and Russia’s war of aggression against Ukraine have posed major challenges – in different ways – to Latin American and Caribbean (LAC) coun­tries as well as to the European Union (EU). At the same time, these international crises have revealed how little resilience there is in the narratives that are supposed to inform normative relations between the two regions: shared values, strategic part­nership, and dialogue at eye level. In fact, this rhetoric is based on wishful thinking and does less and less justice to the reality of mutual relations. Common ground is crumbling, and there is a lack of projects that give meaning and purpose to cooperation. Such projects would have a chance of success especially if divergent views were addressed and mutual expectations were openly negotiated. Instead of building on commonalities, future-oriented cooperation should rely more on complementarities – within the framework of varying formats.

Vorsitz im Repräsentantenhaus

Thu, 05/01/2023 - 10:57
Machtkampf im US-Kongress geht weiter

Starker Rechtsruck in Israel

Wed, 04/01/2023 - 09:09
Der Kurswechsel wird zum Problem für die Bundesregierung

Neue Zusammensetzung des US-Kongresses

Tue, 03/01/2023 - 09:17
Nach Zwischenwahlen kommt der US-Kongress erstmals zusammen

Von der Rohstoffkonkurrenz zur nachhaltigen Rohstoffaußenpolitik

Thu, 22/12/2022 - 12:00

Die Abhängigkeit deutscher und europäischer Unternehmen von metal­lischen Rohstoffen ist hoch. Perspektivisch wird der Bedarf an diesen Roh­stoffen noch steigen, da sie für die Energie- und die Mobilitäts­wende, die Digitalisierung und andere Zukunftstechnologien gebraucht werden. Die Versorgungssicherheit wird zudem von geopolitischen Entwicklungen beeinflusst. Hierbei ist Chinas zentrale Rolle in Rohstofflieferketten ein Unsicherheitsfaktor. Die Bundesregierung hat sich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Diese in komplexen mehrstufigen Lieferketten metallischer Rohstoffe umzusetzen ist schwierig, weil die Umwelt- und Menschenrechtsrisiken in diesen Lieferketten erheblich sind. Die Um- und Durchsetzung von Nachhaltigkeit sollte dennoch nicht dem Ziel Versorgungssicherheit untergeordnet werden. Vielmehr sollte die Bundesregierung eine strategische Rohstoffpolitik verfolgen, die Ansprüche an Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit miteinander verbindet. Dabei muss sie die beiden großen Herausforderungen in der Nachhaltigkeitsgovernance angehen: zum einen die Vielfalt an unterschiedlichen Standards und deren unvollständige Um- und Durchsetzung, zum anderen die fehlende Transparenz sowie vorhandene Machtasymmetrien entlang metallischer Lieferketten. Eine nachhaltige Rohstoffaußenpolitik sollte strategische Diversifizierung anvisieren und dabei internationale Partnerschaften mit Wertepartnern festigen, um so einseitige Abhängigkeiten zu reduzieren. Entscheidende Elemente dieser Politik sind Maßnahmen zur Steigerung von Transparenz und ein regulativer »Smart Mix«.

Getting Ready

Thu, 22/12/2022 - 11:07
Ukraine’s potential accession and EU institutional reform

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