Selten waren die politischen Verhältnisse in Spanien so unklar wie nach den Parlamentswahlen vom 20. Dezember 2015. Keine der vier wichtigsten Parteien erzielte eine Mehrheit im Kongress. Nach wochenlangen Sondierungen beauftragte der spanische König schließlich den Spitzenkandidaten der Sozialisten (PSOE), Pedro Sánchez, mit der Regierungsbildung. Der bisherige Regierungschef Mariano Rajoy von der konservativen Volkspartei (PP) hatte auf eine »Investidura« verzichtet. Denn obwohl die PP die meisten Stimmen gewonnen hatte, hätte sie auch zusammen mit der Zentrumspartei Ciudadanos keine Mehrheit im Kongress gehabt. Pedro Sánchez will drei Optionen ausloten: eine Linkskoalition, ein Links-Mitte-Bündnis oder eine Minderheitsregierung der PSOE. Sollten sich alle drei Optionen als aussichtslos erweisen, käme nach deutschem Vorbild eine große Koalition von Ciudadanos, PP und PSOE in Frage, wie sie Rajoy ursprünglich favorisiert hatte. Das politische Ringen um die Mehrheit geht weiter. Am Ende könnte es sogar zu Neuwahlen kommen.
In der schwersten Sicherheitskrise Europas seit Ende des Kalten Krieges hat Deutschland mit dem OSZE-Vorsitz im Jahr 2016 weitere Verantwortung übernommen. Als Mitglied des Normandie-Formats trug die Bundesrepublik schon maßgeblich dazu bei, den Waffenstillstand von Minsk zu vermitteln. Nun führt sie auch jene Organisation, die die Waffenruhe im Donbas überwacht und die Umsetzung politischer wie militärischer Vereinbarungen vorantreibt. Jenseits des regionalen Krisenmanagements wird es darum gehen, die Gefahr einer dauerhaften politisch-militärischen Konfrontation in Europa abzuwenden. Dafür ist die OSZE als einzige inklusive Dialogplattform in Europa besonders geeignet, steht sie doch für eine umfassende Sicherheitskooperation und gemeinsame Normen. Deutschland wird diesen Anspruch zur Richtschnur seines Handelns machen und die Erneuerung des gesamteuropäischen Sicherheitsdialogs fördern. Trotz seines gewachsenen politischen Gewichts wird es dies jedoch nicht allein bewältigen können; es bleibt auf die Kooperation mit den Partnern in OSZE, EU und Nato angewiesen.
Im Osten der EU formiert sich unter dem Dach der Eurasischen Wirtschaftsunion (EWU) ein regionaler Energiemarkt. Diese Entwicklung dürfte folgenreich sein, auch wenn die Interessen der beteiligten Staaten divergieren und die weitere Ausgestaltung des Marktes noch offen ist. Einerseits droht sich die Fragmentierung der Energiemärkte in Europa und Asien zu vertiefen, andererseits könnten aus dem Prozess auch neue Kooperationsmöglichkeiten und größere Integrationsräume erwachsen. Insofern gilt es, frühzeitig auszuloten, inwiefern der entstehende Energiemarkt mit der EU und der europäischen Energiegemeinschaft kompatibel ist. Besonders wichtig ist es, die Auswirkungen auf die gemeinsame Nachbarschaft und vor allem die Ukraine im Blick zu haben, damit sich neue geopolitische Verwerfungen vermeiden lassen.
Unter Wladimir Putin als Präsident kooperiert der Kreml verstärkt mit dem Moskauer Patriarchat in Fragen der Sozial-, Sicherheits- und Außenpolitik. In der Anlehnung an russische Sonderweg-Ideologien wie »Russkij Mir« (Russische Welt) begegnen sich kirchliche und staatliche Akteure. Da erklingt eine für die orthodoxe Welt charakteristische Symphonie zwischen Staat und Kirche. Beide interpretieren die kulturelle Identität und Souveränität Russlands im Kontrast zu »westlichen Pseudowerten«.
Erstmals hat in Taiwan die chinakritische Demokratische Fortschrittspartei (DPP) nicht nur die Präsidentschaftswahl klar für sich entschieden, sondern auch die absolute Mehrheit im Parlament gewonnen. Nach dem unerwartet deutlichen Wahlsieg des »grünen« Lagers über das »blaue« Lager um die bisherige Regierungspartei Kuomintang (KMT) stehen den Beziehungen zu Festlandchina schwierige Zeiten bevor. Das Wahlergebnis bedeutet eine Umkehrung des KMT-Erfolges im Jahr 2008, in dessen Anschluss sich Taiwan und die Volksrepublik China annäherten. Entscheidend wird nun sein, wie Beijing mit der neuen Situation umgeht. Denn für die Regierung der Volksrepublik steht die bisherige Strategie in Frage, die nahezu ausschließlich auf Kommunikation mit der KMT gesetzt hat.