Climate change poses threats to individuals, communities, and cities globally. Global conversations and scholarly debates have explored ways people adapt to the impacts of climate change including through migration and relocation. This study uses Lagos, Nigeria as a case study to examine the relationship between flooding events, migration intentions as a preferred adaptation, and the destination choices for affected residents. The study draws on a mixed-methods approach which involved a survey of 352 residents and semi-structured interviews with 21 residents. We use a capability approach to analyze mobility decisions following major or repetitive flood events. We found that the majority of affected residents are willing to migrate but the ability to do so is constrained by economic, social, and political factors leading to involuntary immobility. Furthermore, intra-city relocation is preferred to migration to other states in Nigeria or internationally. These findings challenge popular Global South-North migration narratives. Indeed, some residents welcome government-supported relocation plans but others remain skeptical due to lack of trust. Community-based relocation may therefore be preferred by some Lagosians. Overall, this study contributes a nuanced understanding of mobility intentions in response to climate-induced flooding in one of the world’s largest coastal cities.
Bonn, 22. Mai 2023. Alle Länder der Vereinten Nationen (VN) haben sich 2015 der Erreichung der 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung (SDGs) der Agenda 2030 verschrieben. 2023, zur Halbzeit der Implementierungsphase, wird deutlich, welcher Weg noch zu gehen ist. Doch während die Staaten zwar versuchen, die Ziele auf nationaler Ebene zu erreichen, dürfen sie die Auswirkungen ihres Handelns auf andere Länder nicht aus dem Blick verlieren. Sonst riskieren sie, deren Bemühungen die Agenda 2030 umzusetzen, zu konterkarieren. Solche unerwünschten externen wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und sicherheitsrelevanten Auswirkungen werden als negative Spillover-Effekte bezeichnet.
Da der SDG-Index, der die Fortschritte bei der SDG-Erreichung der Länder misst, diese Effekte nicht adäquat berücksichtigt, wurde ein Spillover-Index entwickelt. Beide Rankings werden jährlich im Sustainable Development Report veröffentlicht. Während Länder mit hohen Einkommen an der Spitze des SDG-Rankings stehen (Deutschland auf Platz 6 von 163 in 2022), schneiden viele Länder des "Globalen Südens" in diesem Ranking eher schlecht ab. Die Reihenfolge kehrt sich im Spillover-Ranking um. Hier schneiden High-Income-Countries u.a. aufgrund von nicht-nachhaltigen Verhaltensweisen in Produktion und Konsum schlecht ab (Deutschland auf Platz 149 von 163 in 2022), während Länder des "Globalen Südens" das Ranking anführen.
Deutschlands Ziel muss sein, negative Spillover-Effekte zu vermeiden, um andere Länder nicht in der Umsetzung der Agenda 2030 zu behindern, sondern gemeinsam an der globalen Implementierung dieser zu arbeiten. Eine klare Adressierung negativer Spillover-Effekte und das Schaffen verbindlicher Strukturen in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS), als nationale Strategie für die Implementierung der Agenda 2030, ist daher notwendig. Bislang hat das Thema allerdings keinen Eingang in diese gefunden. Der letzte von Deutschland vorgelegte Voluntary National Review (VNR) erwähnt negative Spillover-Effekte, die Herausforderungen in ihrer Erfassung sowie ihre notwendige Reduzierung durch Maßnahmen der Bundesregierung allerdings und verdeutlicht damit die Relevanz der Problematik.
Spillover-Effekte betreffen oftmals verschiedene Bereiche und wirken damit auf zahlreiche SDGs gleichzeitig. Für eine Verankerung von Maßnahmen zur Vermeidung negativer Spillover-Effekte in der bestehenden Struktur der DNS ist daher ein integrierter und querschnittsübergreifender Ansatz notwendig. Dies kann anhand von unbeabsichtigten sozialen und ökologischen Auswirkungen aufgezeigt werden, die entlang von globalen Lieferketten auftreten. Beispielsweise verursacht der Bedarf an fossilen Rohstoffen und Mineralien im deutschen Transport- und Mobilitätssektor negative Effekte in Abbau- und Verarbeitungsregionen, die sich insbesondere in Ländern des Globalen Südens befinden. Schädliche ökologische Belastungen (SDG 15), wie Biodiversitätsverluste oder abnehmende Bodenqualität, Treibhausgasemissionen (SDG 13) oder die Verschmutzung von Wasser (SDG 14) sind Folgen.
Durch das Tolerieren schlechter Arbeitsbedingungen (SDG 8) entlang von Lieferketten sind ebenfalls negative soziale Auswirkungen zu vermerken, wie Zwangsarbeit, Arbeitsunfälle oder Gesundheitsschäden durch das ungeschützte Arbeiten in Minen. Die Nachfrage und der Import dieser Ressourcen durch Deutschland behindert andere Länder bei der Erreichung zahlreicher SDGs. Für die Verankerung in der DNS eignen sich die in ihr berücksichtigten sechs Transformationsbereiche – die großen Wenden, die es für die Erreichung der Agenda 2030 braucht. Diese Transformationsbereiche sind Menschliches Wohlbefinden und Fähigkeiten, und soziale Gerechtigkeit; Energiewende und Klimaschutz; Kreislaufwirtschaft; Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende; Nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme sowie Schadstofffreie Umwelt. Die Transformationsbereiche betonen die bestehenden Wechselwirkungen zwischen verschiedenen SDGs und schaffen ressortübergreifende Arbeitsstrukturen.
Eine Adressierung negativer Spillover-Effekte in den Transformationsbereichen bietet nicht nur die Chance, diese im Status-Quo anzugehen, sondern Auswirkungen auf internationaler Ebene bereits bei der Gestaltung neuer Prozesse mitzudenken. Beispielsweise ist die dringend notwendige Elektrifizierung des Verkehrs mit einer erhöhten Nachfrage an Rohstoffen, wie Lithium und Kobalt, verbunden. Für eine nachhaltige Gestaltung der Verkehrswende müssen daher verbindliche Strukturen entwickelt werden, um negative Effekte entlang der globalen Ressourcenströme zu verhindern. Gemeinschaftlich müssen Lösungen, die die Perspektiven der betroffenen Länder berücksichtigen, erarbeitet sowie Politikkohärenz hergestellt werden. Dafür scheint, neben der Adressierung in den Transformationsbereichen, auch der Hebel Internationale Verantwortung und Zusammenarbeit greifbare Weichen zu stellen. Durch die Nutzung dieses Hebels können Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Transformation erleichtern und begleiten können.
Für die sechs Transformationsbereiche und den oben genannten Hebel wurden sieben sogenannte Transformations-Teams eingerichtet, die konkrete Maßnahmenpakete für die Wenden ausarbeiten sollen. Negative Spillover-Effekte sollten Eingang in die Arbeit aller Transformations-Teams finden, nicht lediglich in die des Transformations-Teams Internationale Verantwortung und Zusammenarbeit.
Deutlich wird, dass für eine beschleunigte Transformation und das fristgerechte Erreichen der SDGs in der zweiten Halbzeit der Implementierungsphase eine konsequente Beachtung von negativen Spillover-Effekten in allen Bereichen des Handelns erforderlich ist und Deutschland sich international für das Verhindern dieser einsetzen muss. Eine Verankerung in der DNS und das Schaffen rechtlich verbindlicher Strukturen sind dafür notwendig.
This Policy Brief examines the geopoliticisation of development cooperation within the Indo-Pacific region. First, we discuss the emergence of Indo-Pacific strategies and how these intersect with geopolitics and development cooperation amongst traditional develop-ment actors such as the United States and the Euro-pean Union. Second, we examine how these narratives have shaped the development cooperation approaches of China and India, both significant geopolitical actors. Third, we look at how these dynamics have played out in key regions of the Indo-Pacific, especially Southeast Asia, South Asia, and the Pacific Islands. We argue that while geopolitical competition brings opportunity to these regions, this opportunity needs to be strategically managed to deliver positive development outcomes. Geopolitics has always been a factor in development debates and development cooperation historically, and we should not expect this to change (Power, 2019; Liao & Lee, 2022). In the last decade, this competition has heightened with China’s global rise – economically, strategically, and geopolitically. As China became perceived as a potential competitor to traditional global and regional powers such as the United States, the European Union, Japan, or Australia, we saw a rise in strategies to manage, balance, or counter this rise. Consequently, emerging Indo-Pacific frameworks and strategies are shaping and dominating the discourse on global geopolitics, including development cooperation. As a result of sharp geopolitical competition, develop-ment cooperation has become a contested space. China’s powerful rise and the subsequent proliferation of Indo-Pacific strategies to counter this rise are key drivers of this dynamic. While this competition can breed division, between and within countries and regions, it can also give rise to increased multipolarity, partner country agency, and positive competition towards development outcomes. Competition and the numerous new strategies, resources, and initiatives that come with it, can offer opportunity for partner countries to secure resources and commitment toward their own development agenda. Rather than being “forced” to choose sides, countries and regions can and are using geostrategic competition to their advantage. Competition provides choice, a seat at the table, and opportunities for decision-making. However, taking ownership and direction over these strategies and resources can challenge partner countries and regions. Hedging is one option but carries risks, especially when politics get in the way, and development gains may be subsequently compromised. While there is a plethora of Indo-Pacific strategies that articulate visions for the region and ways powers should strengthen economic, diplomatic, security, and development ties with the Indo-Pacific countries, Indo-Pacific countries themselves should also have their own strategies, which outline their vision and objectives for engagement with great powers and other actors who seek and vie for their partnership.
Vom 15.-16. November 2022 fand unter dem Leitthema Recover Together, Recover Stronger das Gipfeltreffen der G20 unter indonesischer Präsidentschaft auf Bali, Indonesien, statt. Die Gruppe der 20, 1999 ursprünglich auf Ebene der Finanzminister gegründet, bringt seit 2008 auch die Staats- und Regierungschefs großer Industrie- und Schwellenländer zusammen. Anders als die G7 handelt es sich bei der G20 jedoch nicht um eine Gruppe gleichgesinnter Staaten. Vielmehr bringen die jährlich stattfindenden Gipfeltreffen unter rotierender Präsidentschaft eine Vielzahl von Staaten unterschiedlicher politischer Systeme zusammen.
Die Ampelkoalition sollte die Hilfen für andere Staaten nicht deckeln. Sie sollte Ziele definieren. Der Gastbeitrag.
Despite the large demand for gender-disaggregated poverty statistics, so far it has been impossible to assess gender differentials in poverty for several countries. This is mostly because the available indices of income and multidimensional poverty are computed at the household level. The chapter contributes to fill this research gap by adopting two new indices of multidimensional poverty. These indices have two major strengths: they are individual-based and they incorporate key dimensions for women, primarily education and work. Using recent data, this chapter assesses gender disparities in poverty for 76 low- and middle-income countries. The results show that almost everywhere poverty has predominantly a female face: on average, female poverty is about 80 percent higher than male poverty. The largest gender disparities are found in two regions: the Middle East and North Africa and South Asia. Finally, it is mostly in the area of employment that women face higher deprivations than men.
The EU’s response to the European ‘refugee crisis’ has involved parallel efforts to strengthen the EU’s capacity for external migration management in the domains of Common Security and Defence Policy(CSDP) and the Area of Freedom, Security and Justice (AFSJ). To provide a swift response to the ‘refugee crisis’ in 2015, EU member states decided to utilise existing operational CSDP capabilities as a short-term foreign policy tool. Simultaneously, we have seen an impressive strengthening of the mandate and capabilities of ASFJ actors in external migration governance. Although institutional links between civilian CSDP and AFSJ have existed for over two decades, the parallel task expansion has created new demands for inter-institutional coordination between the two policy areas. Combining neofunctionalist theory with insights from research on inter-institutional overlap, this article argues that responses to neofunctionalist spillover pressures may trigger inter-institutional dynamics, which can involve both cooperation as well as conflict. Empirically, we find that these inter-institutional interactions have had important implications for integration in both policy areas, which cannot be fully understood by studying these policy domains in isolation.
Bonn, 15. Mai 2023. Wer die Kaffeeregale von US-amerikanischen Supermärkten wie Walmart oder Safeway sichtet, stößt auf Röstkaffee mit einem Label, das ihn als „Bird-Friendly Coffee“ ausweist. Das Label wird vom Smithsonian Migratory Bird Center vergeben. Die Smithsonian Institution ist eine der großen naturwissenschaftlichen Forschungs- und Bildungseinrichtungen der USA. Wieso interessiert sich die Forschung zu Zugvögeln für die Art und Weise, wie Kaffee angebaut wird?
Die Wissenschaft hat in den 1990ern einen dramatischen Rückgang der Zugvogelpopulationen in den USA und Kanada festgestellt: Seit den 1970ern eine Verringerung um etwa 30% und ein absoluter Verlust von rund 3 Milliarden Vögeln. Die weitere Forschung stellte einen direkten Zusammenhang mit massiven ökologischen Veränderungen in den Überwinterungshabitaten fest, speziell in Lateinamerika. Dort sind es vor allem die Höhenlagen, wo Zugvögel ihr Überwinterungsquartier suchen und hier wiederum ist der Kaffee die mit Abstand wichtigste Agrarkultur. Ist also Kaffee dem Erhalt der Biodiversität abträglich?
Keinesfalls! Traditionell wird Kaffee in Schattenkultur angebaut. Kaffee ist dabei nur eine von vielen Pflanzen, die auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche stehen. In Kombination mit anderen Nutzpflanzen oder Schattenbäumen bietet er den Landwirt*innen ein meist verträgliches Auskommen und einer Vielzahl von Insekten und Säugetieren einen Lebensraum, auch den Zugvögeln in ihrem Winterquartier.
Was also hat sich verändert? Warum kehren viele Zugvögel aus Lateinamerika nicht nach Nordamerika zurück? Die Smithsonian Institution sieht einen wesentlichen Faktor in dem Übergang beim Kaffeeanbau von Schattenkaffee zu Monokulturen. Kaffeeanbau ohne Schatten erlaubt deutlich höhere Hektarerträge, bietet aber keinen Platz für nicht unmittelbar produktive Pflanzen. In Kolumbien etwa stehen bei einer intensiv bewirtschafteten Farm bis zu 10.000 Kaffeepflanzen auf jedem Hektar, eine pro Quadratmeter. Es ist plausibel, dass in so genutzten Regionen Zugvögel kein auskömmliches Habitat finden.
Die Grundidee des Bird-Friendly Coffee besteht darin, durch ein spezielles Label den Kaffeekonsum hin zu Produkten zu lenken, die unter Beibehaltung des Schattenanbaus erzeugt werden. Damit kann die Position von Erzeuger*innen des Biodiversitäts-freundlichen Kaffees auf den Märkten gesteigert werden. Unter Nachhaltigkeitsaspekten hat dies mehrere positive Effekte:
Schattenkaffee benötigt einen deutlich geringeren Einsatz von externen Agrarchemikalien: So sind viele Schattenbäume Leguminosen, deren Wurzeln Stickstoff aus der Luft binden und dem Boden zuführen. Dies verringert den Bedarf an Stickstoff, der z.B. über Mineraldünger zugeführt werden muss.
Außerdem bringt Schattenkaffee mehr Menschen in produktive Beschäftigung als Kaffee in Monokultur. Beispielsweise müssen Schattenbäume angepflanzt und beschnitten werden. Wenn auf mineralischen Dünger ganz verzichtet wird, müssen große Mengen an organischem Dünger erzeugt und auf den Flächen aufgebracht werden.
Auch wird die Resilienz von lokalen Agrarsystemen erhöht. In den Produktionssystemen wird der Kaffee oft nicht nur von Leguminosen begleitet, sondern auch von Nutzpflanzen, die für die Ernährung der Landwirt*innen und/oder für lokale Märkte von Bedeutung sind, wie Mangos, Papaya oder Avocados.
Schließlich stärkt Kaffeeanbau in traditionellem Schattenanbau die kleinbäuerliche Produktion gegenüber agrarkapitalistischen Unternehmen, die durch eine maximal intensive Produktion und den Einsatz von Maschinen und Agrarchemie die Kosten minimieren wollen.
Die Smithsonian Institution zertifiziert ihren Bird-Friendly Coffee seit Ende der 1990er Jahre. Leider hat dies den Übergang zur Monokultur nicht stoppen können. In einer Studie von 2014 wurde festgestellt, dass seit 1996 die Produktionsmengen an Schattenkaffee zwar gestiegen sind, allerdings sein Anteil an den Flächen für die Kaffeeproduktion weltweit von 43% auf 24% gesunken ist.
Was können Verbraucher*innen in Deutschland tun? Auf dem Markt in Deutschland gibt es keinen „Bird-Friendly Coffee“ zu kaufen. Wir sollten durch unsere Kaufentscheidungen aber ein Zeichen setzen, dass wir nur Kaffee konsumieren wollen, der nicht dem Übergang zu sozial und ökologisch nicht wünschenswerten Monokulturen dient. Wenn ich die Wahl habe, greife ich zunächst zu Kaffee mit dem Fairtrade Label. Dieses wurde ursprünglich entwickelt, um kleinbäuerliche Erzeuger*innen gegenüber den teilweise massiven Schwankungen der Weltmarktpreise abzusichern. Heute profitieren fast 800.000 Kaffee-Kleinlandwirt*innen von diesem System. Die Weiterentwicklung des Fairtrade-Kaffeestandards hat agrarökologische Aspekte zunehmend in den Blick genommen. Aber nur, wenn sich Kleinlandwirt*innen sicher sein können, dass die Verdienste aus dem Kaffeeverkauf ihrer Familie ein gutes Auskommen ermöglichen, können sie die Gelassenheit entwickeln, um sich für Ziele wie die Biodiversität auf ihren Farmen und den Zugvogelschutz aktiv einzusetzen.
Halfway into the 2030 Agenda, with progress on several Sustainable Development Goals stalling, is a good moment to ask about the effectiveness of the UN’s development support. From UN country programme evaluations emerges a critical picture of the UN's performance towards sustainable change. The most common and arguably worrisome deficit is that UN development work lacks an orientation towards sustainability and effects at national level – the kind of change that moves the needle on SDG progress. This and other deficits point to “projectitis”, an organisational style characterised by decentralised, ad-hoc responses that are insufficiently integrated with, or informed by, the policies, purposes and overarching responsibilities of the UN. Better institutional safeguards against opportunistic behaviour are needed. Rather than the size and growth of the budget, performance towards mandates and effects should distinguish a UN entity.
The paper is one of the first attempts to assess trends in multidimensional poverty for a large number of countries. Using two innovative indices of poverty on a sample of 85 countries, it shows that 85% made a progress in multidimensional poverty alleviation. On average, multidimensional poverty declined annually by 0.41 pp. in absolute terms, and by 2.4% in relative terms. However, progress has been uneven across regions. In particular, a non-negligible share of countries in SSA (around 25%) experienced an increase in poverty. SSA was also the region with the slowest relative reduction in poverty. SAS and ECA, instead, reduced poverty in relative terms significantly more than the other regions. A comparative analysis of income and multidimensional poverty trends reveals that the two forms of poverty, despite a general positive correlation, may even move in opposite directions and that multidimensional poverty has declined substantially less (about 3-4 times) than income poverty. Multidimensional poverty alleviation was driven especially by improvements in education and health, and by the performance of rural areas. In fact, rural poverty reduction exceeded urban poverty reduction, contributing to narrow down the rural-urban poverty ratio from 3.1 to 2.7. Gender disparities in multidimensional poverty are still large, with female poverty being about 60% higher than male poverty. In conclusion, this paper shows that - once we consider non-monetary dimensions - the progress in poverty eradication has not been as remarkable as believed and calls for stronger efforts in tackling the different forms of poverty. Indeed, interventions succeeding in alleviating income poverty are not necessarily effective in reducing multidimensional poverty (and vice versa): in particular, empirical evidence points to a limited effect of economic growth. Finally, economic and social policies should primarily focus on SSA, rural areas, women and on ensuring decent jobs.
Große Teile der medialen Öffentlichkeit verwenden den Begriff der Zeitenwende als Synonym für die Notwendigkeit, die militärischen Verteidigungsmittel des Westens, insbesondere Deutschlands, aufzustocken. Diese gedankliche Engführung verkennt die Dimension des Problems. Und sie verkennt die Dimension der erforderlichen Lösung. Die Welt ist mit einer akuten „Polykrise“ konfrontiert, der nur mit einer politischen Transformation zu begegnen ist, bei der der Westen die Initiative ergreifen muss. Die wahre Zeitenwende, um die es geht, erfordert weitaus mehr als Waffenlieferungen und militärische Abwehrbereitschaft. Es geht darum, das Teilhabeversprechen der liberalen Demokratie durch eine sozial und ökologisch transformative Politik in den Demokratien des Westens neuerlich einzulösen und global auszudehnen.
The transition towards a more sustainable world economy is a fact, as the internationally community has realized that business as usual practices will lead to ecological disasters, from global warming, loss of bio-diversity to the contamination of maritime water bodies. Research, development and innovations are powerful tools to align the needs of a growing world population with the necessities of keeping global development within the planetary boundaries. There is, however, a huge and growing - rather than diminishing - divide in both inputs and outputs to the science and innovation systems. Developing countries, which are most severely affected by the multiple ecological crises cannot invest very high financial and human resources to address their specific challenges though research and development. This calls for determined international action and North-South cooperation in science, technology and innovation. The paper analyses the North-South divide in research and development and discusses, how international cooperation may strengthen the capabilities of the Global South to respond to the challenges and, wherever possible, take advantage of new economic opportunities in a world transitioning towards more sustainable growth patterns.
In recent years, global production of plastics has surged and is expected to increase further over the following years, with over a quarter being attributed to plastic packaging. Plastic packaging poses environmental risks due to the fossil fuels consumed in its production and the impact on eco-systems due to its inappropriate disposal. A large share of mismanaged plastic waste can be attributed to a few developing and emerging countries (DECs) in Asia. Their expected income and population growth, as well as associated increase in consumption and urbanisation, is expected to further strain inadequate waste management systems. In response, young ventures offering circular business models in packaging have emerged to tackle plastic packaging pollution. These ventures are embedded in an entrepreneurial ecosystem in which policies are, among others, determining enablers, and policy-makers have a key role in setting optimal framework conditions for circular business models in packaging to succeed. At the same time, policy agendas that address resource efficiency and the circular economy are on the rise in multiple DECs. For this reason, this paper addresses the question of the extent to which existing policies are supporting and enabling circular business models. This paper first discusses opportunities, risks, and challenges of existing circular business models in packaging in terms of waste hierarchy levels – reducing and dematerialising, reusing and refilling, replacing, and recycling – before examining the entrepreneurial ecosystems in which they operate. With a focus on policy as an enabler for circular business models in packaging, a holistic overview of possible policies in the circular packaging context is provided. Against this conceptual background, India is examined as a case-study. In recent years, multiple Indian start-ups have emerged, offering reusable packaging solutions or bio-based packaging alternatives, while other ventures seek to improve waste management and recycling. India’s previously introduced policies, including the Plastic Waste Management Rules, Swacch Bharat Mission, extended producer responsibility and a ban on single-use plastic, are the first stepping stones towards an enabling ecosystem for circular business models in packaging. However, this paper points out further opportunities – so far, India’s key policies have been addressing the downstream on the macro level. This study showed that macro-level policies need further enforcement and should be complemented by upstream policies. Meanwhile, meso-level and micro-level policies have been rather neglected. Policy-makers and development cooperation are encouraged to take action now, given the limited window of opportunity to establish a supporting framework for circular economies in development policy.
Rebuilding Ukraine starts now – even if it is being undertaken against a backdrop of conflict, violence and destruction, with Russia continuing to wage its war of aggression. In granting Ukraine European Union (EU) candidate status, the EU has also made the country’s recovery one of its own priorities. If this reconstruction project is to succeed, then it is necessary to take into account specific contextual conditions, along with experiences from other recovery processes, such as those in the Western Balkans and Iraq.
• Functional statehood: Ukraine is better placed in this regard than many other countries, particularly given the functional and widely accepted statehood throughout much of its territory. Reconstruction assistance can kick-start a forward-looking, sustainable green transformation in the economy and society. At the same time, there is a risk that massive external cash flows could feed old networks of corruption and patronage and create new ones. Clear accountability structures are required, along with sanctions for the misuse of funds, if this is to be counteracted.
• Agile planning over linear phase model: Rebuilding work is taking place in an atmosphere of great uncertainty. Consequently, planning processes must be flexible in order to adapt to different war scenarios. A linear sequence of recovery phases fails to properly address the situation. This is already visible when it comes to efforts to secure critical infrastructure. Its proper functioning is essential to people’s daily lives and to all forms of reconstruction, yet this infrastructure could become a target for attacks again at any time.
• Ukraine as a self-confident partner: As a result of the war’s trajectory, the Ukrainian Government is adopting a self-assured demeanour in its dealings with international donors. While this is essentially a positive thing, it can also give rise to a resistance to reform. The prospect of EU accession creates a common objective to work towards and can also establish coherent criteria for the recovery process, but only as long as accession remains a credible prospect.
• Managing reconstruction assistance: Recovery funds have proven an effective means of coordination, though it remains to be seen whether there will be a single fund or several complementary ones. A central Ukraine fund should be (co-)managed on the donor end by the European Commission, as it has at its disposal the strongest reform incentive, namely EU accession. In the meantime, the EU needs to ensure that the Commission and the member states also provide the majority of the funding between them.
• Diversity and inclusion: The governance structures of the reconstruction project should be designed to afford participation and a say to pluralist political institutions and civil society voices, and strengthen gender equality. In order to counter brain-drain, it is also imperative that young, mobile population groups (including refugees abroad) feel included.
• Social equity: Incorporating social factors into the recovery process will also be essential. Vulnerable groups will require particular support, given the alarming level of impoverishment among the population as a result of the war.
• Investment incentives: Essential reconstruction services have to be provided by the private sector. This requires that clear incentives be created, not least by providing investment guarantees.
• Developing trauma sensitivity: The rebuilding work is taking place in a context of violence and trauma. This requires that all stakeholders develop a particular sensitivity in dealing with survivors of violence and engaging with a traumatised society.
With the SDGs, countries agreed that Peace, Planet, Partnership, Prosperity and People are connected. To maximise synergies and minimize trade-offs, their interactions need to be better understood. While 'SDG interlinkages' are increasingly studied, SDG 16 is rarely covered. This new publication builds on the first, ground-breaking study ‘Connections that Matter: How the Quality of Governance Institutions may be the Booster Shot we need to reduce Poverty and Inequality’ on the interlinkages between SDG 16 and SDG 1 (No Poverty) and SDG 10 (Reduced Inequality). UNDP's Oslo Governance Centre and the German Institute of Development and Sustainability (IDOS) have now released this second study on interlinkages between SDG 16 and SDG 14 (Life Below Water). Based on a scoping literature review of 300+ academic papers, the study finds empirical evidence from across the globe that inclusion and participation, accountability and rule of law, as well as transparency and control of corruption and crime can improve the effectiveness of marine and coastal protection efforts and contribute towards the sustainability of fisheries. The study highlights a number of examples, including how governance can regulation, management and enforcement tends to improve marine park conservation whereas lack of enforcement can lead to ‘paper parks’. This publication offers initial policy insights on how to identify and activate governance levers to accelerate progress on SDG 14.
International observers link many hopes for global sustainable development to the use of green hydrogen. Hydrogen produced via electrolysis and using renewable energies is a carbon-free energy carrier and feedstock for several industrial processes, e.g. in steel production and petrochemistry. To date, the application of hydrogen for fertiliser production has received insufficient attention. Globally and for the developing world, it offers at least a "triple win option": greenhouse gas emissions from natural gas-based fertiliser production can be avoided, developing countries may save foreign currency, which is today used for importing gas from, e.g. Russia. Finally, farmers may become less exposed to fluctuations in natural gas prices. An assured supply of fertilisers produced with local renewable energies can be an important element of food security. The article discusses the options and uncertainties related to green hydrogen production and digs deeper into the options of fertiliser production.
Bonn, 22. März 2023. Kollektives Handeln und konzertierte politische Anstrengungen sind nötig, um Wasserverschmutzung zu bekämpfen und den Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen zu verbessern.
Wasser ist essentiell – für den Lebensunterhalt und die Gesundheit der Menschen, zum Erhalt von Ökosystemen, und für industrielle Prozesse. Dennoch wird es aller Voraussicht nach nicht gelingen, bis 2030 den universellen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen sicherzustellen. Ähnlich düster sind die Prognosen auch für weitere wasserbezogene Entwicklungsziele, wie eine effizientere Wassernutzung oder eine Verbesserung der Wasserqualität. Der diesjährige Weltwassertag am 22. März steht daher unter dem Motto “accelerating change” (den Wandel beschleunigen) und eine UN-Kampagne "Be the Change" (Sei der Wandel) ermutigt Menschen, ihren individuellen Umgang mit Wasser zu überdenken. In der Tat übersteigt der Süßwasserverbrauch in vielen Regionen die Neubildungsraten und die steigende Wasserverschmutzung schädigt Menschen und Ökosysteme. Dennoch birgt die Konzentration auf individuelle Maßnahmen drei wichtige Risiken.
Erstens lenkt sie ab von der dringend erforderlichen Ausweitung des Zugangs zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen für unterversorgte Gemeinden, sowie von der massiven Investitionslücke zu deren Finanzierungen. Einer von vier Menschen hat derzeit keinen Zugang zu sauberem Wasser und 44 % aller Haushaltsabwässer werden nicht ausreichend behandelt. Lücken in der Wasserversorgung haben starke geschlechtsspezifische Auswirkungen, da Frauen und Mädchen in 8 von 10 Haushalten ohne Wasseranschluss für dessen Beschaffung zuständig sind. Der diesjährige Fokus auf individuelle Einschränkungen spiegelt also vor allem die Belange wohlhabender Länder und Regionen wider – in denen der pro-Kopf Konsum tatsächlich ein Nachhaltigkeitsproblem darstellt – und nicht die von einkommensschwachen Gebieten und marginalisierten Gruppen.
Zweitens vermittelt die Betonung des individuellen Verbrauchs einen verzerrten Eindruck von den Kernursachen zurückgehenden Wasserdargebots und -qualität. Weltweit entfallen nur 11 % aller Wasserentnahmen auf Kommunen und Haushalte, während die Landwirtschaft für 70 % und die Industrie für 17 % verantwortlich sind. Viele Länder verfügen zwar über zuverlässige Infrastrukturen zur Behandlung von Haushaltsabwässern, nicht aber gleichermaßen für Landwirtschaft und Industrie. Überschüssiges Wasser in der Landwirtschaft weist aufgrund des Einsatzes von Düngemitteln oft eine erhöhte Nitratbelastung auf, welche Algenblüten in Oberflächengewässern verursacht und Grundwasserbestände verschmutzt. Industrieabwässer können mit Schwermetallen, gefährlichen Chemikalien oder anderen Schadstoffen belastet sein, die eine intensive Behandlung erfordern. Doch nicht alle Länder verfügen über ausreichende Bestimmungen oder Strukturen, um sie umzusetzen.
Politische Anreize für den Einsatz effizienterer Bewässerungstechnologien oder für den Anbau weniger ‘durstiger’ Pflanzenkulturen stellen eine wirksames Instrument zur Senkung des Wasserverbrauchs dar. Zur Eindämmung der Wasserverschmutzung sind Vorschriften zum Gewässerschutz und ihre uneingeschränkte Durchsetzung nötig. Die angemessene Behandlung industrieller Abwässer darf nicht dem Verantwortungsgefühl einzelner CEOs überlassen bleiben, sondern sollte die Mindestanforderung an jedes Unternehmen darstellen, welches das Allgemeingut Wasser nutzen möchte. Dies kann durch Genehmigungen für Wassernutzung und Abwassereinleitung geschehen, wasjedoch eine ausreichende Datengrundlage voraussetzt. Auch die Aufforderung an Bürgerinnen und Bürger, Flussufer von Abfall zu säubern, wird das Problem der Plastikverschmutzung in Flüssen und Meeren nicht lösen, wenn nicht auch gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden um die Produktion von Einwegplastik einzuschränken und den Einsatz von Recycling sowie nachhaltiger Verpackungsalternativen zu fördern.
Drittens und letztens vernachlässigt die Ausrichtung des Weltwassertags auf individuelle Verantwortlichkeiten die politische und soziale Dimension von Wasser. Überall auf der Welt bauen, unterhalten und verwalten Menschen gemeinschaftliche Bewässerungs- und Wasserversorgungssysteme, tauschen Geschichten und Wissen über Gewässer aus und organisieren sich, um sie zu schützen. Auf diese Weise bildet Wasser Gemeinschaft, und die Art und Weise, wie sich Gemeinschaften entwickeln, wirkt sich wiederum darauf aus, wie Wasser genutzt wird. Um Wasserressourcen zu schützen, ist ein Verständnis für die soziale und materielle Natur von Wasser erforderlich. Nur dann kann die Aneignung von Wasserressourcen durch sozial und wirtschaftlich privilegierte Akteure zum Nachteil anderer problematisiert und durch kollektives Handeln angefochten werden, das per Definition über das Individuum hinausgeht.
Einzelpersonen zu einem besseren Umgang mit der Ressource Wasser aufzufordern, mag bei der Bekämpfung des übermäßigen Verbrauchs und der Verschmutzung in einigen Ländern helfen. Es verschleiert jedoch die eigentlichen Ursachen von Wasserunsicherheit und die zu ihrer Beseitigung erforderlichen systemischen Veränderungen. Anstatt den Wandel zu beschleunigen, befördert das diesjährige Motto entsprechend eher die Aufrechterhaltung des Status quo.
Bonn, 20. März 2023. Die UN-Wasserkonferenz im März 2023 sollte den Grundstein für eine bessere Governance der Wasserressourcen als globales Gemeingut legen, idealerweise durch eine von den Vereinten Nationen beauftragte Multiakteursplattform für Wasser.
Vom 22. bis 24. März 2023 findet die erste globale Wasserkonferenz der Vereinten Nationen (UN) seit 1977 statt. Die Umsetzung der wasserbezogenen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ist derzeit dramatisch verzögert; beim derzeitigen Tempo wird weniger als die Hälfte der Länder die Zielvorgaben für die Trinkwasserversorgung erreichen, und nur wenige mehr haben bisher ein integriertes Wasserressourcen-Management umgesetzt, um die Konkurrenz unterschiedlicher Wassernutzer zu vermitteln. Die Konferenz soll die Fortschritte der UN-Wasseraktionsdekade (2018–2028) bewerten und weitere Maßnahmen anstoßen, die das Ziel der Dekade - eine nachhaltige Entwicklung und ein integriertes Management von Wasserressourcen als Dreh- und Angelpunkt der SDGs - umsetzen. Darüber hinaus waren Akteure aus dem Wassersektor eingeladen, innovative Ideen – sogenannte „Game Changer“ – für eine beschleunigte Umsetzung einer Wasser-Aktionsagenda anzukündigen.
Schwächen der globalen Wasser-Governance
Die Konferenz findet zu einer Zeit statt, in der die globale Wasser-Governance stark zersplittert und nicht ausreichend kohärent und koordiniert ist. Es gibt verschiedene Foren und Initiativen, die zwar unterschiedliche Befürworter haben, denen es aber an staatlicher Legitimität fehlt. Wasserprobleme wie Dürren oder die Verschmutzung von Flüssen und Trinkwasser treten auf zwar lokaler Ebene und grenzüberschreitend auf, aber sie erfordern aus zwei Gründen globale Lösungen. Erstens wirken sich globale Faktoren wie der Klimawandel, der demografische Wandel oder der Handel mit wasserintensiven Gütern auf lokale Wasserressourcen aus, können aber nicht allein auf lokaler Ebene angegangen werden. Zweitens kann die Summe einzelner lokaler und regionaler Wasserprobleme die Stabilität und Resilienz des gesamten Planeten gefährden. Weil Süßwasser das gesamte Erdsystem stabilisiert, ist es ein globales Gemeingut. Es gibt jedoch kein globales Regime wie etwa die UN-Konventionen zum Schutz des Klimas oder der biologischen Vielfalt, um den Umgang mit Wasser als globalem Gemeingut zu regeln: Es gibt kein von den UN beauftragtes politisches Forum zum Thema Wasser. Bestehende Multi-Stakeholder-Plattformen wie die Weltwasserforen haben kein zwischenstaatliches Mandat. UN-Water koordiniert als ressortübergreifender Mechanismus 35 UN-Organisationen im Bereich Wasser, berichtet aber nicht an die Mitgliedsstaaten. Die jährlichen Weltwasser-Entwicklungsberichte der UNESCO werden von den Mitgliedsstaaten nicht validiert, und das verfügbare Wissen über Wasser wird in politischen Entscheidungen nicht ausreichend umgesetzt. Darüber hinaus wird die Rolle des Privatsektors in der Wasser-Governance kontrovers diskutiert, und die Zivilgesellschaft ist bei Entscheidungen im Bereich Wasser nur unzureichend vertreten. All dies unterstreicht, wie wichtig es ist, Wasser als globales Gemeingut zu behandeln.
Reform der globalen Wasser-Governance
Auch das Hintergrundpapier der UN-Wasserkonferenz 2023 zum interaktiven Dialog über die Wasserdekade schlägt eine Reform der globalen Wasser-Governance vor. Dazu gehören die Ernennung eines Sonderbeauftragten für Wasser bei den UN, regelmäßige zwischenstaatliche Treffen zum Thema Wasser innerhalb der UN, die Stärkung der Rolle von UN-Water und mehr Kohärenz im Umgang mit der Ressource innerhalb des UN-Systems. In dem Papier wird auch eine bessere Koordinierung mit der Agenda 2030, dem Pariser Abkommen, dem Sendai-Rahmenwerk zur Katastrophenvorsorge und der New Urban Agenda vorgeschlagen, z. B. durch die Einführung von Konferenz-Segmenten zum Thema Süßwasser. Solche Reformen wären wegweisend, doch ist derzeit unklar, ob die Vorschläge aufgegriffen werden. Bisher haben mehrere Länder Reformen der globalen Wasser-Governance blockiert, weil sie ihre Souveränität in Gefahr sahen. Wir fordern daher die Ko-Vorsitzenden der Konferenz auf, diese Reformvorschläge in ihren Konferenzbericht aufzunehmen, damit sie auf dem Hochrangigen Politischen Forum für nachhaltige Entwicklung der UN im Juli weiterverfolgt und den Grundstein für eine gut koordinierte Umsetzung legen können.
Darüber hinaus wäre es wichtig, Politik und Wissenschaft besser zu vernetzen, wie es die Initiative Intergovernmental Science-Policy Platform for Water and Sustainability vorschlägt. Eine weitere vielversprechende Initiative ist „Global Scaffolding for Water Policy Making“ (dt. : Globales Gerüst für die Gestaltung der Wasserpolitik), die sich mit den politischen Grundsätzen für die Lösung der gravierendsten Wasserprobleme befasst.
Neben diesen Vorschlägen könnte eine von den Vereinten Nationen geleitete Multiakteursplattform einen noch umfassenderen Ansatz verfolgen: sie könnte die Diskussionen über unterschiedliche Lösungen von Wasserproblemen transparenter machen, diese direkt einem Praxistest durch die Zivilgesellschaft und den Privatsektor unterziehen, und damit die Unterstützung möglichst vieler Akteure für Lösungen gewinnen. Der Ausschuss für Welternährungssicherheit (CFS) oder der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft für eine Umgestaltung des Ernährungssystems können hier als Vorbild dienen. Die Multiakteursplattform könnte einen Rahmen für die bereits erwähnten Initiativen bieten und UN-Water stärken, damit alle UN-Initiativen gemeinsam und kohärent umgesetzt werden.
Die internationale Gemeinschaft hat nun nach 46 Jahren eine einmalige Gelegenheit, diese Initiativen für eine globale Wasser-Governance koordiniert voranzutreiben und den überfälligen Kipppunkt einzuleiten.
Dr. Ines Dombrowsky ist Ökonomin und Programmleitung des Forschungsprogramms "Umwelt-Governance und Transformation zur Nachhaltigkeit".
Dr. Annabelle Houdret ist Politikwissenschaftlerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprogramm "Umwelt-Governance und Transformation zur Nachhaltigkeit". Sie ist Speaker des Bonn Water Network.
Dr. Olcay Ünver ist Professor und Senior Global Futures Scientist an der Arizona State University, Mitglied der Water Policy Group, Senior Water Advisor bei der FAO und der UNESCO sowie Industry Fellow am Australian Rivers Institute. Er ist seit 30 Jahren bei öffentlichen Institutionen tätig, hatte bei der FAO, dem World Water Assessment Programme (WWAP) von UN-Water und dem Programm Office on Global Water Assessment der UNESCO Führungspositionen inne und war stellvertretender Vorsitzender von UN-Water.
Afrikanische Bürger*innen fordern seit Langem stärker an städtischer Governance beteiligt zu werden. Vorhandene Partizipative Ansätze sind meist noch weit davon entfernt, in großem Umfang institutionalisiert zu werden. Warum waren diese Ansätze bisher nicht erfolgreich? Welchen Herausforderungen sehen sich zivilgesellschaftlicher Organisationen gegenüber?
Schwellenländer sollten in der wichtigsten internationalen Entwicklungsbank endlich mehr zu sagen haben. Die Governance des Instituts bildet die globalen Machtverschiebungen nicht ab - und das Veto der USA ist ein Anachronismus. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.